Suche löschen...
Ottendorfer Zeitung : 18.12.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-12-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190412180
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19041218
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19041218
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-12
- Tag 1904-12-18
-
Monat
1904-12
-
Jahr
1904
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 18.12.1904
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Gehörstörungen durch Tabakeinwirkung. Nachdem in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit der Arzte auf die Gehörstörungen der Tabakein wirkung gelenkt wurde, mehrt sich, wie der .Hann. Cour/ schreibt, die Zahl der einschlägigen Be obachtungen und Mitteilungen, aus denen sich er gibt, daß der Tabak dem Gehör recht nachteilig werden kann. Starke Raucher leiden bekanntlich alle an chronischem Rachenkatarrh, und bei den innigen Beziehungen, die zwischen Rachen und Ge hörorgan bestehen, ist es kein Wunder, daß die Entzündung sich nach dem letzteren fortpflanzt und namentlich den Bcrbindungskanal zwischen beiden befällt. In andern Fällen wird aber der Gehör nerv selbst betroffen, er entartet, und dies ist wohl auf die unmittelbare Giftwirkung des Nikotins zurückzuführen. Schädlich wirkt nicht allein die Menge des Tabaks, sondern auch die Beschaffenheit. Am schlimmsten ist die Wirkung, wenn sehr starker Tabak in großen Mengen geraucht wird. Ein amerikanischer Arzt macht auf die Nachteile der zu fest gestopften Pfeife und Zigarre aufmerksam, da bei jedem Zug dann ein starker negativer Druck im Nasenrachenraum entstehe. Dieser Arzt be obachtete 17 Fälle von nervöser Schwerhörigkeit, in der Hälfte seiner Fälle war eine Herabsetzung der Aufnahmefähigkeit für tiefere Töne vorhanden. Das Übel wird durch Arzneimittel wenig beeinflußt, nur durch vollständige Enthaltung von Tabaks genuß kann die Heilung oder wenigstens eine Besserung erzielt werden. Ländlicher Raubanfall. Ein Raubanfall ist Montag früh in Lanzig bei Großaga (Reuß) verübt worden. Als sich die ledige 60 jährige Großmagd Vogt zur Arbeitsstelle begab, wurde sie von einem Unbekannten überfallen und ihrer Barschaft von 600 Mk., die sie immer bei sich trug, beraubt. Die überfallene blieb un verletzt. Der Tod auf den Schienen. Bei Langen dreer wurde beim überschreiten der Geleise der Gastwirt Thomas von einem Personenzug erfaßt und getötet. Ein Begleiter wurde schwer verletzt. Der überfallene Soldat. Wie aus Marienburg gemeldet wird, wurde dort der Infanterist Utecht, der als Ordonnanz zum Ärtilleriebepot kommandiert war, von einem Zivilisten überfallen und durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt. Wieder ein kugelsicherer Panzer. Auf der Schießstätie in Tulln haben interessante Schießproben zur Prüfung eines neuen schuß sicheren Panzers, der Erfindung eines in Wien lebenden Griechen namens Janopol, stattge funden. Den Versuchen wohnten nebst Offi zieren und Autoritäten auf dem Gebiete des Schießwesens auch mehrere fremdländische MiliiärattachSS bei. Die Panzerplatten wurden auf Entfernungen 20, 200 und 300 Meter auf gestellt und mehrere Schüsse aus der holländi schen Armeewaffe (Kaliber 6,5 Millimeter) auf jede einzelne Platte abgegeben. Die Projektile drangen in das Gewebe des Panzers ein und blieben stecken. Die rückwärtigen Seiten der Platten, deren Dicke zwischen 10, 13 und 11 Millimeter schwankte und deren Gewicht je nach Größe 3,72 bis 6.95 Kilogramm betrug, waren unverletzt geblieben. Entdeckter Raub. Infolge der Aussagen des Wiener Mörderchepaares Klein vor dem