Volltext Seite (XML)
Die „Mttensorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »»n Inserat« bi, »ormittag -v Uhr. Inserate werden mit ,o Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Mittwoch, den 10. Februar 1904. 3. Jahrgang Volksschule m Ottendorf-Okrilla Die Anmeldung der Ostern d. S. schulpflichtigen Rinder soll vonnemag, üen n. februai a. c., nackm. i—z Udr kür clie Knaben, freilag, üen ir. februar a. c., nachm. i—z Ubr Mr Sie MNchen im Amtssimmer des Unterzeichneten (neue Schule, 1. Stock) stattfinden. Schulpflichtig sind alle Kinder, welche bis Ostern cl. I. das h. Lebensjakr er reicht haben. Auf Wunsch der Eltern oder Erzieher können auch solche Kinder aus genommen werden, welche bis zo. Juni ck. I. das 6. Lebensjahr erreichen. Für hierorts geborene Kinder ist der Impksckein, für auswärts geborene aber die Gebuvtsurkuncie nebst Oaufbelckeinigung beizubringen. Die Kinder sind, soweit möglich, persönlich vorzustellen. Mendorf, den 6. Februar 1904. Die Schuldirektion. 6 n ck l e r. Ruhland und Jagan. — Die Würfel sind gefallen I Ein am Sonn tag eingetroffenes Telegramm aus Petersburg lautet: „Der „Regierungsbote" veröffentlicht folgende Zirkulardepesche des Ministers des Äußern an die russischen Vertreter im Aus ¬ lande vom 6. Februar: Im Auftrage seiner Regierung übergab der japanische Gesandte am allerhöchsten Hofe eine Nole, welche die kaiser liche Regierung von der Entscheidung Japans in Kenntnis setzt, weitere Verhandlungen einzu stellen und den Gesandten und as ganze Ge- sandtschastspersonal aus Petersburg adzubcrufen. Infolgedessen beliebte es Seiner Majestät dem Kaiser allerhöchst zu befehlen, daß der russische Gesandte in Tokio mit dem gesamten Personal der kaiserlichen Mission unverzüglich die Haupt stadt Japans verlasse. Eine derartige Hand lungsweise, läßt die Zarische Regierung sich in ihren neuesten Depeschen, mit deutlichen Ärger vernehmen, der Tokioer Regierung, welche nicht einmal das Eintreffen der dieser Tage abge sandten Antwort der kaiserlichen Regierung ab wartete, wälzt Japan die ganze Verantwortung für die Folgen zu, welche durch den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Neichen entstehen können. Oertliches und Sächsisches. Mtrendorf-Dkrilla, y. Februar 1804. — Am heutigen Tage begeht das Gottlob Birnstengel'sche Ehepaar in Ottendorf in körperlicher und geistiger Frische das Fest der goldenen Hochzeit. — Es wird von neuem darauf aufmerksam gemacht, daß den Landbriesträgern auf ihren Bestellgängen auch Postanweisungen, Nachnahme- Sendungen, kleinere Pakete, Sendungen mit Wertangabe bis 800 Mark, sowie Barbeträge zum Ankäufe von Wertzeichen und zur B> uellung von Zeitungen übergeben werden dürfen. Du Landvriesträger sind verpflichtet, die Sendungen (ausschließlich der gewöhnlichen Briefsendungcn), sowie die baren Geldbeträge für Werkzeichen und Zeitungen in ein Annahmebuch einzutragen, das nach jedem Bestellgange der Postanstalt vorgelegt wird. Zur Eintragung der Sendun gen usw. in das Annahmcbuch ist auch der Auflieferer befugt. Es empfiehlt sich, von dieser Befugnis in jedem Falle Gebrauch zu machen. Hat der Landvriefträger die Eintragung selbst bewirkt, so muß er sie dem Auflieferer auf Ver langen vorzeigen. Ein Einlieferungsschein über die dem Landbriefträger übergebenen Wert- u. Einschreibsendungen, Postanweisungen und Nach nahmesendungen wird erst von der Post ausge stellt. Der Landbriefträger ist verpflichtet, diesen Schein, wenn möglich, beim