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Ottendorfer Zeitung : 01.05.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190305017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19030501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19030501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-05
- Tag 1903-05-01
-
Monat
1903-05
-
Jahr
1903
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 01.05.1903
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politische Aunälckau. Deutschland. *llber den diesjährigen Besuch des Kaisers in den Reichslanden wird be kannt: Der Kaiser trifft am Abend des l1. Mai, von Donaueschingen kommend, in St ras; bürg ein. Am 12. Mai findet vormittags die Besichtigung der Garnison und abends ein Festmahl im Kaiserpalast statt. Für den 13. Mai ist ein Besuch der Hohkönigsburg vor gesehen. Am 15. Mai fährt dann der Kaiser nach-Schloß Urville. * Es fiel auf, daß die beiden kaiser lich e n P r i n z e n, die jetzt in Italien weilen, vor einigen Tagen, ohne aus dem Zuge zu steigen, durch Nom fuhren. Man hätte daraus schließen können, daß sie sich von Rom während des Besuches des Kaisers geflissentlich fern hielten. Nach neueren Meldungen scheint es jedoch, als ob sie dem Kaiser mehr entgegen fahren wollen, denn es wird jetzt gemeldet, daß derKaisermit seinen beidenSöhnen am 2. Mai in Rom eintrifft. * Der Kaiser hat dem kommandierenden General des XVI. Arnieekorps Grafen von Haeseler aus Anlaß seines 50 jährigen Tienstjubiläums den Rang eines Feld mar- schalls verliehen. * Nach einer offiziösen Meldung setzte der Kronprinzvon Sachsen der Prinzessin Luise definitiv eine Jahresrente von 30 000 Mk. aus. * Herr v. Keudell, der frühere deutsche Botschafter in Rom, ist am Sonntag, 80 Jahre alt, in Königsberg i. N.-M. verstorben. * Der Generalstabsarzt der Marine, Chef des Sanitäkskorps der Marine und Vorstand der Medizinalabteilung des Reichs-Marine- Amts Dr. med. Hermann Gütschow ist gestorben. Staatssekretär v. Tirpitz widmete ihm im,Marine-Verordnungsblatt' einen ehrenden Nachruf. *Das Gesetz über die Landestrauer in Preußen wird amtlich im,Reichs-Anzeiger' veröffentlicht. Es tritt mit dem Tage der Ver kündung in Kraft. *Der Bundesrat hat die Erhebung von Zuschlagszöllen auf die hauptsächlichsten kanadischen Ausfuhrartikel be schlossen. * Die Z o l l e i n n a h m en für das Etats jahr 1902 bleiben hinter dem Voranschlag um fast 10 Millionen Mk. zurück. *Eine Interpellation der Konser vativen, die an den Reichskanzler die Anfrage richtet, wann die bestehenden Handels verträge gekündigt werden sollen, ist im Reichstag eingegangen. * Die Ausweisung derMormonen- Missionare aus Preußen und Meck lenburg ist von beiden Regierungen verfügt worden, nachdem seitens Bayerns die gleiche Maßregel schon vor einiger Zeit ergriffen worden ist. Den Missionaren wird aber Zeit gelassen werden, ihre Angelegenheiten zu ordnen. Die Verfügung ist getroffen worden, weil sich in den letzten Jahren die Beschwerden über die Proselytenmacherei der Mormonen beständig vermehrt haben. Zurzeit wirken in Deutschland etwa 150 Missionare, davon in Preußen allein gegen 90. Osterreich-Ungarn. *Der König von Sachsen ist am Montag vormittag aus Venedig in Wien ein- getroffen. Kaiser Franz Joseph empfing ihn in der Uniform seines sächsischen Manen-Regiments auf dem Südbahnhof. Frankreich. * Eine offiziöse Note des Matin' bezeichnet das insbesondere von nationalistischer Seite ver breitete Gerücht, daß zwischen dem Präsi denten Loubet und dem Ministerpräsi denten Combes infolge des Rücktritts des Gou verneurs