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mit allen Achsen entgleiste. Beide Lokomotiven sind stark beschädigt. Am ersten Wagen des Personenzuges wurde die Plattform eingedrückt, der sonstige Sachscha den ist gering. Der Heizer der Rangierlokomotive Theo dor Viersack aus Würzburg wurde getötet, der Führer der Rangierlokomotive Philipp Vogel schwer verletzt. Vogel wurde in das Luitpold-Krankenhaus gebracht. Außerdem wurden noch acht Reisende leicht verletzt. Diese haben sich, mit Notverbünden versehen, in ihre Wohnung begeben. Die Ursache des Unfalls ist bestim mungswidrige Fahrt der Rangierabteilung in die Fahrstrecke des einfahrenden Zuges. Die Gleise waren in etwa zwei Stunden wieder frei. Schwerer Zugunfall in Frankreich. — Der Heizer getötet. Paris, 18. Septbr. Auf der Eisenbahnlinie St. Brieue—St. Cast ereignete sich infolge Nachgebens des durch die Regenfälle des Vorabends aufgeweichten Bahnkörpers ein schwerer Zugunfall, wobei die Loko motive in einen 20 Meter tiefen Abgrund stürzte. Der Heizer wurde auf der Stelle getötet. Da sein Körper im Schlamm versank, konnte die Leiche erst nach langem Suchen aufgefunden werden. Während sich der Zug führer nach grotzen Anstrengungen aus seiner gefähr lichen Lage retten konnte, wurde der Lokomotivführer schwer verletzt. Ein Vater fordert den Tod seines ungeratenen Sohnes. Paris, 18. Sept. Vom Schwurgericht Digne wurde der 18jührige Oghetto wegen fünffachen Mordes zum Tode und der 16jühriqe Mucha zu 20 Jahren Zuchthaus verurteilt. Die beiden hatten eine Bauernfamilie, die ihnen Aufnahme gewährte, in bestialischer Weise er mordet. Sie erschlugen die Kinder mit Steinen und brachten auch den Knecht um. Der Vater des Oghetto. der als Belastungszeuge geladen war, ersuchte die Rich ter selbst um die Todesstrafe für seinen Sohn. Verhängnisvolle Heuschreckenplage in Indien. London, 18. Sept. Wie aus Karatschi gemeldet wird, sind die Teile des Sind-Eebietes, die kürzlich un ter den Ueberschwemmungen des Indus stark zu leiden hatten, von einer neuen Plage bedroht. Eine nach Mil lionen zählende Schar von Heuschrecken hat sich in den von den Fluten betroffenen Gebieten niedergelassen und bedroht die gesamte Ernte. Antwort Ruhlands an Nanking. Berlin, 18. Sept. Nach einer Meldung Berliner Blätter aus Moskau wurde der deutschen Botschaft am Dienstag die Antwort der Sowjetregierung auf die Er klärung der Nankingregierung vom 9. September sowie auf den weiteren Vorschlag der Nankingregierung vom 13. September betreffs der Ernennung nur eines Vize direktors an der Ostchinesischen Bahn zur Weiterleitung an die chinesische Negierung übergeben. Bedenken gegen die Bank für inter nationale Zahlungen. London, 18. Septbr. Der diplomatische Berichter statter des „Daily Telegraph" weist auf die großen An strengungen hin. die seitens der Negierungen Frank reichs. Italiens und Belgiens gemacht würden, um die Errichtung der internationalen Bank in London zu ver eiteln. Es sei unwahrscheinlich, daß Japan trotz der grotzen Bemühungen dieser drei Mächte sich deren Vor gehen anschließen werde. Der Berichterstatter erinnert daran, datz der japanische Botschafter Adatschi, der sich anfangs der französischen Auffassung anschloß, später England gegenüber seine Neutralität erklärt habe. Hinter denKulissen hätten sich interessante, bis her noch nicht bekannte Vorgänge abgespielt, die zu dem Meinungswechsel Japans geführt und die die japanische Regierung veranlatzt hätten, ihre guten Beziehungen zur englischen Regierung nicht zu verderben. Ein Sturmvogel. Roman von Bernt Lie. Einzig berechtigte Übersetzung aus dem Norwegischen von F. Gräfin zu Neventlow. tw (Nachdruck verboten.) Jetzt kam das Mädchen, um zum Essen zu rufen. Tagny ging auf die Tür zu. „Ich brauche heut kein Mittagessen," ries er ihr nach. Sie wandte sich um und sagte kalt: „Ich auch nicht Aber deine Mutter ist da." „Hm!" brummle er und ging an ihr vorbei ins Eß zimmer. Langsam folgte sie ihm. Nach dem Essen ging