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Landung in Los Angeles um 14 Uhr. Wieder ist eine Etappe des Weltfluges erreicht. Die gestrigen Standortmeldungen gingen ziemlich spär lich ein, ließen aber erkennen, daß unser „Graf Zeppe lin" seine Fahrt mit beispielloser, zielbe wußter Pünktlichkeit weiterführte, daß das Wetter im allgemeinen gut und an Bord alles wohl war. Das besagte genug und man konnte gestern mit der Beruhigung den Hörer anhängen, daß nun auch der Rest der Pazifikreise glücklich zurückgelegt werden und das nächste Ziel am Montagmorgen programmgemäß erreicht werden würde. Die fieberhafte Erwartung der westamerikanischen Küstenstädte wurde auch im Laufe der Nacht befriedigt. „Graf Zeppelin" flog in stolzer Fahrt, von Hunderttausenden begrüßt, teils in gerin ger Höhe sich der begeisterten Menge zeigend, die Küste entlang, um heute morgen im herrlichsten Sonnenglanz in Los Angeles die Landung vorzunehmen. Wir geben nachstehend die heute früh eingegangenen Meldungen wieder. Neuqork, 26. August. Der Dampfer „Eduard Ale xander" sichtete am Montag früh den die Küste entlang fahrenden „Graf Zeppelin" 180 Kilometer südlich von San Franzisko bei Point Sur. Über San Franzisko. Neuqork, 26. August. Nach einem Funkspruch aus San Franzisko ist das Luftschiff „Graf Zeppelin" um 3,22 Uhr (MEZZ über der Stadt erschienen. Es passierte vorher, von zahlreichen Flugzeugen geleitet, von den Farallon-Jnseln kommend, das Goldene Tor, überflog Alcatraz Island, Eoat Island und Oakland und wendete dann nach San Franzisko, wo das Erschei nen des „Graf Zeppelin" von einer unübersehbaren Menschenmenge auf Straßen und Dächern jubelnd be grüßt wurde. Auf der Fahrt nach LosAngeles. Neuqork, 26. August. Im Scheine der untergehen den Sonne passierte „Graf Zeppelin" in etwa 100 Meter Höhe das Goldene Tor und ging dann auf 150 Meter hoch, als er San Franzisko überflog. Eine nach Hun derttausenden zählende Menschenmenge hatte sich auf den Straßen und Plätzen eingefunden, nachdem vom Leuchiturm Point Reyes aus das Herannahen des Luft schiffes gemeldet worden war. Um 4,01 Uhr sMEZZ verließ das Luftschiff die Stadt in Richtung auf Los Angeles, wo es schönes Wetter mit etwas Nebel an- treffen wird. In Los Angeles ist ein Funkspruch von Dr. Eckener eingetroffen, daß das Luftschiff um Mitter nacht eintreffen und bis zum Morgengrauen über dem Flugplatz kreuzen werde. Neuqork, 26. August. „Graf Zeppelin" ist 9,30 Uhr sMEZZ über Los Angeles eingetroffen. Da es dort um diese Zeit noch Nacht ist, wird das Luftschiff zunächst noch einige Zeit kreuzen, um den Anbruch des Tages abzuwarten. In Erwartung der Landung. Neuqork, 26. August. Wie aus Los Angeles ge meldet wird, sind auf dem dortigen Flugplatz alle Vor bereitungen für die Landung getroffen. Flugzeuge kreisen über dem Feld, das zurzeit noch in Nebel gehüllt ist. Die Landungsmannschaften stehen in Bereitschaft. In zwischen hat eine wahre Völkerwanderung zum Flughafen eingesetzt. Die dorthin führenden Straßen sind schwarz von Schaulustigen, die selbst aus entfernten Gegenden kommen, um der Landung des deutschen Luftschiffes bei wohnen zu können. Viele Tausende warten schon seit Sonntag abend, obwohl die Führung des Luftschiffes bekanntlich in einem Funkspruch mitteilte, daß die Lan dung erst bei Tagesanbruch erfolgen solle. Während die Patrouillenslugzeuge immer wieder ihre Kreise über dem Flughafen ziehen, spielen viele Scheinwerfer, um