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Schwangerschaft befand. Die Frau weist zahlreiche Schnittwunden an den Händen und im Gesicht auf. Während des Kampfes führte der Täter Messerstiche gegen den Hals und die Brust und schlitzte ihr schließ lich den Bauch auf, so daß nach dem Urteil der Aerzte jedenfalls ein Sexualmord als gegeben erscheint. Die Nachforschungen nach dem Täter bewegen sich sofort in einer bestimmten Richtung. Der Offiziersdiener hatte vor zwei Tagen seinen Urlaub angetreten und wurde von dem Soldaten Belava vertreten, der sich äußerst frech und zudringlich gegen die Frau benahm, so daß sie sich am Dienstag bei dem stellvertretenden Komman danten beschwerte. In der Nacht darauf wurde sie er mordet. Mittwoch vormittag erschien Belava in der Kaserne und nahm ein Gewehr und scharfe Patronen zu sich. Als man ihn beim Verlassen der Kaserne hin dern wollte, nahm er eine drohende Haltung an und gab mehrere Schüsse ab. Die sofort benachrichtigte Be reitschaft nahm seine Verfolgung auf, doch wußte er sich seiner Verfolger durch Schüsse zu erwehren. Es gelang ihm, in die Wälder zu entkommen, um schließlich im Gebirge zu verschwinden. Man nimmt an, daß er sich gegen die polnische Grenze gewendet hat. Der Mord hat um so größeres Aufsehen erregt, als die ermordete Frau erst 18 Jahre zählte und als bekannte Schönheit galt. Ihre, vor einem Jahr stattgefundene Hochzeit — sie ist die Tochter des Regierungsreferenten für öffent liche Arbeiten in Uzhorod, Ingenieur Multzautz — war ein großes gesellschaftliches Ereignis. Der Frankfurt-Berliner H)-Zug entgleist Frankfurt a. M., 23. Mai. Heute nachmittag 16.15 Uhr entgleiste im Bahnhof Kerzell bei Fulda der Fernschnellzug kD 5 Frankfurt—Berlin bei der Durch fahrt durch ein Ueberholungsgleis. Die Lokomotive, der Packwagen und zwei Personenwagen fielen um. Drei Wagen blieben im Gleis stehen. Eine Dame wurde am Fuß schwer verletzt, zehn Reisende leichter. Fulda, 23. Mai. Zu der Entgleisung des k^v-Zuges Frankfurt a. M.—Berlin wird ergänzend gemeldet, daß die Schwerverletzte, ein Fräulein Susanne Rothe aus Berlin-Dahlem, einen Fuß verlor, der ihr vollständig abgequetscht wurde. Die übrigen Personen haben leich tere Verletzungen davonaetragen. Sie dürften in zwischen alle im Krankenhaus in Fulda Aufnahme ge funden haben. Es verlautet, daß noch eine Person ver mißt wird, deren Schicksal noch nicht feststeht. Die Reichsbahn hatte um 18.45 Uhr einen neuen Zug zu sammengestellt, der die Fahrt nach Berlin fortsetzte. An der Unglücksstelle ist man augenblicklich damit be müht, die Wagen auseinanderzuziehen. Ueber die Ur sache der Entgleisung konnte noch keine Klarheit ge schaffen werden. Die Ursachen der Zugentgleisung. Berlin, 23. Mai. Wie die Telegraphen-Union von zuständiger Seite erführt, liegt die Ursache der Ent gleisung des Frankfurter kD-Zugcs bei Kerzell darin, daß der Lokomotivführer das Ueberholungs gleis mit zu großer Fahrtgeschwindig keitbefahren hat, obgleich ihm Vorsicht als Fahrt befehl erteilt worden ist. Der Befehl ging dahin, in das Ueberholungsgleis mit einer Geschwindigkeit von nicht mehr als 45 Kilometer einzusahren. Das Haupt gleis ist augenblicklich deshalb gesperrt, weil dort ein Brückenbau stattfindet. 13 Verletzte. Fulda, 23. Mai. Die Entgleisung des kD-Zuges Frankfurt a. M.