Suche löschen...
Ottendorfer Zeitung : 15.05.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190305153
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19030515
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19030515
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-05
- Tag 1903-05-15
-
Monat
1903-05
-
Jahr
1903
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 15.05.1903
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Politische Auncilckau. Die Unruhe« in Makedonien. *Der bulgarisch-türkische Kon flikt wird nach Ansicht amtlicher deutscher Kreise nicht zu einem kriegerischen Konflikt aus arten. Man muß im Auge behalten, daß der Sultan noch immer der Souverän des Fürsten tums Bulgarien ist, und daß die Pforte somit eine gewisse Berechtigung hat, sich einer etwas schärferen Sprache zu bedienen, als sie zwischen souveränen Regierungen üblich ist. Daß die Türkei auf einen Krieg hindrängt, will im Ernst niemand glauben. Im Mdizkiosk weiß man zu genau, daß man von einem Kriege nichts zu gewinnen hätte. *Die in Konstantinopel vorliegenden Kon sularmeldungen und die Angaben der Pforte über die Vorfälle am Donnerstag inMonastir widersprechen einander. Nach den Konsular meldungen scheinen infolge eines in Tätlich keiten ausartenden Streites zwischen einem Mohammedaner und einem bulgarischen Milch händler bewaffnete Türken über Bulgaren her gefallen zu sein. Die Pforte dagegen be hauptet, daß die Ruhestörungen von Bulgaren herausgefordert und wohl vorbereitet gewesen seien. Eine türkische Meldung besagt, daß ein Angriffsversuch gegen das Munitionsmagazin stattgefunden habe. Gegenwärtig herrscht Ruhe; die Stadt ist militärisch besetzt; Handel und Verkehr sind unterbrochen. * * Deutschland. * Der Kaiser stattete am Montag mittag, von Donaueschingen kommend, dem groß- herzoglich badischen Hofe einen Besuch ab und fuhr dann nach Straßburg weiter, wo abends ihm zu Ehren ein Festmahl stattfand. Am Dienstag reiste der Monarch nach Urville weiter, wo er mit der Kaiserin und den jüngsten Prinzen zusammentrifft. * Das amerikanischeMittelmeer- geschwader kommt nach Kiel zum Besuch! Nach einer Meldung der ,Agence Havas' wird das gegenwärtig in Villafranca liegende ameri kanische Geschwader Ende des Monats nach Kiel in See gehen. Der Kommandant des Geschwaders Admiral Cotton hat bereits dahin gehende Instruktionen erhalten. — (Bekanntlich hat Roosevelt selbst erst eingreifen müssen, um den üblen Eindruck zu verwischen, den die erste Ablehnung des Besuchs hervorgerufen hat.) * Die Ausarbeitung der Ausführungs bestimmungen zum Kinderschutz-Gesetz wird dem Vernehmen nach so gefördert, daß der Bundesrat noch vor seiner Vertagung über den Sommer vollkommen in der Lage sein wird, dieselben zu erledigen. *Die Arbeiten zu dem von dem Finanz minister jüngst angekündigten Wohnungs gesetze sind so weit gefördert, daß der Ent wurf in nächster Zeit an die Regierungspräsi denten und an eine Anzahl Bürgermeister und Oberbürgermeister gehen wird, deren Ansichten über diese Materie gehört werden sollen. *Die Jubelfeier der 100 jährigen Wiederzu gehörigkeit Wismars zu Mecklenburg findet am 19. August, dem Tage der Übergabe, unter großen Festlichkeiten statt. * Im Monat März d. sind auf deutschen Eisenbahnen — ausschließlich