nächsten Bestellgang dem Auflieferer zu überbringen. — Das „Dresdner Journal" schreibt: Eine Eingabe, welche die Handelskammer zu Chem nitz wegen der Ergänzung des sächsischen Loko- motivparks an das Ministerium des Innern und an die Stänüeveriammlung gerichtet hat, stellt das Verfahren der Sächsischen Staars- egenbahnverwaltung rücksichtlich des Lokomotiv- elsatzes in einer Werse dar, baß einzelne Blätter hieran anschließend bereits eine RuckpändegkeU oiejer Verwaltung auch m tea,„sicher Hinsicht seststellen zu sollen glauben- Die Staatsregie- rung wird nicht anpehen, der Ständcver;amm- tung die emgeyeuone Auskunft in der Ange legenheit zu geben. Schon jetzt aber darf ve- mertl werden, daß sie voUganocg m der Lage fein wird, die Schlußfolgerungen, welche dlc Handelskammer m dem erltäruchen Bestreben, ore Interessen der Chemmtzrr Maschtnenindustrie zu fördern, auf grund augenfcheinllch jehr lücken haften Materials zu B-mangelung des sachfi- schen Verfahrens gezogen hat, zu widerlegen uild den Bewers zu fuhren, daß ber Lokomonv- bestand der Sächsischen Staatseisenbahnen dem vorliegenden Bedürfnisse durchaus entspricht und oen Vergleich mit oem Part keiner anderen oeupchen Esienvahnveuvatiung zu scheuen braucht. Es wird vorv-haUen, oer Öffentlichkeit jemer- zett noch wettere Mitteilung zu machen. Schmortau, Em sehr betrübender Unfall ereignete sich gestern nachmittag hier beim Fällen von raumen. Der Wmfchaslsoesitzer uno Mau rerpolier Carl Ziesche wurde von einem stüczen- ben Baume derart getroffen, daß ihm der Brust korb zerschlagen uno öle Lunge völlig freigelegt wurde. Herr Dr. med. Nollam leistete dem Verletzten die erste Hilse und ordnete alsdann seine Üoerführung nach Dresden an. Dieselbe ging verhältnismäßig gut von statten. Laubegast. Ein hiesiger Einwohner, Witwer und Vater von 5 Kindern wurde von seiner eigenen 17jährigen Tochter angezeigt, fort- gefetzt Umgang mtt ihr gepflogen zu haben. Er ivurde dein königlichen AmlSgerichl zu Dres den zugeführt. Königstein. Die Polizeiorgane fahnden fortgesetzt auf den Mürber ber im Ritschgrunde erschossen aufgefundenen MetallarbetterSeyefrau Bachmann Lev. Barer, den Dekorationsmaler Gehrisch aus Dresden. Die Vermutung, daß der Mörder sich gleichfalls getötet habe, Hal noch keine Bestätigung gefunden und man nimmt nun an, daß Gehrisch sich ms Ausland begeben hat und sich wahrscheinlich in Österreich auf aalten wird. Leipzig. Eine bedeutende Anzahl großer industrieller Etablissements tn^Leipzig und Um gebung hielt in den letzten Tagen Vorbespre chungen zwecks Errichtung einer eigenen BetnevS- krankenkasse ab, die Unabhängig von der Orts krankenkasse eine leichtere Regelung des Verhält nisses zum Ärzleverband ermöglichen und eine Verbilligung der Beiträge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer anbahnen soll. Leipzig. Die Triks abgefeimter Diebe find bekanntlich unerschöpflich. Emen neuen hat hier eine elegant gekleidete „Dame" damit her ausgebracht, daß sie Geschlechtsgenossinnen auf die angebliche Beschmutzung ihrer Kleider auf merksam macht, sich aber auch sogleich hilfreich anschickt, den Schmutz zu beseitigen. Da nun unsere Damen nicht von der Unsitte lasten, ihre Geldtäschchen auf der Kehrseite zu tragen, so benutzt die Diebin die Reinigungsarbeit, um ei nen Griff in die Hintere Kleidertasche zu tun und das Geldtäschchen zu eökamotieren. Eine ganze Anzahl von Damen ist auf diese Art hinein gefallen. — Unter Anwendung von Gewalt entriß in Leipzig