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Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung sür die Ortschaften Vttendorf-Okrilla mit Moritzdors und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „öpiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »an Inseraten bis vormittag za Uhr. Inserate werden mit ,o Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. 1. Jahrgang. Mittwoch, den 24. Dezember 1902. Nr. 44. Bekanntmachung. Bei der am 20. dieses Monats stattgefundenen Gemeinderatswahl sind nachstehend zeichnete Herren als Mitglieder bezw. Stellvertreter des Gemeinderates gewählt worden: Alasse I der Ansässigen: Gutsbesitzer frieckrick Vietrlck, „ Gustav Okieme. Alasse H der Ansässigen: Hausbesitzer und Maurer Hermann Hausckork, Hausbesitzer und Dekorationsmalermeister Larl Kuek. Alasse LII der Unansässigen: Fischhändler Hermann Liemens, Glasmacher sVlsx Leikckke. Die vorstehend genannten Herren haben die auf sie gefallene Wahl angenommen. Der Gemeinderat setzt sich somit von 1903 ab wie folgt zusammen: Herr ß. Lincke, Gemeindevorstand, Gutsbesitzer C. Mssback, Gemeindeältester, Fabrikbesitzer U. Mastker, Ratsmitglieder Gutsbesitzer 6. Bergmann, H' Leutkolä, ' der Klasse I der Ansässigen. f. pietrsck, kk ver- Herr Böttchermeister und Hausbesitzer f. Hillig, l - „ Restaurateur und Hausbesitzer K. ! Ratsnutglieder „ Maurer und Hausbesitzer 6. Büsine, s der Klasse II „ Maurer und Hausbesitzer H. Hausäorf, j der Ansäsirgen. Herr Maurer 6. Wssback, 1 Ratsmitglieder der Klasse „ Fischhändler H. Liemens, j der Unansässigen. «ttvnüvrt-NvrjltLÜorL, am 23. Dezember 1902. Der Gemeinde-Rat. Lincke, Gemeinde-Vorstand- Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Dkrilla, 23. Dezember 1902. — Das „Dresdner Journal" veröffentlicht in seiner gestrigen Nummer nachstehende, unser sächsisches Königshaus betreffende, schwer wiegende Meldung: „Ihre kaiserliche und königliche Hoheit die Frau Kronprinzessin hat in der Nacht vom 11- zum 12. d-M. in einem anscheinend krankhaften Zustande seelischer Erregung Salzburg plötzlich verlassen und sich, unter Abbruch aller Beziehungen zu ihren hiesigen Angehörigen, ins Ausland begeben. — Am königlichen Hofe sind für diesen Winter alle größeren Festlichkeiten abgesagt worden. Auch der Neujahrsempfang wird nicht stattfinden." Hierzu schreibt der „Dr. Anz." Folgendes: Man steht dieser Nachricht, die völlig über raschend kommt und zu der vorerst noch jede Erklärung fehlt, zunächst ratlos gegenüber. Die Kronprinzessin Friedrich August erfreute sich bekanntlich der Sympathien der sächsischen Unterthanen im höchsten Maße und es würde allseitig aufs schmerzlichste berrühren, wenn die geistige Erschütterung noch schwere Folgm nach sich ziehen sollte. So lange seitens des Ministeriums des königlichen Hauses und des Oberhofmarschallamtes nicht nähere Mitteilungen und Erklärungen gegeben werden, ist jede weitere Diskussion dieses ernsten Vorgangs am Hose ausgeschlossen. Wir können nur hinzu fügen, daß der jetzige Aufenthalt Ihrer k. und k. Hoheit der Frau Kronprinzessin am Hofe nicht bekannt ist und sie seit ihrer Abreise nichts mehr von sich hat hören lasten. Der gesamten königlichen Familie wendet sich angesichts dieses schmerzlichen Vorganges die allgemeine Teil nahme zu. — Eine