der bay rischen — 11 Entgleisungen auf freier Bahn (davon vier bei Personenzügen), 13 Ent gleisungen in Stationen (davon sechs bei Per onenzügen), zwei Zusammenstöße auf reier Bahn (beide bei Güterzügen), 15 Zu- ammenstöße in Stationen (davon drei bei Personenzügen) vorgekommen. Dabei wurden 6 Reisende, 17 Bahnbedienstete und 8 Post bedienstete verletzt. Österreich-Ungar«. * Die Handelsvertrags-Frage wird auch in Österreich lebhaft erörtert. Der Kongreß der deutschen Gewerbevereine Österreichs nahm eine Resolution an, worin die Versuche der Vertreter der Landwirtschaft, die landwirtschaftlichen Zölle des neuen österreichi schen Zolltarifs noch weiter zu erhöhen, aufs entschiedenste zurückgewiesen werden und die Erwartung ausgesprochen wird, daß der Ab schluß neuer Handelsverträge nicht schon von vornherein durch ungerechtfertigt hohe landwirt schaftliche Zölle behindert werde. *Die Gärung unter den Kroaten dauert fort. Nach einer Meldung aus Agram erhielt der Koprenicer Stationschef ein anonymes Schreiben, worin gedroht wird, daß das Stations gebäude der Erde gleichgemacht werden würde. Drei Kompanien Militär sind indessen dorthin beordert worden. Auch aus Vrvosko, Sesvete und anderen Orten werden bedenkliche Symptome von Ausschreitungen gemeldet. 14 Studenten, welche in Karlsstadt die Menge aufregten, wur den zur Aburteilung nach Agram gebracht. Berühmter Chemiker Iustus Frh. v. Liebig. (Zu seinem 100. Geburtstage am 12. d.) Frankreich. *Jn die Bestechungsaffäre zu gunsten der Karthäuser ist bisher noch wenig Licht gebracht worden. Wie ,Wolffs Büreau' aus Paris meldet, verhörte derUnter - suchungsrichter am Freitag den General agenten der Karthäuser Audier in Gegenwart seines Vetters Guerre. Audier erklärte, bei einem Frühstück am 15. März habe Guerre ihn versichert, daß, wenn man 300 000 Frank an Edgar Combes zahle, die von den Karthäusern nachgesuchte Genehmigung erlangt werden könnte. Guerre versicherte seinerseits, er habe sich niemals erboten, bei Edgar Combes zu vermitteln. Der dann vernommene Journalist Poncet bestätigte, daß er in Artikeln, die von ihm in dem Messager de Valence' veröffentlicht wurden, berichtet habe, daß Audier ein Anerbieten bezüglich der Er langung der Unterstützung Edgar Combes' ge macht worden sei. England. * Im Oberhause wurde am Freitag der Ge setzentwurf über die Einführung eines neuen Systems der Ausbildung der Marine offiziere, durch das die Offiziere aller Dienstzweige im Anfänge ihrer Laufbahn die gleiche Ausbildung erhalten sollen, beraten. Der Erste Lord der Admiralität Selborne verteidigte die Vorlage, weil diese die Verwendbarkeit der Offiziere erhöhe und die Einheitlichkeit der Flotte fördere. Redner wies darauf hin, daß die Ver. Staaten ein ähnliches System angenommen hätten und daß Frankreich ebenfalls die An nahme dieses Systems in Beratung ziehe. *Mit einem Gesetz znm Schutz des S tr eikp o st e nst eh en s hat sich am Freitag das Unterhaus beschäftigt. Der von den Ge werkschaften beantragte Gesetzentwurf lautet nach dem ,Vorw.': Eine oder mehrere Personen, die in ihrem eigenen Namen oder im Namen einer eingeschriebenen oder nichteingeschriebenen Gewerkschaft oder Vereinigung handeln, sollen zwecks Vorbereitung oder Fortführung eines ge werblichen Konfliktes das Recht