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so geistesgegenwärtig, daß Paket ins Wasser zu werfen. Die sofort benachrichtigte Polizei fand in dem Paket eine sechs Zoll lange Bombe. Ueber der Höllenmaschine lagen, auf mit besonders leicht entzündbarer Masse durchtränktem Sandpapier, drei Streichhölzer, die mit einer Feder verbunden waren. Ein leichter Druck ge nügte, um die Feder zu bewegen und damit die Streich hölzer zu entzünden. — Das Haus einer Schwester des Gouverneurs Roosevelts, einer Frau Dall, in Tarry- town (Neuyork) ist durch Brand zerstört worden. Die Polizei hat eine Untersuchung eingeleitet, um festzu stellen, ob zwischen der Auffindung der Höllenmaschine, die für Roosewelt bestimmt war und dem Brandunglück ein Zusammenhang besteht. Bombenwurf in einem indischen Parlament. Delhi. 8. April. In der gesetzgebenden Versamm lung wurde heute in dem Augenblick, als der Präsident sich erhob, um vor dicht besetztem Hause das Wort zu er greifen, zwei Bomben geworfen. Eine Bombe fiel vor dem Finanzminister, Sir George Shuster, zu Boden. Einige Mitglieder der Versammlung wurden verletzt. Zwei Männer, die Bomben und Revolver im Besitz hatten, wurden verhaftet. Entschließung -es Reichs- etterntages. In der am Sonnabend geschlossenen Versammlung des Evangelischen Reichsetterntages in Breslau wurden die Er gebnisse der zweitägigen Verhandlungen niedergelegt. In einer Resolution zur neuen Lehrerbildung wird im Anschluß an einen Vortrag des Leiters des preußi schen Volksschulwesens Ministerialdirektor Kaestner der Aufbau der evangelischen Lehrerbildung in Preußen auf der Grundlage einer einheitlichen Wett- und Lebensan schauung in evangelischen pädagogischen Akademien be grüßt. Die Versammlung spricht die Erwartung aus, daß auch in den übrigen Ländern bei anders gearteten Versuchen neuzeitlicher Lehrerbildung die Gewinnung eines von evangelischem Erziehungsgeist erfüllten Lehrernach wuchses sichergestellt wird. Zur schulpolitischen Lage wurde einstimmig die fol gende Entschließung gefaßt: „Die evangelische Eltern schaft dringt auf die Einlösung des vor fast einem Jahre in der RegierungserkIärung erneut gegebenen Ver sprechens und erwartet eine ungesäumte Wiederaufnahme der Reichsschulgesetzgebung. Zugleich legt sie Verwahrung ein gegen alle Versuche, durch Verwattungsmaßnahmen, im Widerspruch zur Reichsverfassung, den Charakter unserer evangelischen Schulen anzulasten. In einzelnen Landes gebieten ist die evangelische Schule vernichtet und kann noch immer nicht wieder aufgebaut werden. Beim weite ren Aufbau und Ausbau der Volksschule ist einer Ueber- spannung des Berechtigungs wesens entgegen zutreten und bei der Fortbildung der Mädchen besonders die Erziehung zur Mütterlichkeit zu pflegen. Keinesfalls darf auf dem Umwege des Ausbaues der evangelischen Volksschule ihre christliche Erzie"- hungsgrundlage gefährdet werden." Im Rahmen der Tagung sprach in einer öffentlichen Versammlung vor einer großen Zuhörerschaft Prof. D. Hickmann, der Vizepräsident des Sächsischen Land tages, über das Thema: Der Evangelische Elternbund auf der Warte der Zeitenwende. Der Redner wies hin auf den rasch fortschreitenden Verweltlichungsprozeß auf allen Gebieten und zeigte, wie die neue Erziehungsbewe gung es nicht in erster Linie um Vermittlung von Wissen, sondern um innerste Bildung des jungen Menschen zu tun habe, die Weltanschauung nicht entbehren kann. Die Elternschaft wolle die Schule der Zukunft als Schule des Staates, nicht der Kirche. Ihre vornehmste Aufgabe sei, evangelische Schule, Haus und Kirche zu einem ge meinsamen Dienste zu einen in der Seele des Kindes. Mit einer Massenkundgebung der schlesischen Elternschaft, an der sich etwa 8000 Menschen beteiligten, fand der diesjährige Reichsetterntag