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Aus aller Well. * Die Erkrankung des Reichskanzlers. Amtlich wird mitgeteilt: Der Reichskanzler, der an einer Gallenerkrankung leidet und bereits die Osterwoche bettlägerig war, wird auf ärztliche Anordnung voraus sichtlich noch bis Ende dieser Woche das Bett hüten müssen. ''' Neichstagsabgeordneter Hoernle an der öster reichischen Grenze festgehalten. Der kommunistische Reichstagsabgeordnete Hoernle wollte dieser Tage in einer Versammlung der kommunistischen Jugend- pioniere in Wien sprechen, obwohl ein allgemeines Ein reise- und Aufenthaltsverbot gegen ihn besteht. Hoernle versuchte über den Erenzbahnhof Passau in Oesterreich einzureisen, wurde aber an der österreichischen Grenze von der dortigen Polizei im Zuge erkannt, scstgenom- men und der Bezirkshauptmannschaft Schaerding zugc- führt, die ihn in Passau wieder über die Grenze abschob. * Tragödie einer Ehe. In der Wohnung eines Arztes im Osten Berlins spielte sich am Dienstag abend eine blutige Tragödie ab. Die geschiedene Frau des Doktor Marcus gab auf ihr vier Jahre altes Töchter chen einen Schuß ab, der das Kind lebensgefährlich ver letzte. Dann richtete sie die Waffe gegen sich selbst und brachte sich zwei Schüsse in den Kopf bei. Mutter und Kind wurden in bewußtlosem Zustande ins Kranken haus gebracht, wo Frau Marcus kurz nach der Einliefe rung starb. Nach Ansicht der Aerzte dürfte das Kind nicht mit dem Leben davonkommen. -- Schwerer Unfall in Mülheim/Ruhr. Im Be triebe der rheinischen Zonenbrauerei in Mlllherm/Ruhr ereignete sich Dienstag mittag ein schwerer Unfall, dem zwei Menschenleben zum Opfer fielen. Man war mit dem Hochwinden eines 500 Ztr. schweren Braukessels beschäftigt, als die Winde plötzlich abrutschtc und Ler Kessel, der schon 70 Zentimeter hoch gewunden war. wieder niederstürzte. Der Arbeiter von der Brüggen und der Arbeiter Dreischers aus Mülheim gerieten unter den Kessel und wurden auf der Stelle getötet. - Zum „Europa"-Brand. — Um die Aufklärung der Vrandursache. Noch immer ist man auf der „Europa" emsig mit dem Auspumpen des Löschwassers beschäftigt. Da diese Arbeit wegen der großen Vorsicht, mit welcher sie durchgeführt werden muß, noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, ist inzwischen mit den Aufräumungsarbeiten bereits begonnen worden. Das Schiffsinnere wird von Sachverständigen und Fach leuten daraufhin untersucht, ob und inwieweit eine Ausbesserung der verschiedenen Anlagen mit Erfolg durchgeführt werden kann oder wo eine Eesamterneue- rung vorgenommen werden muß. Auch die Agenten der verschiedensten Versicherungsgesellschaften nehmen unter Führung von Vertretern der Bauwerft und der Reederei weiterhin Besichtigungen des beschädigten Schiffes vor. Nach Beendigung der Pump- und Äuf- räumungsarbeiten wird die „Europa" zunächst ins Dock gebracht werden. Die Wachtmannschasten auf der „Europa" sowie anderen auf der Werft im Bau befind lichen Schiffen sind infolge der Brandkatastrophe be deutend verstärkt worden. Wie die Telegraphen-Union erfährt, bestätigt sich die Meldung der englischen Blät ter, daß englische Detektive zur Aufklärung des „Europa"-Brandes in Hamburg weilen. Auch Lie an deren ausländischen Versicherungsgesellschaften sollen eigene Detektive entsandt haben, so unter anderem eine holländische Gesellschaft. * Temperatursturz in Mittelfrankreich. — 97 Opfer des Kraftwagenserkehrs am Osterdienstag. Nach den verhältnismäßig warmen Ostertagen ist in Mittel- frankrcich ein empfindlicher Temperatursturz einge treten. Während die Temperatur beispielsweise am Ostermontag bis auf 22 Grad Wärme angestiegen war. fiel am Dienstag vormittag das Thermometer in der Pariser Gegend auf -I-2 Grad. Und in der nordöst lichen Bannmeile sogar auf 1 Grad Kälte. In Sa voyen fiel reichlich Schnee bis zu einer Höhe oon 1100 Metern. In der Auvergne ist ebenfalls seit Dienstag früh Schneefall zu verzeichnen. Wegen des außerordent lich starken Osterverkehrs mußten von Paris aus die Josephas Töchter Roman von Lola Stein. 