haben, sich neben einem Hause, Platze, Arbeits- oder Ge schäftsraum aufzuhalten, um 1) Nachrichten in friedlicher Weise zu empfangen oder zu erteilen; 2) Personen in friedlicher Weise zu überreden, die Arbeit fortzusetzen oder niederzulegen." Der Antrag wurde zwar abgelehnt, aber nur mit 246 gegen 226 Stimmen. Balkanstaaten. * Nach Belgrader Mitteilungen wird in dortigen radikalen Kreisen versichert, König Alexander bereite wirklich seine Ehe scheidung von der Königin Draga vor. Der König sei zu der Einsicht gelangt, daß die Popularität, welche die Dynastie einst besaß, infolge dieser Ehe verloren gegangen sei. Über dies erhielt er Drohbriefe, in denen seine ge waltsame Entthronung angekündigt wird. Im Hinblick auf die Gärung im Offizierkorps und die in letzter Zeit vielfach stattgefundenen anti dynastischen Kundgebungen wurden die Konak wachen verstärkt. Amerika. * Aus San Domingo wird dem ,Hamb. Fremdenbl.' gemeldet, daß die Zustände dort vollständig zerfahren seien. Eine neue Revo lution drohe schon die kaum gebildete provisorische Regierung zu stürzen. Die Republik San Domingo scheine sich vollständig aufzulösen. * Der kanadische Finanzminister erklärte im Parlament, der Marconi-Gesell schaft die fernere Unterstützung ent ziehen zu wollen, weil ihre Versprechungen u.n erfüllt geblieben seien und die geschäft liche Ausbeutung der Funkentelegraphie zweifel haft erscheine. Afrika. *Jn Südalgier haben es die Fran zosen beständig mit aufsässigen Araberstämmen zu tun. Nach einer Meldung vom Freitag wurde ein französischer Lebensmittelzug unter militärischer Bedeckung Donnerstag nacht 25 Kilometer von Taghit, 100 Kilometer südlich von der Oase Figig, von 600 Reitern und 900 Mann Fußtruppen, die zu den Stämmen der Uladscherir, der Benigil und der Beraber gehörten, aufgehoben. Taghit liegt im Susfana-Tale an dem Wege, auf dem die Zu fuhren nach Jgli gebracht werden. Die fran zösische Karawane umfaßte 500 mit Vorräten und Kleidungsstücken beladene Kamele. Alles wurde geraubt. 30 Mann, welche zu der Kara wane gehörten, wurden getötet, 18 verletzt. Die Angreifer, gegen welche ihrer großen Zahl wegen nicht vorgegangen wurde, lagerten sich mitten auf französischem Gebiet bei den Zugängen des Susfanatales. Asien. *Aus China sind Nachrichten angekommen, denen zufolge die Besetzung der Forts an der Mündung des Liaoflußes durch die Russen nur vorübergehend gewesen sei. In Peking herrscht Unklarheit, wie die Sache anfznfassen sei. Vas Lieben in äen biswiMen am Süäpol schildert ein jetzt in London eingetroffener Brief des Obermatrosen E. Joyce von der englischen Südpolarexpedition auf der „Discovery". Er ist aus dem Winterquartier des Schiffes, Mac Murdo Bai, vom 28. Februar 1903 datiert. „Wir haben die ganze Zeit von Seehunden ge lebt, nur Sonntags aßen wir Hammelfleisch, ein Geschenk der Neuseeländer Farmer bei unserer Abreise, daS wir als Delikatesse aufbewahrt haben. Aber es ging zu Ende, drei Monate vor Ankunft des Hilfsschiffes „Morning", das uns neuen Vorrat brachte. Ich würde eine gute Tageslöhnung für ein gutes englisches Essen, altes Roastbeef und Gemüse geben. . . . Eine Abteilung unter Leutnant Royds suchte nach Pinguin-Eiern, und nach einigen Tagen fanden sie auch eins, das zufällig zurückgelassen worden war, denn