dem Luftschiff als Wegweiser zu dienen. Neuqork, 26. August. Um 10.50 mitteleuropäische Zeit erschien „Graf Zeppelin" über dem Flugplatz, nach dem es vorher Hollywood und kurz daraus Venire Ozean Park und Santa Monica in unmittelbarer Nähe von Los Angeles in geringer Höhe überflogen hatte. Beim Erscheinen des Luftschiffes brach ein ungeheurer Begeisterungssturm der riesigen Menschenmassen los. Gleichzeitig ertönten zahlreiche Sirenen. Nach einer Schleife über dem Flughafen machte sich das Luftschiff zur Landung fertig. Landung voraussichtlich 14 Uhr. Neuqork, 26. August. „Graf Zeppelin" kreuzt zur zeit über dem Flugfeld. Es scheint nunmehr ziemlich sicher zu sein, daß das Luftschiff nicht vor 14 Uhr mitteleuropäischer Zeit (nach Pazifikzeit also bei Sonnen aufgang) landen wird. Auf dem Flugfeld sind inzwischen neben dem Ober bürgermeister von Los Angeles, der die ganze Nacht dort verbracht hat, zahlreiche andere Vertreter der staatlichen und städtischen Behörden eingetroffen, um den: Luftschiff Willkommensgrüße darzubringen. Sofort nach der Landung werden die Passagiere in 13 Automobilen zum Zollgebäude gebracht werden, wo die Einreiseformali täten erledigt werden sollen. Ein unbestätigtes Gerücht, das aus dem Flugfeld umläuft, besagt, daß Dr. Eckener infolge einer Unpäßlichkeit sofort nach der Landung ein Hotel aufsuchen müsse. In 68 Stunden 22 Minuten. Die große Leistung des „Graf Zeppelin" durch die Ueberquerung des Großen Ozeans geht am eindring lichsten aus folgenden Zahlen hervor: Das Luftschiff hat den Pazifik von der japanischen bis zur westame rikanischen Küste, eine Strecke von 8695 Kilometern, in 68 Stunden 22 Minuten überquert. Die Strecke von Kasumigaura bis Los Angeles ist 9285 Kilometer lang. Die Fahrtleistung des „Graf Zeppelin" ergibt eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 118 Kilometern in der Stunde. Die Höchstgeschwindigkeit, die bei heftigen Rückenwinden erreicht wurde, betrug 180 Kilometer in der Stunde. Die Leistung des deutschen Luftschiffes ist um so höher zu bewerten, wenn man bedenkt, daß die Hälfte der Fahrt in dichtem Nebel zurückgelegt wer den mußte, daß zeitweise stürmische Gegenwinde herrsch ten und das Schiff einmal in ein heftiges Gewitter ge riet. Die Schisfsführung war zeitweise gezwungen, bis auf 10 Meter über den Meeresspiegel herunterzugehen, um eine einwandfreie Navigation zu ermöglichen. Auf der dritten Etappe hat „Graf Zeppelin" die größte Strecke über offenem Meere zurückgelegt, die je von einem Luftschiff bewältigt wurde. * Jetzt ist die dritte Etappe des Weltreisefluges vollendet. In stolzer Fahrt von der einen Küste des Stillen Ozeans zur anderen hat der „Gras Zeppelin" auch das zweite gewaltige Meer der Welt überwunden. Zum erstenmal hat ein Flugapparat sowohl den Atlantischen wie den Stillen Ozean überflogen. Einem deutschen Luftschiff, wie dem „Graf Zeppelin", ist diese Großtat vorbehalten geblieben. Gegenüber dieser Leistung müssen alle Diskussionen über die Flugtüchtigkeit und Leistungsfähigkeit von Luftschissen insbesondere von Zep pelinen verstummen. Das Werk des „Grafen Zeppelin", dessen nimmermüde Energie und aufopferungsvolle Ar beit zu bekannt sind, als daß man sie noch einmal zu schildern brauchte, hat herrlichste Früchte getragen. In der Konkurrenz mit der mächtigen Flugzeugindustrie, der nicht allein gewaltige Privatmittel zur Verfügung stehen, sondern die auch von allen Staaten der Welt