er gleich wieder in sein Arbeits zimmer, wo er rastlos auf- und abging. Er bebte noch am ganzen Körper vor Zorn. Bei Tisch hatte er sich zusammcngenommen, weil seine Mutter da war. Das Mädchen brachte ihm den Kaffee. Es war wie eine kalte Botschaft, daß Dagny nichts mit ihm zu tun vaben wollte. Sonst war es immer die schönste Stunde des Tages für sie beide, wenn Dagny mit dem Kaffee kam und sie dann in seinen großen Lehnstühlen saßen. Na ja, aus diese Weise sperrte sie sich selbst aus. Er zündete seine Zigarre an, trank den Kaffee ans einen Zug aus und ging dann wieder mit hastigen Tchritteu aus und ab Zornige Worte traten ihm aus die Lippen, er gesti kulierte lebhaft und sagte sie laut vor sich hin. Zuerst gegen Konsul Arentz. Aber dann richtete es sich bald auch gegen Dagny. Er sprach in Gedanken mit ihr und fttzte ihr auseinander, wie unverständig sie sich benahm und Wie egoistisch Wie gleichgültig die mehr oder minder heftige ^orm den Tatsachen gegenüber war. Er erklärte ihr die Tache, gab seine ganze Unterredung mit dem Schwieger vater wieder Und plötzlich ging ihm ein Licht auf. Das hatte er ja vorhin nicht getan. Ihr die Sache erklärt. Nun, dann war es aber ihre eigene Schuld, ihr Mangel an Einsicht — — Er setzte sich an die Arbeit. Mit Karten, Berechnun gen, überschlügen. Die Papiere raschelten. Dann und wann notierte er sich etwas, einen Namen oder eine Zahl. Er warf die Feder hin. Er war ja brutal gegen sie gewesen — rob gewesen Gegen Dagny! Er stürzte zur Tür hinaus und durch sie verschiedenen .'.immer Drinnen in der Kinderstube böne er Mutters und Daanns Stimmen Es seien Gründe für die Auffassung vorhanden, datz weite Kreise der amerikanischen Finanzwelt die Bank lieber in London als in irgendeiner anderen Stadt auf dem Kontinent sehen würden, da die Bank sonst leicht zur Unterstützung einer paneuropäischen Be wegung gegen die Vereinigten Staaten ausgenntzt wer den könne. Die Beratung der Kernfrage im Sach- leistungsausschutz. Paris, 18. Sept. Der Sachleistungsausschutz, der am Dienstag unter dem Vorsitz des französischen Ver treters de Peyster eine Sitzung abhielt, begann mit der Beratung seines eigentlichen Programms, die für zehn Jahre vorgesehenen deutschen Sachleistungen mit den tatsächlichen Jahreszahlungen des Poung-Planes in Uebereinstimmung zu bringen. Aus aller Wett. * Auch Haftbefehle gegen den Rest der Berliner Fest- genommcnen. Der Vernehmungsrichler im Polizeipräsi dium, Landgerichtsrat Rönnecke, hat die Haftbefehle gegen Heinrich Bauder und den ehemaligen Feuerwerker Wilske bestätigt. In Berlin sind demnach sieben Haftbefehle be stätigt worden. Die sieben Berliner Verhafteten wurden nach Moabit in das Untersuchungsgefängnis eingeliefert, wohin man auch die aus Altona Uebergeführten gebracht hat. Dort befinden sich also nunmehr 28 Verhaftete. Im Untersuchungsgefängnis sind besondere Sicherungs matznahmen getroffen worden. Die Untersuchung wird jetzt an den Untersuchungsrichter abgegeben werden. Das in Berlin eingerichtete Sonderdezernat für die Ermitt lungen der Bombenanschläge wird noch nicht aufgelöst werden, weil vor allem der Bombenanschlag am Reichs tag noch keine Aufklärung gefunden hat. " Der einzige Ueberlebende der „Dan" von der „Hessen" gerettet. Mit dem Linienschiff „Hessen" lan dete in Swinemllnde der einzige Ueberlebende des in der Nacht zum 8. September in der Danziger Bucht untergegangenen dänischen Dampfers „Dan". Es ist der dänische Matrose Martin Malm, der von dem Linienschiff gerettet wurde, nachdem er die ganze Nacht hindurch in einem Boot getrieben war. Auf dem Boot hatten sich fünf Mann der schiffbrüchigen Besatzung be funden, von denen vier herausgespült wurden und er tranken. Der gerettete dänische Matrose äutzcrt sich höchst anerkennend über die aufopferungsvolle Pflege an Bord des Linienschiffes. Auf der Sturmfahrt ver letzte er sich beide Arme und Beine und ist noch in ärzt licher Behandlung. Er wurde, da er nur mit Hemd und Hose bekleidet