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Leutschach im Bezirk Leibnitz entfernt, ein aufsehener regender Zwischenfall. Von einer südslawischen Een- darmerieeskorde wurden ein Professor und ein Hoch schüler, beide südslawischer Nationalität, in dem Augen blick, als sie nach Oesterreich flüchten wollten, erschossen. Hierüber erfuhr der österreichische Eendarmerieposten in Leutschach folgendes: In einem Kaffeehaus in Agram wurde das Gespräch mehrer Gäste belauscht, aus wel chem hervorging, daß sie Druckschriften umstürzlerischen Inhalts verbreiten wollten. Die Behörden verhafteten zwei Personen, den Professor und den Hochschüler. Sie wurden unter Bedeckung an die österreichische Grenze bei Leutschach gebracht, um dort zu ermitteln, wo diese Druckschriften, die von Oesterreich eingeschmuggelt wer den sollten, versteckt sind. Während der Suche nach den Druckschriften unternahmen die beiden verhafteten süd slawischen Staatsangehörigen einen Fluchtversuch nach Oesterreich, wo sie von den südslawischen Gendarmen in dem Augenblick erschossen wurden, als sie die Grenze erreicht hatten, so das; die Füße der beiden auf öster reichischem Boden und die Oberkörper auf südslawischen Boden zu liegen kamen. Zusammenstöße mit Kommunisten in Berlin. Berlin, 28. April. Die Versuche der Kommunisten, das polizeiliche Demonstrationsverbot gewaltsam zu durchbrechen, haben auch gestern abend wiederum in elf Bezirken Groß-Berlins zu Zusammen st ötzenmit der Polizei geführt. Die Stärke der einzelnen Kommunistentrupps schwankte zwischen 60 und 600 Köpfen. Die Polizei mutzte fast überall von dem Gummiknüppel Gebrauch machen, um den Widerstand der Demonstranten zu brechen. Besonders heftig war ein Zusammenstotz in der Schönhauser Allee und der Danziger Straße. Als sich dem etwa 600 Mann starken Demonstrationszuge zehn Polizeibeamte entgegenstell ten, wurden sie tätlich angegriffen. Die bedrängten Beamten mutzten schlietzlich von der Schutzwaffe Ge brauch machen. Sie gaben eine Anzahl Schreckschüsse ab, worauf die Menge zunächst die Flucht ergriff, sich jedoch bald von neuem sammelte und johlend vordrang. Ein grotzes Polizeiaufgebot sorgte dann für Wiederher stellung der Ordnung. Vorbereitung zur Maifeier. Berlin, 28. April. Obwohl es zu eigentlichen Kundgebungen der Kommunisten und zu Zusammen- stötzen am Sonntag in Berlin nicht mehr gekommen ist, wurden von der Polizei dennoch 86 Personen z w a n g s g e st e l l t, vorwiegend Kommunisten, einige Sozialdemokraten und auch ein kleiner Trupp Stahlhel mer, die am Vülowplatz eine Kundgebung veranstaltet hatten. Die Kommunisten beabsichtigen, da ihnen durch den Erlatz des Polizeipräsidenten am 1. Mai die Stratze verboten worden ist, an diesem Tage eine plan- mätzige und ausgedehnte Haus- und Hofagitation zu treiben. — Von unbekannten Tätern sind in der Nacht zum Sonntag auch zwei Kaiserdenkmäler besudelt wor den, das Kaiser-Friedrich-Denkmal am Louisenplatz in Charlottenburg und das Denkmal Kaiser Wilhelms I. am Trianonplatz in Weitzensee. Auf die Denkmäler ist mit roter Farbe geschmiert worden: „Stratze frei zum 1. Mai!" Maifeiern in Frankreich verboten. Die französische Regierung hat für den 1. Mai um fangreiche Vorsichtsmatznahmen ergriffen. Nach einer Besprechung im Kriegsministerium fand am Sonntag vormittag im Innenministerium eine zweite Konferenz statt, an der der Innenminister, der Pariser Polizei präfekt und Polizeidirektor, Generalstabsoffiziere und die oberste Republikanische Garde von Paris teilnah men. Wie in den Vorjahren, so ist auch diesesMal für den 1. Mai jeder Umzug auf öffent lichen Stratzen untersagt. Kundgebungen und Behinderungen von Arbeitswilligen sowie Gewalt tätigkeiten