unterstützt wird, hat der deutsche Luftschiffbau Erzeugnisse geliefert, die sich allen anderen Flugapparaten bei weitem über legen gezeigt haben. Das Gläubiger-Angebot England überreicht. Haag, 26. August. Das Angebot der vier Gläu- bigermächte Frankreich, Belgien, Italien und Japan ist heute morgen um 8 Uhr dem englischen Schatzkanzler Snowden übermittelt worden. Die Antwort ist von den Mächten für die Abendstunden erbeten worden. Die Note, deren Inhalt streng geheim gehalten wird, um faßt fünf Schreibmaschinenseiten und soll auf eine 60- prozentige Erfüllung der englischen finanziellen Forde rungen hinauslaufen. Der englische Anteil an den deut schen Tributleistungen wird, wie verlautet, in dem An gebot um 28,6 Millionen erhöht, während England be kanntlich eine Jahreserhöhung von 48 Millionen for derte. Frankreich soll in dem Angebot von seinem An teil an den deutschen Tributlasten keinerlei Opfer bringen, während der italienische Anteil um 7,6 Millionen zu gunsten Englands gekürzt wird. Der Ueberschuß aus dem Uebergang vom Dawes-Plan zum Poung-Plan im Be trage von 300 Millionen Mark soll uneingeschränkt England zur Verfügung gestellt worden sein. Es handelt sich somit um dasselbe Angebot, das in verschiedenen Formen von den Gläubigermächten an England gemacht worden ist. Ob Snowden dieses Angebot annehmen wird, weiß zur Stunde kein Mensch. Ein Erziehungsheim abgebrannt. Am Mittwoch entstand in dem in der Nähe der Kleinbahnstrecke Lüneburg-Bispingen gelegenen Berufs erziehungsheim in Hützel ein Brand. Das aufs modernste eingerichtete Haus ist bis aus die Grundmauern nieder gebrannt. Es war 1910 von einem Hamburger Arzt als Erholungsheim errichtet worden. Um die Nheinlandräumung. Haag, 26. Aug. Die Zusamenkunft der vier Be satzungsmächte, die ursprünglich für Dienstagvormittag angesetzt war, ist überraschend auf heute vormittag 12 Uhr angesetzt worden. Eine amtliche Bekanntgabe der englischen und fran zösischen Rüumungstermine ist für heute noch nicht zu erwarten, da beide Mächte zunächst die Entscheidung in den finanziellen Fragen abwarten wollen. Festzustellen ist, daß die englische Delegation bisher noch keine amt liche Mitteilung an die übrigen Mächte in der Räu mungsfrage gerichtet hat. Vielmehr ist zunächst nur ein Entwurf einer No tifizierung des englischen Standpunktes den übrigen Delegationen zugegangen. Eine amtliche englische Er klärung über die endgültige Zurückziehung der eng lischen Vesatzungstruppen zwischen dem 15. und 20. Sep tember ist erst bei Abschluß der Konferenz zu erwarten. gleichgültig, welchen Verlauf sie nehmen wird. Die Lage in Jerusalem. Das amerikanische Interesse. London, 26. August. Ueber die Lage in Palästina liegt eine Reihe weiterer ziemlich beunruhigender Be richte vor. Die jüdische Tekegraphenagentur meldet aus Jerusalem, daß in der Umgebung von Jerusalem ein jüdischer Ort Mozza am Sonnabendnachmittag durch eine Gruppe bewaffneter Araber angegriffen worden ist. Sechs Juden wurden getötet. In Jerusalem dauert die Unruhe an. Drei weitere Araber wurden getötet. Inzwischen ist am Sonnabend der in mehreren Flug zeugen von Aegypten aus entsandte Stoßtrupp von 50 britischen Soldaten und am Sonntag ein vollständiges Bataillon britischer Infanterie eingetroffen. Die Ge fahr einer Ausdehnung der Unruhen ist daher nicht mehr sehr groß. Das völlige Fehlen von Zeitungen hat dazu geführt, daß die Stadt von Gerüchten voll ist. Eine Gruppe von