von Algier, Revoil, sowie wegen Durch führung des Kongregationsgesetzes ein Zwist ausgebrochen sei, als durchaus un begründet. Ebenso unrichtig sei die Be hauptung, daß der Ministerpräsident jüngst den Wunsch geäußert habe, zurückzutreten. Combes sei fest entschlossen, die von der Deputierten kammer beschlossenen Gesetze vollständig durch zuführen. *Jn Frankreich dauern die Kund gebungen wegen der Schließung von Ordens-Niederlassungen an. In Nantes wurden Freitag abend vor dem Prämon- strantenser-Kloster von dem Verein der katholischen Jugend lärmende Kundgebungen veranstaltet. Der nationalistische Deputierte Marquis de Dion sowie 20 andere Personen wurden wegen Wider stands gegen die Polizei verhaftet. Dion wurde zu 3 Tagen Gefängnis verurteilt. * Der Erzbischof von Cambrai hat an den Ministerpräsidenten Combes ein Schreiben gerichtet, wonach er es ablehnt, den Gottes dienst in nicht genehmigten.Kultusstatten gemäß dem Rundschreiben des Ministerpräsidenten zu hindern. England. *Der Morningleader' veröffentlicht ein Telegramm, wonach das Ergebnis der Pariser Reise König Eduards und des Gegenbesuches Loubets wahrscheinlich der Abschluß eines Handelsvertrages zwischen Frankreich nndEngland, wie ein solcher bereits von 1860—1881 bestand, sein werde. Italien. *Der König von England ist am Montag nachmittag, von Neapel kommend, in Rom eingetroffen und vom König Viktor Emanuel auf dem Bahnhofe empfangen worden. Ferner waren zur Begrüßung am Bahnhofe er schienen der Herzog von Aosta, der Graf von Turin, der Herzog der Abruzzen und der Herzog von Genua. Balkanstaaten. *Jn Bulgarien wird der Grenz - dienst verstärkt. Es ist abermals ein Reserveiahtgang des 14. Infanterie-Regiments einberufen worden. Nach einem vom öster reichischen ,Telegr.-Korr.-Büreau' verzeichneten Gerücht fand an der Grenze südlich von Sa- makow ein blutiger Zusammenstoß zwischen bulgarischen und türkischen Truppen statt. *Auf Kreta wurden rn Kandia zwei Christen von Mohammedanern er mordet. Die Christen wollten in ihr Haus ein treten, als sie von jenen mit Messern nieder gestoßen wurden. Die Kunde von dem Ver brechen versetzte die christliche Bevölkerung in größte Erregung. Christliche Bewohner griffen die Mohammedaner an, von denen viele ver wundet wurden. Amerika. *Die Deutschen in Argentinien haben den vernünftigen Beschluß gefaßt, sich zu einem großen Verbände zusammenzu schließen. Es werden Rundschreiben ver sendet, in denen ausgeführt wird, daß die Ver einigung den engen Zusammenschluß aller ge borenen Deutschen und Nachkommen von Deutschen bezwecke zum Schutze gegen etwaige Übergriffe der Behörden oder Gerichte. Die Vereinigung wird die Hoheit Argen tiniens anerkennen und nicht die deutschen diplomatischen und Konsularvertreter um Unterstützung angehen. Afrika. *Nach der Hiobspost von voriger Woche haben die Engländer am Sonntag eine Siegesnachricht aus dem Somalilande erhalten. „General Bianning hatte auf dem Marsche zur Befreiung des Obersten Cobbe einen Kampf mit den Streitkräften des Mullah, von denen 2000 Mann getötet wurden. Oberst Cobbe wurde befreit. Die britischen Verluste sind noch nicht bekannt." — Die Nachricht befreit die englische Bevölkerung von schwerer Sorge. Nach der Vernichtung der Kolenne Plunkett war die Kolonne Cobbe, von der sich jene abgezweigt hatte, nicht mehr imstande gewesen, den Rückzug zu dem Hauptkorps zu finden, man mußte fürchten, daß auch diese Trupve von 220 Mann von den Somalis aufgerieben werden würde. * Neber die Lage in Marokko find keine neueren Nachrichten zu verzeichnen, außer daß nunmehr der Übertritt Muley