seinen Abschluß. Aus aller Well. 5. April 1929. * Ein leichter Grippeanfall des Reichspräsidenten. Amtlich wird mitgeteilt: Reichspräsident von Hinden burg hat in den letzten Tagen unter einem Erippeanfall mit Magenstörung gelitten, den er aber gut über wunden hat. Der Reichspräsident, der auch während dieser Erkrankung die laufenden Geschäfte weiter ge führt hat, hat seit Sonnabend wieder die regelmäßigen Vorträge entgegengenommen, muß sich aber in der nächsten Zeit bei den E .mpfängen und Ausgängen noch gewisse Zurückhaltung auferlegen. * Haftbefehl gegen Gebrüder Saß aufgehoben. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft III ist der Haftbefehl, der gegen die drei Brüder Saß wegen des Verdachts ihrer Beteiligung am Tresoreinbruch am Wittenberg platz ergangen war, vom Vernehmungsrichter auf gehoben worden Trotz der eifrigsten Arbeit der Kri minalpolizei hat sich bisher kein zur Anklageerhebung ausreichender Tatverdacht ergeben. — Gegen Max Saß ist indessen ein neuer Haftbefehl wegen Sittlich keitsverbrechen erlassen worden. * Neuer Ausbruchsversuch Paul Kaßners. Der berüchtigte Fassadenkletterer Paul Kaßner, der zuletzt zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt worden war, be findet sich mit einem anderen Gefangenen in einer Krankenzelle des Eefüngnislazaretts in Tegel. Auf bisher unaufgeklärte Weise hatte er es verstanden, sich eine Stahlsüge zu verschaffen. Während der Nacht stunden lockerte er das Mauerwerk unter den Gittern des Zellenfensters so weit, daß er es nach dem Durch sägen der Eitterstäbe hätte bequem herausdrücken können. Der Zellengenosse Kaßners hatte die Vorberei tungen des Ausbruchs aber bemerkt und Meldung er stattet. * Ein Auto vom Zuge erfaßt. Aus Mainz wird gemeldet: Beim Bahnübergang in der Nähe von Babenhausen wurde am Sonntag abend ein Personen kraftwagen von einem Personenzuge erfaßt und zer trümmert. Zwei Personen wurde getötet, drei Per sonen schwer verletzt. Die Ermittlungen über die Ur sache sind noch im Gange. * Fünf Arbeiter verschüttet. In der Grube Finkenherd bei Fürstenberg a. d. O. waren 5 Ar beiter mit dem Graben eines Abflußrohres beschäftigt. Als der V-Zug Breslau—Berlin den geschaffenen unter irdischen Gang passierte, stürzte der Stollen durch die Er schütterung in sich zusammen. Dis fünf Arbeiter wurden verschüttet. Ein Mann konnte gerettet werden, die vier anderen wurden nach mehrstündiger Arbeit tot ge borgen. * Zugunfall in Württemberg. Die Reichsbahn direktion Stuttgart teilt mit: Am Sonabend 14H0 Uhr. ist der Personenzug Nr. 639 Stuttgart—Hessental bei der Einfahrt in den Bahnhof Backnang auf den dort zur Abfahrt bereitstehenden Güterzug 8606 aufge stoßen. Dabei sind zehn Reisende leicht verletzt worden. Weitere 14 Reisende klagten über Kopf- und Rücken schmerzen. Die beiden Lokomotiven, drei Personen wagen und drei Güterwagen sind leicht beschädigt wor den. Sämtliche Reisenden konnten die Fahrt mit 40 Minuten Verspätung fortsetzen. Der Unfall wurde da durch veranlaßt, daß die diensttuenden Beamten des Bahnhofs Backnang dem Personenzug die Einfahrt auf das besetzte Gleis versehentlich freigegeben haben. * 22 Tote in Tasmanien. Wie aus Melbourne ge meldet wird, halten die Ueberschwemmungen in Tas manien weiter an. Die Zahl der Toten beträgt bisher insgesamt 22. * 30 Todesopfer des Tornados in den Vereinigten Staaten. Die Zahl der Tornadoopfer im Nördlichen Minesota und in Wiskonsin ist nach Meldungen aus Miniapolis auf 16 gestiegen. Der Schaden in diesem Gebiet beträgt etwa eine Million Dollar. Unter Hinzu rechnung der Tornadoopfer in anderen Gebieten sind etwa 30 Personen getötet worden. * Fünf Todesopfer eines Hotelbrandes. Aus Neu york wird gemeldet: In Des Moines ist das Hotel Kirk wood nieder-gebrannt. Fünf Personen