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Es wird Ernst mit der Räumung. Haag. 14. August. Die privaten Besprechungen, die augerhalb der Konferenz zwischen den Ministern der vier Besatzungsmächte abgehalten wurden, dauer ten am Dienstagnachmittag anderthalb Stunden. An der Besprechung nahmen Stresemann, Wirth. Hender son und Hymans teil. Zur Verhandlung sind am gestrigen Dienstag zwei Gesichtspunkte gelangt: 1. der Endtermin der Räumung: 2. die mit der Räumung im Zusammenhang stehen den finanziellen Tranen. Hierfür sollte auf Wunsch der Gegenseite zunächst ein Unterausschuß aus militärischen und finannellen Sachverständigen einberufen werden. In der gestrigen Ministerbesprechnng ist jedoch der Ge danke erwogen worden, auf sämtliche Sachverständige zu verzichten und die mit der Räumung zusammenhängen den finannellen Tragen unmittelbar zwischen den Mäch ten zu erledigen. Von den Besahunasmächten ist in der Besprechung zugesagt worden. daß im Laufe dieser Wache endgültig Mitteilun gen über den Endtermin der Räumung gemacht werden. Es wird angenommen, dass die Eeneralstäbe der Be satzungsmächte bereits seit längerer Zeit die Pläne für die Durchführung der Räumung ihren Negierungen ein- gcreicht haben. Die mit der Räumung zusammenhängenden finan ziellen Tragen bereiten zurzeit noch gröfzere Schwierigkeiten. Von alliierter Seite ist ange regt worden. das? Deutschland als Entgelt für eine sofortige Räu mung auf seine Forderung aus den Schädigungen während der Vesahungszeit verzichten solle. Eine Stellungnahme der deutschen Regierung zu dieser Frage liegt noch nicht vor, da auch die endgültige Summe der von den Vesatzungstruppen verursachten und von Deutschland fortlaufend angemeldeten Schäden nicht feststeht, solange das Datum der Räumung nicht endgültig festgesetzt ist. Es ist bei den Verhandlungen auch der Gedanke aufgetaucht, eine Pauschalsumme für die deutschen Torderungcn festzusetzen. In diesem Zusammenhang muß darauf hingewie sen werden, das; mit dem Poungplan in der Trage der Vesatzungskosten eine ganz neue Lage eintritt. Die bis zum 1. September zu zahlenden Vesatzungskosten von insgesamt 11 Millionen Mark monatlich werden be kanntlich auf die Daweszahlungen angerechnet, während die restlichen 3 Millionen nicht «errechenbar sind. Der Boungplan läßt dagegen die Trage der Vesatzungskosten offen und verlangt, dafz hierbei eine neue Vereinbarung zwischen den Alliierten und Deutschland getroffen werde. Deutschland wird seine Ansprüche, die nach deutscher Meinung bis zum 1. September unter die Daweszah- lungcn fallen, anmelden. Nach diesem Datum hat Deutschland ein Interesse daran, das; die Besatzungs kosten auch von den Alliierten getragen werden. Es eröffnen sich somit innerhalb des Poungplanes sehr große Möglichkeiten für einen finanziellen Ausgleich und die Summen, die als Entgelt für die Schädigungen während der Besatzung gefordert werden, sind sehr be trächtlich. werden fedoch bisher noch nicht bekanntge geben. Es handelt sich um die Schädigung und Wieder instandsetzung von öffentlichen Gebäuden. Häusern. Schulen usw. Von englischer und französischer Seite wird erklärt. Deutschland gewinne durch die vorzeitige Räumung der dritten Zone große Vorteile und könne daher auf seine Torderunaen aus den Besaizungsschäden verzichten, eine Auffassung, die auf deutscher Seite in