Arafas, des Onkels des Sultans, auf algerisches Gebiet bestätigt wird. Er traf mit regulären Truppen und einer Begleitung von Spahis in dem Hafenorte Benisaf ein, und hat bei dem Marabut von Sidi Brouseif sein Lager auf- geschlagen. Ikis cLem KeLckstage. Der Reichstag führte am 25. d. die zweite Lesung der Krankcnkassennovelle bis zum 8 26, und eine Änderung an dem Beschluß der Kommission wurde nur in bczng auf die Möglichkeit der Erhöhung der Beiträge über 2 Prozent hinaus beschlossen, indem an eine solche Erhöhung gegenüber dem Kommissions vorschlage eine gewisse Bedingung geknüpft wurde. 8 26, der die Ausdehnung der Krankenunterstützung auf 26 Wochen enthält, wurde debattelos an genommen. Am 27. d. wird der Nachtrags-Etat für den Bau eines neuen Rcichsmarineamts in der Bellevnestraße in Berlin nach dem Anträge der Budgetkommission debattelos mit großer Mehrheit a b g e l e h n t. Es folgt die zweite Beratung der Übersicht der Neichsausgaben und -Einnahmen für 1900. Hierzu hat Abg. Sattler (nat.-lib.) folgenden Antrag eingebracht: „Alle Anfragen der Rechnungskommission zur weiteren Aufklärung der in den Übersichten und Rechnungen gegebenen Er läuterungen sind an den Reichskanzler zn richten." (Damit soll erreicht werden, daß der Reichskanzler stets über die Etatsüberschreitungen sofort informiert wird.) Abg. Sattler (nat.-lib.) empfiehlt seinen An trag, der den verfassungsmäßigen Zustand Her stellen wolle. Es dürfe nicht Vorkommen, daß der Reichskanzler von Etatsüberschreitnngen keine Kenntnis habe. Staatssekretär Graf Posadowsky bemerkt, es handle sich hier um eine wichtige staatsrechtliche Frage, die nicht so nebenbei durch einen solchen Antrag gelöst werden kann. Abg. Hug (Zentr.) tritt für den Antrag Sattler ein. Abg. Spahn (Zentr.) schlägt vor, den Antrag an die durch sieben Mitglieder verstärkte Geschäfts ordnungskommission zu verweisen. Abg. Sattler lnat.-lib.) bezeichnet die Auf fassung des Staatssekretärs als unrichtig. Die einzelnen Ressorts dürsten zwar selbständig über die ihnen zur Verfügung gestellten Fonds verfügen, aber nicht selbständig Etatsüberschreitungen vor nehmen. Präsident Graf Ballestrem bezeichnet den Antrag als eine Ergänzung der Geschäftsordnung. Deshalb sei der Antrag Spahn in formaler Beziehung zu empfehlen. Nachdem sich auch Abg. Sattler hiermit ein verstanden erklärt hat, wird der Antrag des Abg. Spahn angenommen. Nunmehr wird zunächst der letzte Gegenstand der Tagesordnung behandelt und der Gesetzentwurf über Phosphor zündwaren in dritter Lesung so bloo angenommen. Darauf wird die zweite Lesung der Kranken kassennovelle bei 8 26a fortgesetzt, der Be stimmungen über Kürzung und Vorenthaltung des Krankengeldes trifft. Abg. Trimborn (Zentr.) bedauert, daß man bei Vorbereitung dieser Novelle die Arzte nicht ge- pört habe. Für die künftige Reform müsse eine Kommission aus Ärzten und Krankenkassenvorständen vorgesehen werden, die auch als Einigungsamt bei Streitigkeiten dienen könnte. Abg. Münch-Ferber spricht sich in gleichem Sinne aus. Abg. Hofsmann-Hall (st. Vp.) fordert eben falls Besserstellung der Kassenärzte. Jetzt zwinge man sie, mit sogen. Naturärzten und Kurpfuschern sich in die Behandlung der Kranken zu testen. Es sei ein angemessenes Minimalhonorar sestzusetzen. Auf die Statistik könne man sich hinsichtlich der Lage der Arzte nicht berufen. Diese Statistik verzeichne z. B. 50 Prozent Selbstmorde als Todesursache, wenn in einem kleinen Orte ein Diann sich erhänge und ein Kind sterbe. Abg. Spethmann (fr. Vp.) meint, die Gefahr einer Proletarisiernng des Arztestandes sei so groß, daß