—Berlin hat bisher sechs Schwer- und sieben Leichtverletzte gefordert. Als sechster Schwerver letzter ist der Zugführer Hügel aus Frankfurt a. M. dazugekommen. Unter den Leichtverletzten befindet sich der Direktor des Leipziger Schauspielhauses, Dr. Kro nacher, der einen Bluterguß an der Schläfe erlitt. Zu dem Eisenbahnunglück bei Kerzell. — Bein- ampntation am Bahndamm. Einer der Fahrgäste gab eine Schilderung von der Beinamputation auf offener Straße, die an Fräu ¬ lein Grothe vorgenommen werden mußte. Ein junger Arzt, der sich unter den Passagieren befand, erkannte sofort, daß durch die schwere Verletzung, die Fräulein Grothe erlitten hatte, die Gefahr der Verblutung be stand und entschloß sich dazu, mit seinem Taschenmesser die Operation vorzunehmen. Im Zuge befand sich ein Vertreter einer chemischen Firma, der zufällig Mor phium mit hatte, so daß Fräulein Grothe über die ärg sten Schmerzen hinweggeholfen werden konnte. — In dem verunglückten Wagen des O-Zuqes befand sich auch der hessische Finanzminister Kirnberger in Begleitung des Ministerialrats Hesse auf dem Wege nach Berlin. Sie hatten beide ihre Plätze in dem Wagen, der völlig zertrümmert wurde. Einige Minuten vorher hatten sie sich jedoch nach dem Speisewagen begeben, um den Nach mittagskaffee einzunehmen. Der Streit um Dr. Vögler. In der deutschen Presse hat ein lebhafter Streit über die Gründe eingesetzt, die zum Rücktritt Dr. Bög lers von der Sachverständigendelegation geführt haben. In der demokratischen Presse wird es so dargestellt, als ob von der rheinisch-westfälischen Schwerindustrie ein Druck auf Dr. Vögler ausgcübt worden sei, der einer Sabotage der Pariser Verhandlungen 'gleichkäme. Dr. Vögler und die ihm nahestehenden Kreise bestreiten diese Behauptung ganz energisch und machen der demo kratischen Presse die größten Vorwürfe wegen ihrer die Verhandlungen aufs schwerste gefährdenden Erörterun gen. Dr. Vögler erklärt, daß er deshalb seinen Posten als Sachverständiger aufgegeben habe, weil ihm nicht nur das letzte Memorandum der Alliierten, sondern be reits der Poungplan als unannehmbar erschienen war. Auch im Ausland wird die ganze Angelegenheit sehr lebhaft diskutiert. Aus aller Welt. * Tödlicher Flugzeugabsturz. Am Donnerstag nachmittag überflog ein Flugzeug in auffallend ge ringer Höhe Eichstätt, so daß man den Eindruck ge winnen mußte, daß der Führer die Herrschaft über seine Maschine verloren habe. Kurz darauf kam die Nach richt, daß das Flugzeug etwa 20 Minuten von der Stadt entfernt in einer Waldlichtung niedergegangen sei. Durch den starken Anprall auf den Boden über schlug sich der Apparat. Als man den Piloten, den 20jührigen Günther Abraham aus Rostock, aus der um gestürzten Maschine herausgeholt hatte, verschied er wenige Augenblicke später. Der Tod war infolge Genick bruches eingetreten. Der Rumpf des Doppeldeckers war seitwärts abgebogen. Der Flugschüler befand sich auf dem Rückflug von einem Uebungsflug nach Böblingen. * Unterschlagung bei -er Frankfurter Sparkasse. Durch eine Kassenrevision bei der städtischen Sparkasse in Frankfurt am Main ist kürzlich festgestellt worden, daß der .Stadtamtmann Klose einen Betrag von 30 000 Mark unterschlagen hat, und zwar durch Urkundenfäl schung und schweren Vertrauensmißbrauch. Der Vor stand der städtischen Sparkasse hat beschlossen, die Ver folgung der Angelegenheit der Staatsanwaltschaft zu über geben und den für die Kasse zu erwartenden Verlust von 30 000 Mark aus dem Reservefonds zu decken. * Kommunistische Ueberfälle in Altona. In der Nacht zum Donnerstag wurden in Altona zwei Stahlhelmleute von einem Trupp Kommunisten angefallen und zu Boden geschlagen. Beide erhielten Messerstiche in den Rücken. Sie wurden im Krankenhaus verbunden und dann auf eigenen Wunsch in ihre Wohnungen entlassen. * Ein Nachfolger für Oberst Bauer? Wie das „Berliner Tageblatt" aus München meldet, hat sich Oberleutnant Kriebel, beim Hitler-Putsch 1923 Eene- ralstabschef der Nationalsozialisten und bis vor kurzem militärischer Organisator der Heimwehren in Kärnten, auf Einladung der Nankingregierung nach