keiner Meise geteilt werden kann. Gesamlrüumung bis Ende Februar? London, 14. Aug. Der Haager Korrespondent des „Daily Herald" spricht davon, daß jetzt angeregt werde, die Räumung in folgenden drei Abschnitten durchzu führen: 1. Der Abzug der englischen Truppen soll etwa am - 15. September beginnen und Mitte Dezember, späte stens aber einige Tage vor Weihnachten beendet sein. 2. Die Franzosen und Belgier sollen die Räumung der zweiten Vesatzungszone Anfang Oktober beginnen und sie Ende Dezember oder spätestens Anfang Januar abgeschlossen haben. 3. Die Räumung der dritten Zone durch die Fran zose» soll Ende Dezember beginnen und bis Ende Fe bruar beendet sein, so daß nm diese Zeit die Gesamträu- mung vollzogen wäre. Mährend bisher übereinstimmend angedeutet wurde, daß England nicht mehr als drei Wochen für die Zurückziehung seiner 6000 Mann benötige, berichtet der „Daily Herald" nun, daß die für die Zurück ziehung der englischen Truppen erfor- derlicheZeitmitetwadreiMonatenan- ge setzt werde. Diese Mitteilung hat, soweit sie die Zurückziehung der englischen Truppen angeht, eine starke Wahrscheinlichkeit für sich, da neuerdings über einstimmende Hinweise auftauchen, daß die Endräu mung nicht mehr mit der bei der Räumung der ersten Zone angewandten überstürzten Hast erfolgen soll, wo raus seinerzeit Schadenersatzforderungen entstanden, die heute noch nicht restlos von der Ausgleichskommis sion in Koblenz erledigt seien. Der Sonderkorrespondent des „Daily Expreß" im Haag unterbreitete dem deutschen Außenmini - st er die Frage, ob er mit dem Verlauf der gestrigen Verhandlungen zufrieden sei, worauf er die Antwort erhielt: „Ich bin überzeugt, daß die Besprechungen nun kongreter werden." Brüssel, 14. Aug. Der Berichterstatter der .Maile Velge" im Haag berichtet, daß die Rheinlandräumung noch in diesem Jahre stattfinden werde, wenn Deutich- land den Voungplan ratifiziert. Der belgische Außen minister Hymans habe ihm mitgeteilt, daß eine Eini gung in der Räumungsfrage sicher sei. Die sogenannten Räumungs schwierigkeiten. Paris, 14. August. Zu der Unterhaltung zwischen Briand, Stresemann, Hymans und Hen derson über die Rheinlandräumung verlautet im Haag von französischer Seite, daß die Räumung der zweiten Zone rund zwei Monate er fordern werde. Die Räumung der dritten Zone er gebe ein viel umfangreicheres Problem, da es sich um die Unterbringung der ganzen Nheinarmee in ganz Frankreich handle. Man könne die wohlorganisierun Truppen nicht einfach auf verschiedene Garnisonen ver teilen, sondern man müsse eine Armee erhalten, die die Hauptstreitkrast Frankreichs darstelle und berufen sei. die Deckungsarmee für Frankreich zu werden. Das „Journal" erinnert daran, daß der verstorbene Mar schall Foch so weit gegangen sei. die Besetzung der drei Brückenköpfe zu fordern, bis die Verteidigungsorgani sation Frankreichs vollständig sei. Auf französischer Seite glaubt man, dem „Journal" zufolge, nichtvor dem Mai 1930 mit der Räumung begin- n en zu kö n n e n. Der „Petit Parisien" schreibt, so weit man urteilen könne, sei es schwierig, für die zweite Zone, der Besetzungszeit im Januar 1930 ablaufe, den Beginn der Räumung über die Ratifizierung des Pounaplanes hinaus zu verzögern. In der dritten Zone könnte die Räumung im Anschluß daran nach In krafttreten des Poungplanes erfolgen, nach Maßgabe der vielen