energische Mittel dagegen angewandt werden müßten. Ein Mindcsthonorar müsse festgesetzt werden. Abg. Rö sicke-Dessau (fr. Vgg.): Durch die Art und Weise, wie manche Arztevereine die Arzte vertreten, ist den Interessen der Arzte nicht gedient. Die vorgeführtcn Fälle sind doch nur Einzelfälle. Anstatt nach Gesetz und Staat zu rufen, sollten sich die Arzte zusammenschließen und selbst ihre Rechte zu wahren suchen. Mit der freien Arztewahl schwindet das Vertrauen zum Arzt. Abg. Molkenbuhr (soz.) tritt den Arzte- klagen entgegen. Die Behauptungen des Abg. Hoff mann-Hall seien zum Test unwahrscheinlich, zum Test übertrieben. Die Lage der Kassenärzte sei auch so schlecht nicht, wie man sie schildere. Die durch schnittliche Eiuzclentlohnung für die ärztliche Leistung erscheine ja gering, aber man müsse sich dann auch die Leistungen ansehen. Redner befürwortet dann noch einige Anträge zum § 26», u. a. Streichung einzelner Bestimmungen über Kürzungen des Kranken geldes, so zum Beispiel im Falle von Trunk fälligkeit. Abg. Lenz mann erklärt für seine Person, in bezug auf letzteres dem sozialdemokratischen Anträge zustimmen zu können, und tritt dann für freie Nrzte- wahl ein. Abg. v. Richthofen (kons.) hält es für einen Fehler, daß bei Vorbereitung der Vorlage nicht die Arzte gehört worden seien, und empfiehlt die Reso lution der Kommission, mit der man sich jetzt aller dings wohl begnügen müsse. An der Debatte beteiligen sich noch die Abaq. Beckh ist. Vp.), Albrecht lsoz.), Pohl (fr. Vp.), worauf die Debatte schließt und nach Ablehnung der sozialdemokratischen Anträge 8 26» unverändert in der Fassung der Kommission angenommen wird. — 8 35 soll nach der Vorlage einen Zusatz erhalten, demzufolge gesetzwidrige oder statutwidrige Beschlüsse der Kassenorgane von dem Vorsitzenden des Kassen vorstandes mittels Berichts an die Aufsichtsbehörde beanstandet werden müssen. Die Sozialdemokraten beantragen, diesen Zusatz zu streichen, dagegen dem Paragraphen einen an deren Zusatz zu geben, wonach die öffentlichen Be hörden verpflichtet sein sollen, den Kafscnvorständen alle für den Geschäftsbetrieb wichtige Mitteilungen zukommen zu lassen. Nu der Debatte hierüber beteiligten sich die Abgg. Molkenbuhr, Trimborn, Stadthagen, Rösicke-Dessau, ferner Staatssekretär Graf Posadowskv, welcher eS durchaus bestritt, daß es einer Beschränkung der Selbstverwaltung der Kassen gleichkommc, wenn gegen gesetz- oder statutenwidrige Beschlüsse die Aufsichtsbehörde angerufen und zum Einschreiten veranlaßt werde. Nach einer Erwiderung des Abg. Stadt hagen wird der DaragrapH unter Ablehnung der sozialdemokratischen Anträge unverändert in der Kom missionsfassung angenommen. — Bei 8 38 erklärt auf eine Anfrage Trimbo'rns der Geh.-Rat Euke n-A d d en h a us c n: Nach Ansicht der Reichsregierung sei im Rahmen des Krankenversichernugs - Gesetzes das Proportional- wahlvcrfahren zulässig, also eine entgegengesetzt lautende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts unzutreffend. 8 38 wird wieder unter Ablehnung eines sozial demokratischen Antrages unverändert angenommen, ebenso 88 39—41. Darauf vertagt sich das Hans. Preußischer Han-tas Am 25. d. beschäftigte sich das Abgeordnetenhaus zunächst mit der Interpellation des Abg. Letocha (Zentr.) betr. den Unfall auf der fiskalischen Kohlen grube „Königin Lnise" in Oberschlesien am 2. April 1903. Nach der Begründung der Interpellation durch den Abg. Letocha erklärte Handelsminister Möller, daß das beklagenswerte Unglück wahrschein lich auf das Verhalten der Bergarbeiter zurückzu führen sei, die den Erlaß der