kamen in den Flammen um. Zahlreiche Hotelgäste trugen Brand wunden davon oder verletzten sich bei dem Versuch, sich durch einen Sprung aus dem Fenster vor den Flammen in Sicherheit zu bringen. Nach Waldeck Schaumburg-Lippe. Neue Anschlußverhandlungen. Der Landtag von Schaumburg-Lippe hat in einer seiner letzten Sitzungen beschlossen, die Landesregierung zu ermächtigen, Verhandlungen mit Preußen über einen Anschluß Schaumburg-Lippes aufzunehmen. Die Anschluß frage ist ebenso wie in Waldeck auch in Schaumburg- Lippe durch den finanziellen Druck akut geworden, den das mit einem unverhältnismäßig großen Verwattungs- apparat belastete Ländchen nicht mehr tragen kann. Der Anschluß Schaumburg-Lippes ist wohl nur eine Frage der Zeit. Er wird perfett sein, wenn man sich darüber geeinigt hat, wer die Domänen bekommen soll, ob der preußische Staat oder der künftige preußische Kreis Schaumburg-Lippe. Schaumburg-Lippe, bis 1'918 Fürstentum und Bun desstaat des Deutschen Reiches, ist bekanntlich ein kleines Ländchen von 340 Quadratkilometer mit 46 000 Ein wohnern. Schaumburg-Lippe war früher ein Bestandteil der westfälischen Grafschaft Schaumburg, eigentlich Schau enburg, die 1619 zum Fürstentum erhoben und 1640 nach Aussterben des Fürstengeschlechts zwischen Braun schweig-Lüneburg, Hessen-Cassel und Lippe geteilt wurde. Dieser Lippische Anteil ist das spätere Fürstentum und der heutige Freistaat Schaumburg-Lippe. Unser Bild zeigt eine Ansicht aus der Hauptstadt des Ländchens Bückeburg, und zwar das Neue Palais, eines der repräsentativsten Gebäude, das jetzt noch in der Ver- mögensauseinandersetzung zwischen Frau Vittoria ^ub- koss mit der Hofverwattung in Bückeburg eine besondere ! Rolle spielt. Roman von Lola Stein. (Nachdruck verboten.) Nach einei Weile erst öffnete sie den Brief. Er war voller Liebe und Zärtlichkeit wie stets. Als das Mädchen die warmen, innigen, süßen Worte las, die die Mutter geschrieben hatte, kamen ihr endlich, endlich die erlösenden Tränen. „Ich bin so allein an den langen Tagen," stand unter vielem anderen in dem Brief. „Die geschäftliche Lage ist für alle Kaufleute jetzt sehr schwer. Papa kommt erst abends nach Hause, meistens recht spät. Ich fühle mich oft einsam, ich sehne mich so sehr nach dir, mein geliebtes Kind ..." „Mutti!" schluchzte Lonny auf. „Mutti!" Sie weinte lange. Und sprang dann aus mir plötz lichem Entschluß. Schreiben konnte und wollte sie nicht, was hier geschehen war, und wissen mutzten o-e Eltern es doch. Sie ging zu Fran Dr. Huber. „Ich fühle mich furchtbar elend," sagte sie und man glaubte es ihrem leidenden Aussehen. „Ich vergehe auch vor Heimweh nach meiner Mutter Ich will nach Hause. In der Schule werde ich mich mit Krankheit entschuldigen, ich glaube bestimmt, ich werde krank. Und dann ivill ich zu Hause sein. Morgen fahre ich." „Aber Kindchen, wer wird so schwarz sehen," sagte Frau Dr. Huber tröstend. „Wenn Sie Ihre liebe Frau Mutter nur erst wieder gesehen und gesprochen haben, wird alles besser werden. Wann kommen Sie zurück?" „Ich weiß es nicht," sagte Lonny. Zehntes Kapitel. Ernst Allwatt war sehr verstimmt, sehr zornig, als Lonny mit ihrem Bericht zu Ende war. „So hättest du nicht handeln dürfen, Lonny! Es war ein großes Unrecht an Ralph, eS war unschön und hinter hältig. Und nun haben wir ihn für alle Zeiten verloren! Nun gibt es keinen Weg und keine Brücke mehr, Vie von uns zu ihm führt! Ich kenne meinen trotzigen Jungen doch! Vielleicht hätte er im Laufe der Zeit sein Unrecht an mir eingesehen, aber daß wir, daß du ihm jetzt Unrecht getan, verzeiht er nie." Er ging mit großen Schritten im Zimmer auf und ab. Seine Mienen waren sehr düster. Nie zuvor hatte er in solch schroffem, hartem Ton mit der Stieftochter gesprochen. Lonny erhob sich