feiertagsreiche Zeit winkt Uns zu Weihnachten und am Jahresübergange. Von Donnerstag den 25. Dezember bis Diens tag den 6. Januar sind 13 Tage, davon sechs offizielle Feiertage und der nicht offizielle dritte Weihnachtsfeiertag, der aber doch vielfach hoch in Ehren steht und diesmal überall da gefeiert wird, wo es angeht, weil er auf einen Sonn abend fällt. Rechnet mau alles zusammen, so kommen sieben Festtage heraus, die beiden hei ligen Abende, Weihnachtsheiligabend und Syl vester, die doch vielfach auch als Nichtarbeits tage begangen werden, gar nicht gerechnet. — Weihnachtskartenzu verschicken ist eine Sitte in England, welche uns auch in Deutschland nachahmenswert erscheint. Der noble Sinn nimmt stets gern eine Aufmerksam keit zu besonderen Gelegenheiten entgegen. Wenn nun diese Aufmerksamkeit sich bei solchen Personen, die man nicht gut beschenken kann, in der Zusendung einer geschmackvollen Karte darthut, so ist das nur sinnig und taktvoll zu nennen. Sie zeigt, daß man dieser Personen in der Weihnachtssreude gedacht hat und daß man diese Freude gern mit ihnen geteilt hätte. — Trotz des plötzlichen Tauwetters und des anhaltenden Regens ist vorläufig eine Hochwastersgefahr von der Elbe nicht zu be fürchten. Dresden. Das Befinden des durch seine Schwester vergifteten hiesigen jungen Kunstmalers Dorsch ist erfreulicherweise n cht so schlimm, als in der letzten Zeit in verschiedenen Zeitungsnotizen gemeldet wurde. Die durch die Vergiftung eingelretene Nierenentzündung geht ihrer Heilung entgegen, da die Nieren bereits gut funktioniren. Allerdings erfordert der Nervenzustanö des Kranken noch die größte Schonung Die drei den jungen Künstler be handelnden Aerzte erhoffen seine vollständige Genesung, nachdem sie denselben am letzten Freitag infolge eines heftigen Erbrechens und emes daraus irrtümlicherweise gefolgerten Darm- brnches aufgegeben hatten. Tolkewitz, 22. Dezember. Eine auf regende und gefährliche Szene hatten in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag drei Damen zu bestehen, welche in der Nähe des Dresdner Wasserwerkes ein etwas einsam in einer Wald parzelle gelegenes Landhaus bewohnen. In der 11. Stunde der erwähnten Nacht wurde an einem Laden des Hauses gepocht und als eine der Damen im Obergeschoß daraufhin ein Fenster öffnete, erblickte sie einen Mann, welcher auf Befragen erklärte, er habe einen wichtigen Brief, man möchte öffnen. Dies geschah jedoch nicht, sondern es wurde dem verdächtigen Menschen gesagt, er solle das Schreiben in den an der Hausthür befindlichen Kasten werfen. Auch weitere Bemühungen des plötzlich frech werdenden Wegelagerers blieben erfolglos und als die Dame das Fenster schließen wollte, feuerte er drei Schüsse aus einem Revolver in rascher Folge auf sie ab, glücklicherweise ohne zu treffen. Der Knall hatte die Insassen einer vorüberfahrenden Straßenbahn aufmerksam ge macht und zu Recherchen veranlaßt; allein es gelang nicht, den Patron zu fasten. Am nächsten Tage wurde eine verdächtige Persön lichkeit verhaftet. Vor einiger Zeit wurden in der Nähe des Hauses bereits einmal zwei Straßenbahnbeamte von zwei Wegelagerern überfallen, wobei die letzteren die Kürzeren zogen und mit einer gehörigen Tracht Prügel belohnt wurden. Radebeul. In der letzten Gemeinde ratssitzung wurde