Volltext Seite (XML)
Der Zündholzverlrag unterzeichnet. Berlin. 27. Oktbr. Der Vertrag Mischen dem Reiche und dem schwedischen Zündholzkonzern ist im Reichsfinanzministerium endgültig gezeichnet worden. Ueber den Inhalt des Vertrages und die geplante Neu regelung der Zündholzwirtkchaft wird nunmehr folgen des bekanntgegeben: Bereits vor mehreren Jahren ergab sich die Not wendigkeit. durch gesetzgeberische Maßnahmen in die Zündholzwirtschaft einzugreifen, da der Konkurrenz kampf innerhalb der Zündholzindustrie den völligen Untergang des deutschen Teiles der Industrie besorgen lieh, Infolgedessen wurde durch Reichsgesetz vom 28. Mai 1927 der Kreis der zur Herstellung von Zündhöl zern berechtigten Fabriken in der Weise geschlossen, dasi die Neuerrichtung von Zündholzfabriken von der Zu stimmung des Reichswirtschaftsministers abhängig ge macht wurde. Das Gesetz sieht vor. dasi die Genehmi gung nur unter besonderen, sehr eng gefassten Voraus setzungen zulässig ist. Die Neuregelung der Zündholzwirtschaft musi, un ter den vorstehenden Gesichtspunkten gesehen, zum Ziele haben, den in Deutschland produzierenden Zündholz fabriken rentable Fabrikation zu sichern und damit zu gleich die inländische Zündholzfabrikation vor Still legungen und vor weiterer Ueberfremdung zu schützen. Die Mittel, die diesem Zwecke dienen, bestehen in dem Ausbau des Rechtszustandes, wie er im Jahre 1927 vom Gesetzgeber beabsichtigt war, aber mit den dama ligen Mitteln nicht vollkommen erreicht werden konnte. Nach der beabsichtigten Neuregelung ist der Kreis der Fabrikanten geschlossen. Die Zusammenfassung der Fa brikanten in der beabsichtigten Monopolgssellschaft ist grundsätzlich lückenlos": Ausnahmen sind nur für den Eigenbedarf der Konsumgenossenschaften vorbehalten. Diese Ausnahmen beruhen auf der schon im Gesetz von 1927 für sie vorgesehenen Sonderregelung. Die Organisation der Monopolgssellschaft entspricht der einer Aktiengesellschaft. Die Aktien sollen ie zur Hälfte der schwedischen und der deutschen Gruppe zu stehen. Das beherrschende Organ, der Aufsichtsrat. be steht aus elf Mitgliedern, von denen je fünf auf Vor schlag der deutschen und der schwedischen Seite bestellt werden sollen, während der Vorsitzende, der Reichsdeut scher sein musi und der Bestätigung durch die Reichsregie- rnng bedarf, vom Aufsichtsrat gewählt wird. Auch die Vorstandsmitglieder müssen Neichsangehörige sein. Zur Ueberwachung der Gesellschaft werden ferner Neichskom- missare bestellt werden. Das Monopol soll dem Reich zustehen und der Monopolgesellschaft nur zur Ausübung übertragen werden. Die Preise der Zundwaren sind grundsätzlich im Gesetz festgelegt, und zwar soll der Uebernahmepreis, den der Fabrikant von der Monopolgesellschaft erhält, für das Paket Streichhölzer mit 10 Schachteln zu je 00 Zündhölzern 0,18 RM. betragen, abgesehen von der 0.06 RM. für das Paket ausmachenden Zündwaren steuer, der Monopolpreis, den der Händler an die Mo- I nopolgesellschaft zu entrichten hat, 0,26 RM. für das Paket, unbeschadet der Rabatte, und der Kleinverkaufshöchstpreis 0,30 NM. für das Paket. Nach Ablauf von vier Jahren soll die Bemessung der Preise der Bestimmung des Reiches unterliegen. Für Luxushölzer sind die Preisbestimmungen vorbehalten. Wird die Zündholzwirtschaft in der in grosien Zügen vorstehend skizzierten Weise vom Reichstag be schlossen, so ist der schwedische Zündholzkonzern verpflichtet, eine Anleihe des Reiches in Höhe von 125 Millionen nordamerikanischen Dollar zu übernehmen, die in zwei Teilbeträgen ausgezahlt werden soll, und zwar der erste sieben Monate und der i zweite sechzehn Monate nach der Verkündung des Mo nopolgesetzes. Der Auszahlungskurs beträgt 93 Pro zent und die Verzinsung jährlich 6 Prozent. Die An leihe soll fünfzig Jahre laufen, nach zehn Jahren kon vertierbar sein und vom gleichen