die Vögel tragen sie in einer Art Beutel wie die Känguruhs. Ich glaube, dies war das einzige Ei, das wir je fanden. Leutnant Baine ging mit 11 Mann, unter denen auch ich mich befand, südwärts, um Depots für Kapitän Scott anzulegen. Wir brachen zwei Tage früher als der Kapitän auf, aber er überholte uns bald. Wir zogen 245 Pfund pro Mann. Nachts schlugen wir ein Zelt auf. Kapitän Scott sagte: „Jungen, ihr sollt jeden Rekord schlagen; die Hälfte wird zurückkehren müssen, da ich schneller vorwärts gehen will." Am nächsten Tage fanden wir, daß wir bei 78 Grad 55 Minuten südlicher Breite waren; wir hißten also Union Jacks, und die Gesellschaft wurde photographiert. Bei 79 Grad 15 Minuten südlicher Breite verließen wir den Kapitän und kehrten zu der „Discovery" zurück, 86 Meilen direkten Weg, aber 110 Meilen mit Umwegen. Unterwegs platzte Leutnant Shackleton durch das Laufen ein Blutgefäß, und es ging ihm sehr schlecht. Erkannte nichts tun, und Kapitän Scott und Dr. Wilson mußten jeder etwa 270 Pfund ziehen. Um die Last zu erleichtern, mußten sie Sachen fortwerfen. Siebzehn Tage vom Schiff entfernt, brach mein armer alter Hund, der letzte von der Koppel, zusammen. Dr. Wilson brach ihm zwei Zähne heraus und brachte, sie mir zurück. In ihrer Sorge dachten sie also an uns. . . . Wir sind Briten uird haben einen prächtigen Führer in Kapitän Scott; wü: könnten keinen besseren Mann haben, vom Scheitel bis zur Sohle ein Gentleman. Jeder Mann an Bord würde mit ihm überallhin gehen." Die Gesellschaft kam über große Spalten, 17 Meilen vom Land, konnte also nicht weiter kommen. Das war bei 82 Grad 17 Min. südlicher Breite, 207 geographische Meilen weiter, als man sonst gekommen war. „Dr. Wilson ist ein tüchtiger Künstler, er skizziert das Land und die Berge, die bis zu 14 000 Fuß ansteigen. Sie haben die Karte bis zum 83 Grad südlicher Breite gebracht. Im ganzen ging die Gesellschaft 800 Meilen. Ehe wir in das Winterquartier kamen, gingen wir das große Eisriff entlang, an dessen Ende wir Land fanden. Es ist etwa 550 Meilen lang und 80 bis 120 Fuß hoch. Es ist eine riesige Eismasse mit vielen Spälten. Der Kapitän fuhr zuerst -im Ballon auf. Dieser Ort wäre sehr reizvoll für einen Künstler; aber drei Monate wären reichlich Zeit für eine Ver gnügungsfahrt. Man sieht nur Eis und große Massen vulkanischen Stoffes. Gewöhnlich raucht der Mount Erebus, wirft aber nicht Lava aus. Im vorigen Jahr waren die Sonnenuntergänge prachtvoll; dies Jahr haben wir die Sonne noch nicht gesehen. Wir hatten 123 Tage ohne Sonne und 104 Tage völlige Dunkelheit. Wir machten jedoch alles vergnügt durch. Die niedrigste Temperatur war —58 Grad. Ohne den Wind fühlt man die Kälte nicht sehr. Mit dem Wind stirbt erst die Nase, dann Ohren, dann Finger ab. Wegen der heftigen Schneestürme gehen wir nie allein. Auf ein mal dreht sich dann wohl der Begleiter uni und sagt: „Deine Nase ist abgestorben." Sie wir so weiß wie dieses Papier. Man wendet sich vom Wind ab und zieht die Handschuhe ab, um die Nase wieder zu beleben. In zwischen sind die Finger fort. Es ist deshalb kein Vergnügen, bei Wind fortzugehen. Die Schneestürme find schrecklich. Mr. Bernacchi und ein Ingenieur gingen zu einer etwa 50 Jards entfernten Hütte, und obgleich sie von der Hütte zum Schiff