Probleme, die der Abtransport von Truppen mit sich bringe. Eine Heilstätte für Gerson-Diätkur. Dem Bielefelder Arzt Dr. Gerson, dessen glänzende Erfolge bei der Tuberkulose-Heilung durch Kochsalz- und fleischlose Diät in der ganzen Welt größtes Aufsehen erregt haben, ist jetzt das Sanatorium Dr. Goßmann in Kassel (im Bild) zur Verfügung gestellt worden, um ihm die praktische Beobachtung seiner Heil methoden und die Fortführung der Forschungsarbeiten zu ermög lichen. Die Stadtverwaltung hat sich in großzügiger Weise be reit erklärt, die Pläne Gersons zu finanzieren. Augenblicklich stehen in „Dr. Gersons Diät-Sanatorium" etwa 100 Betten zur Verfügung. Doch sollen die Nebenhäuser in kürzester Zeit einen bedeutenden Ausbau erfahren. In Kassel wird eine Aktiengesell schaft gegründet, die zunächst über ein Kapital von 900000 Mark verfügt. Später soll es eine bedeutende Erhöhung erfahren und der Bau einer Heilstätte ganz großen Stils inmitten der Wälder von Wilhelmshöhe in Angriff genommen werden. In dem Diät- Sanatorium kommen neben Tuberkulose auch Neuralgie, sowie verschiedene Magen- und Darmkrankheiten zur Behandlung, die von der Gerson-Diät günstig beeinflußt werden. Dr. Eckener verspricht einen Besuch in Schweden. Friedrichshafen, 13. August. Der schwedische Gene ralkonsul Kommerzienrat Dr. Teodor Wanner, der Leiter des deutschen Auslandsinstituts in Stuttgart, gab am Dienstag mittag auf seinem Eutshof Reutenen bei Wasserburg am Bodensee ein Essen zu Ehren König Gustavs von Schweden, an dem u. a. Senats präsident Dr. Sahm (Danzig), der Gesandte Dr. Rauscher (Warschau), Dr. Eckener, Dr. Dornier und Reichstags abgeordneter Kommerzienrat Wieland (Ulm) teilnahmen. Dr. Dörr vom Luftschiffbau Zeppelin war an der Teil nahme verhindert. Der König von Schweden äußerte sich begeistert über die Rekordfahrt des „Graf Zeppe lin" und zeigte großes Interesse für die bevorstehende Weltfahrt. Er sprach Dr. Eckener gegenüber die Hoff nung aus, daß er doch bald mit dem Luftschiff einmal nach Schweden kommen möge. Dr. Eckener ver sprach ihm, der schwedischen Hauptstadt in Bälde einen Besuch abzustatten. Im Anschluß an das Essen unternahmen die Gäste eine Fahrt im Motorboot nach Altenrhein zur Dornier-Werft, wo das Flugzeug „vo. X" besichtigt wurde. Auch dieser Leistung deutscher Technik sprach der König von Schwe den seine vollste Anerkennung aus. Am Nachmittag war der König beim Herzog Albrecht von Württemberg in dessen Schloß in Friedrichshafen zu Gast und besichtigte anschließend das Luftschiff in der Halle. Günstige Wetterlage für den Weltflug. Friedrichshafen, 13. August. Der Besuch des „Graf Zeppelin" in Schweden, den Dr. Eckener dem schwe dischen König versprochen hat, kann nach der gegen wärtigen Wetterlage unter Umständen sehr rasch ver wirklicht werden. Wie Dr. Eckener am Dienstag abend erklärte, ist das Wetter in Europa zurzeit für den Antritt der Weltfahrt günstig. Man werde im Bereich der Tiefdruckgebiete in Nordeuropa günstige Südwestwinde antreffen. Um diese auszunutzen, wird Dr. Eckener wahrscheinlich von Friedrichshafen aus direkten Kurs auf Schweden nehmen, um erst von Schweden aus nordöstliche Richtung einzu schlagen. Es ist somit nicht ausgeschlossen, daß Berlin in die Fahrlinie des Luftschiffes fällt. Ob weiterhin der Kurs über Stockholm, Leningrad oder weiter nördlich genommen