mitgeteill, daß dem in Wahnsdorf ansässigen Musiklehrer Hoyer von der Königlichen Amtshauptmannschaft unter Strafandrohung die Verlängerung der Bein kleider und Aermel, sowie die Wahl einer un auffälligen Farbe seines Anzuges aufgegeben worden ist. Kötzschenbroda- Einem Einwohner auf der Schützenstraße, dem schon vor nicht zu langer Zeit ein Hund gestohlen worden war, ist neuerdings wieder d sselbe Unglück passirt. Ein ihm gehörender wertvoller Jagdhund wurde am Mittwoch Abend wahrscheinlich auf die Straße gelockt und dort weggefangen. Dem Diebstahl wurde die Krone aufgesetzt, indem die Diebe die Frechheit hatten, am Donners tag Abend ein Packet in das Gehöft des Betreffenden zu werfen, in welchem das Fell des Hundes eingepackt war und das einen Zettel mit ungefähr folgendem Inhalt enthielt: „Besten Dank für den Hund, war er auch nicht fett, so hat er doch recht gut geschmeckt. Füttern Sie den andern fetter, wir werden uns denselben zu Ostern holen!" Eine boden lose Frechheit. Finsterwalde, 20. Dezember. Wie der „Finsterwalder Anzeiger" meldet, ist heute Vormittag das Maschinenhaus der Grube „Hansa" bei Dobrilugk eingestürzt. Ein Ma schinenwärter ist umgekommen. Die Betriebs maschinen sind beschädigt. Der Betrieb mußte eingestellt werden. Grimma, 20. Derember. Die Stadt verordneten ermächtigten in einer gestrigen Sitzung den Rat, von weiteren Schritten wegen Wiedererlangung der Kosten abzusehen, die der Stadt Grimma bei der vor Jahresfrist hier stattgefundenen Brunneneinsturz-Affaire Thiele- Mutzschen erwachsen waren. Rochlitz, 20. Dezember. Auf die Pe tition des hiesigen Bürgervereins um Wieder belegung unserer Stadt mit Garnison ist vom Kriegsministerium eine ablehnende Antwort ein getroffen. In dieser wird unter anderem be merkt, daß von einer in naher Zukunft bevor stehenden Vermehrung der sächsischen Kavallerie- Regimenter dem Kriegsministerium nichts be kannt geworden sei und es daher alle auf solcher Annahme fußende Wünsche ablehnen müsse. Meerane, 19. Dezember. Wie ver lautet, hat Herr Bürgermeister Wirthgen dieser Tage wiederum eine Besprechung mit einer Deputation der Webereibesitzer gehabt und ver sucht, eine Einigung im Weberstreik zu er zielen. Das Ergebnis war leider abermals ungünstig. Um den streikenden Webern (1976) mit ihren Kindern (ca. 2000) eine Weihnachts freude zu bereiten, plant das Gewerkschafts kartell am Weihnachtsheiligenabend eine öffent liche Bescheerung, die auf drei Sälen stattfinder. soll. Nachmittags 2 Uhr wird den Kindern, abends 7 Uhr den Streikenden selbst bescheert. Glauchau, 19. Dezember. Die von dem Sparkastenboten des königlich sächsischen Mi litärvereins „König Albert", Namens Gohr, veruntreuten Spargelder in Höhe von über 1000 Mark sind gedeckt worden. Von dem ungetreuen Kassirer, der Drechsler von Beruf ist, und das Weite gesucht hat, ist noch keine Spur gefunden. Bautzen. Gegen den wegen Unterschlag ung von Sparkastengeldern in Haft befindlichen rüheren Gemeindevorstand Max Weichelt aus Großschönau, welcher seiner Zeit -flüchtig ge worden und in einem ungarischen Badeorte verhaftet worden war, findet am Dienstag den 30. Dezember d. I. »/«10 Uhr vormittags vor der Strafkammer des hiesigen Landgerichts Verhandlung statt. Wilkau, den 19. Dezember. Der Buch halter Jäckel von