Volltext Seite (XML)
Ottendorfer Zeitung. Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen >,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »an Instkaten bi» vormittag za Uhr. Inserate werden mit za Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Nr. 45. Donnerstag, den 25. Dezember 1902. 1. Jahrgang. Bekanntmachung. Hiermit wird zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß der Hausschlächter Ernst Hermann Bruno Küttner von hier, heute als Freibankverkäufer in Pflicht genommen worden ist. Ottsnüork-NorrtLÜorL, am 23. Dezember 1902. Der Gemeindevorstand. Lincke. Weihnachten. Ls ruht des Alltagslebens Hast, Das sonst die Menschheit hält gebunden; Im Kampf ums Dasein giebt es Rast Für ein'ge kurze Festesstunden. Der weihevolle Glockenklang Läßt alle Herzen Häher schlagen, Und wie in unsrer Kindheit Tagen Tönt heut' der Kleinen Heller Lang. wie ist die Welt so rauh und hart Und wieviel Elend ist hieniedenl wer freut sich wohl -er Gegenwart Und trägt im Herzen rechten Frieden? was auch das Leben Trübes bringt, Lern' es ertragen, cs verschmerzen, Daß wenigstens Dir heut' im Herzen Das hohe Lied der Freude klingt. Nicht Reichtum ist's, was Glück erschafft. Zufriedenheit ist Glückes Tuelle. Nach dieser ring' mit ganzer Kraft, Dann wird's in Herz und Kopf Dir Helle. Gar ärmlich in der Krippe nur Hat einst das Thristuskind gelegen, Und doch weist aller Himmelssegen von jener Krippe seine Spur. O, daß ein solcher Segensstrahl Auch unser Innerstes berührte Und uns durch alle Not und Hual wie einstens Bethlems Leitstern führte I Nun, die Verheißung ward uns ja, Ls gilt noch, wie wir sie empfangen, Sie auch im Geiste zu erlangen, Der Segen ist uns allen nah! willkommen d'rum, Du weihcnacht, Als Rast im irdischen Getriebe! willkommen, frohe Weihenacht Mit Deiner Freude, Deiner Liebe! Du machst die Herzen alle weit — Lin fröhlich Nehmen, fröhlich Geben — Ach wär's doch immer so im Leben wie in der schönen Weihnachtszeit! Oertliches und Sächsisches. Vtten-orf-Vkrilla, 24. Dezember 1902. — Eine kleine Weihnachtsgabe übermitteln wir mit dieser Nummer unsern ge schätzten Abonnenten in Gestalt eines praktischen Wandkalenders für 1903, der im neuen nun bald beginnenden Jahre allen Freunden der „Ottendorfer Zeitung" sicher ein willkommener Wegweiser sein wird. — Tannenbaumbrände kommen trotz aller Belehrungen immer wieder vor. Wer sich das Weihnachlsfest durchaus nicht verderben will, dem sei empfohlen, den Tannenbaum mit festem Fuße zu versehen und ihn möglichst von allen brennbaren Gegenständen entfernt auf zustellen. Leuchter und Kerzen sind fest und so anzubringen, daß die Kerzen die neben und oberhalb sitzenden Tannenzweige nicht entzünden können. Endlich soll man den Baum oder die Zweige, nachdem sie ihrem Zweck gedient haben, nicht zur Verbrennung in den Ofen stecken, weil der reiche Gehalt an Harz sehr leicht eine Explosion verursachen kann. Radeburg, 23. Dezember. Herrn Baumeister K. Gommlich, Bismarckhöhe, hier, wurde in seiner Eigenschaft als Gründer des deutschen Flottenvereins für Klotzsche-Kömgs- wald das Diplom als Ehrenwort genannten Vereins überreicht. — Der von ebengenar.ntem Herrn, dem Radeburg schon sehr viel verdankt, gegründete Gastwirtsverein für Radeburg