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Karneval. Ein MaSkonscherz von Max Hochberg-Chiampo. (Nachdruck verboten.) Gr. - Karneval unter dem blauen Himmel Nizzas, der „Sonnenstadt", wie die Franzosen sie nennen. Ein farben- vrächtiges loieidofkopariiges Ehr>os von Trachten alter Seiten, aller Länder wogt in den mit Girlanden und Falmen festlich gelchmückten Hauptstraßen; ein buntes, bewegtes Bild des tollen Uebermutes, der Lebensfreude. Jetzt tomm.' die große Prozession der Wagen daher, voran Seine Maicstäi Karneval, diesmal als füns bis sechs Meter bober Sramer mit goldnmbordeter Samtjacke, roter Schärpe, schwarzen Kniehosen und Schnallenschuhen, die Serapa über der Unten Schulter, gravitätisch schreitend, hin nun wieder den Kops neigend und ein verliebtes Auge wenend, ,udem ein Lid langsam niederschlägt. Zahllos das Geiolge ! Hundert vou Picrrots und Spaßmachern aller Art, und dann die Wagen! Ein langer, langer, Mbenreichrr Zug! Und neben und hinter den Wagen drängt sich die Menge, lachend, kreischend, singend und ab und zu, wie vom Taumel gepackt, nach den Klängen der Mujilchöce tanzend und springend. In den Strafen, die der Zug nicht berührt, geht cs ruhiger zu, obwohl auch dort Masken schwärmen und Kinder mit ausgejeyten Brillen, Nasen oder Bärten her- umwlleu: denn der Mardi-Gras, der fette Dienstag, muß noch ausgenupt werden. Zu diesen stilleren Straßen ge- hört auch die vorn Massenaplatz sich abzweigende Giofsredo- straße, in der das Modemagazin von Madame Eattaneo liegt, einer temperamentvollen, an einen Italiener ver heirateten Französin mit klugen, goldbraunen Augen, deren graziöse Finger ans Blumen, Band und Federn poesievolle, ideale Hüte, nein, zu exorbitanten Preisen bezahlte Kunst werke zauberten, und die zur Karnevalzeit auch Kostüme auslieh. „Diesmal bin ich rein ausgeplündert", sagte sie zu ihrer Freundin, der Frau des Hutfabrikanten Eamilla, einer schlanken Dreißigerin mit reichem, schwarzem Haar, seiner Nase und mandeljörmigen Augen in dem gelblich getönten Gesicht. „Aber auch rein ausgeplündert! Ich habe nur noch zwei neue, sehr teure Kostüme, Spanierin und Geisha, die hohes Pfand kosten. Ich schließe srüh. Es lohnt heute abend nicht mehr." Rosalie Eamilla holte schwer Atem. „Meine Liebe, sagen Sie mir ehrlich," bat sie, „hat mein Mann ein Kostüm von Ihnen geliehen? Ich weiß, Sie halten auf Diskretion: aber Eamilla soll es nie erfahren, geben Sie mir Auskunft. Er ist sonst ein guter Mann, nur am MarduGras — das bleibt zwischen uns — geht er durch. Zn mir sagte er: „Ich esse bei Barislone abends mit Be kannten." Ich aber weiß, er sucht Abenteuer, spielt den .Neichen, den Bornehmen, der sich unter der Maske amü sieren will. Letztes Jahr hatte er dreihundert Frank im Porteseuille — eine tluge Frau revidiert heimlich die Kasse — und Aschermittwoch srüh, als er schlief uud ich seinen Anzug nachsah, waren die Scheine fort. Aufge- gcsscn hat er sie nicht, und in der Nacht auch nicht zur Bant gebracht! Und für mich geizt er, wenn ich ein neues Kleid, einen neuen Hut brauche. Er macht sich einen Mardl Gras, während ich mich gräme und ärgere." „Gram und Aerger machen häßlich", meinte Blanche überlegen. „Amüsieren Sie sich lieber und — rächen Sie sich an ihm." — „Für Sie die Spanierin! Weißer Atlas mit Silber gestickt, roter Samtbolero, Mantilla mit Rosen, dazu weißseidene Strümpfe und rote Stiesclchen." „Entzückend", sagte Rosalie bewundernd. „Natürlich weißer Domino darüber für die Straße." „Aber die Kosten?" . . . ,.EH ! Lassen wir das! Ich tue es aus Freundschaft und — gegen die Männer! Sie taugen alle nichts! Schweratmend stand Rosalie. Dann biß sie sich in die Lippe, warf den Kops in den Nacken und sagte entschlossen: „Ich komme!" LMM Lsbonsmittol! AUerf-inst- Molkerei-Kutter 115 Schweineschmalz 98 Speck, geräuch. 