schweigend und ging aus dem Raum. „Dem armen Kind bricht beinahe das Herz und du gibst ihm böse Worte, Ernst," sagte Frau Josepha vor wurfsvoll. „Ich verstehe dich nicht Siehst du denn nicht, daß Lonny ganz zart, ganz behutsam angefaßt werden muß, ganz lind und weich, wenn sie uns überhaupt wieder genesen und froh werden soll? Sie vergeht ja vor Reue und Qual, sie verzehrt sich in ihrer hoffnungslose« Liebe zu deinem Sohn, der sie ihr so schlecht lohnte." „Welch ein Verhängnis, Josy," sagte der Wan« mü> setzte sich müde. „Welch ein seltsames und unseliges Ber- hängnis! Aber ich kann nicht anders, ich muß aus Lonny böse sein, wenn sie mir auch leid tut. Sie hat mir nun für immer und ewig meinen Sohn genommen." „Den verlorst du schon, als du dich mit mir ver lobtest," entgegnete Josepha. „Du darfst die Dinge nun auch nicht verkehrt sehen. Gewiß hat Lonny nicht korrekt gehandelt, aber ihre Liebe auf den ersten Blick zu Ralph war es, die sie schweigen ließ. Verstehst du das denn nicht?" „Ich kann diese romantische Denkungsart nicht be greifen, Josy. Ich bin ein nüchterner Kaufmann und finde, daß Lonny unkorrekt und unschön gehandelt hat Darüber helfen uns keine Sentiments und keine roman tischen Umkleidungen hinweg." „Sentiments nennst du es, wenn meinem Kinde das Herz bricht?" rief Frau Josepha mit flammenden Augen. „Der es ihr brach, war dein Sohn, den ich jetzt ebenso sehr hasse, wie er mich haßt, ohne mich zu kennen. Nur ist mein Haß gerechter! Wie schön hätte alles werden können mit unseren Kindern ohne seinen wahnsinnigen Eigensinn, seinen maßlosen Jähzorn!" „Josy!" ries erschrocken der Mann. Denn er hatte sie immer nur sanft und zärtlich gekannt, ausgleichend und > harmonisch, und sah sie zum erstenmal heute in Haß und Zorn Zum erstenmal auch tai sich eine Verstimmung zwischen ihnen aus, sagten sie einander harte Worte, oi« den Bindern galten, die dieses neue Unheil verschuldet hatten Frau Josepha ging trotzig aus dem Zimmer, ohne ihrem Mann noch ein gutes Wort zu geben. Sie ängstigte sich um Lonny, sie litt mit ihrem blassen, verstörten, zer brochenen Kind Sie fand sie am Fenster ihres Zimmers und stumpf und dumpf in die Frühlingsherrlichkeit der Gärten Hin ausblicken. Sie setzte sich zu ihr, nahm sie in ihre Arme, an ihre Brust, umschlang, streichelte, küßte sie. „Sei ganz ruhig, meine kleine Lonny, ganz still. Nu« bist du wieder zu Hause, bei mir. Nun liegt die schlimme Wett und alles Böse, das du erlebtest, hinter dtr. Nun will ich dich wieder gesund pflegen, wieder froh machen. Nach München laß ich dich vorerst nich z«r«ck Wir schreiben, du brauchst Erholung und Ruhe, und «ach den großen Ferien, die ja doch im Juli und August find, wird sich alles Weitere finden. So wert wollen wir noch nicht denken. Jetzt wirst du versuchen, zu schlafen, zu essen, zu plaudern, zu lächeln, versuchen, gesund zu werden." „Ach, Mutti, ich werde nie wieder lachen können, nie wieder fröhlich sein. Mein Herz ist zertreten und tot. Mutti, wie habe ich diesen Mann geliebt, wie liebe ich ihn noch! Und wie hart und grausam und unerbittlich ist er über mich hinweggegangen! Kann das Liebe sein? Hat er mich jemals geliebt, wenn er so leichten Herzens mich aufgibt? Er hat vielleicht immer nur mit mir gespielt, was er mir jetzt zum Vorwurf macht." „Nein, Lonny, ich glaube, er hat dich sehr geliebt. Aber Männerliebe ist anders als unsere Frauenliebe. Nicht so langmütig, nicht so geduldig und zum Verzeihen bereit. Und dann ist Ralph ein ganz besonderes Gemisch von guten und bösen Eigenschaften. Er kennt keine übei' legung, kein 'Nachdenken und keine Vernunft., Er ist ein genialer, aber ein heMmrmgslossr ZJiekMns.ch, per in der Maßlosigkeit seiner Gefühle, in Liebe und Haß^tets nur seinem Impuls folgt." (Forts, folgt.)