war, an Bord des Linienschiffes völlig eingekleidet. Eine von der Besatzung veranstal tete Sammlung ergab einen namhaften Betrag, der dem Schiffbrüchigen beim Verlassen des Schiffes aus gehändigt wurde. * Frau Remarque erzählt. Der Berichterstatter der schwedischen Zeitschrift „Jdun" ist nach Berlin gekom men, um Erich Maria Remarque, den auch in Schweden berühmtgewordenen Autor des Buches „Im Westen nichts Neues" zu interviewen. Es gelang ihm nicht, den Dichter persönlich zu sprechen. In einer bescheidenen Zweizimmer wohnung in einem westlichen Vorort Berlins wurde der schwedische Journalist von Frau Remarque empfangen. „Ich habe den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als ans Telefon zu gehen und alle Leute, die meinen Mann sprechen wollen, ihm vom Leibe zu hallen. In den mei sten Fällen ist es entweder Neugierde oder die Absicht, meinen Mann anzupumpen. Es ist einerseits ganz in teressant, mit einem Schlag berühmt zu werden. Wir wollen aber unter keinen Umständen solche Persönlich keiten werden, von denen man spricht und von denen jeden Tag irgendeine Klatschneuigkeit in der Zeitung er scheint. Soviel Geld, wie man glaubt, hat mein Mann noch lange nicht verdient. Sollte mein Mann alle die Leute, die ihn sehen und sprechen wollen, empfangen, so hätte der Tag dazu nicht ausgereicht. Er erwidert dagegen jeden Brief, von dem er etwas hält. Jetzt ist die Korrespondenz derartig angewachsen, datz wir, um sie zu bewältigen, genötigt waren, eine Stenotypistin zu engagieren. Ehe mein Mann sein Manuskript dem Ver leger übersandt hatte, lag es über ein halbes Jahr in seinem Schreibtisch. Ich war es, die durchgesetzt hat, datz mein Mann sich an einen Verleger wandte." * Noch immer Explosionsgefahr in Klcinrosseln. Zu der Schlagwetterexplosion in Kleinrossein wird ergänzend gemeldet, datz auch weiterhin die Gefahr neuer Explosionen besteht, weil sich das Feuer unter der Erde noch weiter verbreitet und weil es nicht gelingt, den St. Karls- Schacht von den Nachbarschächten dicht abzuschlietzen. Eine weitere Gefahr besteht darin, datz sich über dem Explo- sionsherd grotze Reserven von Benzin und Sprengstoffen befinden, an die sich niemand herantraut. Da es weiter unmöglich ist, in den Unglücksschacht Ventilatoren ein zubauen, kann man nicht an die Hauptunglücksstelle heran kommen. Dichte Rauchwolken, aus denen öfter hohe Flammen züngeln, steigen aus den zerstörten Schächten. Die Förderung wird lange Zeit ruhen müssen. An Ver- s letzten zählt man 23 Schwer- und 28 Leichtverletzte. * Anschlag polnischer Regierungssozialisten auf einen ' Eisenbahnzug? In der Nacht zum 10. September war bei Zedrzejow in der Wojewodschaft Kiele ein verbreche rischer Anschlag aus einen Eisenbahnzug verübt worden. Wie das „ABC" meldet, sollen die polizeilichen Ermitt lungen zu einem aufsehenerregenden Ergebnis geführt haben. Als Täter seien nämlich der Vorsitzende und der Vizevorsitzende des dortigen Bezirksverbandes der Re gierungssozialisten verhaftet worden. Nach ihrem Ge ständnis hätten sie die Absicht gehabt, den Zug zur Ent gleisung zu bringen, um einen grötzeren Eeldttansport für Parteizwecke zu plündern. * Bombenattentate auch in Schweden. Im Büro der Aktiengesellschaft Vaedeholm bei Karlskrona in Schwe den ist vor einigen Tagen ein Sprengstoffattentat ver übt worden. Die Erregung der Bevölkerung ist außer- ordentlich grotz, da man in Schweden an derartige Me thoden nicht gewöhnt ist. Es handelt sich um Einbrecher, die das Büro in die Luft sprengen und dann in der all gemeinen Verwirrung reiche Beute mit sich nehmen woll ten. Es gelang ihnen aber nur, ein paar hundert Kronen zu erbeuten. Fast zu der gleichen Zeit wurden die Ein wohner von Stockholm durch eine gewaltige Explosion aus ihrem nächtlichen Schlaf aufgeschreckt. Die Explosion war so stark, datz man sie in den entferntesten Stadt gebieten wahrnehmen konnte. Mit Blitzesschnelle ver breitete sich das Gerücht, datz eine Anarchistenbande das ganze Land