angeseilt waren, waren sie 2Vi Stunden lang in einem Schnee sturm verloren." Von unä fern. Griffe sprachliche Schmerzen hat den Römischen Blättern der Besuch des Kaisers in Rom bereitet. Das ,Giornale d'Jtalia' nennt nach einer Münchener Korrespondenz unter den beim Kaiser-Frühstück Anwesenden auf dem Ehrenplätze neben Rampolla einen gewissen Signore Renshanzler. Man fragt sich zuerst, wie kommt, der Mann dazu, bis man entdeckt, daß der Herr Reichskanzler gemeint ist. Und das ist noch nicht das Schlimmste, was dem Grafen Bülow passiert ist. Nach dem ,Popow Romano' lrank der Kaiser dem Grafen Bülow zu, da dieser gerade an dem betreffenden Tage K k)er2ensstürme. 11) Roman von C. Wild. „Deine Vorwürfe ändern nichts an der Sache," versetzte Paul mißmutig. „Laß dir alles sagen und dann urteile." „Also rede," sagte der Musiker, sich mit er gebungsvoller Miene niedcrsetzend; „vorläufig gratuliere ich dir noch nicht, erst muß ich den ganzen Hergang wissen." Paul begann; er erzählte alles wahrheits getreu und schloß damit, daß er heut vormittag bei dem Kommerzienrat gewesen sei und in aller Form um Elises Hand angehalten habe. Seine Werbung sei angenommen worden, das Ver lobungsfest solle binnen kurzem gefeiert werden, nur die Feststellung des Hochzeitstages habe der Kommerzienrat sich noch Vorbehalten. Als er geendet, fuhr Karl zornig auf: „Mit deiner verwünschten Ehrlichkeit wirst du es noch weit bringen, du törichter Junge? Wer hieß dich dieses Mondscheingesicht mit den starren Puppenaugen küssen? Und wenn du schon ein mal daran Geschmack fandest, so hättest du es mindestens bei diesem Kuß bewenden lassen können, — aber am nächsten Tag gleich Hin gehen und um dieses mondsüchtige Geschöpf zu werben, das ist, beim Jupiter, denn doch zu viel! Aber daran erkenne ich doch wieder meinen Paul! Nur immer hübsch sich am Gängelbande führen lassen, von wem es auch sei. Einmal selbständig auftreten, als echter Mann handeln, das bringst du nicht zusammen. Und nun die Folgen: Eine kalte, herzlose Frau, die nur an sich denkt und dich unterjocht — eine unglückliche Ehe voll Mißklang, ohne Freude und Frieden — das find die Folgen deiner Nachgiebigkeit! O" er schlug mit der Faust vor sich auf den Tisch, „weißt du, wer eine Frau für dich gewesen wäre, wenn schon ein mal geheiratet sein muß? Diese Kc'da Winter oder wie sie heißt, drüben in ler fAmerikaner- vi a — die hätte wenigstens einen ganzen Mann aus dir gemacht — j—t wirst du untergehen in einer entwürdigenden Sklaverei!" Paul hatte all diese heftig hervorgesprudel ten Vorwürfe über fich ergehen lassen. Nur bei Nennung von Heddas Namen hob er schnell den Kopf empor. Er war totenbleich geworden, als er entschiedenen Tones sagte: „Kein Wort von ihr, ich bitte dich! Ich kann und darf nicht mehr an sie denken." Der Musiker blickte ihn eine ganze Weile überrascht an, dann brach er in die Worte aus: „Steht es so um dich, mein armer Freund? — Na, dann freilich will ich dir das Herz nicht noch schwerer machen. Lassen wir also die Ge schichte gut sein. Nur eines muß ich dir noch sagen: Du bist deiner Braut nicht gar so viel Dankbarkeit schuldig. Das Geld, den Bettel, den sie dir anonym schickte, kannst du ihr zurück geben, übrigens hatte ich schon längst eine Ahnung, daß sie die geheimnisvolle