oberschlesstchen Berq- werksvcrwaltung nicht beachtet hätten, was freilich nicht aus Nachlässigkeit oder bösem Willen geschehen sei. Zur Untersuchung des näheren Sachverhalts sei eine Untersnchungskommission eingesetzt, deren Bericht der Öffentlichkeit übergeben werden würde. Es seien Maßnahmen zur möglichsten Verhütung ähnlicher Uuglückssälle getroffen. Darauf wurden noch mehrere kleinere Gesetzentwürfe erledigt. Das Abgeordnetenhaus erledigte am Montag wieder eine Anzahl kleiner Vorlagen und Petittonen, die unverändert angenommen wurden. Zu dem Gesetzentwurf bett, das Feuerlöschwesen wurde ein Zusatz angenommen, wonach in den Landgemeinden der Wcstprovinzen bei den fraglichen Polizeivcr- ordnungen die für Gemeindestatilten zuständigen Organe mitzuwirken haben, und mit diesem der Gesetzentwurf. Von unä fern. Zwischen Hamburg und Wien wurde am 25. d. das erste telephonische Gespräch ge führt und wickelte sich glatt ab. Sechs Mitglieder einer Fälscherbande sind am 25. d. in Posen verhaftet worden, welche Fünf- und Zweimarkstücke in Silber, hauptsächlich aber Kupons der 3V- Proz. preußi schen Staatsanleihe und zwar in Höhe von 17,20 Mk. vom Jahre 1890, 5,25 Mk. vom Jahre 1885 und 3,50 Nik. von den Jahren 1892, 1893 und 1895 in größerem Umfange angefertigt haben. Die Verbrecherbande, deren Verbindungen sich bis nach Amerika erstrecken, soll auch verschiedene auswärtige Münzen ge fälscht haben. A I^erLensstürme. 5s Roman von C. Wild. <8°rl'etzmigN Das junge Mädchen hatte das ganze Gärtchen geplündert, um den Sarg der Toten zu schmücken; keine Blume, keine Blüte war mehr zu sehen, der kleine Fleck sah so öde und leer aus, als hätte auch hier der Sensenmann seinen Einzug gehalten. Hedda saß in dem kleinen Stübchen beim Fenster und blickte traurig durch die Scheiben. Es war ein trüber unfreundlicher Tag; der Himmel war seit dem Morgen mit düstern Wolken umzogen gewesen und jetzt fing es zu regnen an — erst wenig und leise, dann immer stärker, bis dicke Tropfen mit Macht an die kleinen Scheiben schlugen. — Hedda dachte an Paul und seufzte. Wo mochte er jetzt wohl sein? Sie bereute es nicht, so hart gegen ihn gewesen zu sein; wenn er jetzt wieder vor ihr stünde, sie würde genau ebenso handeln, aber sie konnte den Gedanken nicht wehren, die sich in ewigem Kreislauf um ihn und die Tote drehten. Und je länger sie so dasaß und nach dachte, desto heißer und heftiger stiegen die Tränen aus ihrem Herzen empor, bis fie ihr die Lider näßten und die Augen füllten; da barg fie ihr Gesicht in beide Hände und schluchzte still in sich hinein. Es war ihr ein Trost, daß fie sich von Herzen ausweinen konnte. Darüber war die Dämmerung hereingebrochen, die Schatten der Nacht senkten sich herab, alles ringsum in einförmiges Grau hüllend; in Heddas einsamem Stübchen war es ganz dunkel geworden. Da ertönte an der Tür ein Pochen; erst leise, dann stärker. Das Mädchen fuhr empor, eine jähe Glut überflutete ihre bleichen, tränenüberströmten Wangen. Sollte er es sein? War er zurückgekehrt, um noch einmal Abschied zu nehmen? Mit zitternden Händen und fliegendem Atem tastete fie nach Licht. Nun brannte die Lampe, aber Hedda blieb zaudernd stehen. War es nicht besser, fie hielt ihre Tür verschlossen? <Nn Ende mußte ja doch alles haben! Da ertönte das Pochen wieder, lauter, ungeduldiger — fie ver nahm auch draußen eme Stimme. Gewaltsam ihre Schwäche bezwingend, schritt fie zur Tür. Auf ihre Frage, wer draußen sei, antwortete eine heisere Stimme: „Ich bin's — Eduard Winter, ich will meine Tochter Hedda sehen!" Die Lampe zitterte in des Mädchens Hand. Ihr Vater! Die