ein etwa 25 bis 30 Jahre alter Mann in einem Grundstücke der Nordstraße einer Dame einen Beutel, in welchem sich 310 M. befanden. Der dreiste Räuber ist leider entkommen. Meerane. Unter dem schweren Verdachte, sein vier Monate altes Töchterchen durch Schläge und Verbrühungen zu Tode mißhandelt zu ha ben, wurde um Freitag der taubstumme Maler gehilfe Ernst Kurt Schmidt verhaftet. Später ist auch seine ebenfalls stumme Ehefrau als dringend verdächtig in Hast genommen worden. Zwickau. Der hiesigen Kriminalpolizei im Verein mit der in Leubnitz stationierten königl. Gendarmerie gelang es, drei Einbrecher feslzu- nehmen, welche in den verflossenen Wochen so wohl die Stadt als auch die nächste Umgebung durch ihre verwegenen Einbrüche fortgesetzt be unruhigt haben. Die Spitzbuben sind zwei 42 und 21 Jahre alte Ziegeleiarbeiter ans Bayern und Böhmen und die aus Beielseio gebürtige 28 Jahre alte Ehefrau des ersteren die bei den Einbrüchen immer tatkräftige Hüs. geleistet hat- — Aus dem Erzgebirge. Ein starker Rauh- Frost, wie er seit Jahren nicht zu beobachten war, hat die ganze Gegend von Johanngeorgen stadt nach Platten, Neuhammer, Neudeck, Trink seifen, Frühbus, Sauersack nach Karlsfeld wohl in eine herrliche Winterlandschaft verwandelt, aber, gleichwie vor einigen Tagen im Vogtlande, an den Bäumen und in Waldungen großen Schaden angerichtet. Besonders am Schupfen- derg und Plattner Berg ist die Verwüstung groß. Auf der Höhe ist wohl jeder vierte Baum unter der Last von Schnee und Eis gebrochen; die Bäume liegen dort bunt durcheinander. Auf der Straße von Platten nach Neuhammer lag der Rauhfrost zirka 10 Zentimeter stark auf den Bäumen. Von Frühbus und Sauersack bis Weitersglashütte ist das Gleiche zu beobachten. Die ganze Gegend war wochenlang in dichten Nebel gehüllt. Oberwiesenthal. Den starken Verkehr auf dem Fichtelberg in diesem Winter beweist die Tatsache, daß in dem Unterkunftshause des Berges an den beiden letzten Sonntagen über 14000 Ansichtspostkarten verkauft worden sind. An einem Sonntage haben auf dem Berge ge gen 400 Personen zu Mittag gespeist. Aus der Woche. Man kann sich nicht leicht etwas Langwei ligeres vorstellen, als die Berichte über den Stand des russisch-japanischen Konfliktes, mit denen die armen Zeitungsleser nun schon seil vollen acht Wochen tagtäglich angeödet werden. Für den armen Redakteur hat die Sache inso fern auch ihre Schwierigkeit, als er alle Tage Neues berichten soll und er in Wirklichkeit im mer nur eine veränderte Form für das ver hüllte Geständnis ersinnen muß: es ist noch alles beim alten. Da wars mit Deutsch-Süö- westafrika doch eine andere Sache! Vierzehn Tage lang haben wir zwar die Hiobsposten von dem Hinmorden unserer Ansiedler durch die Auf ständischen und die Umzingelung der festen Plätze über uns ergcheu lasten wüsten; dann kam eine neue Spannung in die traurige Affäre, da inan nicht wußte, wo sich der Gouverneur Leutwein befand, der gegen die Bondelzwarts unterwegs war und keim Ahnung davon zu haben schien, was im Norden des ihm unterstellten Niesen- gebietes vorging. Aber alles das dauerte doch nur eine gewiße Zeit, dann kam Leutwein vom Süden und die deutschen Verstärkungen vom Norden her und die bereits in Aktion befind lichen deutschen Streitkräfte entsetzten die am meisten bedrohten militärischen Stationen; die Hereros zogen sich in die Berge zurück. Das ist doch noch dramatische Handlung, und die Berichte darüber erfüllen uns mit Befriedigung. Sind auch die