terrorisiere. Diesmal erwies sich das Bomben altentat als ziemlich harmlos. Es war nur ein Feuer werkskörper, der explodierte. Allerdings erzählt der Chef des Warenhauses, in dessen Nähe die Explosion stattfand, datz er seit einigen Tagen mit Drohbriefen verfolgt wurde. * Zugunglück in Italien. Nach einer Meldung Ber liner Blätter aus Messina entgleiste -er Schnellzug Mes sina—Palermo an der Einfahrt zum Bahnhof Gesso. Drei Eisenbahnbeamte wurden getötet, zehn Reisende und vier Eisenbahnbeamte wurden verletzt. Der Unfall ist wahrscheinlich auf die zu hohe Geschwindigkeit des Zuges zurückznfiihren. * Die verschleppten Geiseln von -er Räuberbande freigelassen. Die bei Trikkala von der Räuberbande ver schleppten griechischen Reisenden sind nach Uebergabe des Lösegeldes freigelassen worden. Sie sind von der Tzatza- Bande während ihrer ^tägigen Gefangenschaft bis aus einen gewissen Raftakos, der infolge von Mißhandlung Spuren von Geistesstörung zeigt, verhältnismäßig gut behandelt worden. Die von der Polizei eingeleitete Verfolgung der Räuberbande ist durch anhaltende Regengüsse stark ver zögert worden. Es ist daher zweifelhaft, ob die Unschäd lichmachung der Bande noch gelingen kann. „Na, Muliei könnte ihre ewigen Besuche bei ver Kleinen auch ein bißchen einschränken!" Er kehrte wieder um. Es war dunkel geworden. Er steckte die Lampe an und setzte sich wieder hin. Aber immer wieder kamen ihm Gedanken über Gedanken zwi schen all den Zahlen und den raschelnden Papieren. Er hatte sie einfach schlecht behandelt, etwa wie einen Schiffsjungen an Bord Tagnv! „Zch schäme «ich. Dagny, ich schäme mich so wahnsinnig!' In was für einen Abgrund von Abscheulichkeit hatte er sie blicken lallen — mit ihren blauen Augen. Sie konnte jetzt ihr Kind nehmen und von ihm fortgehen — nach dem, was geschehen war. Wieder durchmaß er mit stürmischem Schritt das Zimmer. Und immer glühender wallte die Scham in ihm aus. Jetzt steckte Frau Bugge den Kops zur Tür herein. „Adieu, mein Junge." „Adieu, Mutter, verzeih, aber ich habe heute so viel zu tun. Adieu Adieu!" Er stand mitten im Zimmer mit weit geöffneten Augen. Langsam sagte er vor sich hin: „Wenn sie, die arme Kleine, etwas von dem Wahnsinn ihres Paters im Blute haben sollte!" Laun sank er rn einen Slnyl und schlug die Hande »ors Gesicht. Nach einiger Zeil lral er ins Zimmer. Dagny saß am Flüael. Sie spielte weiter, ohne sich nmzudrehen. „Dagny," sagte er leife hinter ihr. Sie ließ die Tasten fahren und sagte in hartem Ton, ohne ihn anzusehen: „Was willst du von mir?" „Tagnv, ich schäme mich vor dir." Sie legte die Hände in den Schoß und senkte den Kopf. Es brauste und wogte in ihr Und endlich brach sie in krampfhaftes Weinen aus. Er war ganz erschrocken. So hatte er sie noch nie gesehen Er ging auf sie zu und kniete vor ihr nieder. „Dagny, meine kleine Dagny. Ich bitte dich, verzeih mir. Es war etwas Schlimmes über mich gekommen, siehst du Ich hatte mich selbst vergessen — und dich auch " Sie bezwang sich, lächelte unter Tränen und legte ihm ihre Hand auf den Kopf. Er nahm sic, küßte und lieb koste sie. „Du darfst mir nicht böse sein, Liebling." Sie warf den Kopf zurück, als ob sie etwas von sich abschütteln wollte, atmete tief auf und sagte: „Ach — das mußt du nie wieder tun, Kasper — nein, nein!" „Nein, niemals, Dagny." „Es — es ist so entsetzlich eine solche Angst." „Ich schäme mich, Dagny, ich schäme mich so wahn sinnig." „Pst . . . Nein, sag' das nicht wieder. Nein, sag' es nicht wieder, Kasper." „Aber. . ." „Nein, nein. Das ist ja nichts, um sich darüber zu schämen. Es ist ja nur — nur wie etwas ganz Sonder bares, wovon wir nichts mehr wissen, woran wir nicht mehr denken wollen." Er wurde rot und stand auf. Sie griff sich einen Augenblick an den Kopf und atmete wieder schwer, dann wandle sie sich lächelnd zu ihm und stand ebenfalls auf. „Laß dich anschauen - dein Gesicht. — Lächle — nein, ordentlich — nicht so — ganz froh, als ob nichts gewesen wäre." (Fortsetzung folgt.)