Spenderin sei — nur hielt ich für eine Laune, was bei ihr kluge Berechnung war. Sie hat dich auch ganz geschickt hierher gelockt; nur in dem einen sehe ich klar: daß du es in kurzer Zeit so weit gebracht hast, ist nicht ihr Werk, dahinter stecken mächtigere Hände." „Du sprichst in Rätseln," sagte Paul. „Aber ich habe die Lösung dafür; ist dir nicht Graf Landsberg gnädig gesinnt?" „Ach, der gute Herr! Ich glaube kaum, daß er viel Einfluß bei Hofe hat." . ' -' „Dem Anschein nach nicht, in Wirklichkeit steht es anders! Vor Jahren war der Graf nahe daran, regierender Fürst zu werden. Fürst Georg war zum Sterben krank, ein Nach folger war nicht vorhanden, und Graf Lands berg als sein nächster Verwandter hatte die erste Anwartschaft auf den Thron. Nach langem Siechtum genas der Fürst, aber es war noch immer kein Thronerbe da — und jetzt noch, wenn dem jungen Prinzen etwas geschieht — Fürst Georg ist zu alt und gebrechlich, um noch lange regieren zu können. Du siehst also, daß Graf Landsberg immer einen gewissen Einfluß bewahren wird, wenn derselbe auch jetzt nicht augenscheinlich zu Tage tritt." „Du hast recht," versetzte Paul. „Aber weshalb sollte mich der Graf insgeheim unter seine Fittiche nehmen? Er könnte dies ja ebenso gut öffentlich tun." Karl wendete fich achselzuckend ab. „Paul, das war ein dummer Streich," sagte er, beide Hände auf Pauls Schultern legend; „mach' kein so ernstes Gesicht, ich will nicht mehr dar über sprechen. Überdies — verlobt ist noch nicht verheiratet — wer weiß, was noch ge schieht. Kopf oben, mein Junge, und sei mir nicht böse, wenn ich vielleicht ein Wort zu viel gesagt habe — du kennst doch meine Art." Er drückte ihm herzlich die Hand, der andere erwiderte den Händedruck kräftig. „Ich weiß, wie viel Wahres deine Vor würfe enthalten," sprach er; ich habe mich iN Leben immer zu viel von anderen leiten lassen. Du hast recht — selbst ist der Mann — und daran will ich mich jetzt auch halten. Sie soö an mir keinen gefügigen Sklaven finden,. das schwöre ich dir!" Es war ihm heiliger Ernst mit seinen Worten; die rücksichtslose Offenheit seines Freundes hatte ihm gezeigt, wie er nur ein Spielball der Launen anderer gewesen. Durch diese „elende Feigheit", wie er es plötzlich ber sich nannte, hatte er ein stolzes tteues Her) verloren, Heddas Herz — denn jetzt war er ihr nichts, nichts mehr! Wie mochte Hedda die Anzeige seiner Ver lobung mit Elise v. Schellbach ausgenommen haben! Hatte sie es ihm nicht vorhergesagt, daß es so kommen würde? Er sah förmlich das verächtliche Lächeln, das ihre stolzen Lippen kräuselte; sie würde nur daran denken, daß seine Braut ein reiches Mädchen war und ihr Vater großen Einfluß besaß; daß es noch andere Gründe für diese Verbindung geben konnte, glaubte sie sicher nicht. Einen Augenblick dachte Paul daran, Hedda alles zu sagen, so wie er es bei Karl getan, aber als er sie wiedersah, als sie ihm kalt und stolz entgegentrat, da schwand jede/Hoffnung bei ihm, ihr eine bessere Meinung von ihren: einstigen Gespielen beibringen zu können. es denn!" sagte er entschlossen bei sich, und sinn Blick begegnete fest und kühl dem ihren. Hedda preßte die Lippen leicht aufeinander und wendete ihr Gesicht schnell ab: ein eigen«
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)