Untersuchungsrichter wurde in dem im Faubourg Saint-Denis befindlichen Zrmmer, das die flüchtigen Mörder in Paris bewohnten, eine Haussuchung vorgenommen und Schmuckgegen stände sowie Wertpapiere im Werte von 80 000 Frank in einer Fensterverschalung vorgefunden. Nach der Beschreibung find es die dem Er mordeten Sykora gehörigen Sachen. Wo das dem Greis geraubte Papiergeld hingekommen ist, konnte bisher nicht ermittelt werden. Ein irrsinniger Revolverheld. Der plötzlich irrsinnig gewordene Gutsbesitzer Konrad Bolyak bewaffnete sich mit drei Revolvern, postierte sich auf dem Bahnhof in Vadna (Ungarn) und schoß auf jeden, der sich ihm in den Weg stellte. Die einschreitende Gendarmerie wurde ebenfalls von ihm mit Schüssen empfangen. Mehrere Personen wurden verletzt, bis schließlich ein Gendarm ihn mit einem Gchusse in das Herz tötete. Ei» bestialisches Verbreche». Auf einer! ungarisch-rumänischen ElieubahuMcke überfielen s mehrere wallachistye Lauern den Sinckcawächler! Dodrik, knebelten ihn und legten ihn quer über das Eisenbahngeleise. In der gräßlichen Angst, von dem heranbrausenden Zuge überfahren zu werden, wurde der unglückliche Wächter wahn sinnig. In diesem Zustande sand ihn das Personal eines ankommenden Zuges, der recht zeitig zum Stehen gebracht worden war. Man fahndet nach den Tätern. Eine Ehetragödie. Der Friseurgehilfe Lavalle in Paris lebte seit längerer Zeit mit seiner Frau in Unfrieden. Am Montag traf er sie in der Rue de Rivoli und schnitt ihr nach kurzem Wortwechsel mit einem Rasiermesser den Hals durch. Die Frau starb sofort. Der Mann stellte sich se'bft den Behörden. Der Erfinder der Rohrrücklaufgeschütze, Oberingenieur Mobr, der 19 Jahre die Krupp schen Kanonenfabriken leitete und dann eine Fabrik in Kopenhagen gründete, ist durch einen Unglücksfall in der Fabrik getötet worden. Ein Z«sammeustotz zwischen zwei dicht besetzten Seine-Dampfern, die den Verkehr zwischen der inneren Stadt von Paris und der Vorstadt Auteuil vermitteln, ereignete sich Montag abend in der Nähe der No!re-Dame- Brücke. Es entstand eine furchtbare Panik unter den Reisenden, doch konnten alle gerettet werden. Sieben Personen haben Verletzungen erlitten. Beide Dampfer find gesunken. Milzbrandepidemie. In London herrscht eine regelrechte Milzbrand epidemie. Zahlreiche Personen find an dieser Krankheit, die seit Jahren nicht auftrat, schwer erkrankt, sechs Personen find daran gestorben. Es handelt sich ausschließlich um Lederarbeiter; man nimmt an, daß sie sich an Fellen angesteckt haben. Gefangen. In Jwanowa-Woschvesensk (Rußland) war ein Einbrecher in einem Geld schranke „lätig", als die Tür zuschlug und ihn einsperrte. In dieser Lage blieb er fünf Tage, während deren er die Lederrücken der Haupt bücher aufaß. Die amerikanische Frau Humbert. Nach den Angaben, die die Gefängnisaufseherin über sie macht, ist die jetzige Frau Chadwick die ehemalige de Vere, die von 1891 bis 1893 in demselben Ge fängnis war. Die Gefängnisaufseherin sagt von ihr: Cassie Chadwick oder Frau de Vere, denn unter diesem Namen kannte ich sie, ist die merkwürdigste Frau, der ich jemals in meinem Leben begegnet bin, und ihre Streiche, seitdem sie das Gefängnis ver ließ, überraschen mich nicht im geringsten. Sie be saß eine wunderbare hypnotische Macht, konnte die Zukunft Vorhersagen und selbst als Strafgefangene Männer aus der besten Gesellschaft an sich ziehen und durch die Gewalt ihrer hypnotischen Macht zwingen, ihr Geheiß zu erfüllen. Niemand konnte der Macht des Blickes der de Vere widerstehen. Man hat darin wohl auch die Erklärung für die eigentümliche Gewalt, die sie über die