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213, 13. September 1930. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d.Dtschn. Buchhandel. Mann: daß er bewußt ein Deutscher war und darüber nie das Bild der Welt vergaß. Er druckte die ersten antiken Berichte über die Germanen wieder — und war der Verleger von Leo Frobe- nius. Er schuf die .Deutsche Volkheit', die Sammlung von Büchern aus der deutschen Geschichte — und druckte Kierkegaard und altenglische Novellen, chinesische Dichtung und Henri Berg- son. Er war ein lebendiger, weitsehender, kluger und wissender Mann. Die Lücke, die sein Tod gerissen hat, wird sich so bald nicht schließen«. In den Organisationen des deutschen Buchhandels ist Eugen Diederichs nie tätig gewesen. Rur als Lehrling in Halle hat er einmal im Vorstand des Vereins jüngerer Buchhändler dort gesessen. Das Vereinsleben lag ihm nicht. Wenn er aber die Rolle geradezu revolutionärer Opposition namentlich in der Zeit der Inflation glaubte übernehmen zu müssen, so entsprach das zwar seinem Naturell und nicht zuletzt vielleicht den Zeit- umständcn, dis gerade damals solche Gedanken nahe legen konn ten, vor allem jedoch war seine Absicht dabei in erster Linie anzuregen und aufzurütteln, nicht zu zerstören. Wer die Dinge aus der Nähe zu beobachten Gelegenheit hatte, weiß auch, daß Eugen Diederichs bei aller Kritik doch die Bedeutung und den Nutzen einer starken, wohlgeordneten und damit leistungsfähigen Organisation eines Berufs sehr Wohl zu schätzen und zu würdi gen verstanden hat. In seiner Weise hat er sich auch durchaus in den Dienst der Sache zu stellen gesucht. Die Geschichte der Lauen steiner Bewegung ist noch nicht geschrieben. Sie ist mit vielem belastet, das zu Mißverständnissen Anlaß gegeben hat und Kritik herauszufordern geeignet war. Sie hat nicht alle Hoffnungen -> und Träume sich erfüllen lassen und hat sich schließlich in ihrer ursprünglichen Gestalt überlebt. Aber es ist nicht zu bestreiten, daß sie in mehr als einer Hinsicht den deutschen Buchhandel be fruchtet und Anregungen Hinterlisten hat, die noch heute nach wirken, ja vielfach heute erst ihre Durchführung erleben. Und diese Lauensteiner Bewegung war durchaus eine persönliche Schöpfung von Eugen Diederichs. An sie knüpfte unmittelbar die Jungbuchhandel-Bcwegung an, in der er ebenfalls die Rolle des Anregers und ersten Förderers gespielt und versucht hat, die Kräfte und Erfahrungen der deutschen Jugendbewegung, der er von Anfang an nahe gestanden, sür den deutschen Buchhandel nutzbar zu machen. Auch hier hat es Kinderkrankheiten gegeben. In seiner betonten Eigenart und Eigenwilligkeit war Eugen Diederichs vielleicht selbst nicht immer der beste Apostel seiner Idee. Aber der Kern seiner Gedanken war gut und hat sich auch durchgesetzt. Wenn seit Jahren mit immer besserem Erfolg und in immer größerer Anzahl Freizeiten des deutschen Buch handels stattfinden — Eugen Diederichs sprach zunächst von Sommcrakademien — und wenn sich an diese Vorbilder Spezial kurse, Wochenendtrefsen u. a. m. angeschlossen haben, so ist das der beste Beweis dafür. Wenn in 8 Tagen auf der Herbsttagung in Goslar über diese Dinge zu sprechen sein wird, dann wird man sich daran zu erinnern haben, daß die ersten Anregungen zu dieser Bewegung auf Eugen Diederichs zurückgehen. Man wird seine Bestrebungen auf diesem Gebiet um so besser zu wür digen in der Lage sein, wenn man sich zugleich erinnert, daß er schon als Gehilfe in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts ähnliche Gedanken vertreten hat. Die Bewegung von damals wird nur wenigen noch im Gedächtnis sein, obwohl noch genug Teilnehmer derselben leben. Wenn man die Aufsätze, die Eugen Diederichs damals in dem Gehilfenorgan »Unser Blatt« ver öffentlicht hat, nachliest, sieht man, daß er sich durchaus treu geblieben ist. Worum es ihm aber schon damals ging, das zeigen die Überschriften seiner Beiträge: »Erzieht der Buchhandel Cha raktere?