140 Kokosfett i. Tafeln 75 Margarine 60 -100 Solo wie gute Butter 75 Znckerhonig 50 Zucker feine Ware 32 Kartgries Makkaroni in Pack. 65 do. lose 50 Figuren-Undeln 40 Feinste Gier-Undeln in Pack. 60 do. lose 55 Rangon Poll-Reis 25 Reis, glasiert 30 Gold-Hirse I. 30 Heide-Grütze 35 Kakao, lose 55 Sarotti Pfd. 40 Marti« ^4 Pfd. 25 Kaiser Ausmgmehl 30 bei lO Psd. Pfund 29 Bratheringe 1 Pf.D. 100 Heringe i. Gelee 105 Gelsardinen Dose 55-80 Keinöl, frisch Pfd. 78 Stangenkäse V« Pfd. 25 Schweirerkäse do. 55 Amerik. Milch Dose 70 ftervQSQ» ^trügst». Elektrische TMuiWNl ck bester Qualität prima Trocken-Nattttten »on hervorragend« Lenchtkrest sowie Metallfaden - Atme« empsiehlt linsterst preiswert vrrman« Mk, ottM-ttormna. Verlag des Bibliographischen Instituts in Leipzig Geschichte der Kunst aller Zeiten und Völker Zweite, neubearbeitete Auflage Von Professor l)r. Karl Woermann Mit 2028 Abbildungen im Text und 881 Ta feln in Farbendruck, Kupferätzung und Holzschnitt S Bände, in Ganzleinen gebunden W M. oder in tzalbleder-Prachtband geb. mit Goldschnitt 120 M. »Unter der übergroßen Zahl guter Handbücher der Kunstgeschichte wird Woermanns Werk immer an vorderster Stelle stehen. An Fülle, Gediegenheit und wissenschaftlicher Zuverlässigkeit wird es von keinem anderen übertroffen." Deutsche Warte, Berlin. Ausführliche Ankündigungen kostenfrei Wie kiu silberner Schild hing der Vollmond am Himmel, doch erstarb sein bläulicher Glanz in der Lichtslut der Scheinwerfer, der Taufende und aber Taufende von Glühbirnen und bunten Lämp chen der großen Plätze und Hauptstraßen und der ins Meer hineingebauten Jetec-Promenade; in der Rue Giof- fredv aber tauchte leine milde Helle die eine Seite in geisterhaftes Weif , während die andere nächtig lag, nur von Laternen mäßig erleuchtet. Aus Eattaneos dunklem Laden ^schlüpften zwei Gestalten. Vorsichtig um sich spähend, mit witziger Entschuldigung den zärtlich sich öffnenden Armen begegnender Masken ausweichend, flüchteten sie km Schatten dahin. Zurückblickend gewahrten sie eine hohe, hastig vorwärtsstrebende Erscheinung. „Tas ist er", zischelte Blanche. „Ich kenne ihn am Kostüm." „Und ich an Gang und Haltung", flüsterte der weiße Domino und erbebte. „Oh, wie mir bangt ob all der Ver stellung!^ - V/r' „St! Eamilla nähert sich, und nun heißt eS: est sein!" Kamilla war ein wohlgebauter, schlanker Mann von aclundvierzig Jahren, mit noch üppigem Haar, seidigem Zart und glänzend schwarzen Augen. Er hatte sich im Zause der Zeit die Allüren seiner vornehmen Kunden ungeeignet, und wie er so einherschritt im blauseidenen Kaftan über schneeigem Unterkleide, die Hand auf dem Krummsäbel, den agrafsengeschmückten, weißen Turban auf c>em selbstbewußt getragenen Kopfe, und in die blendende Lichtfülle des Masienaplatzes hinaustrat, war es nur na türlich, daß er auffiel. Auch war er nicht im mindesten überrascht, als ihn sofort zwei Damen stellten, von denen die größere, die eine Mantilla, mit Rofen gerafft, trug, ihm freimütig die Hand entgegenstreckte. Der dabei zu- rüclschlagende Ueberwurs enthüllte weißen Atlas mit blitzender Stickerei, seidene Strümpfe und einen