und Umgegend erreichte die Mitgliederzahl 29 und trat dem sächsischen Gastwirtsverband bei. Schandau, 23. Dezember. Da man hier bis gestern Abend die hochaufgetürnüen Eismassen an beiden Elbufern beseitigt hatte, so konnten heute früh die Dampsbootverbindungen zwischen Stadt und Bahnhof Schandau wieder ausgenommen und der Omnibusverkehr nach dem Bahnhofe eingestellt werden. Seit gestern Mittag verkehrt auch das kleine Ueberfahrts- dampfboot an hiesiger Fähre wieder. Kleinwaltersdorf bei Freiberg. Hier hatte eine Dienstmagd heimlich geboren, das Kind dann lebend im Dünger verscharrt, aber wieder ausgegraben, totgeschlagen und schließlich unter Steinen verborgen. Jetzt liegt die Rabenmutter bei ihren Eltern schwer krank darnieder, so daß ihre Verhaftung noch nicht erfolgen konnte. Leipzig, 23. Dezember. Am Markt erhielt in der Sonnabend-Nacht ein 29 jähriger Handarbeiter von einem unbekannt gebliebenen Streitgegner eine derart wuchtige Ohrfeige, daß er hinstürzte, Ohrenbluten eintrat und schließ lich noch ein Schädelbruch konstatiert werden mußte. Der Unglückliche kam ins Krankenhaus. Chemnitz, 20. Dezember. In neun stündiger Verhandlung wurde heute vor dem hiesigen Landgericht der Briefmarkenfälscherprozeß zum Abschluß gebracht. Es erhielten: Der Buchdrucker Schulze 2 Jahre Gefängnis und 2 Jahre Ehrenrechtöverlust, Keilbach 1 Jahr 6 Monate Gefängnis und 2 Jahre Ehren rechtsverlust, der Lylograph Meerstein 1 Jahr 6 Monate Gefängnis und 2 Jahre Ehren rechtöverlust, Bock 11 Monate Gefängnis und 2 Jahre Ehrenrechtsverlust. Bei diesen vier Angeklagten kommen 3 Monate als verbüßt in Anrechnung. Weiter erhielten Pruschwitz 4 Monate Gefängnis, Hartung 3 Monate Ge fängnis, der Photograph Schulze und Kobinger je 20 Mark Geldstrafe oder 4 Tage Gefäng nis. Außerdem wurde auf Einziehung sämt licher Platten, Utensilien und Schriften erkannt. Chemnitz, 22. Dezember. Ein Unfall mit tätlichem Ausgange ereignete sich Freitag Nach mittag in dem Maschinenhause einer Möbel- stofffabrik in der Schillervorstadt. Ein neun jähriger Knabe, der seinen als Feuermann da selbst angestellten Vater nach ArbeitSschluß ab holen wollte, kam in einem unbewachten Augen blicke der im Gange befindlichen Dampfmaschine zu nahe und erhielt von der Kolbenstange der letzteren einen derartigen Stoß an den Kopf, daß er sofort tot zusammenbrach. Falken st ein, 21. Dezember. Sowoh in den Stickereien wie in den englischen Weber eien und Kongreßwebereien herrscht jetzt ein lebhafter Geschäftsgang. Da noch immer neue Schiffchenmaschinen aufgestellt werden, so fehlt es unausgesetzt an ausreichendem Personal in den Stickereien. Die Köper- und Spachtel fabrikanten geben vielfach Arbeit nach aus wärts, namentlich sind zahlreiche Arbeitskräfte für hiesige Fabrikanten an der sächsisch-böhm ischen Grenze beschäftigt. Annaberg. Der abends 9 Uhr 40 Minuten von hier nach Weipert verkehrend. Personenzug ist am Sonnabend Abend zwischen Cranzahl und Königswalde in Schneewehen stecken geblieben und konnte auch nicht wieder rei gemacht werden. Infolgedessen mußte seit Sonntag früh der Gesamtverkehr innerhalb der Strecke Cranzahl—Weipert eingestellt werden. Annaberg, 23. Dezember. Die Frei machungsarbeiten an der durch Schneewehen ge- gesperrten