43s (Nachdruck verboten.) Aber er hörte nicht die Liebe in ihrem Ton, nicht die Angst und den Schmerz. Er war wie von Sinnen in seinem maßlosen Zorn. Er wandte sich von ihr ab. „Zwischen uns ist alles gesagt, was zu sagen war. Lebe wohl!" „Ralph!" Noch einmal klang aus ihrem blassen, bebenden Munde sein Name. Und diesmal empfand er dunkel den Ton von Qual und Schmerz, der aus ihm klagte. Und war doch zu sehr von Sinnen, um ihm nach zuhorchen, um zur Vernunft zu kommen. „Ich habe dir nichts mehr zu sagen! Und ich will nichts mehr von dir hören!" Mit großen, eilenden Schritten, so, als ob er auf der Flucht sei, so, als ob Feinde ihm folgten, eilte er fort. Sie sah ihm nach, solange sie einen Umriß seiner Ge stalt erblicken konnte. Sie faßte, sie begriff nicht, daß er ging, daß er so gehen konnte. Sie glaubte in diesen Minuten wahnsinnig zu werden. Er mußte, mußte doch umkehren, mußte zu ihr zurückkommen. Aber er kehrte nicht um. Er kam nicht zu ihr zurück. Und als sie das endlich erkannte, als sie nichts mehr sah als das blühende, grünende Leben der Natur um sich her, als eine lange, lange Weile vergangen war, nachdem er sie verlassen, während der sie reglos, mit ineinanderge- krampftcn Händen gestanden hatte, den Blick unverwandt in der Richtung, in der er ihr entschwunden war, da brach sie zusammen. Neuntes Kapitel. Sie schleppte sich heim. Verirrte sich in dem großen Garten, dessen verborgenste Teile, in denen sie heute ge wesen war, sie bisher nicht gekannt. Blieb oft stehen, um Atem zu schöpfen, so schwer lastete der Druck aus ihrem Herzen, so schrecklich zitterten ihr die Glieder. Erreichte endlich, nach langem, mühsamem Wandern, den Ausgang und war nun nicht mehr weit von ihrem Haus. Züge nach allen Richtungen verdoppelt werden, um die 600 000 Ausflügler befördern zu können. Die Zahl der Opfer, die der Kraftwagenverkehr am Osterdienstag zu verzeichnen hatte, hat sich nach den letzten Meldungen auf 22 Tote und 75 Verletzte erhöht. Italienische Nachforschungen nach der Ballon- grnppe. Nach Meldungen aus Oslo hat Italien in Tromsö den Eismeerkutter „Heimen" zu einer Expe dition nach dem Franz-Joseph-Land und dem Fahr wasser zwischen dieser Inselgruppe und Spitzbergen ge chartert, wo die neuerdings geplanten italienischen Nachforschungen nach der Ballongruppe und der „Latham" durchgeführt werden sollen. Der gecharterte Kutter ist ein modernes und stark gebautes Schiff und hat eine Funkanlage an Bord. * Die Suche nach den Australien—England- fliegern. Das Schicksal der beiden vermißten Austra lien—Englandflieger, Kapitän Kingsforth Smith und Ulm, verursacht nach Berichten aus Sidney nunmehr zunehmende Besorgnis. Die Nachforschungen nach den vermißten Fliegern sind weiterhin ergebnislos geblie ben und man befürchtet, daß die Flieger durch den tro- penartigen Regen von ihrem ursprünglichen Kurse ab getrieben wurden. Die Suche der australischen Luft streitkräfte nach den Fliegern wird durch die austra lische Negierung unterstützt, die ihre Radiosender zur Verfügung gestellt hat. Die Hauptgefahr für die Flie ger sieht man darin, daß sie an Nahrungsmittelmangel zugrunde gehen können, da sie wahrscheinlich in einem Gebiete gelandet sind, wo meilenweit keine Ansiedlun gen vorhanden sind. * Ein schweres Fährenunqluck in Rußland. Wie aus Moskau gemeldet wird, ist auf dem Flusse Ussuri im Amur-Gebiet eine Fähre gesunken, auf der sich 19 Bauern befanden. Sämtliche Insassen kamen in den Fluten ums Leben. " Ein brennender Oelzug in Kaukasien. Wie aus Moskau gemeldet wird, geriet auf der Strecke zwischen Baku und Poti ein Erdöltankzug während Les Trans portes in Brand. Es brennen 11 Tankwagen und die Lokomobile. Einige Personen des Begleitpersonals kamen zu Schaden. * Ein vollbesetzter Autobus umgestürzt. Aus Madrid wird gemeldet: In der Nähe von Cordoba ist ein vollbesetzter Autobus umgestürzt. 