von ihr ge prellten Finanzleute ausübte. Streiks und Streichhölzchenderbrauch. Herr Jones, Anwalt einer der größten amerikanischen Zündhölzchenfabriken, sagte jüngst in einer Unter redung mit einem Zeitungsberichterstatter folgendes: „Ist es Ihnen schon ausgefallen, daß die Arbeiter ausstände den Absatz von Streichhölzchen in ganz außerordentlicher Weise fördern? Die Sireich- dölzchenfabrikanten find natürlich keine Freunde von ArbettLeinstellungen, aber es ist eine ganz merk würdige Erscheinung, daß ihre Geschäfte bei großen Ausständen besonders gut gehen. Und das läßt sich sehr leicht erklären. Die arbeitslosen Männer flanieren durch die Straßen, plaudern und rauchen. Sie haben nichts anderes zu tun. Je mehr sie rauchen und schwatzen, desto mehr Streich hölzchen brauchen sie für ihre Pfeifen. Je länger der Ausstand dauert, desto weniger Zigarren rauchen sie, weil sie sparen müssen (in den Ver. Staaten raucht der Arbeiter sonst fast nur Zigarren). Sie holen die Pfeife hervor, und man braucht bekanntlich viel mehr Streichhölzchen, um eine Pfeife in Brand zu halten, als für eine Zigarre. Wenn ein Arbeiter arbeitet, braucht er durchschnittlich sechs bis sieben Streichhölzchen täg lich ; wenn er nicht arbeitet, braucht er leicht 20 bis 30 Streichhölzchen und selbst noch mehr. Tausend ober zweitausend Strecker verbrauchen eine große Menge Tabak, und es ist schon vorgekommen, daß während eines Ausstandes der Streichholzchenvorrat einer ganzen Stadt in kurzer Zeit erschöpft worden ist. Es ist nachgewiesen worden, daß im Jahre 1892 während des AuSstandeS in Pennshlvanicn der Sueichhölzchenverbrauch sich mindestens vervier facht hat. Genau dieselbe Beobachtung hat man Während der letzten Arbeiierwirren in Colorado gemacht." Tatkräftige Frauen. Die Frauen von Cincinnati haben kürzlich ein schwieriges Werk mit ebensoviel Unternehmungslust als guter Laune vollbracht. Ungefähr 100 erschienen eines Morgens auf den Hauptstraßen der Stadt, mit Besen und Schippen bewaffnet. Sie machten sich daran, die Straßen gründlich zu fegen und zu reinigen, von einer großen Zahl von Zuschauern bei ihrer Arbeit ermutigt. Bis Sonnenuntergang waren die Hauptstraßen Cincinnatis gründlich gesäubert, seit sechs Monaten zum ersten Male. Die Frauen hatten ihren Zweck erreicht. Denn die Väter der Stadt fühlten sich durch deren Vorgehen so be schämt, daß sie von nun an für eine genügende Reinigung der Straßen sorgten! Der bekannte Bandit Raisuli erfuhr, daß die Wohnung des .Times'-Korrespondenten Harris bei Tanger neulich von Räubern über fallen worden sei, und bot ihm eine Schutz wache an mit der Aufforderung, die außerhalb der Stadt gelegene Villa wieder zu beziehen. Harris nahm dieses Anerbieten an und schenkte Raisuli ein prachtvolles Pferd. Sericbtsballe. Geestemünde. Die Strafkammer des hiesigen Landgerichts verurteilte 12 Bauhandwerker und Arbeiter, die beim Bahnhofskrawall während des Ausstandes im Baugewerbe am Abend und in der Nacht des 25. August beteiligt waren, wegen Landes- friedenSbruchs zu Strafen von dreieinhalb bis acht Monat Gefängnis. Drei Angeklagte wurden frei- gesprochen. Zweibrücken. Der Postgehilfe Rech aus Rein heim, der längere Zeit hindurch der Postkaffe Be- üäge entnommen und die Fehlbeträge durch Zurück- behalien von Postanweisungen verdeckt hatte, wurde vom Schwurgericht zu ein Jahr Gefängnis verurteilt. Der Kriegs in japanischer Karikatur. Wie sich der japanisch-russische Krieg in den Köpfen des japanischen Volkes spiegelt, davon gibt eine Reihe von Zeichnungen interessante Kunde, die ein japanischer Künstler auf Grund einer alten Fabel entworfen