wunder- ,einen, rotbefchuhten Fuß. Eamilla preßte feine Lippen auf das Leder, das ihre kleine Hand umkleidete, und be glückwünschte sich im stillen zu der schönen Unbekannten, als sie anhob: „Sie sind erkannt, mein Freund!" „Schon möglich, aber vielleicht doch nicht, meine Schöne", entgegnete er ausweichend. „Der Herr Baron von Grancourt", erwiderte die Mc Stimme darauf. Eamiua lächelte unter der Maske in geschmeichelter Eitelleic und fühlte sich durchaus nicht veranlaßt, den „Bacon" abzuleugnen. Hätte er nur gewußt, wer sie war! Jedenfalls etwas sehr Vornehmes! Doch sollte er Kaufmännische u. gewerbliche Drucksachen jed.krt liefert schnell, sauber unö billig, in ein- unö mehrfarbiger Nusführung öie Buchöruckerei von llertnänn liiikle, 0ttendock-0kcills MM K4..V. Km;. Kreitag IM Rnge-Mrnä. Dafür Kienstag, 2. März. Der Vorstand. Poesie-Mm mit nur guten, schreibfähigen Papier in reichhaltiger Auswahl empfiehlt SuchvantNung Hermann IWIr. Donnerstag Schlachtfest. krauen-Verein. Kienstag, de« 2. Mär; abends 8 Uhr findet im Gasth. z. schwarzen die Lenrrcker;»««!»»! statt. Um recht zahlreiches Erscheinen bittet Ira« K. Schiffl, Bors. nicht lange im unklaren bleibest. Der^zweite W»MV M großgcblümtcn Gcishagewande schlängelte sich hinter Vrm Rücke» der Spanierin an seine andere Seite und rannte ihm zu: „Ihr Diener Baptiste verriet mir das Kostüm, als er am Morgen die Blumen abgab, auch wo der Herr Baron nch umkleiden würden, und da war es kein Wunder, wenn die Komtesse" .... „Bleibe hinter uns, Lisette", befahl die Spanierin etwas hochmütig und tadelnd. „Wohin befehlen Sie, daß wir uns wenden, meine angebctetc Komtesse", beeilte sich Eamilla zu fragen. „Nach dem Kasino?" „Ilm alles nicht! Man würde mich erkennen. Auch nicht in das Gewühl der Masken. Biegen wir nach dem Jardin Public hinüber. Es wandelt sich so herrlich dort, angesächelt vom erfrischenden Seewinde, bald im silbernen Mondeulichte, bald im Dümmerdunkel der Bäume, immer aber umwogt von dem berauschenden Dufte all der blühenden Sträucher." Der gute Hutfabrikant schwamm in Wonne. Vor läufig lief er nicht Gefahr, erkannt zu werden. Bei Nacht find alle Katzen grau und im Schatten der Gänge . . . . war das ein Abenteuer !Es würde die seligste Erinnerung seines ganzen Lebens bleiben! Die Komtesse mußte'berückend schön sein, nach dieser weichen und doch glutatmenden Stimme zu schließen. Wie zierlich sie die Füßchen setzte. Und welche kleine Hand. Unwillkürlich preßte er den Arm, der sich dem seinen anvertraut hatte, zärtlich an sich. „Ich schulde Ihnen noch den Dank für den Blumen gruß heut früh! — Aber kreuzen wir jetzt den Platz!" Damit fchmiegte sie sich vertrauensvoll an ihn, und er vermeinte ihr Herz klopfen zu hören. Wie flüssiges Feuer durchrieselte es seine Adern. Welch überschwängliches Glück bot sich ihm! Mit federndem Fuße schritt er aus. Er däuchte sich ein Prinz, nein, ein Götterjüngling, der die himmlische Gesährtin gesunden, und er wollte dieses Glück, diese Seligkeit auskosten . . . Was tat es, wenn sie wirklich später, ihren Irrtum erkennend, ihm zürnend entslob — hatte sie nur vorher in seinen Armen geruht!.. Als die Schatten sie umfingen, legte er zärtlich den Arm um ihre Taille. Wie sie zusammenzuckte und sich schlangenhast bog. Rasch neigte er sich und küßte sie auf den atlasglatten Nacken und war förmlich berauscht von dem vornehmen Parfüm, das er einsog. Und dann sanden sie glücklich eine versteckte Bank. Wie schwankend hielt sich die Komtesse