Strecke Cranzahl—Weipert waren bis Montag Mittag soweit beendet, daß in den Nachmittagsstunden wieder regelmäßiger Zugs verkehr ausgenommen werden konnte. Annaberg, 22. Dezember. In dem Konkurs der vor zwei Jahren fallirten Dietrich- chen Sparkaffe hierselbst, deren Zusammen- rruch zahlreichen kleinen Leuten den Ruin brachte, wurde vergangene Woche die zweite Rate von 6 Prozent aus der Masse verteilt. Bis jetzt sind zusammen 114/io Prozent an die Maffengläubiger ausgezahlt worden. Die Verteilung einer dritten Rate ist von dem Konkursverwalter in Aussicht gestellt. Zwickau, 22. Dezember. Unter der Firma „Sächsische Woche" ist hier eine Ge sellschaft mit 100000 Mark Grundkapital ge gründet worden, welche vom 1. Januar an eine neue illustrirte Zeitung unter dem Namen „Sächsische Woche" herausgeben wird- Zwickau, 20. Dezember. Der der hie sigen Stadtgemeinde gehörige schöne Vielauer Wald leidet unter dem Rauchschaden so sehr, daß seine weitere Beforstung sich nicht lohnt. Mit Zustimmung des Kreisausschuffes soll nun mehr dieser Wald abgeforstet und landwirt schaftlich ausgenützt werden. Zwickau. Eine Gerichtsverhandlung unter erschwerenden Umständen fand vor der Straf kammer des hiesigen Landgerichts gegen die Sandhändlerin Kneisel aus Lichtenstein statt. Die Angeklagte schrie und tobte im Saale herum, riß sich die Kleider vom Leibe, so daß sie entblößt dasatz, und versuchte sich sogar mit Teilen der zerrissenen Kleider ums Leben zu bringen, indem sie sich Schnüre um den Hals legte und sich würgte. Durch Gerichtsdiener wurde die That verhindert. Die Wütende mußte schließlich abgeführt werden und erhielt wegen Rückfallsdiebstahls sieben Monate Ge fängnis und drei Jahre Ehrenrechtsverlust. Aus dem Vogtlande, 21. Dezember Der Wassermangel war in letzter Zeit be sonders auf dem Londe sehr fühlbar. In einem vogtländischen Dorfe wurde in der schlimmsten Zeit ein Eimer Wasser mit 5 Pfg. bezahlt. Zur Flucht der Kronprinzessin. Die Aufsehen erregende heimliche Ent fernung der Kronprinzessin Friedrich August, die durch die Erklärung des „Dresdner Jour nals" bekannt geworden ist, nachdem sie engeren Kreisen schon längst kein Geheimnis mehr war, giebt zu einer Menge von Gerüchten Anlaß, die von Mund zu Mund verbreitet werden, so daß eine neue amtliche Mitteilung dringend erwünscht erscheint. Begreift man auch, daß der peinliche Charakter der ganzen Angelegen heit zu Versuchen der Verschleierung Anlaß gegeben hat, so läßt sich doch nach dem Um fange, den unkontrolierbare Meldungen ange nommen haben, eine Verhüllung des That- bestandes nicht mehr aufrecht erhalten. Die Spuren der Tüchtigen Prinzessin führten, nach dem erst in Brüssel vergebliche Nachforschungen angestellt worden, nach Genf, woselbst sie in einem Hotel in Gesellschaft ihres mehrerwähnten Bruders und eines französischen Sprach lehrers, der bis vor kurzem als Erzieher der Prinzen in Dresden thätig war, be obachtet worden ist und am Dienstag noch weilte. Diese Thatsachen deuten darauf hin, daß die Kronprinzessin in einer vielleicht durch seelische Erregung gefördenen Vergessenheit der Pflichten, die ihr als Gattin und Mutter ob lagen, gehandelt und sich somit den Rückweg n ihre bisherigen Verhältnisse selbst abge- chnitten hat. Aus Genf