hat, und die in .Harpers Weekly' reproduziert werden. Die Geschichte ist eine jener uralten, über die ganze Welt verbreiteten Tiersagen, die den Namen „Kachi, Kachi Aarna" führt. Sie handelt von einem alten Bauern, der einen Dachs fängt und ihn nach Hause bringt. Er bestehlt seiner Frau, das Tier zu töten und davon eine gute Suppe zu kochen. Doch als er wieder fort gegangen ist, überredet der Dachs die alte Frau, ihn doch freizulassen, er wollte ihr bei ihrer Arbeit behilflich sein. Als er aber frei ist, macht er die alte Frau tot, zieht ihre Kleider an, so daß er ihr ähnlich sieht, kocht die Suppe von ihr und empfängt dann den heimkehrenden Mann, der au-ü die Suppe ißt. Allein der Dachs wirft die Kleider von sich, erzählt, was er getan, und läuft schnell fort, während der Mann gebrochenen Herzens zurück bleibt. Nahe dabei lebt ein wildes Kaninchen, das verspricht, den armen Mann an dem bösen Dachs zu rächen. Es spielt ihm allerlei schlimme Streiche, bittet ihn, trockenes GraS herbeizu bringen und anzuzünden, wobei sich der Dachs furchtbar verbrennt, und auf die großen Brand wunden empfiehlt es ihm roten Pfeffer als Pflaster zu legen, wodurch der Schmerz noch größer wird. Dann baut sich bas Kaninchen ein Boot, um aufs Meer fischen zu fahren. Das Will der Dachs auch, doch er verfertigt sein Boot aus Ton, und als fie beide aussahren, finkt der Kahn des Dachses, er kämpft mit den Wellen und nun gibt das Kaninchen dem böfen Dachs einen tödlichen Schlag mit dem Ruder. Aus dieser alten Tierfabcl hat nun der Künstler einzelne Züge entnommen, um eine ganz freie Parodie zu gestalten. Auf dem ersten Bilde ist der alle Bauer dargestellt, der das Japan vor der Reform repräsentieren soll; er hat eine riesige Axt in der Hand und rettet ein Ei (Koreas vor einer bedrohlich züngelnden Schlange (China). Auf einem ins Bild hinemgesetzien Kakemono trägt er das Ei sorglich nach Hause. Auf dem zweiten Bilde jubeln der alte Bauer und seine Frau auf, denn aus dem Ei ist ein Hühnchen ausgekrochen, die Frau gibt im Futter, doch der Dachs (Alexejew) sieht schon gierig zum Fenster herein. Der Dachs Alexejew er zählt nun dem Adler (Rußland), daß das Hühnchen (Korea) ein leckeres Mahl für ihn sein könnte. Der Adler raubt darauf das Hühnchen aus der Hütte des Bauern und ent führt es durch die Luft, doch drohend sieht das weiße Kaninchen, das das junge Japan nach der Restauration bestellen soll, dem Räuber nach. Das weiße Kaninchen sinnt auf Rache, und auf dem folgenden Bilde bohrt es mit einem Torpedo das Schiff des Dachses in den Grund, wobei der Dachs Alexejew jämmerlich in das Wasser fällt und Schläge bekommt. Der englische Löwe steht dabei und klatscht ver gnügt Bravo. Dann schießt das weiße Kaninchen aus einer großen Kanone auf den Adler, wodurch Japans Siege zu Lande symboliert werden sollen. Auf dem Schluß bilde bringen der Adler und der Dachs das Hühnchen dem alten Bauern wieder, der ver gnügt im Lehnstuhl fitzt, während neben ihm stolz das weiße Kaninchen steht. Die aus gehende Sonne des Ostens aber lacht heiter zu diesem Schauspiel. Die Bilder, die so glücklich in alten, IcmgvcrLrauten Vorstellungen modernste Ereignisse spiegeln, find mit all der feinen Kunst der Raumvcrteilung und all der schlagenden, derben, scharf beobachtenden Ge staltungskraft gegeben, die seit langem der japanischen Kunst eigen find. — GemeirmMLiges. Das übliche Aufschneide« von Brand blasen ist nicht zu empfehlen, sondern man suche dieselben so gut wie möglich zu erhalten, da die Blasenwand als Schutzmittel für die Wundstellen dient. Man mache kalte Umschläge oder bedecke den verbrannten Teil