«, »Über die Hebung des Standesbewußtseins«. Es war Eugen Diederichs ernst um den Buchhändlerberuf. Das geht schon aus jenen Äußerungen seiner Gehilfenzeit her vor. Das wird von allem, was er namentlich in den letzten Jahren über seine Auffassung vom Beruf insbesondere des Ver legers geschrieben und gesprochen hat, bestätigt. Sein Name ist auch zu einem der repräsentativsten des deutschen Buchhandels geworden. Nicht zuletzt dürfte das daraus zurückgehen, daß er ganz in seinem Beruf gelebt hat. Zugleich war dieser persönliche 888 Einsatz die stärkste Werbekraft für seinen Verlag. Bei allem darf nämlich auch das nicht vergessen werden, daß doch auch rein kaufmännisch genommen Eugen Diederichs einer der geschick testen und erfolgreichsten Buchhändler gewesen ist. Auch in die sem Sinne hat er die Faustlosung Goethes, des von ihm so hochgeschätzten, vom immer strebend sich Bemühen verwirklicht, wie sein ganzes Leben auf zähes Streben und stetes Tun einge stellt war. Man lese dazu das Bekenntnis nach, mit dem er seine Selbstbiographic eingeleitet hat. Aber schon einer seiner Aufsätze aus der Gehilfenzeit schloß mit den Worten: »Eine jede Erhöhung des Selbst- und Standesbewußtseins bewirkt, daß man höhere Ansprüche an sich selbst stellt, und dadurch auch eine Steigerung der Leistungsfähigkeit.« In diesem Sinne hat er sein Leben und sich selbst erfüllt. Ehre seinem Andenken. Hi. Menz. Buchhandlervereln der Provinz Brandenburg. Wir laden unsere Mitglieder hiermit zur ordentlichen Hauptversammlung ein, die am Sonntag, dem 12. Oktober 1930, 11 Uhr vormittags in Landsberg (Warthe) im Konzerthaus Eldorado statt findet. Tagesordnung: Jahresbericht, anschließend Besprechung. Kassenbericht. Voranschlag 1931. Bericht über Tagesfragen. Herbstversammlung des Bör senvereins in Goslar. Aussprache. (Der Bericht erfolgt durch einen Vertreter vom Börsenverein.) Anträge und Vorschläge. Neuwahl des Vorstandes. Verschiedenes. Bestimmung des nächsten Hauptversamm lungsortes. Vortrag des Herrn vr. Friedrich Michael, Leipzig: Deutsche erzählende Literatur der Gegenwart. Aus sprache. Anträge müssen mindestens 14 Tage vor dem Termin der Hauptversammlung an den Vorsitzenden eingereicht werden. Die Teilnahme an der Hauptversammlung ist Pflicht (vgl. die Satzung H 3, Ziffer 4). Im Verhinderungsfälle erbitten wir rechtzeitig schriftliche Mitteilung an den Vorsitzenden gemäß der Satzung K 3, Ziffer 4. Nicht teilnehmende Mitglieder haben einen Kostenbeitrag laut Z 11, Ziffer 2 der Satzung zu zahlen. Auch in diesem Jahr vergüten wir den Teilnehmern das Eisen bahnfahrgeld 3. Klasse. Wir verschicken in etwa 8 Tagen noch schriftliche Einladung, in der wir Einzelheiten bekanntgeben. Eberswalde, am 12. September 1930. Der Vorstand des Buchhändlervercins der Provinz Brandenburg. Hans Langewiesche, Vorsitzender. Sommerfreizeit in Wernigerode (Harz) vom 3.—1V. August 1930. Es geht ein frischer, gesunder Zug durch den Jungbuchhandel: man will in der Praxis auf das beste aus- und weitergebildet, mit den zeitgemäßen Fortschritten darin gut vertraut, also ein tiichtiger und wendiger Praktiker werden. Man erkennt aber auch die geistig- sittlichen Aufgaben des Berufes, Vermittler zu sein zwischen den schöpferischen Menschen, den Denkern und Künstlern einerseits und der übrigen Menschheit, dem Publikum, andererseits. Das ist etwas anderes, Autos und Seife zu verkaufen, — oder Bücher, Weltanschauung, Gesinnung! Diese Macht des Einflusses des gedruckten Wortes — im Bösen wie im Guten — zwingt dem Buchhändler eine Berufssittlichkeit auf, die etwa der der Jugend erzieher oder der Arzte zu vergleichen ist. Allen großen, vorwärts weisenden Gedanken leiht der Buchhändler seine Arbeit, dem schassen-