Opfer groß, die bisher der Auf stand verschlungen hat, so besteht doch nun die zuversichtliche Gewißheit, daß diese traurige Ver lustperiode abgeschlossen ist. Die Bestrafung der Aufständischen und die Ausführung von Maßregeln, die einer Wiederholung der Rebellion entgegemvirken sollen, scheinen wenigstens min der gefahrvoll, wenn auch nicht leichter als das jenige, was unsere wackeren blauen Jungen bis her geleimt haben. Ist der Gang der Dinge in Südwestafrika geeignet, uns mit Befriedigung zu erfüllen, so kann man dies leider von un seren inneren Abgelegenheiten nicht sagen. Die parlamentarischen Verhandlungen ziehen sich endlos hin, wenngleich man nicht einmal be haupten kann, daß sie sich an Nebendingen stoßen. Aber die verschiedenen Anschauungen lasten sich schwer miteinander zu fruchtbringen der Tätigkeit mischen, die konservative, patriar chalische, kirchliche steht der bürgerlich liberalen ebenso schroff gegenüber, wie beide der Sozial demokratie! WaS soll dabei herauskommen? Die sächsische Wahlrechtsreform, die „Freizügig keit der Trichine" in Preußen, die Gestattung der marianischen Kongretationen für die Schüler, oer scheinbar so ganz neutrale Entwurf über die Entschädigung für unschuldig Verhaftete, die E nennung eines noch nicht zum Christentum üdergelretenen Juden zum preußischen Gerichts präsidenten — alles das und noch hundert an dere Sachen bilden den Zwiespalt des Haders zwischen rechts und links und darüber freut sich um meisten die „äußerste Linke", deren Leip ziger Blatt mit bezug auf den jüdischen Gerichts präsidenten meint, ihr wäre der Fall gleich gültig; „wir haben die Richter alle lieb, die christlichen wie die jüdischen". Reichstags- Präsident Graf Ballestrem hat im Laufe der Woche seine neue Amtswohnung eingeweiht, der Kaiser war auch da. Diese Wohnung ist herr licher wie die aller Minister, selbst die des Reichskanzlers. Aber ein Rückschluß auf die Bedeutung eines Präsidenten ist daraus leider nicht zu ziehen, und wie wenig auch nur die herrschenden Gewalten unter sich einig sind, zeigt handgreiflich die Tatsache, daß dem neuen Reichstage noch immer die Aufschrift fehlt, für die der Architekt oben am Giebel doch einen so großen Raum gelassen hat. — In Frankreich Kulturkampf und kein Ende, alles im Namen der Freiheit I In England Besorgnis um des großen Joe Chamberlains Gesundheitszustand, und da Balfour auch an Influenza leidet, so hätte ihn im Paulament Augustin Chamberlain, der Joe bekanntlich „sehr nahesteht", vertreten müssen. Er war der nächste dazu, aber die Regierung hat sich zu diesem Stellvertreter doch nicht aufraffen können; ein anderer Minister trat an Balfours Stelle und machte seine Sache schlecht und recht wie ers konnte. In Spanien ärgert man sich plötzlich wieder über die Abtre tung der Philippinen und der republikanische Führer Salmeron machte in der Kammer den jungen König persönlich dafür verantwortlich. Es seien heute dieselben Gründe vorhanden, die 1868 der Großmutter des Königs Veranlassung zur Flucht ins Ausland gaben. Der Sturm, den diese Äußerung entfesselte und die sich da ran knüpfenden Erörterungen waren so groß, daß dem Präsidenten vier Glocken zersprangen, ehe es ihm gelang, notdürftig die Ruhe wieder herzustellen. Diese Tatsache stellt uns vor die Wahl, anzunehmen, entweder daß der Skandal riesengroß oder der Präsident eine Siegfrieds« kraft besitzt oder aber, daß die spanischen Glocken, wie auch so manches andere in diesem Lande, nicht viel taugen. k.