an ihm. „Lisette," stammelte sie in dem heißen Flüsterton der Leidenschaft, „entferne dich, geh nach dem Margeritenhang; doch laß dich nicht von über mütigen Masken entführen." Er ließ sie sanft auf die Bank gleiten, und glück- und glutentjlammt sank er vor ihr nieder und küßte ihre Hände; sie aber zog ihn in sehnender Liebe empor, und ihre Lippen fanden sich . . . und dann ... ein weicher Stoff fiel über sein Gesicht und umhüllte den Kopf. Er hörte Lifettens leises Lachen: „Nur ein Scherz, ein Karnevals scherz", fühlte eine Schnur um seinen Hals und griff mit beiden Händen danach. „Welche Torheit!" zürnte die Komtesse und schien be müht, ihn zu befreien, bis sie plötzlich auflachte, kurz, triumphierend. „O meine Angebetete!" bat er innig und haschte nach ihr, ohne etwas sehen zu können, Verstohlenes Lachen tönte links und tönte rechts; dann leichte entfliehende Schritte auf knirschendem Kies. Er zerrte an der Kapuze, um sie Herunterzureißen. Umsonst !Er saßte nach den seidenen Schnüren — sie waren zusammengewtrbelt und dick verknotet. Ein schreck volles Erkennen überkam ihn. Er griff nach feiner Ge heimtasche das Portefeuille fehlte! — Entwendet durch die Komtesse! — „Komtesse?-' Er lachte schrill auf. Im selben Augen blick fiel ihm sein Taschenmesser ein. Im Nu waren die Schnüre zerschnitten und, die Kapuze in der Hand, stürmte er wie ein Rasender dahin. — Aber die kleinen Füße waren längst enteilt. Wo war die Spanierin? Wo die Geisha? Lange noch kreuzte er die Straßen, die entflohenen Schönen wiederzufinden. — Vergebens. — Das war nun sein stolzes Abenteuer, seine süßeste Erinnerung! Gewiß, er würde sie nie vergessen. Das sollte aber der letzte Mardi Gras sein, den er sich geleistet hatte! Zur selben Zeit vermeinten Blanche und Rosalie vor Lachen sterben zu müssen. „Diesmal haben Sie Ihren Mardi Gras!" ries Rosalie einmal über das andere. „Ganze taufend Frank erbeutet, nein, gerettet! Und was das beste ist: einen Karnevalscherz braucht man nicht zu beichten, und unter Ehegatten gibt es keinen Diebstahl, außerdem war es Ihr Mann, von dem Sie sich küssen ließen und den Sie sogar noch vor schwerer Sünde be wahrten! Oh, köstlich, köstlich!"- Und sie wirbelte sich vor Vergnügen auf den Hacken um ihre eigene Achse. „Und wer weiß," fuhr sie, ernster werdend, fort, „was sein Abenteuer für die Zukunft noch zeitigen mag. Viel leicht kuriert ihn die kleine Lektion für immer!'< „Und jetzt zahle ich Ihnen die Leihgebühr für daS Kostüms „Niemals! Sie beleidigen mich. Ich tat es auS Freundschaft. Aber ich denke, Sie täten gut, Ihrer Na mensheiligen eine Kerze zu weihen für das glückliche Gelingen." — — — Müde und abgespannt von all der Aufregung, dem Aerger und der langen, vergeblichen Jagd nach den Schönen, wandte sich Eamilla endlich heimwärts, während am nächtlichen Himmel Raketen zischten und knatterten und Feuergarben emporrasselten, und eine tolle Menge jubelte! „On brüla Larneval"! — Bei Barisione hatte er sich rasch umgezogen. Nun stieg er langsam die breiten Marmortreppen zur dritten Etage empor. Ganz leise schloß er die Korridortür auf und noch leiser, auf Zehenspitzen, stahl er sich in das gemein- schastlich? Schlasgemach. Da klappte ein loser Stein unter seinem Fuße. Gleich darauf knarrte eine Bettstelle. Seine treue Ehe hälfte war; sich aus die andere Seite und sagte, verschlafen gähnend, mit sanftem Borwurf: „Nun, Eamilla, kommst du endlich nach Hause! Du hast dich gewiß wieder nicht schlecht amüsiert?!"