Volltext Seite (XML)
Eine WeitsMinW her burgelUen Mm? Der Vizepräsident des Reichstages, der volkspar teiliche Abgeordnete v. Kardorff, sprach am Mitt woch in Berlin in der Vereinigung für Handel und Industrie bei der Deutschen Volkspartei, Berlin, über die Bestrebungen der Partei: Einer geeinten Sozialdemokratischen Partei stünde ein in etwa acht Parteien gespaltenes Bürgertum gegenüber. Die Wähler seien enttäuscht. Es reg ten sich vor allen Dingen die jugendlichen Wähler in den Parteien und beanspruchten eine stärkere Beachtung. Auf diesem Boden der allgemeinen Unzufriedenheit sei die Forderung erwachsen, die bürgerlichen Parteien soll ten sich zu einer großen Pa rte i zusammen - schl Lefzen. Der Redner erörterte die Vorteile und Nachteile eines Zusammenschlusses. Vor allem müsse die Stellung des Reichspräsidenten gestärkt werden. Das Reich müsse ein festes, nicht jederzeit zu stürzendes Kabinett erhalten. Der Schwerpunkt müsse in die Präsidentenwahl verlegt werden. Die politischen Aufgaben, die nach dem Youngplan in erster Linie zu erfüllen seien, hießen: Reichssteuerreform. Kommunalsteuern, Reichsreform, Reform der so zialen Gesetzgebung mit dem Ziele der Vereinfachung, vor allem Reform der Arbeitslosenversicherung ohne Erhöhung der Beiträge, die Zurückweisung des Ein griffs der öffentlichen Hand in die Privatwirtschaft und die Wiederherstellung der Rentabilität der Landwirt schaft. Das seien die Forderungen des Tages. Trotz einiger unvermeidlicher . Meinungsverschiedenheiten herrsche in den bürgerlichen Parteien über diese Fra gen eine weitgehende Uebereinstimmung, und rein theoretisch betrachtet scheine es verlockend, auf dieser Grundlage eine grobe bürgerliche Staatspartei zu gründen. Das habe jedoch seine Schwierigkeiten. Die Kraft der alten Parteien sei auch durch die Revolution nicht er schüttert worden. Das Gefühl der Parteitreue sei in Deutschland besonders stark. Die Wähler fühlten sich ihrer Partei verbunden, und wenn heute ein Auf ruf zur Gründung einer großen bürgerlichen Staatspar tei der Mitte ergehen sollte, so würde ein solcher Aus ruf den Widerstand aller in den Parteien organisierten Elemente finden. Es sei falsch, zu behaupten, man könne nie mit der Sozialdemokratie zusammenarbeiten. Ebenso falsch sei es, zu behaupten, man könne nur mit ihr zusammengehen. So wie die Dinge lägen, sei die Bildung einer Ar beitsgemeinschaft unter den stets bereiten und arbeits willigen bürgerlichen Parteien das Erfordernis des Tages und der Stunde. Diese Parteien könnten dann bei der Wahl ein Kartell schließen und mit gemeinsamer Räumung der zweiten Jone. Befreiungsseier am „Deutschen Eck". Nach Mitteilung des Reichsministeriums für die besetzten Gebiete siedelte gestern das Reichskommissariat von Koblenz nach dem in der dritten Zone gelegenen Wiesbaden über. Bei der Befreiungsseier, die in der Nacht zum 1. Dezember am „Deutschen Eck" stattfindet, werden die Reichs- und die preußische Regierung durch den Minister für die besetzten Gebiete Dr. Wirth und den Kultusminister Dr. Becker vertreten sein. Wahr scheinlich wird auch der Wohlfahrtsminister Dr. Hirt- siefer an der Feier teilnehmen. Die Feier wird vom Frankfurter Sender übernommen und auf die Sender Stuttgart, Leipzig. Breslau. München und den Deutsch land-Sender übertragen werden. England räumt vor dem festgesetzten Termin. London, 29. tltov. Der letzte Abschnitt der briti- Front kämpfen, ähnlich wie dies die Rechtsparteien bei der Neichspräsidentenwahl getan hätten. Die ihnen zufließenden Gelder könnten gemeinsam verwaltet wer den und sie könnten den Kampf nicht gegeneinander, sondern miteinander führen. Ob ein solches Kartell dann später zur Bildung einer großen Staatspartei führen könne, sei abzuwarten. In allen Fällen würde das Zentrum als Partei selbstverständlich immer bestehen bleiben. Ein solch starker Block bürgerlicher Parteien würde in Verbin dung mit dem Zentrum in Preußen und 'm Reiche