wird, hängt von der weiteren Entwicklung des Wetters in Rußland ab. Jedenfalls wird, wie Dr. Eckener weiter erklärte, der Kurs in Asien im großen und ganzen dem nördlichen Polarkreis folgen, der das Mündungsgebiet des Ob und Jenissei durchschneidet. In diesen Breiten ist es um diese Zeit noch 18 Stunden Tag und die Temperatur entspricht etwa der September temperatur in Deutschland. Die langen Tage werden der Schiffsführung zweifellos sehr zustatten kommen und die Orientierung erleichtern. Wie weit das Luftschiff Nach Osten diesen Polarkreiskurs einhalten wird, läßt sich natürlich nicht sagen. Vielleicht wird er im Gebiet der Lena nach Südosten über Jakutsk nach Japan führen. In Friedrichshafen selbst hat sich das Wetter wesentlich gebessert und es ist damit zu rechnen, daß auch die Nacht zum Donnerstag günstiges Wetter für den Start bringen wird, der für 4 Ühr früh vor gesehen ist. Am Mittwoch nachmittag treffen, wie vor jeder Neise, alle Fahrgäste um 17 Uhr beim Tee im Kurgartenhotel zusammen, wo Dr. Eckener auf Grund der neuesten Wettermeldungen die Stunde der Abfahrt und den Reiseweg durch Europa bekannigeben wird. Die Europaflieger in Brüssel. Croneiß ausgefallen? Berlin, 13. August. Eine große Anzahl von Teil nehmern am Europaflug ist bereits in den letzten Etappen orten vor Paris angelangt. Vor 14 Uhr am Mittwoch darf bekanntlich kein Teilnehmer in Paris eintreffen. Die Beurkundung beginnt erst um 15 Uhr und wird dann offen gehalten bis zum 20. August 18 Uhr, so daß noch zahlreiche zurückliegende Flieger Gelegenheit haben, voll gewertet zu werden. Brüssel, die letzte Etappe vor Paris, ist von elf Maschinen erreicht wor den. Darunter befinden sich vier deutsche und zwar Kirsch, Offermann, Röder und der eine deutsche Naab- Katzenstein-Maschine fliegende Kanadier Carberry. Weiter übernachten in Brüssel die Engländer Broad und Fräulein Spooner, der Franzose Delmotte und der Tscheche Kleps. Als letzte trafen in Brüssel ein die drei Ita liener Lombardi, Bottalla und Mazzotti. In Amster dam übernachten die Deutschen von Dungern, Morzik, Junck, Kneer, Siebel, Doß und Lusser. Außerdem ist dort der am heutigen Dienstag früh in Berlin ge startete Franzose Weiß eingetroffen. -Sein Landsmann Finat, der längere Zeit durch Motorschwierigkeilen in Berlin aufgehalten wurde, erreichte nur Hamburg. Um 18.54 Uhr traf Croneiß auf 5 88W. in Breslau ein. Er wird Mittwoch vormittag nach War schau weiterfliegen. Es muß angenommen werden, daß Croneiß, der am heutigen Dienstag früh aus Turin startfertig gemeldet wurde, nicht die ganze Strecke des Europafluges abgeflogen hat, son^rm direkt aus Ober- italicn Breslau angesteuert hat. V würde demnach als Wettbewerber ausfallen. Weitere Europafliegcr nach Brüssel unterwegs. Amsterdam, 13. August. Im Laufe des Dienstag nachmittag sind folgende Teilnehmer am Europaslug von hier nach Brüssel weitergeflogen: iVl 5 um 16.42 Uhr, X 3 um 16.41 Uhr, X 6 um 16.41 Uhr, 4 um 16.49 Uhr, ä 3 um 16.49 Uhr, 8 9 um 16.46 Uhr. Die englische Sportfliegerin Bailey traf um 16.30 Uhr hier ein. Auch sie will noch heute nach Brüssel weiter fliegen. Der deutsche Flieger Kneer mit dem Flugzeug O 4 mußte wegen Benzinmangels bei Bussum eine Not landung vornehmen. Ein holländisches Flugzeug brachte ihm Benzin, worauf das Flugzeug sehr schnell den Weg nach Amsterdam fortsetzen konnte.