wird gemeldet: „Die Polizei behörde erklärt, daß sich die Kronprinzessin von Sachsen nicht in Genf befinde. Man ver nimmt dagegen, daß sie seit zehn Tagen unter dem Namen eines Fräulein von Oben mit ihrem Bruder, dem Erzherzog Leopold Ferdinand, der unter dem Namen Buriano in das Hotel register eingetragen ist, und mit dem Brüsseler Professor Giron im Hotel „Angleterre" weilt mit der mutmaßlichen Absicht, die Weihnachts tage über dort zu bleiben. Sie leben ganz zurückgezogen und richteten an das Hotelpersonal die Bitte, ihren Namen nicht zu nennen." — Der Erzherzog Josef Ferdinand traf am 22. d. Mts. aus Wien hier ein und hatte eine lange Unterredung mit seinen Geschwistern, der Kronprinzessin von Sachsen und dem Erz herzog Leopold Ferdinand, und reiste an dem selben Abend wieder ab. Produktenpreise. Dresden, 22. Dezember. Stimmung: Ruhig. Weizen, pro 1000 kg netto: Weißer, neuer, 150—156, brauner, neuer, 75—78 kg, 145 bis 151, russischer, rot, 170—178, amerikanischer Spring 174—180, do Kansas 173 bis 177, do. weißer 177—180. Roggen, pro 1000 kg netto: sächsischer, neuer, 72—74 kg, 134—138 do neuer, 69—71 kg, 128—132, preußischer 140—143, russischer 144—148. Gerste, pro 1000 kg. netto: sächsische 142—152, schle- schesi und Posener 145 -160, böhmische und mährische 160—180, Futtergerste 130—140. Hafer, pro 1000 kg netto: inländischer, alter, do. neuer, 142—150, russischer, neuer, 140—148. Mais, pro 1000 kg netto: Cinquantine 157—160, rumänischer grobkörnig, 135—140 ungarischer Gelbzahn 148—150. Wicken, pro 1000 KZ netto, 150—160. Buch weizen, pro 1000 Kg netto: inländischer und fremder 148—155. Oelsaaten, pro 1000 kg netto: Winterraps, sächsischer, trocken, 170 bis 195, do. feucht — — — Leinsaat, pro 1000 kg netto: feinste, besatzfreie 255—270, feine 240—255, mittlere 230—240, Laplata 230—235, Bombay 265—270. Rüböl, pro 100 kg netto mit Faß, raffinirteS 54. Raps kuchen, pro 100 kg, lange 11,00, runde 11,50. Leinkuchen, pro 100 kg, 1. 17,—, 2. 16,—. Malz, pro 100 kg netto ohne Sack 25—29. Futtermehl 13,00—13,40, Weizenkleie, pro 100 kg netto ohne Sack, grobe 9,40—9,60, feine 9,20—9,40. Roggen kleie, pro 100 kg netto ohne Sack 10,60—10,80. (Feinste Ware über Notiz.) Die für Artikel pro 100 kg notirten Preise verstehen sich für Geschäfte unter 5000 kg. Alle andere» Notirungen, einschließlich der Notiz für Malz, legten für Geschäfte von mindestens 10000 kg. Auf dem Markte: Kartoffeln (50 Kilo) 2,40—2,70, Butter (Kilo) 2,60 -2,70. Heu (50 Kilo) 3,20—3,60. Stroh (Schock) 30—35. Sazlachtvieh-Preise auf dem Viehhofe zu Dresden am 22. Dezember 1902. Zum Auftrieb waren gekommen : 176 Ochsen, 178 Kalben u. Kühe, 175 Bullen, 1431 Kälber, 718 Schafe und 2030 Schweine, zusammen 4708 Schlachtstücke. Es erzielten für je 50 Kilo: Ochsen Lebendgewicht 28—38 Mk., Schlachtgewicht 58—68 Mk., Kalben und Kühe Lebendgewicht 27—38 Mk., Schlacht gewicht 47—67 Mk., Bullen Lebendgewicht 27—37 Mk., Schlachtgewicht 54—65 Mk., Kälber Lebendgewicht 45 —52 Mk., Schlacht gewicht 69—80 Mk-, Schafe Lebendgewicht 32—38 Mk-, Schafe Schlachtgewicht 62 bis 72 Mk-, Schweine Lebendgewicht 43—49 Mk., Schlachtgewicht 55—63 Mk. Geschäftsgang: Bei Ochsen, Kalben, Kühen und Bullen langsam, bei Kälbern, Schafen und Schweinen mittel.