Amerikanern, die zurzeit Palästina be suchen, haben den amerikanischen Konsul in Jerusalem ersucht, amerikanische Kriegsschiffe anzufordern, die sie nach Amerika zurückbringen sollen. Der Konsul hat zu stimmend geantwortet. Ein weiterer von Reuter übernommener Bericht der jüdischen Telegraphenagentur besagt, daß das ame rikanische Staatsdepartement mit Briefen und Tele grammen amerikanischer Juden überflutet werde, in denen gegen die Vorgänge in Jerusalem protestiert wird. Das Mitglied des Repräsentantenhauses Zeller hat dem britischen Botschafter in Washington telegra phisch mitgeteilt, daß er im Repräsentantenhaus eine Entschließung einbringen will, durch die das Staats departement ersucht wird, ein aktives Interesse an den Vorgängen in Palästina zu nehmen. Neueste Nachrichten« Schweres Autounglück in der Lüne burger Heide. — Vier Tote, ein Schwer verletzter. Buchholz, 26. Aug. An der Straßenkreuzung der Provinzialstraße von Soltau nach Hamburg bei Wintermoor hat der um 21,56 Uhr am Sonntagabend aus Soltau nach Buchholz fahrende Personenzug das Auto des Arztes Dr. Brinkmann aus Soltau überfah ren. wobei der Chauffeur, zwei Frauen und ein Kind getötet und der Arzt schwer verletzt wurden. An der Unglücksstelle mußte der Zug eine Stunde halten und die Gleise aufgeräumt werden. Schüsse in der Notwehr. — Ein Arbeiter getötet, ein anderer schwer verletzt. Altenburg, 26. Aug. In der letzten Nacht wurde in Waltersdorf der Arbeiter Erich Heinrich aus Krie bitzsch von einem Grubenwachtmeister in der Notwehr erschossen und sein Bruder schwer verletzt. Beide Brü der hatten am Abend gezecht und in betrunkenem Zu stande Passanten belästigt, die sie schließlich sogar mit Messern bedrohten. Ein Erubenverwalter, der Ruhe stiften wollte, wurde ebenfalls bedroht, so daß er flüch ten mußte und den Erubenwachtmeister zu Hilfe holte. Auch dessen Versuch, Ruhe zu stiften, war erfolglos. Die beiden Betrunkenen drangen vielmehr gemeinschaftlich mit gezücktem Dolch auf den Wachtmeister ein. Dieser griff in der Notwehr zur Schußwaffe und streckte die beiden Angreifer nieder. Niesenschadenfeuer auf dem Neuen Fischmarkt in Hull. London, 26. Aug. Auf bisher ungeklärte Weise brach in Hull auf dem soeben fertiggestellten neuen Fischmarkt ein Feuer aus, das in kurzer Zeit riesige Ausmaße annahm. Beinahe der gesamte Markt wurde zerstört. Die Entladebrücke, sieben neue Hochseefische- rcidampser, 20 Büros der Fischhändler und 1450 Wagen für den Fischtransport verbrannten vollkommen. Da neben wurden große Mengen Verpackungsmaterial ein Opfer der Flammen. Die Dampfer waren erst am Sonnabend mit einer größeren Ladung zurückgekehrt und hatten an der Brücke festgemacht. Dir Mannschaf ten hatten sich bis auf einen Wachtposten nach Hause begeben. Die Feuerwehr, die mit Unterstützung von Arbeitern und Schleppern arbeitete, konnte nur mit Mühe des Feuers Herr werden. Der Schaden wird auk 5 Millionen Mark geschätzt. Man befürchtet, daß das Feuer eine große Arbeitslosigkeit zur Folge haben wird. Mongolische Nomaden im AuDand gegen die chinesische Regierung. London, 26. August. Mongolische Nomaden im Barga-Eebiet befinden sich nach Schanghaier Meldungen in einem Ausstand gegen die chinesische Regierung. Sie erklärten ihre Unabhängigkeit von den chinesischen Be hörden. 160 Chinesen wurden bei dem Aufstand getötet. Wie aus Mukden gemeldet wird, sind chinesische Truppen entsandt worden, um den Aufstand zu unterdrücken.