werden mit der grötzten Strenge unterdrückt und die Zuwiderhandelnden sofort vor Gericht gestellt werden. Ausländer, die an einer Kundgebung teil nehmen, werden unverzüglich ausgewiesen. Die gewöhn lichen Polizeikräfte werden durch die Republikanische Garde von Paris und durch aus der Provinz zusammen gezogene mobile Garde verstärkt. Die Truppen der Pa riser Kasernen und auswärtige Verstärkungstruppen dürfen den ganzen Tag über die Kasernen nicht ver lassen und werden demPolizeipräfekten unterstellt. Nüs aller Welt. * Blutige Schlägerei zwischen Nationalsozialisten un- Reichsbannerleuten in Frankfurt. Zu einem schweren Zu sammenstotz kam es in Frankfurt a. M. in der Montag- nacht zwischen Nationalsozialisten und Reichsbannerleuten. Beide Verbände hatten abends Umzüge veranstaltet und sich dann in Lokalen versammelt. Auf dem Nachhausewege kam es zwischen Angehörigen beider Verbände zu einer Schlägerei, in deren Verlauf ein Mitglied des Reichs banners durch einen Stich in die Lunge so schwer ver letzt wurde, datz er kurze Zett darauf starb. Autzerdem wurden zwei Reichsbannerleute und ein Rotfrontkämpfer ebenfalls durch Messerstiche schwer verletzt. * Bestialischer Mord an einer Greisin. In Gotha wurde am Sonnabend die 73jährige Händlerin Curth mit 30 schweren Stichverletzungen in ihrer Wohnung tot aufgefunden. Da die alte Frau keinerlei Anhang hatte, wurde die Tat, die vermutlich schon Donnerstag geschah, erst jetzt entdeckt. Auch die Gründe der Tat konnten noch nicht festgestellt werden. Für die Ermittlung des Täters hat die Staatsanwaltschaft 50V Mark Belohnung aus gesetzt. * Lastkraftwagen von einer Lokomotive überfahren. Am Sonniagnachmtttag überfuhr eine Lokomotive auf dem bewachten Uebergang 134 der Provinzialstratze Köln- Mainz bei St. Goar einen mit Büromöbeln und Akten des polnischen Generalkonsulats Köln beladenen Kraft wagen mit Anhänger. Der eine Begleiter des Kraft wagens wurde getötet, während der Führer und der andere Begleiter verletzt wurden und ins Krankenhaus geschafft werden mutzten. Der Lastwagen wurde mit seiner Ladung vollkommen zertrümmert. * Raubüberfall im Schlafzimmer. Zn Berlin-Wil- mersdorf wurde in der Nacht zum Sonntag ein schwerer Raubüberfall verübt. Ein Kaufmann wurde gegen 2 Uhr aus dem Schlafe geweckt und fand zwei Räuber in seinem Zimmer, die ihn mit dem Revolver in Schach hielten und alle Wertgegenstände wie auch eine größere Summe Bargeld raubten. Den Einbrechern sind Werte im Betrage von etwa 3000 Mark in die Hände gefallen. Es scheint sich um Mitglieder einer Bande zu handeln, die sich schon seit einiger Zeit im Schöneberger Stadt park aufhielt. * Abschleppung -es Linienschiffes „Seydlitz". Der Bugsier-Reederei und Bergungs-A.-G. Hamburg ist unter einer Reihe größerer Schleppausträge ein ungewöhnlicher Auftrag zuteil geworden, nämlich die Uebersührung des früheren deutschen Linienschiffes „Seydlitz" von Skapa Flow nach Rosyth. Das Schiff ist völlig gekentert und wird kieloben geschleppt werden. Dieser riesige Schiffs körper von 2 300 Tonnenverdrängung wird durch Preßluft schwimmend gehalten und durch die Schlepper „Seefalke", „Parnatz" und „Kompaß" an seinen Bestimmungsort Rosyth gebracht werden. * Goldmacher Tausend wird ausgeliefert. Der Münchner „Goldmacher" Franz Tausend, der vor einigen Monaten in Bozen verhaftet wurde, wird auf Beschluß der italienischen Justizverwaltung an Deutschland ausge- liefert und zunächst nach München gebracht werden. Der erste Prozeß gegen Tausend dürfte in München statt finden. * Eisenbahn und Autobus zusammengestohen. Aus Buenos Aires wird gemeldet: Am Bahnübergang der Artigasstratze in der Nähe der Floresstation stieß ein elektrischer Zug mit einem Autobus