mit Wund watte. Sind die Brandblasen zerstört, so lege man auf die verbrannten Stellen Kompressen, welche mit einer antiseptischen Flüssigkeit getränkc find, bedecke diese mit einem Stück wasser dichten Verbandsstoff und mache darüber kalte Überschläge, bis der Schmerz verschwunden ist. Darauf belege man die Wunde mit Bor- oder Salizyl-Vaseline, die man auf Verbandgoze gestrichen hat, lege eine Schicht Verband- oder Salizylwatte darüber und verbinde mit einer Mullbinde. Meiste Flecken werden von polierten Möbeln entfernt, indem man eine Schaufel heiß macht und sie über die Flecken hält, bis fie verschwinden. Kuntes Merlei. Hut ab oder nicht. In den deutschen ,Tsmgtauer Neuesten Nachrichten' findet sich folgendes Eingesandt: „Sollte es nicht möglich sein, neben den vielen Vereinen, die in Tsingtau wachsen, blühen und gedeihen noch einen Anti- Hut-Abnehmer-Verein zu gründens In einem Lande, in dem trotz seiner sonstigen klimatischen Vorzüge im Sommer die Sonne, während der übrigen Jahreszeiten der frische Nordwind das sorgenschwere Haupt beim Abnehmer! des Hutes stark mitnimmt, sollte solcher „Verein zur Schonung der Hutkrämpe" wohl Existenzbe rechtigung haben. Ein Kahlkopf." Folgender origineller Bericht ist kürz lich von einem salzburgischen Gemeindevorsteher an seine vorgesetzte Behörde erstattet worden: „Löblicher k. k. Bezirkshaupimann! Hiermit mache ich die vom tiefsten Schmerze gebeugte Anzeige, daß unser 22 Jahre langer Förster an der Kurzsichtigkeit seines Henn plötzlich ge storben ist und nach zwei Stunden bereits tot war, da ihm der Herr Graf ungerechterweise angeschossen hat. Der so schwer Getroffene, dem in seinem ganzen Leben so etwas nicht passiert ist, befindet fich nun irr größten Elend, der hinterläßt die Witwe von fünf unversorgten Kindern, wovon der älteste bestimmt ist, eben falls Förster zu werden und dem hohen Jagd herrn in gleicher Weise zudienen."^ schästigt. Sie will hinaus, den Ankömmlingen entgegen, noch einmal seine Stimme hören, sein tiefes, weiches „Gute Nacht". Dann fassen ihre beiden Hände den Tisch, vor dem fie sitzt, als müsse sie fich festhalten. „Ihr Augen, die ihr ibn schützt, waltet un sichtbar auch über mir!" fleht es inbrünstig in ihrem Herzen. Am Vormittag des nächsten Tages fitzen Gertrud und der Doktor allein im Zelt, während Fräulein Waldburg zum Warmbad gegangen ist und KSIHchen, Else Gerlachs Ob hut anvertraut, mit einigen kleinen Mädchen am Strande spielt. Sie macht eine leichte Handarbeit, während fie von der Rüdesbergschen Verlobung sprechen, die fie ebenso sehr wie ihn in Erstaunen gesetzt hat. Da kommt ein kleines Mädchen und bringt ihr ein Körbchen mit Blumen, Lilien und weiße Rosen und mitten darin ein kleines Sträußchen Vergißmeinnicht. Sie meint, das Körbchen müsse an die falsche Adresse ge kommen sein; aber eS steckt ein Briefchen zwischen den Rosen, die ihre Namensaufschrift trägt. Sie erbricht den Brief. Eine Ahnung durchzuckt fie, woher die Blumen kommen. Richng, „Bruno Oertzen" steht unter den Zeilen. Gewiß hat er schnell abreisen müssen und sendet ihr seinen Gruß. Es hält schwer, dis krause Handschrift zu entziffern, fie wird auf den einen Blick nur gewahr, daß das Briefchen Verse enthält. Sie lächelt. Wie kommt der prosaische Landrichter zu Versen! Aber als fie nun liest, erbleicht fie und ihre Zähne bohren fich in die Unterlippe: „Hochverehrtes Fräulein Werner! Der Wunsch, Ihre Achtung nicht einzubüßen, läßt mich nicht von Ihnen gehen, ohne ein Wort der Erklärung, wenn eS auch nur ein ge schriebenes ist. Zum gesprochenen hätte ich jetzt nicht die Kraft. Wenn Sie dieses empfangen, bin