ganzen langen Jahre hatte er sich nicht um fie gekümmert. Sie hatte es versucht, ihn zu vergessen, da fie seinem An denken keine liebende Erinnerung weihen konnte; was führte ihn hierher zurück, was wollte er von ihr? Sie zögerte noch einen Augenblick, dann schloß fie mit einem Gefühl namenloser Bitter keit die Tür auf. Da stand er vor ihr, genau wie fie es sich gedacht: halb Bummler, halb Bettler, mit einer gewissen schäbigen Eleganz gekleidet, die das Elend seiner ganzen Erscheinung nur noch schärfer hervortreten ließ. Eduard Winter taumelte herein; seine vom Lichtglanz geblendeten Augen starrten blöde nach der hohen, schlanken Gestalt, die vor ihm stand. „Hedda, meine Tochter?" stotterte er. „Die bin ich," sagte sie kalt. Er machte einen mißglückten Versuch, fie zu umarmen; das junge Mädchen wich scheu zurück. „Nicht? Nun, auch gut!" grinste er. „Wir beide sind ja nie zärtlich zueinander gewesen. O, du warst eine böse kleine Hummel, die mir viel zu schaffen machte." Hedda antwortete nicht; fie ergab sich darein, den bitteren Kelch bis zum letzten Tropfen zu leeren. „Komm herein," sagte fie nach einer Weile mit klagender Stimme, die Tür des Stübchens öffnend. Er schritt an ihr vorbei — hinein. Ein Ekel erfaßte fie, als er fie streifte. Er roch nach Spirituosen und seine mattglänzenden Augen bezeugten, daß er wieder seinem Lieblingslaster gefrönt habe. Allein fie bezwang sich; er sollte kein Wort des Vorwurfs von ihr hören. Ge bessert hätte es ihn ja doch nicht! Mit unbe weglichem Gesicht stellte fie die Lampe auf den Tisch und schob ihm einen Stuhl hin, fie selbst blieb mit über der Brust gekreuzten Armen vor ihm stehen. Eduard Winter setzte sich. Der volle Schein der Lampe fiel auf ihn. Einst mußte er ein wunderschöner Mann gewesen sein, das sah man heute noch trotz der deutlichen Spuren, die ein wüstes Leben in seinen Zügen zurückgelassen. Auch in seiner Haltung zeigte sich noch etwas von dem Manne, der einst in besseren Kreisen gelebt haben mochte, und die Hand, die er auf den Tisch stützte, war, obwohl sonnengebräunt und nicht ganz rein, doch von tadelloser Form. Winter musterte neugierig die Erscheinung einer Tochter. Was war aus dem kleinen chwarzen, trotzig blickenden Mädchen geworden? Nne Schönheit war fie nicht, aber eigenartig nteressant — zudem hatte sie etwas Sicheres, Achtunggebietendes an sich. „Mein Kind, du würdest eine vortreffliche Tragödin abgeben," sagte er, seinen Gedanken laut aussprechend; „dieser Blick, die stolze Hal tung, hast du nie daran gedacht, dich der Bühne zu widmen?" Hedda wendete sich halb von ihm, fie mutzte an ihre arme Mutter denken, die, den Todes keim in der Brust, noch hatte Komödie spielen müssen. „Nein," sagte sie dann kurz, „ein solcher Einfall ist mir nie gekommen." „Ach ja, du hast kein Theaterblut in den Adern, deine Mutter hatte auch keins, das war ein Unglück für fie." In Heddas Brust wallten Zorn und Em pörung empor. Eduard Winter bemerkte ihre nur mühsam zurückgehaltene Erregung nicht. Er fuhr sich mit einer geckenhaften Bewegung durch das noch immer volle, obwohl schon stark er graute Haar und sagte: „Sie war zu empfindlich, zu leicht gereizt^ beim Theater muß man starke Nerven haben. „Meine arme Mutter ist an gebrochenem Herzen gestorben," brach Hedda mit blitzenden Augen los; „es ist besser, wir schweigen von ihr, sonst vergesse ich, daß ich in dir meinen Vater achten soll." Winter zuckte schweigend die Achseln — er wollte es mit seiner Tochter nicht ganz ver derben — vielleicht erinnerte er sich auch, wie
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