Zeitpunkt ab amor tisiert werden. Für die Ausgabe der Schuldverschreibungen des Reiches durch die übernehmende Gesellschaft besteht eine Sperrfrist von drei Jahren, gerechnet von dem Zeit- ! punkt der Auszahlung des zweiten Teilbetrages. Vor- ! schriften über eine pflegliche Behandlung der begebe- ! nen Stücke sind vorgesehen. Diese günstigen Anleihe- , bedingungen sind davon abhängig gemacht worden, dasi der Schwedenkonzern an den Gewinnen der Monopol gesellschaft beteiligt wird. Das Reich behält aus dem Monopolgewinn zunächst für jede Kiste Zündhölzer (10 000 Pakete) 13 RM. vorweg: der restliche Gewinn wird zwischen dem Reich und dem Schwedenkonzern je zur Hälfte geteilt. Die Gewinn beteiligung der Schweden erlischt grundsätzlich mit der vollständigen Rückzahlung der Anleihe, dauert jedoch mindestens 32 Jahre. Wenn die Anleihe nach Ablauf von 32 Jahren noch nicht voll zurllckgezahlt ist, ändert sich die Verteilung des restlichen Gewinnes in der Weise, dasi der Schwedenkonzern nur noch 25 Prozent erhält. Die Verbindung der Regelung der Zündholzwirt schaft mit der Gewährung einer Anleihe durch den schwedischen Zündholzkonzern beruht vom Standpunkt des Reiches ans gesehen auf der Erwägung, dasi die Sanierung der in Deutschland vorhandenen Zundhslz- produktion notwendigerweise auch der schwedischen Fi nanzgruppe zugutekommen musste, weil etwa zwei Drit tel der in Deutschland produzierten Zündhölzer von dem schwedischen Zündholzkonzern hergestellt werden. Es lag nahe, diesen Vorteil dem ausländischen Kapital nur' zugutekommen zu lassen, wenn gleichzeitig damit auch den Interessen der deutschen Finanzen gedient werden konnte. Für das Deutsche Reich ist es in den letzten Jahren nur in geringem Umfange möglich gewesen, die auf Anleihen verwiesenen Ausgaben wirklich langfristig unterzubringen. Wenn das jetzt in einer Höhe von etwa 500 Millionen Reichsmark gelingt, so musi daraus gesehen werden, hierfür Bedingungen zu erlangen, die. unabhängig von der augenblicklichen Lage des Kapital marktes, auf längere Zeit gesehen, als annehmbar be zeichnet werden können. Gewiß ist es erforderlich ge wesen, neben dem Zinssatz von 6 Prozent bei einem Kurs von 93 dem schwedischen Zündholzkonzern Ee- winnmöglichkeiten bei der Monopolgesellschaft zu er öffnen. Aber selbst wenn man die Gewinnmöglich- keiten unter Annahme einer den heutigen Verhält nissen entsprechenden Absatzmenge an Zündhölzern be- ! rücksichtigt, so erreicht das Reich damit die Beschaffung i der gesamten Kapitalsumme zu einem Satze, der nicht ! voll 7 o. H. erreicht. WWW des MM« Mets gegen des MsdeMn. Berlin, 27. Oktbr. Der Polizeipräsident von Ber lin, Zörgiebel, hat gestern nachmittag ein Nundtele- gramm an alle erlassen, das wie folgt beginnt: „Das von mir ausgesprochene Verbot der Teil nahme am Volksbegehren (amtl. Mitteilungen Nr. 74) hebe ich aus. Ich weise lediglich auf die Erklärungen des Ministerpräsidenten hin . . ." Es folgt dann eine kurze Wiedergabe der Stellungnahme des preussischen Ministerpräsidenten Braun im Landtag, wonach die Beteiligung am Volksbegehren gegen die Pflichten des Beamten verstösst. Die Beschlagnahme des Stahlhelm-Hauses in Düssel dorf aufgehoben. Auf Antrag der Interessenten hat der Vezirksaus- schusi der Regierung die in Verbindung mit dem Stahl helmverbot von der preussischen Regierung erlassene Be schlagnahme des Düsseldorfer Stahlbelmhauses aufge hoben Aus aller Welt. * 20 Personen beim Tanz durch Leuchtgas vergiftet. Am Sonntag abend wurde die Berliner Feuerwehr nach den Germania-Sälen in der Chausseestraße alarmiert. Dort waren etwa 20 Personen an Leuchtgasvergiftung schwer erkrankt. Das Gas war während einer Festlich keit ausgeströmt und überraschte die Teilnehmer beim Tanz. Die Feuerwehr unter Leitung von Oberbrand direktor Eempp war sofort in großer Stärke