China be geben. Er soll offenbar zum Nachfolger des verstorbenen Obersten Bauer ausersehen sein. * Blutiger Zwischenfall an der jugoslawisch-bul garischen Grenze. Nach einer Meldung Berliner Vlätter aus Sofia, schoß eine bulgarische Grenzwache auf drei bewaffnete Personen, die die Grenze, von Jugoslawien kommend, überschreiten wollten. Alle drei Personen wurden getötet. Die Leichen liegen auf jugoslawischem Gebiet 15 bis 20 Meter von der bulgarischen Grenze entfernt. * Der Papst verläßt erst am 6. Juni den Vatikan. Während die römischen Blätter daran festhalten, daß der Papst an der Frohnlcichnamsprozession nach St. Peter teilnehmcn und bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal den Vatikan verlassen werde, verlautet aus gut unterrichteter Quelle, daß der Papst sich erst am 6. Juni also am letzten Tage der Frohnleichnamsoktav außer halb des Vatikans zeigen werde. * Das Flugzeug „Fort Worth" über 100 Stunden in der Luft. Das in Texas aufgestiegene Flugzeug „Ford Worth" befindet sich bereits seit über 100 Stun den in der Luft. Das Tanken ging bisher stets glatt vonstatten. * Schweres Erdbeben in Argentinien. Nach einer Meldung aus Buenos Aires wurde am Mittwoch die Stadt Mendoza von einem schweren Erdbeben heim gesucht. Ob Opfer zu verzeichnen sind, ist noch nicht bekannt. Ein ganzes Dorf eingeäschcrt. Durch ein Eroßfeuer wurde der Ort Mölschow bei Zinnowitz aus Usedom vernichtet. Acht Gehöfte mit zu sammen 28 Gebäuden brannten nieder. Das Feuer ent stand in einer Eutsscheune und sprang auf eine zweite Scheune über, in der gesetzwidrig Benzin und Rohöl lagerte. Das gesamte lebende und tote Inventar wurde ein Raub der Flammen. Zwei Personen wurden mit schweren Brandwunden ins Swinemünder Krankenhaus eingeliesert. — Unser Bild zeigt das Ruinenfeld. Josephas Töchter Roman von Lola Stein. 64! (Nachdruck verboten.) Es war ein Meisterwerk. Aber es war mit den Augen der Verachtung gesehen und gemalt. Es war aus Rache entstanden, aus Feindschaft emporgemachsen, mit einem glühenden, verzehrenden Haß genährt und von einem ganz klar bewußten, grausamen Willen getragen. Dieser Wille schrie aus dem Bild: Seht her, ihr alle, die ihr ihn kanntet bis heute und doch nicht wußtet, wer er war. So ist Hubert Gerling! Dies hier, in seiner wahren Gestalt! Die Stille im Zimmer währte minutenlang. Die beiden Schauenden waren wie unter einem Bann. Lonny saß ganz starr, vermochte sich nicht zu regen. In rasenden Schlägen klopfte ihr Herz. Dann durchbrach Huben Gerlings Stimme das Schweigen. Gepreßt klang sie, dumpf, grollend und selt sam verändert: „Wen haben Sie porträtiert, Herr Allwart? Das bin ich doch nicht?" „Sie sind es. Herr Gerling. Sie sind es geworden, wie ich Sie sehe. Zeigen Sie mir den Menschen, der Sie kennt und in diesem Porträt nicht wiedererkennen würde, und ich will zugeben, daß dies Bild Stümperwerk ist. Aber diesen Menschen dürften Sie schwerlich finden!" „Dies Porträt ist eine Karikatur von mir, nicht ich selbst! Wie kamen Sie dazu, mich so zu malen?" „Ich verstehe Sie nicht, Herr Gerling. Ich habe das Gefühl, als sei dieses Bild mir außerordentlich gelungen. Und ich sagte Ihnen schon einmal: ich malte Sie, wie ich Sie sah. Sie können mir nicht die Auffassung für meine Porträts vorschreiben. Ich male die Menschen, wie sie sich mir zeigen, wie die Intuition, die künstlerische In spiration es mir eingibt. Wenn Ihnen das Porträt nicht gefällt, so bedauere ich es. Ähnlich ist es geworden!" „Es ist eine Verzerrung meiner Person, eine lächer liche Verzerrung, kein Porträt! Dieses Bild wird kein Mensch außer uns dreien zu sehen bekommen!" „Meinen Sie? Da sind Sie im Irrtum. Das Ge mälde wird ausgestellt wie alle meine