Volltext Seite (XML)
Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inserate« bi, vormittag H Uhr. Inserate werden mit >o Pf. für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be- sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für -ie Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 16. Sonntag, den 7. Februar 1904. 3. Jahrgang. Kolks schule ;u Ottendorf-Okrilla Die Anmeldung der Ostern d. D- schulpflichtigen Rinder soll vonnemag, äen n. februar a. c., nach«, i—r Uftr kür Sie Knaben. ^eliag, aen ir. februar a. c., naKm. i—z Llbr für Sie MüMen im Imtssimmer des Unterzeichneten (neue Schule, 1. Stock) stattfiuden. Schulpflichtig sind alle Kinder, welche bis Obern ck. I. das H. Lebensjskr er reicht haben. Auf Wunsch der Eltern oder Erzieher können auch solche Kinder auf-, genommen werden, welche bis so. Juni ä. I. das 6. Lebensjahr erreichen. Für hierorts geborene Kinder ist der Tnipbckein, für auswärts geborene aber die Eeburtsurkunäe nebst Oaukbelckeinigung beizubringen. Die Kinder sind, soweit möglich, persönlich vorzustellen. Vttendirs, den 6. Februar 1904. Die Hchuldirektion. 6 n ck l e r. Oertlichrs und Sächsisches. Dttendorf-Gkrilla, 6. Februar 1904. — Der Bezirksausschuß der Königlichen Amtshauptmannschaft Dresden - Neustadt hielt am 5. d. M. unter dem Vorsitze des Herrn Amtshauptmanns Geheimen Regierungsrates v. Craushaar die dritte diesjährige öffentliche Sitzung ab. Auf der Tagesordnung standen 22 Beratungsgegenstände, von denen einer in nichtöffentlicher Sitzung erledigt wurde. Der Bezirksausschuß nahm von der Ausübung der Schankkonzesiou in dem Grundstücke Kat.-Nr-111 für Ottendorf Kenntnis und beschloß hinsichtlich eines mitvorliegendcn Konzessionsgesuches und einer Anlagenrekurssache zunächst noch weitere Erörterungen anzustellen. — Gestern fand in Dresden die 49. Sitzung des sächsiichen Eisenbahnrates statt, in der u. a. die Beförderung von Bier in Fässern als Eilstückgut zur gewöhnlichen Fracht im sächsischen Binnenverkehre abfällig begutachtet wurde, ebenso die Aufnahme von Wein in den Spezialtarif für bestimmte Eilgüter. Zum Schluß folgte eine Besprechung des Sommerfahrplans. — Im Herbst 1904 wird wieder eine grö ßere Anzahl tropendienstfähiger Drei,ähriger- Freiwilliger für die Bes tzung von Kiaulschau zur Einstellung gelangen. AuSöeise: Frühjahr 1905 — Heimreise: Frühjahr 1907. Bau handwerker (Maurer, Zimmerleute, Dachdecker, Tischler, Glaser, Töpfer, Maler, Klempner rc.) und andere Handwerker (Schuhmacher, Schnei der rc.) werden bei der Einstellung bevorzugt. Die dienstpflichtigen Mannschaften erhalten in Kiautschau neben der Löhnung und Verpflegung eine Teuerungszulage von 0,b0 Mk. täglich, die Kapitulanten eine Ortszulage von 1.50 Mk. täglich. Miiüärdienstpflichtige Bewerber von kräftigem und mindestens 1,65 m großem Kör perbau für das III. Scebataillon bez. 1,67 m für die Matrosen-Artilleric-Abteilung Kiautschau, welche vor dem 1. Okrober 1885 geboren sind, haben ihr ein Einstellungsgesuch mit einem auf dreijährigen Dienst lautendrn Meldeschein ent weder : dem Kaiserlichen Kommando der Stamm kompagnie des III. Seebatoillons in Wilhelms haven zum Dicnstcintritt für das III. See bataillon und die Marinefeldbatterie oder dem Kaiserlichen Kommando der III. Matrosenar- tillerie-Abteilung in Lehe zum Diensteintritt für die Matrosenarlillerie-Abteiluug Kiautschau (Küstenartillerie) möglichst bis Ende Februar 1904, spätestens zum 1. August 1904 einzu