erschienen. Den Vergifteten wurde Sauerstoff eingeslößt und außerdem von Aerzten, die zur Hilfe gezogen wurden, Einspritzungen verabfolgt. Es gelang in fast allen Fällen die Vergifteten ins Leben zurückzurufen. Sie wurden nach den nächsten Krankenhäusern gebracht, wo die Be handlung fortgesetzt wurde. Todesfälle sind bisher nicht zu verzeichnen. * Der Redner einer Volksbegehrversammlung durch Messerstiche schwer verletzt. Am Sonnabend fand in der Ortschaft Torgelow bei Pasewalk eine Kundgebung für das Volksbegehren statt, auf der der ehemalige Ausländsdeutsche Holz (Berlin) sprach. Nach der Ver sammlung wurde der Redner auf der Straße, vermutlich durch Kommunisten, angefallen und durch Messerstiche in den Kopf schwer verletzt. Die polizeilichen Ermitt lungen sind eingeleitet. * Das spekulierende Vankpersonal. Wie die wei teren Untersuchungen ergaben, hat neben den beiden Direktoren Glahn und Jacobsen auch ein Teil des Per sonals der Kieler Bank ausgiebig spekuliert. Die ge ringste Summe dieser Engagements soll 10 000 M. be tragen haben. Im vorigen Jahre hatte das Konsor tium mit seinen Spekulationen Glück gehabt. * Sturm an der französischen Kanalküste. An der französischen Kanalküste wütet seit Sonnabend abend ein äußerst heftiger Sturm, der die Schiffahrt stark be hindert. In der Bretagne wurden 500 Hektar Land durch die Sturmflut unter Wasser gesetzt. In Osran- ville mußte die Schiffahrt eingestellt und die Verbin dung mit den vorgelagerten Inseln unterbrochen werden. Die Befestigungswerke an der Küste sind schwer beschä digt worden. * Von der Taufe in den Tod. Aus Sitten (Kaiston Wallis) wird gemeldet: Zu einem furchtbaren Unglück bei dem fünf Tote zu beklagen sind, kam es am Bahn übergang bei St. Leonhard. Ein Auto, das von einer Taufe kam, wurde beim Bahnübergang von St. Leon hard, als cs die ungeschlossene Schranke passierte, vom Lausanne-Mailand-Erpreß erfaßt. Der Unternehmer Melk) aus St. Leonhard, sein Sohn und der Täuf ling wurden in den nahen Bach geschleudert und er tranken. Die Hebamme wurde auf den Fahrdamm ge worfen und mar sofort tot. Die Patin des Täuflings wurde von der elektrischen Lokomotive 50 Meter mitge schleift und ebenfalls getötet. * Wieder 18 Hinrichtungen in Moskau. Nach der Meldung eines Berliner Blattes aus Moskau, hat die GPU. bekanntgegeben, daß am Sonntag in Sowjetruß land insgesamt 18 Personen „wegen konterrevolutio närer Tätigkeit" erschossen wurden. Unter den Hingerich- tteten befinden sich zwei Priester und vier Kirchendiener. Die Zahl der in diesem Monat von der GPU. Hingerich teten Personen ist damit auf 65 gestiegen. Das einsame Haus. Roman von M. Nicholson. w' (Nachdruck verboten.) „Ich Hosse, wir werden nunmehr gute Nachbarschaft Hallen Die Mauer sieh« allerdings abweisend aus, aber iw habe mit ihrer Erbauung nichts zu tun überdies 'verde ich die Pforte offen halten," sagte John. „Ich würde an Ihrer Stelle den Zweck, dem die Mauer dient, respektieren, Mr Glenarm." Trotz dieser keineswegs ermustgenden Worte ließ sich der junge Mann nichl abschütteln und schritt an ihrer Seite dem AuSgang des Partes zu Ihre geröteten Wangen waren ihm eine Augenweide. Der Schnee wir belte um sie herum, überzog die rote Wollmütze mit einer weißen Kruste und heslele sich an ihre Schultern „Ich habe Sie schon schwer vermiß!," sagte John nach einer Weile, „und hätte Ihnen auch bereits meine Aufwartung gemacht, um mich bei Ihnen zu entschuldigen, aber ich hatte, offen gestanden, Angst davor." „Sie taten Wohl daran, nichl zu komme». Schwester Therese ist geradezu fürchterlich überdies dürfen wir Herrenbesuche nichl empfangen." „Das habe ich mir gedacht. Hoffentlich ist Schwester Therese wohlauf?" „Jawohl, es geht ihr viel besser." „Und Miß Devereux?" Sie wandte kaum merklich den Kopf, wie um besser hören zu köunen, und ihre Schritte wurden etwas lang samer, dann fiel sie wieder in ihr früheres Tempo zurück. „ÖH, der geht's immer gut glaube ich " „Sie kenueu sie natürlich?" „Selbstverständlich, sie gibt nns Musikstunden.