einen maßgebenden Einfluß haben. Die Ziele der Jungvolksparteiler. Die Neichsgemeinschaft junger Volksparteiler, die im Sommer dieses Jahres in Weimar gegründet wor den ist und die sich zum Ziel setzte, die politischen Kräfte der jüngeren Generation zur Erneuerung der eigenen Partei einzusetzen, hatte auf den 24. November 1929 eine erste Vertretertagung der inzwischen gebildeten 40 Gruppen eingeladen, die in sehr schneller Folge im ge samten Reichsgebiet entstanden"sind, während imRhein- land die bereits früher entstandenen Februarklubs ganz gleichartige Ziele verfolgten. — Die Tagung hatte die Aufgabe der F üh rer - und Vorstandswahl und sollte zugleich den Vertretern der Bewegung die Mög lichkeit geben, zu dem inzwischen eingeschlagenen poli tischen Weg der Reichsgemeinschaft Stellung zu neh men. Die Vertretertagung bekannte sich sodann auf Grund eines programmatischen politischen Vortrages von Frank Glatzel (Essen) einstimmig zu dem von der bisherigen Reichsleitung eingeschlagenen poli tischen Weg und verlieh damit erneut der von der Reichsgemeinschaft vertretenen Forderung nach Schaffung einer starken nationalen Partei der Mitte Ausdruck, als deren festen Kern die Bewegung die Deutsche Volkspartei ansieht. Im einzelnen wurde ausgesprochen, daß die Voraussetzung hierfür die ideelle und tatsächliche Verbreiterung der gegenwärtigen Parteigrundlage sei, die durch ihre programmatische Führung und unter starker Berücksichtigung der jungen politischen Kräfte auf nahmefähig nach rechts und links zu machen sei. In der Parteisührerfrage der Deutschen Vokkspartei nimmt daher die Neichsgemeinschaft den Standpunkt ein, daß nur eine solche Wahl in Betracht kommt, die die Füh rung der Partei im Geist der nationalen und staatsver antwortlichen Mitte verbürgt, umfassend den sozialen un- nationalen Gedanken im Sinne der Politik Dr. Stresemanns und daß jede einseitige Verkörperung einer bestimmten Richtung der heutigen Partei dabei abge lehnt werden müsse. schon Räumung im Rheinland hat begonnen. In den nächsten Tagen treffen mehrere Truppeneinheiten aus dem Rheinland in England ein. Im Rheinland be finden sich damit nur noch zwei Bataillone englische Truppen, deren Zurückziehung für Anfang Dezember festgesetzt ist. Die englische Räumung ist damit einige Tage früher als dem eigentlich festgesetzten Schlußtag. dem 15. Dezember, abgeschlossen. Aus aller Welt. * Den Ehemann in der Notwehr erstochen. Am Donnerstagabend spielte sich, wie Berliner Blätter mel den, in Kaulsdorf bei Berlin eine blutige Ehetragödie ab. Als der Oberbrandmeister der Freiwilligen Feuer wehr Kaulsdorf von einer Trauerseier für einen gestor benen Feuerwehrveteranen angetrunken nach Hause zu rückkehrte und seine Frau tätlich angriff, zog diese in der Notwehr ein Küchenmesser und brachte ihrem Mann einen Stich in die Halsschlagader bei. Der Oberbrand meister verblutete, ehe ärztliche Hilfe zur Stelle war. Nach den Ermittlungen der Polizei liegt Notwehr vor. * Ein weiteres Geständnis kN -er Vombenange- legenheit. — Johann Rathjen als Vombenlieferant. Wie das „Hamburger Fremdenblatt" von zuständiger Seite erfährt, wurden gegen den kürzlich festgenomme- nen Landwirt Johann Rathjen aus Varkstedt sowie gegen den in gleicher Angelegenheit festgenommenen AutobesitzerWieborg aus Lunden nach ihrer richterlichen Gegenüberstellung Haftbefehle erlassen. Rathjen soll geständig sein, die Sprengkörper für die ersten fünf Bombenanschläge hergestellt und geliefert zu haben. In Rathjens Wohnung sollen bei einer Haussuchung Sprengstoffe gefunden worden sein. Rathjen ist seit langem im Besitze eines Erlaubnisscheines zum Spren gen von Baumstümpfen und Steinen. * Der Anschlag auf den Bischof Smith. — Großes Aufsehen in Skandinavien. Der Anschlag der jungen Schwedin Ramstad in der Peterskirche zu Nom auf den Bischof Smith hat in Norwegen, wo Smith früher tätig war, ebenso wie in Schweden großes Aufsehen erregt. Das „Arbeiterbladet", das sich recht eingehend mit Ler Angelegenheit beschäftigt, bezeichnet die Meldungen aus Rom, wonach Fräulein Radstad für geisteskrank erklärt worden sei, als recht verdächtig. Alle Bekannten er klärten, daß sie nicht die geringsten Anzeichen von Geisteskrankheit an ihr gemerkt hätten. Das gleiche Blatt weiß zu berichten, daß Bischof Smith während seines Aufenthalt in Oslo Fräulein Ramstad unter an derem einen Reliquienschrein geschenkt habe, der ihr jedoch später von einem anderen katholischen Geistlichen wieder abgenommen worden sei. Demgegenüber er klärte Provikar Offerdahl, der höchste Geistliche der katholischen Kirche Norwegens, daß die Behauptung nicht den Tatsachen entspreche. Sonst verweigerte der Provikar jedoch nähere Angaben über das Verhältnis zwischen Bischof Smith und Fräulein Ramstad. Er könne viel zu dieser Angelegenheit sagen, aber er werde Schweigen bewahren. * Ein ungetreuer Bankkassierer. Wie aus Oslo berichtet wird, hat der Kassierer der-Filiale der Bank von Norwegen in Frederiksstad etwa 400 000 Kronen aus der Kasse gestohlen. Er ist dabei so vorgegangen, daß er, nachdem die von der Zentrale aus Oslo gesand ten Gelder nachgezählt und in versiegelten Päckchen ihm übergeben worden waren, die Siegel entfernte, den Päckchen ein Teil des Inhalts entnahm, hierfür Papier und Pappstücke einlegte und die Päckchen wieder ver siegelte. Der Kassierer, der in der Nacht zum Donners tag verhaftet wurde, hat die Diebstähle bereits seit einer Reihe von Jahren ausgeführt. Er galt als einer der angesehensten Männer der Stadt und bekleidete zahlreiche Vertrauensümter. Wozu er das Geld ge braucht hat, konnte bisher noch nicht festgestellt werden. Man glaubt jedoch, daß er spekuliert hat. * Zusammenstöße bei einer Erwerbslosenlnnd- gebung in Saarbrücken. Am Donnerstagvormittag kam es bei einer Erwerbslosenkundgebung im Ludwigspark in Saarbrücken verschiedentlich zu Zusammenstößen. Unter kommunistischer Führung hatten sich etwa 350 Erwerbslose nach Abstempelung ihrer Erwerbslosen karten im Ludwigspark versammelt, wo zwei kommu nistische Stadtverordnete und der Führer des Rotfront kämpferbundes Ansprachen hielten. Die Erwerbslosen wollten dann vor das Rathaus ziehen. Berittene Poli zei und Landjäger hatten jedoch die Zufahrtsstraßen zur Innenstadt abgesperrt. Trotzdem wurde versucht, die Absperrungskette zu durchbrechen, wobei es Zusammen stöße gab. Dis Polizei hielt sich im allgemeinen sehr zurück und zersprengte die Ansammlungen. Das einsame Hans. Roman von M. Nicholson. 45) iNvwvruck verbalen ) John empfand die Begegnung wie einen scharfen Schlag. Daß er sie hier finden mußte, als Dieb iu der Nacht, offenbar nm Pickering Kundschafterdienste zu leisten, war der bitterste Tropfen in seinem Leidensbecher. „Wir treffen uns unter Pen merkwürdigsten Um ständen, Lord Glenarm Bitte, gehen Sie weg oder wenden Sie sich um. Ich will aus diesem Verließ her- auskriechcn." Sie ließ es jedoch zu, daß John ihr dabei behilflich war, und sprang leichtfüßig in den Korridor hinunter. Dann erst brach der Zorn, der in ihm aufgestiegen war, seine mühsam aufgerichteten Schranken. „Sie wissen offenbar nicht, was Sie tun. Sind Sie sich bewußt, daß Sie bei solchen nächtlichen Exkursionen Ihr Leben aufs Spiel setzen? Und das alles wegen Artur Pickering! Ihre Liebe zu dem Schandbuben treibt Sie weit, Miß Devereux." Sie pendelte müßig die Laterne auf und ab. Der Lichtschein, der John in regelmäßigen Zwischenräumen ins Gesicht fiel, traf ihn stets wie ein Schlag. Endlich antwortete sie. „Es ist nicht sonderlich gemütlich hier in dieser Höhle, und sofern Sie nicht beabsichtigen, mich dem obersten Scharfrichter zu übergeben, entbiete ich Ihnen eine gute Nacht." „Das Schamlose Ihrer Handlungen, Ihrer Spionage für meinen Feind, scheint Sie nicht im geringsten zu beirren!" „Nein, nicht im geringsten," erwiderte sie gelassen und hob die Lampe, um nach dem Docht zu sehen. „Ich