zusammen, in dem sich etwa 20 Fahrgäste befanden. Der Autobus wurde völlig zerstört. Sechs Personen wurden getötet, 17 ver letzt. Der Präsident der Republik begab sich an den Ort der Katastrophe und besuchte die Verletzten im Krankenhaus. * Verbrecherkampf in Burma. Ein Unterinspektor der Polizei in Burma ist nach Meldungen aus Rangoon im Verlaufe eines Kampfes gegen drei Verbrecher er schossen worden, während ein zweiter hoher Polizeioffi- zier schwer verwundet wurde. Später wurde Milttär- polizei zu Hilfe gezogen, die das Haus, in dem sich die Verbrecher aufhielten, in Brand setzte. Zwei der Ver brecher kamen in den Flammen um, der dritte wurde bei dem folgenden Kampfe erschossen. * Ein nackter Einbrecher. Aus Wien wird gemeldet: Als ein Villenbesitzer in seine Döblinger Villa heimkehrte, sah er sich plötzlich einem nackten Mann gegenüber, der mit gestohlenen Gegenständen schwer beladen war. Der Einbrecher hatte einen Revolver in der Hand und drohte den Villenbesitzer zu erschietzen. Der Einbrecher wurde kurz darauf unter sonderbaren Umständen verhaftet. Man fand ihn mit seiner Lebensgefährtin vollkommen unbe kleidet in einer Mulde des Abhanges des Kahlenberges. Das Paar hatte sich dort häuslich niedergelassen und nach dem System des Vereins „Verkühle dich täglich" Tag und Nacht unbekleidet verbracht. Der Mann ist der 34 jährige Reichsdeutsche Mechaniker Heinrich Schumacher. Er hat in der letzten Zett 12 Einbrüche in Döblinger Villen verübt. Erplosion im Arbeitersaal. — Das Unglück in -er Nürn berger Bleistiftfabrik Stä-tler. In einem Arbeitssaal der weltbekannten „Mars"- Bleististfabrik I. S. Städtler in Nürnberg ereignete sich, wie wir bereits gestern meldeten, eine schwere Erplo- , sion mit nachfolgendem Brande, der neun Tote, sechs I Schwer- und fünf Leichtverletzte forderte. Infolge der starken Rauchentwicklung konnten sich die Arbeiterinnen aus dem betroffenen Raum nicht mehr reiten und ver brannten bei lebendigem Leibe. An der Nnglücksstätte spielten sich furchtbare Szenen ab. — Unser Bild gibt einen Ueberblick über den von der Erplosion heimgesuchten Teil der Bleistiftwerke. > Josephas Töchter Roman von Lola Stein. 5y (Nachdruck verboten.) „Wenn du mich so sahst, Ralph, wie konntest du mich dann verlassen?" „Als ich dich so sah, war meine innere Wandlung ja schon vollzogen. Da wußte ich schon, daß du littest, um mich littest, Lonny. Und daß du mir wissentlich niemals Böses tun wolltest, immer nur Liebes und Gutes. Nun sieh her: das letzte Blatt." Es zeigte Lonny und Ralph in der Vereinigung ihrer Liebe. Sie lagen einander in den Armen, schauten sich mit verzücktem, ekstatischem Ausdruck an, trunken von Liebe und Glück. Das Mädchen legte das Buch mit bebende« Hände« auf den Tisch zurück. „Alle Blätter find sehr schön. Ich möchte fie «och oft sehen, Ralph. Aber du darfst aus diesen Entwürfen «ad Zeichnungen niemals Gemälde machen; du darfst anch diese Skizzen niemals ausstellen, hörst du wohl?" „Wer weiß, was später sein wird, kleine Lomm." „Nein, nein," sagte fie gequält. „Du mußt mir ver sprechen, daß du fie vor den Auge« der Welt verstecke« wirst. Meinetwegen mußt du das tun." Er sagte sehr innig: »Ich liebe dich, d« geltes Se- schöpf. Glaube mir doch, ich liebe dich! Wie könnte ich da etwas tun, das dir Schmerz oder Qual bereiten würde? Einmal tat ich es, Lonny, in meiner großen Verblendung. Aber niemals wieder." Es war schwül hier im Raum, obgleich die großen Fenster weit offenstanden, und schwül war es in ihren Herzen. „Ich will jetzt schlafen gehen, Ralph, gute Nacht." „Wirst du denn schlafen können, Lonny?" »Ich glaube nicht," meinte sie traurig. „Aber wir snüssen es doch versuchen. Wir dürfen auch zu dieser