ich weit von Ihnen. Ich segne die Schickung, die Sie mir zusührte, wenn ich fie auch anderseits bitter beklage. Es treibt mich von Ihnen auf Nimmerwiedersehen. — Beten Sie für mich. — Ich träumte einen verwegenen Traum: In Deinen Armen woll6 ich ganz genesen, Zum Danke Dir mein ganzes Leben weih n. Behüt Dich Gott, eS wär' zu schön gewesen, Behüt Dich Gott, eS hat nicht sollen sein." Das Blatt finkt in ihren Schoß. Sie schlägt die Hände vor das Geficht, während schwere Tränen auf die Lilien fallen. Leise verläßt Dr. Haller das Zelt. Als Fräulein Waldburg wiederkommt, fitzt fie noch immer im Zelt. Ihre Lippen zucken und die Tränen tropfen langsam auf die Blumen. „Um Gott, Gertrud, was fehlt Ihnen?" Sie reicht ihr den Brief hin; dann birgt fie ihren Kopf an die Brust der Lieben, Verehrten, und schluchzt leise und bitterlich. „Können Sie ihn nicht zurückrufen?" Da birgt fie den Kopf dichter an ihrer Brust. „Nein," zittert es von ihren Lippen. Fräulein Waldburg schlingt beide Arme um fie und weint mit ihr um den Mann, der Abschied genommen von seinem Glück. — AIS Dr. Haller später wiederkommt, findet er nur seine Tante im Zelt, Gertrud ist noch mit Käthchen beschäftigt. „Weißt du, waS der Brief enthielt?" fragt er leise, mit stockendem Atem. .Ein Lebewohl für ewig. Gott schütze ihn!" „Liebt sie ihn?" „Würde er dann von ihr gehen dürfen? — Ich habe es manchmal kommen sehen; aber fie war so ahnungslos, so glücklich in seinem Ver trauen. Das ist bitter für fie, die keinen Menschen leiden sehen mag." Endlich kommt Käthchen und hinter ihr Gertrud. Schwer von vergossenen Tränen liegen die Lider über ihren Augen. Sie zwingt fich, ge faßt zu erscheinen. Schweigend nehmen alle ihr Mittagsmahl ein; die Speisen bleiben aber fast alle unberührt auf den Tellern. Fräulein Waldburg will den gewohnten Mittagsschlaf aufgeben, um bei Gertrud zu bleiben; doch diese duldet das nicht. Auch Käthchen muß schlafen. Sie bleibt allein mit dem Doktor. „Soll ich fortgehen?" fragt er leise. Sie schüttelt den Kopf. Der Himmel hat fich verfinstert, ein hohler pfeifender Ton geht durch die Lust, der Vorbote eines nahen Wetters. Sie blickt hinaus, dann wendet fie fich an den Doktor. „Kommen Sie mit, Herr Doktor, ich muß hinaus." Er steht auf und stellt fich m ihre Seite, ihr zum Schutz und Schirm. „Aber wollen Sie nicht wenigstens einen Mantel anziehen? Das Wetter kann uns unterwegs ereilen." Sie geht gehorsam inS Haus und kommt in einen langen dunkelgrauen Regenmantel gehüllt, einen einfachen Mzhut auf dem Kopfe, zurück. Sie gehen schweigend am Strande hin, dumpf brausen die Wellen. Weiß er, was das Blatt enthielt? Hat Fräulein Waldburg es ihm schon erzählt? Eine zarte Scheu hält fie davon ab, den Namen OertzenS zu erwähnen, während ein erstes Aus sprechen desselben seinerseits fich in ihr Ver trauen eindrängen hieße. Wär'S nicht besser, auch er zöge fort für immer, anstatt fich in hoffnungslosem Sehnen zu verzehren? Wird Oertzen, fern von ihr, fie vergessen? Nein, wer fie einmal geliebt, kann fie nicht vergessen. Wo ist sein Groll gegen fie ge blieben, den er noch gestern abend hegte, seit er ihre Tränen sah? Nun kommt der Sturm. Sie achtet nicht darauf, fie geht weiter. Wer hat ihm gefasst, daß fie ihn nicht lieben kann, und warum kanu fie eS nicht? Weil, — weil — da schlägt deL Doktors bittende Stimme an ihr Ohr. .Kehren wir um, Fräulein Werner, dat Wetter ist da." Sie blickt auf, und auf das gurgelnde, kochende Wasser. „Wer jetzt auf der See ist ", sagt ste leise zusammenschauernd. ss >4 (Fortsetzung folgt.) .. . ...
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)