hier, der, wie gemeldet, zum Nachteil seines Chefs, des Baumeisters Gläser, Wechselfälschungen in 25 Fällen und Unter- chlagungen in Höhe von 4780 Mark begangen Me, wurde von der Strafkammer zu Zwickau zu einem Jahr acht Monaten Gefängnis ver urteilt. Etwas vom Weihnachtsbaum. Nur wenige Tage trennen uns vom schönsten aller Feste und der Weihnachtsbaum steht jetzt im Mittelpunkt der Interessen. Wir wollen uns darum heut ein wenig mit ihm beschäftigen. Sogar er ist der Mode unterworfen und sein schlichtes grünes Nadelkleid enthält nun einen anderen, schöneren Schmuck, als früher. Von dem bunten, oft schädlichen Zuckerzeug kommt man nach und nach ganz ab und kleidet den Christbaum stilvoller, poetischer an. Weiß und Silber sind die vorherrschenden Farben und er- icheint mithin die Tanne, wie es zur Winters zeit paßt, im glitzernden Schneegewand. Wer aus Furcht vor Feuersgefahr den Baum nicht init Watte belegen will, der nehme statt ihrer unverbrennbaren Asbest. Dieser wird, ebenso wie die Watte, als künstlicher Schnee auf die grünen Zweige gebreitet und mit Diamantine bestreut. Mit dem Licht darf man bei einem weißen Weihnachtsbaum nicht sparen, je jmehc Lichte daran sind, desto schöner und märchen hafter erscheint er. Es ist empfehlenswert, außer den stärkeren Lichten, die natürlich auch nur in weißer Farbe gewählt werden, noch jede Baumspitze mit einem dünneren Wachslicht zu krönen. Hierzu nehme man einen weißen Wachöstock und schneide ihn in gleichmäßig lange Enden. Zum Befestigen der einzelnen Lichtchen wähle man Nähnadeln, die mit dem heißgemachten Qehr in das Licht, mit der Spitze in den Tannenzweig gebohrt werden. Einen schönen Baumschmuck ergeben viele Sterne und Kometen mit Silberschmuck, sowie aus Watte gebildete Schneebälle, die mit Diamantine be- steurt sind. Auch etwa vorhandene Tannenzapfen werden mittels Dextrin und Diamantine glitzernd gemacht. Sollen kleine Aepfel, Schokoladen sachen u. dergl. an den Baum kommen, so umwickelt man sie mit Staniolpapier, das vor her zerknittert wurde, damit es glitzert. Sehr hübsch machen sich auch Weihnachtsmänner und Christkindlein aus Wolle und Lametta, Tau tropfen und Eiszapfen aus Glas, Perlen schnüre und Glaskugeln. Zum Schluß wird der Baum über und über mit Lametta oder dem neuen Material, das den Namen „Eis flimmer" führt, bespannen, je dichter, desto schöner ist die Wirkung. — Erscheint so der Baum im Schneegewand, so darf auch der Schnee am Fuß nicht fehlen. Sehr hübsch nimmt sich ein beschneiter Bergaufbau aus. Derselbe wird aus grauem Packpapier gebildet, das man um den Baumständer befestigt und beliebig drückt und knifft. Nun wird das kleine Gebirge mit Moos beklebt und mit Asbest und Diamantine belegt. Von dem Packpapier darf nur wenig zu sehen sein, es hebt sich dann wie Gestein sehr wirkungsvoll von M00S und Schnee ab. Wenn nun am Fuße dieses Miniaturgebirges noch ein Kripplein Aufstellung findet, so steht der Weihnachtsbaum da als ein Gruß der winterlichen Natur im Walde und mehr noch, als eine Botschaft vom Himmel, dec sich öffnet, um die Menschen mit Liebe zu be- schenken. Der Eindruck aber, den ein solcher Weihnachtsbaum auf die Kindesseele ausübt wird ein unauslöschlicher sein und die Er innerung an seine Strahlen wird auch da» spätere Leben freundlich erhellen.