bin lediglich ein wenig enttäuscht, daß Sie mir zuvorgekom men sind, Lord Glenarm, und hätte Ihnen soviel Aus dauer nicht zugetraut. Da Sie aber nun die Schuldscheine haben —" „Sie wissen also von den Schuldscheinen? Der Feig ling haf Sie Wohl ausgesandt, um sie zu finden, nachdem seine anderen Werkzeuge versagt haben." Sie lachte in ihrer leisen Art, das wie das Plätschern einer Quelle klang. „Es fällt mir nicht ein, zu leugnen, was der streit bare Lord Glenarm behauptet," erwiderte sie hoheitsvoll. „Sie wissen nicht, was Ihre Falschheit fül mich bc- . deutet! In jener Nacht bei den Armstrongs, als Sie die Treppen herab auf mich zukamen, glaubte ich in Ihnen meinen guten Geist gesunden zu haben. Damals habe ich Ihnen im stillen mein ganzes Leben zu Füßen gelegt und meine bessere Zukunft, die ich mir Ihrethalben schaffen wollte." „Bitte, nicht das," erwiderte sie leise. John glaubte in ihrer Stimme- und der Art, wie sic sich von ihm abwandte, ein schmerzliches Bedauern zu erkennen. Ohne ein weiteres Wort lies sie den Tunnel Sie sind nicht sehr nett, Lord Glenarm, wenn Sie übler Laune sind entlang, mit der Laterne in der Hand. John folgte ihr, ohne recht zu wissen, was er tat. Die Sicherheit, mit der sie sich bewegte, stachelte seinen Zorn auss neue an „Sie scheinen ja mit der Örtlichkeit schon recht vertraut zu sein," sagte er, als sie in die Krypta der Kirche hinaus traten. „Aber, das geht mich ja mm nichts mehr an, da das Haus Ihr Eigentum ist. Und was die Schuldscheine anbelangt, so werde ich mir erlauben, sie Ihnen morgen zu übergeben. Sie können sie dann Pickering aushändigen als Zeichen Ihrer Ergebenheit, was ihn sicherlich freuen wird, obwohl er so rücksichtsvoll hätte sein können, Ihnen mitzuwilen, daß wir sie schon heute nachmittag gefunden haben." „Sie sind nicht sehr nett, Lord Glenarm, wenn Sie übler Laune sind." Sie war nun wieder ganz Olivia und John sah die Unmöglichkeit ein, mit einem Mädchen zu rechten, das sich nach Belieben in ein Kind verwandeln konnte. Vor der Tür ins Freie blieb sie stehen und sprach mit Ent schiedenheit: „Hier trennen sich unsere Wege, wenn ich bitten darf! Und - ich habe nicht die geringste Neigung, Ihnen meine Anwesenheit im Tunnel zu erklären. Es gefiel Ihnen, sich Ihre eigene Erklärung zu bilden, und die muß Ihnen genügen. Ich rate Ihnen jedoch, nicht allzuviel daran zu denken und wichtigeren Dingen den Vorrang zu geben, Lord Glenarm -" Sie erhob die Laterne, um sie auszudrehen, wobei die Lichtstrahlen wie ein Glorienschein um ihr Gesicht spielten, hielt jedoch inne und reichte sie John. „Sie brauchen das Licht, um nach Hause zu gelangen. Und, ich bitte, vergessen Sie nicht, den Eingang zum Tunnel zu verschließen. Sie sind ein schrecklich leicht sinniger Hausherr, Lord Glenarm." Fünsundzwanzigstes Kapitel. Die Belagerung. Es war neun Uhr morgens. Das Thermometer auf der Terrasse stand tief unter dem Gefrierpunkt, aber die Luft war still und die Sonnenstrahlen lachten aus einem wolkenlosen Himmel. Nach dem Frühstück, das die Freunde ohne sonderlichen Appetit zu sich genommen hatten, kam Bate herbeigelaufen mit der Nachricht, daß der Sheriff und einer seiner Gehilfen beim Tor zum Park vorgesahren seien. John und. Donovan begaben sich dort hin, während Stoddard das Haus behütete. „Die Herren werden Wohl verstehen," sagte der Sheriff über die Mauer hinweg, „daß ich nur meine Pflicht tue. Es ist keine angenehme Sache für mich, aber das Gericht hat angeordnet, daß ich alle unbefugten Personen aus dem Grundstück entferne, und ich muß es tun." „Das Gericht kennt den Sachverhalt nicht," erwiderte John, „und ich beabsichtige keinesfalls zu weichen. Wir können, wenn nötig, drei Monate Widerstand leisten, und ich rate Ihnen, nach Hause zu fahren und sich nicht von einem Schurken wie Pickering als Werkzeug mißbrauchen zu lassen." Der Sheriff horchte ehrerbietig zu, mit den Armen aus die Mauer gelehnt. Fortsetzung folgt.)