senden. Dresden. Hier wird z. Zt. im Publikum und einem Teile der Presse folgende Mitteilung der Wiener „Zeil" vom 19. Januar lebhaft besprochen: „Das Reichsgericht unter dem Vor sitz? des Präsidenten Dr. Unger hat gestern die Entscheidung in der Angelegenheit des pensio nierten NeligionslehrerS der mährischen Landes- oberrealschvle in Brünn, Pater Franz Klötzl war wegen eines Sitllichkeitsdeliktes in Unter suchung gezogen und, nachdem die GerichiS- ärzte ihr Gutachten abgegeben hatten, daß Pater Klötzl geistig nicht normal sei, pensioniert wor den. Pater Klötzl erwarb die sächsische Staats angehörigkeit und nahm eine Stellung beim Hofe in Dresden an, worauf der mährische Landesausschuß die Zahlung der Pension an ihn einstellte. Die Klage des Pater Klötzl auf Fortbezahlung der Pension wurde nun gestern abgewiesen mit der Begründung, auch der pen sionierte Staatsbeamte höre nicht auf, Staats beamter zusein. Die Grundlage für die Qua lität des Staatsbeamten bilde die Staatsbürger schaft, und in dem Moment, da man dieser Grundlage verlustig gehe, gehe man auch aller Konsequenzen, somit auch des Pensionsanspru ches, verlustig. Nach den bestehenden gesetzli chen Bestimmungen und Beschlüssen des mäh rischen Landtages sind die mährischen Landes beamten gleichzuhalten, und der mährische Lan- deSauöschuß war daher im Rechte, wenn er die Fortbezahlung der Pension an Pater Klötzl sistierte." Soweit die „Zeit". Einmal hatte Dresden schon seinen „Fall Klötzl". damals, als die Affäre „Knipp" spielte, die erst dementiert wurde, sich dann aber als wahr herausstellte. Knipps Protektor war der Bischof von Fulda gewesen. Im Fall Klötzl müssen wieder ultra montane maßgebende Kreise die Hand im Spiele gehabt haben, denn Klötzl war in Mähren einer der bekanntesten antideutschen klerikalen Agita toren. Wie kommen solche Leute nach Sachsen? Wie können sie so schnell als Österreicher säch sische Staatsbürger werden ? I Wie darf ein als geistesschwach erklärter Sittlichkeitsverbrecher — vorausgesetzt, daß die „Zeit" recht berichtet hat, und der „Fall Knipp" läßt dies vermuten — in Dresden Jugenderzieher werden? Wie kann der römische Klerus wagen, gerade das evangelische Sachsen durch solche Sachen blaß zustellen ? I — Nach einer amtlichen Nachricht ist der am 2. September 1875 in Düffeldorf geborene Agent Joseph Malmen, nachdem er sich durch Unterschlagung und Betrug 5500 Mark ver schafft hat, seit 30. vor. Mts flüchtig. Er ist mittelgroß, kräftig gebaut, hat rundes frisches Gtsickt, hellblonde etwas hochstehende kurzge schnittene Haare, blonden Schnurrbart, breite Nase und blaue Augen. Auf die Ermitteluug des Flüchtlings unv die Herbeischaffung des Geldes des Geschädigten, welcher in Dresden wohnt, hat dieser eine Belohnung von 100 Mk. ausgesetzt. — Die Dresdner Kriminalpolizei nahm eine raffinierte Metgeld-Tchwindlerin namens Bau diS aus Baumgaiten in Schlesien fest. Diese hat unter den verschiedensten Namen sich in den Ortschaften der Sächsischen Schweiz einlogiert und ist dann ohne jede Zahlungsleistung ent wichen. — Der Hotelbesitzer Dienhold, der in der Weihnachtsnacht in seinem Hotel einen Kampf mit einem plötzlich tobsüchtigen Studenten aus Kiel zu bestehen hatte, welcher nachts die Grä finnen von Görtzen aus Görlitz überfallen hatte, ist nunmehr völlig wieder hergestellt. Auch die Gräfinnen haben die Folgen jener Schreckens nacht glücklich überstanden und konnten bereits Dresden wieder verlassen. Jener bedauerns werte