Werke." „Ich verbiete Ihnen, es auszustellen!" NalpH Allwart lachte. Und brachte durch dieses kühne, überlegene Lachen den Mann vor ihm immer mehr zur Raserei. „Glücklicherweise haben Sie mir nichts zu verbieten, Herr Gerling. Noch ist dieses Porträt mein Eigentum." „Das Sie in meinem Auftrag gemalt haben, das mir gehört, sobald ich den Kaufpreis bezahlt habe. Das wird sofort geschehen. Dann gehört das Bild mir." „Dann werden Sie es verstecke«, weil Sie es fürchte«, Herr Gerling." „Fürchten? Ein unsinniger GedaE! Aber ich werde mich doch nicht lächerlich machen lassen durch dieses Porträt." „Da es Ihnen nicht gefällt, werde ich es Ihne« nicht aufdrängen, Herr Gerling. Das Blid bleibt mein Eigen tum." „Und das ausbedungene Honorar?" Lauernd sah er den Künstler an. Doch der lachte wieder. „Glauben Sie, ich sei so abhängig vom Geld? Bo« Ihrem Geld, Herr Gerling? Ich verzichte auf das Hono rar und das Bild gehört mir." „Aber das dulde ich nicht! Ich erlaube nicht, -atz Sie es ausstellen! Durch den Auftrag ist es mein Bild ge worden, mein Besitz." „Sie irren, Herr Gerling. Noch gehört dies Gemälde mir und ich tue damit, was mir beliebt!" Hubert Gerling stellte sich vor das Bild. Schäumend vor Wut, bleich vor Zorn, das Gesicht zu einer Grimasse verzerrt. „Sehen Sie sich in vem Spiegel, Herr Gerling. Da werden Sie begreifen, wie ähnlich Sie dem Porträt sind. In diesem Augenblick mehr als vorher. Wären die Triebe und Leidenschaften, die ich in Ihnen erkannt und gemalt habe, nicht in Ihnen, so könnten Sie sich nicht so verän dern, wie Sie es getan haben Diese Szene mit Ihnen, Ihr Gebaren und Ihr Aussehen bestätigen mir meinen künstlerischen Blick, meim Fähigkeit nehtio zu seben und zu zeichnen. Geben Sie das Bild frei, Herr Gerling, ich will es mit mir nehmen." Aber als Ralph Allwart Miene machte, sich dem Por trät zu nähern, wandte sich Hubert Gerling mit eurer blitz schnellen Wendung seinem Schreibtisch zu. Ergriff einen großen, dolchartigen Brieföffner, der dort lag, und stürzte sich mtt wutentstellten Mienen aus das Gemälde. Mit einem gellenden Schrei sprang Lonny empor. Bisher hatte ste wk versteinert in Reglosigkeit gesessen und die Szene zwischen den Männern mit erschrockenen Auge«, mtt wildschlageudem Herzen verfolgt, ohne selbst etuMgreife«. Jetzt, da ste Rawhs Werk bedroht sah, kam Lebim in ihlvr Gestalt. Sie d^zte auf ihre« Verlobten zu, sie entrang ihm mtt Kräfte«, die man ihrer zarten Hand nicht zugetraut HSUe, in höchster Erregung das Dolchmeffer, während Ralph Mwart noch untätig stand, weil er nicht so rasch wie Lormy begriff, was hier vorging. Ab« auch ste war zu spät gekommen. Sie riß Hubert Gerlings Hand, die das Dolchmefter hielt, zurück, aber das hatte das Bild schon gestreift. Er hatte das Ant lttz durchschneiden wollen, durch Lonnys Eingreifen prallte seine Hand ab und zerschnitt den Arm und den Anzug, ritzte im Abgleiten des ptngen Mädchens Hand, von der rote Blutstropfen auf de« Teppich sickerten. Das Bild war zerstört. Aber Hubert Gerlings Ant litz, dieses gefährliche, aufreizende, dämonische Antlitz auf dem Porträt war unverletzt geblieben. Ralph schrie auf und auch HvLert Gerling starrte ent setzt auf die Blutstropfen, die aus Lonnys Hand rieselten. „Es ist nichts, nichts," stammelte sie und umklammerte noch immer das Messer, das sie ihrem Verlobten entrissen hatte, mit festem Griff. „Eine Ritzung der Haut, Weiler nichts. Aber das Bild, das Bild!" Große Tränen tropften aus ihren Augen, sie brach in Schluchzen aus. „Du weinst, Lonny, um dieses schreckliche Bild?" Sie antwortete nicht, denn in diesem Augenblick sagte etne Männerstimme hinter ihnen: „Ich sehe, ich komme zu eine» ungelegenen Zeil." (Fortsetzung folgt.)