Paten Stunde nicht mehr allein beieinander sein." Er sagte sehr bitter: „Wir sind ja jetzt Stiefgeschwister in den Augen der Leute. Aber wenn du gehen willst, so laß mich dich wenigstens hinaufgeleiten, laß mich dein Reich einmal sehen." Er stand in dem lichten, Hellen Zimmer und schaute es mit zärtlichen Blicken an. Strich liebkosend über die Möbel, über die Blumen am Fenster. „Hier also wohnst du. Es ist gerade über meinem Zimmer. Wir werden unsere Tritte hören können, Lonny. So nahe sind wir uns nun und weiter als je zuvor von einander entfernt! Wie sollen wir es ertragen?" Er sah ihre Verzweiflung und fragte leise: „Willst du, daß ich fortgehe, daß ich in dieser Nacht nicht hier im Hause bleibe?" „Nein, nein," sagte fie angstvoll, „bleib'. Ich würde nur unruhiger sein, wenn ich dich nicht im Hause wüßte. Es ist gut, deine Nähe zu spüren, Ralph, wenn es auch sehr qualvoll ist. Und nun geh!" „Gute Nacht, Lonny." „Gute Nacht, Ralph." Sie hielten sich an den Händen und schauten sich tief in die traurigen Augen. Zu küssen wagte der Mann die Geliebte nicht. Er wanderte fieberhaft in seinem Zimmer auf und ab. Lonny, die schlaflos auf ihrem Bett lag, hörte seinen Schritt. Stunden, viele Stunden lang. Er sand nicht die Ruhe, um sich niederzulege«. Und auch fie fand keinen Schlummer. Schwer, schwer war das Leben. Unentwirrbar, wie ein schreckliches Rätsel, lag die Zukunft vor ihr. Sie konnte Hubert Gerlings Frau nicht werden mit dieser Liebe zu Ralph im Herzen. Und sie durfte auch Ralph niemals angehören. Wie sollte es werden? Drittes Kapitel. Die Unterredung zwischen Vater und Sohn am näch sten Tage war nur kurz. Ernst Allwart war viel zu froh, daß Ralph zu ihm zurückgefunden hatte, um ihm Vor würfe zu machen. Arm in Arm mit ihm ging er zu seiner Frau. Josepha saß mit Lonny im Wohnzimmer, als die Herren eintraten. Ralph hatte vorhin nur die Umrisse ihrer Gestalt vom Fenster aus gesehen, als sie aus dem Auto stieg. Nun schaute er in Ergriffenheit in ihr schönes Gesicht, das ihn wie das Antlitz einer reifen Lonny an- mutete. Nicht wie ihre Mutter, wie ihre ältere Schwester wirkte Frau Josepha in ihrer Anmut und Jugendlichkeit. Sie hatte den Arm um Lonnn geschmiegt, das braune Mädchenhaupt lehnte an ihrem dunkleren schönen Kopf. Vier große, strahlende Augen, gleich in Farbe und Schnitt, sahen Ralph entgegen, der mit langsamen Schritten, in einer an ihm sonst unbekannten Verlegenheit, auf sie zukam. Da streckte Frau Josepha mit einer schönen, impul siven Bewegung ihm die Rechte entgegen Er küßte die feine Frauenhand und sagte: „Sie haben mir unendlich viel zu verzeihen, gnädige Frau. Darf ein armer Büßer aus Gnade hoffen?" „Sie haben mir Schweres angetan," sagte Josepha ernst. „Nicht, daß Sie mich haßten und mich ungerecht verurteilten, ohne mich zu kennen. Das verzeihe ich Ihnen gern. Was aber haben Sie aus meinem Kinde gemacht? Und was soll nun werden? Ich habe Lonnn zwar traurig, aber doch gefaßt vor drei Tagen verlassen und finde sie nun wieder, erschüttert in allen Fugen ihres Seins. Sie dürfen nicht neues Unheil über mein Kind bringen. Sie müssen sich mit den Tatsachen abfinden." „Muß ich das?" fragte Ralph und seine Stimme grollte. „Ich gedenke es nicht zu tun, gnädige Frau. Ich gedenke zu kämpfen!" „Gegen das Schicksal?" „Gegen die Menschen, die dieses Schicksal für Lonny schufen." „Sie selbst halsen mit an diesem Schicksal!" „Das weiß ich und werde es mir nie verzeihen. Aber ich kam zurück als ein Büßender und ein Geschlagener. Soll ich nun, weil ich einmal sündigte, kampflos und un tätig mitansehen, wie das schwerste Unrecht an einem jungen, wehrlosen Menschen geschieht? Ich werde es nicht tun, gnädige Frau." (Fortsetzung folgt.)