junge Mann aber, bei dem der Wahn sinn so plötzlich zum Ausbruch gekommen ist, ist in einer Jrrenheilanstalt untergebracht wor den. Aussicht auf Heilung dürfte ausgeschloffen sein. Röhrsdorf bei Königsbrück. Vorgestern Nachmittag ereignete sich hier ein recht bekla genswerter Unfall. Der Wirtschaftsbesitzer W. Jurisch war im Steinbruch mit Brechen von Steinen beschäftigt als sich ein Teil des Erd reiches loslöste und den Bedauernswerten ver schüttete. Der Verunglückte erlitt hierbei Schen kelbrüche an beiden Beinen. Königstein. Die Leiche der im Ritsch grund von dem Dekorationsmaler Gehrisch in Dresden ermordeten Frau Bachmann aus Dres den ist vorgestern seziert worden. Es hat noch nicht festgestellt werden können, ob sich auch Gehrisch den Tod gegeben hat. Sein Logis- wirt Schierz hat er freilich in einem an diesen gerichteten Briefe mit der Regelung seines Nach lasses beauftragt. Ferner hinterließ Gehrisch einen Zettel, auf dem er bat, das beim Auf finden seines Leichnams in seinem Besitze be findliche Paket dem Eigentümer, seinem in Kö nigstein lebenden Bruder, zurückgegeben. Das Paket ist aber nicht vorhanden gewesen. In dem Briefe hat er auch seinen Logiswirt ge beten, das Vorhaben milde zu beurteilen. Der Bruder der Bachmann bekleidet in Berlin eine Werkführerstelle. Lommatzsch. Die städtischen Kollegien ha ben beschlossen, diejenigen Personen, welche 65 Jahre alt find und ein Einkommen von nicht über 400 Mk. haben, von der städtischen Steuer zu befreien. Zittau. Der Überschuß der Oberlausitzer Industrie- und Gewerbe-Ausstellung, die im Jahre 1902 stattfand, ist jetzt nach endgültigem Rechnungsabschluß und erfolgter Rechnungsprü fung auf 30 917 Mark 65 Pfennig festgestellt worden. Hiervon sind dem Gewerbeverein als Urheber der Ausstellung 11 657 Mk. 65 Pfg. überwiesen worden. Leipzig. Gegen einen hiesigen Gastwirt schwebt die gerichtliche Voruntersuchung, weil derselbe verdächtig ist, verendete Aale in Gelee eingekocht und verkauft zu haben. — Die siebenjährige Tochter eines Schuh machers in Leipzig wollte einen Topf aus dem Ofen nehmen, kam dabei aber den Flamen zu nahe und im Nu brannten die Kleider der Klei neu lichterloh. Das Mädchen eilte, entsetzlich schreiend, auf die Straße, wo ein junger Ge schirrführer beherzt die Flammen erstickte. Die Verletzungen des Kindes waren trotzdem so er hebliche, daß dessen Aufnahme im Krankenhause erfolgen mußte. — Heute früh 3 Uhr schoß in Leipzig ein 19 Jahre alter Handlungsgehilfe aus einem Revolver auf die Passanten des Brühls und sein Begleiter, ein Kellner, fuchtelte mit einem großen Messer um sich herum. Beide Rauf bolde wurden später in einem Kaffee dingfest gemacht. —- Die Verdachtsgründe gegen den Kern macher Limpert, welcher beschuldigt wird, seine Frau erdrosselt zu haben, sind für ausreichend zur Erhebung einer Anklage befunden worden, welche schon die nächste Session des Leipziger Schwurgerichts beschäftigen dürfte. — Der 24 Jahre alte Tap zierer Voigt aus Schwerta bei Arnsberg hatte in der Sylvester nacht vom Hole aus die Wohnung des Hand arbeiters Peuschel, von dem er wußte, daß er über 150 Mark bei sich hatte erstiegen. Als Peuschel beim Heimkommen den Vorsaal seiner Wohnung erreicht hatte, ward er durch Voigt mit einem Tapezierermeffer überfallen, wehrte sich aber trotz erlittener schwerer Wunden so kräftig, daß der Räuber seinen Zweck nicht er reichte und verhaftet werden konnte. Wegen versuchten Raubmordes ward Voigt vom Leip