- „So, so, sie ist also die Musiklehrerin; hager, mit ein gefallener Brust und knochigen Fingern, die wie wild ans den Tasten herumhämmern Ich kenne die Sorte." „Sie ist schrecklich," antwortete das junge Mädchen zu stimmend, „aber wir können nichts dagegen tun. Sie ist io, wie es sich für unartige Kinder geziemt." In lustigem Geplauder uud ohne sich nm den Schnee sturm, der sie umvirbelte, zu kümmern, näherten sie sich der Pforte in der Mauer. John wußte nicht, wie es kam, aber sein Herz tanzte bei dem Gedanken an den Fortschritt, den er, ein Mann von siebenundzwanzig Jahren, in der Kame radschaft mit einem Schulmädchen im Backfischalter ge macht hatte. „Wir Mädels haben alle solch ein Verlangen, über die Mauer zu steigen und Ihnen bei der Suche nach dem ver grabenen Schatz zu helfen. Es muß köstlich sein, in einem HauS mit einem Geheimnis und unterirdischen Gängen zu wohnen. Ihr, edler Lord, seid Wohl die ganze Nacht mit dem Erforschen geheimer Korridore beschäftigt?" ,Wer sagt Ihnen, daß es in meinem Hause Geheimnisse gibt?" fragte er John war von diesen offenen Äußerungen über Dinge, die er als sein tiefstes Geheimnis betrachleie, höchlichst betrofsen. „Wer sagt Ihnen, daß es in meinem Haus Geheim niste gibt?" fragte er. „Ferguson, der Gärtner, und alle Mädchen." „Ferguson trinkt wohl öfters eins über den Durst?" „Kann sein, aber auch die Leute im Dorf sagen es Das Fräulein im Konditorladen sprich, von nichts an derem, wenn wir kommen." „Ich rate ihr, lieber aus ihre Pralines aufzupnsjen." gab John gereizt zurück. ^,Seien Sie doch nicht so empfindlich Wir alle halten die Sache für hochromantisch. Sie müssen wissen, daß Sie bei uns nur „der edle Lord" Heißen, und wenn wir abends durch den Garten streichen sehen, sagen wir imme. Seine Lordschast brütet über den verborgenen Schatz " Diese in dramatischem Ton vorgetragene Bemerkung klang so unbeschreiblich komisch, daß John Wider seinen Willen lachen mußte. „Ich hoffe, Sie haben mir verziehen," sagte er, wäh rend er den Schlüssel zur Pforte aus der Tasche zog. „Roch nicht, Mr. Glenarm, aber viclleichl später " „Darf ich nicht wenigstens Ihren Namen wissen, da Sie doch den meinen kennen?" „Selbstverständlich.- Ich heiße Olivia. Mil „Miß" werde ich noch nicht tituliert, dazu bin ich noch zn jung." „Das ist aber nur die Hälfte eines Ramens," ant wortete John, mit der Hand aus der Türklinke. Das Schneegestöber wurde immer dichter und der kurze Nach mittag neigte sich seinem Ende zu. Es drängte den jungen Mann, noch länger bei ihr zu bleiben, sich an ihrer Jugend und ihrer Fröhlichkeit zu ergötzen Mi, Widerwille!, dachte er an den langen Winterabend in dem einsamen Haus und zögerte unwillkürlich, die Pforte zu öffnen. Bei dem Anblick der Lichter, die aus dem Schulgebäude schimmerten, durchzog ihn ein Gefühl liefer Einsamkeit. „Olivia Armstrong," erwiderte sie lachend, drängle sich an ihm vorbei durch die Pforte und rannte leicht füßig dem Schulgebäude zu. Zehntes Kapitel. " Ein nächtli ch eS Dnel l. John las bis spät in die Rächt hinein. Del Gegen- jay zwischen dem Heulen des Sturmes draußen und der behagliche» Wärme der große» Bibliothek war seine einzige Besriedigung. Um Mitternachi brachte ihm Bate eine Flasche Bier nnd einige belegre Brote Sodann kam seine stereowpe Fragen „Haven der Herr noch Besehle?" Ans ein verneinendes Lopfswütlcl» zog er sich schweigend zurück John war ruhelos und spürte noch keine Lust, schon zn Bett zu gehen. Planlos wanderte er in der Bibliothek herum zog ein Buch nach dem anderen aus dem Nega! nnd stieß dabei aus einige Werke, die mit besonders schönen Aquarellen illustrier, waren iForljeyung ivlgl.)