ziger kgl. Schwurgericht zu 10 Jahren Zucht haus verurteilt. — Durch die Verhaftung des „GeldmännelS" Josef Glöckner in Klingenthal, welcher die Be wohner der Ortschaften diesseits und jenseits der Grenze dadurch geschädigt hat, daß er ver sprach, für eine gewisse Summe guten Geldes den mehrfachen Betrag in täuschend nachge ahmten Falsifikaten zu liefern, nach Empfang des baren Geldes aber verschwand, ist der All gemeinheit ein großer Dienst geleistet worden. Glöckner wurde in Zinnwald bei Ausgabe fal scher Banknoten festgenommen. Chemnitz. Prinzessin Mathilde wird am Sonntag bei einem Besuche der hiesigen Stadt an einer Matinee teilnehmen, sowie die Aus stellung der Kochschule des Frauenbildungsver eins besuchen. Thurm. Bei einem Einbruchsdiebstahl im Kontor des hiesigen Strumpffabrikanten Tröltzsch sind 600 Mark gestohlen worden. Der Dieb ist noch nicht ermittelt. Werdau. Von einem recht bedauerlichen Unglücksfall wurde der 44 Jahre alte Weber G. A. Dämmrich hier betroffen. D. saß am abend am Tische in seiner Wohnung, auf dem eine Petroleumlampe stand. Er schlief ein und üicß im Schlafe die Lampe um; diese zerbrach und setzte die Kleider des Schlafenden in Flam men. D. erlitt so schwere Brandwunden am ganzen Körper, daß sein Zustund sehr bedenklich ist; er liegt im Werdauer Krankenhaus. Crimmitschau. Gestern hat das Gen darmerie-Kommando, daß anläßlich des Textil arbeiterausstandes nach hier verlegt worden war, wieder unsere Stadt verlassen.. Die erste Ver stärkung traf am 3. November und die weitere am 4. Dezember hier ein- Die nach den Vor orten Leitelshain und Neukirchen kommandierten Verstärkungen sind bereits vorgestern an ihre Dienststellen zurückgekehrt. — Mit allseitiger Verwunderung vernimmt man hier die Nachricht auswärtiger Blätter, daß sich unsere Arbeiter schaft aufs neue zum Streik rüste. Die Ur sache soll die Stellungnahme der Fabrikanten zu dem Textilarbeiterverband sein. Allerdings hat diese Aufforderung eine gewisse Mißstim mung erregt, aber weniger in den Kreisen der arbeitenden Genossen als bei den noch nicht wieder eingestellten Arbeitern. Kirchberg. Ein sehr bedauerlicher Unfall ereignete sich am 2. Februar in der Tuchfabrik von A. Döhler hier, Der mit Schmieren der Transmissionswelle beschäftigte Spinnmeister Langer fiel infolge Umschlagens der Leiter auf einen mechanischen Webstuhl, wobei er mehrere Rippenbrüche und eine schwere Verletzung der Lunge erlitt. Langer mußte mittels Kranken wagens ins Stadtkrankenhaus gebracht werden. Er ist verheiratet und Vater mehrerer unerzo gener Kinder. Limbach. Zu den vielen Freuden, die un ser Ort schon an seinem Technikum erlebt hat, gehört es auch, daß der Rat in seiner jüngsten Sitzung nachträglich die bereits erfolgte Ent lassung eines Technikumlehrers wegen unwür digen Benehmens in öffentlichen Lokalen zu ge nehmigen hatte. Zwickau. Gestern wurden von der hiesigen Staatsanwaltschaft an die Sparkaffenverwal tung Niederplanitz 3000 Mark zurückgezahlt, die sich noch im Besitze des verhafteten Ludig befanden. Dieser ist nach seinem Eingeständ nis nach Amerika gefahren und hat sich mehrere Tage in Neuyork aufgeyalten. Von dort kehrte er nach Hamburg zurück, wo er dann dekanut- lich verhaftet worden ist. Das bei ihm Vorge fundene Geld ist zum größten Teile amerika nischer Währung. Über seine Beziehungen zu Colditz legte er noch kein Geständnis ab. Die Sparkaffe von Niederplanitz ist nun im ganzen um ungefähr 30000 Mk- geschädigt worden.