17 Insassen wur den dabei teilweise schwer verletzt. * Der siamesische Zwilling darf nicht heiraten. In Newark hatte sich kürzlich eine der beiden dort lebenden Zwillingsschwestern Gibbs verlobt, deren Körper durch einen Rückenknochen für Zeit und Ewigkeit miteinander verbunden sind, und die als siamesische Zwillinge in neuer Auflage in allen amerikanischen Schaustellungen gezeigt werden. Die beiden Schwestern Margaret und Mary hatten sich in einen zwanzigjährigen Jüngling > namens Carlos Daniel Josefe verliebt, der vor die ! schwere Wahl gestellt, welchem der Zwillinge er Herz , und Hand schenken sollte, schließlich Margaret den Vor- ' zug gab. Aber Ler Verlobung dürste die Eheschließung i nicht folgen, denn der Bürgermeister von Newark wei- , gort sich entschieden, die erforderliche Heiratslizenz zu > erteilen. „Margaret Gibbs," erklärte er, „ist nicht eine Frau, sie ist vielmehr die Hälfte eines Zwillingspaares. Es gibt keine gesetzlichen Bestimmungen, die mich er mächtigen, zwei Frauen die Erlaubnis zu erteilen, einen einzigen Mann zu heiraten." Diese Ansicht teil ten auch die Geistlichen und die Standesbeamten von Newark, so daß es wohl bei der Verlobung sein Bewen den haben wird und dem Bräutigam die Spekulation auf die gesteigerte Anziehungskraft der Ausstellungs objekte vorbeigelingen dürfte. Lindbergh in Mexiko-Stadt. Neuyork, 3. April. Lindbergh landete am Diens tag aus dem Flugfeld von Mexiko-Stadt. Er war mit ' seiner Braut Aenne Morrow von Vrownsville in Texas gestartet und hat die Strecke in etwas mehr als fünf i Stunden zurückgclegt. Er beabsichtigt, etwa zwei Tage § in Mexiko-Stadt zu verbringen. Überall Scharen von fröhlichen Menschen, die diesen wunderbaren Sonnentag genossen hatten und mm be friedigt heimzogen. Hatte sie nicht auch vor kurzer Zeil noch zu diesen Frohen und Zufriedenen gehört? Oder war das schon lange, lange her? Nun war sie daheim. Daheim? So fremd, so leer hatte sie diese Pensionswohnung noch nie empfunden wie am heutigen Tage, so stark hatte noch nie das Heimweh in ihrem Herzen gebrannt. Auch hier schienen alle ausgeflogen zu sein, keiner hörte ihr Kommen, keiner wollte etwas von ihr, Gott sei Dank. Sie schloß sich in ihrem Zimmer ein, sie warf Hut und Jacke auf das Sofa, sie sank todmüde, halb besin nungslos auf ihr Bett. Fand nicht die Kraft, sich aus zuziehen, blieb in dem neuen weißen Kleid, über das sie sich so gefreut, das sie so voller Erwartung heute morgen angezogen hatte, liegen, wühlte den schmerzenden, dröh nenden Kopf tief in die Kissen hinein und wimmerte vor sich hin. War es denn Wahrheit, was sie erlebte? Gab es das? Konnte es das geben? Diesen Wechsel vom Glück zum Leid? Diese Seligkeit, dieses Fliegen in wonnigen Höhen und dann dieser dumpfe, grausige Sturz in die Tiefe, in schwärzeste Nacht? Was war denn nur geschehen, um das alles begreiflich zu machen? Was hatte sic denn getan, was hatte sie ver brochen? Sie hatte geschwiegen, aus Angst geschwiegen, ihn, den sie sogleich geliebt, als sie ihn gesehen hatte, wieder zu verlieren, wenn sie ihm die Wahrheit gestand. Diese Wahrheit, die doch keine Schande, kein Verbrechen war. Für ihn Wohl doch. Denn er hatte sie gehaßt, ohne sie zu kennen, und hätte sie wohl nie geliebt, wenn er sie in ihrer wahren Gestalt sogleich erkannt hätte. Er hatte ihr gesagt, daß Wahrheit für ihn die höchste Tugend sei, das oberste Gesetz. Daß er ohne Aufrichtigkeit nicht leben konnte und nie Menschen um sich dulden würde, die nicht aufrichtig seien wie er selbst. Er haßte alles Falsche, Heuchlerische, er haßte Verstellung und Lüge. Aber war sie denn in Wahrheit eine Lügnerin? Hatte sie sich Kunst und Wissenschaft. Ein interessantes Experiment aus sprachlichem Gebiete. Bei der Kaufmännischen Esperanto-Vereinigung Dresden (Geschäfts stelle Radebeul) war aus Paris die Mitteilung eingegangen, daß in Frankreich oft von deutschen Firmen, darunter auch von einigen Dresdnern, Prospekte und sonstige kommerzielle Reklame schriften verteilt werden, die in einem so mangelhaften Fran zösisch verfaßt sind, daß sie lächerlich wirken und zum Teil für den Fachmann unverständlich sind. Um eine propagandistische Wirkung zu erzielen, ist es empfehlenswert, daß derartige, für bestimmte Fächer bzw. bestimmte Berufsarten gedachte Reklamen im Lande selbst, möglichst unter Mithilfe von Leuten aus dem Fach vorgenommen werden. Die Kaufmännische Esperanlo- Veroinigung hat nunmehr mit der Gesellschaft Esperanto et Eommerce in Paris, eine der Pariser Messe nahestehende Ver einigung, einen direkten Uebersetzungsdienst eingerichtet und hat versuchsweise für eine bekannte Dresdner Firma einen längeren Wirtfchaftsbericht mit schwierigem Text in Esperanto übertragen und durch die Pariser Esperantisten aus dem Esperanto ins Französische übersetzen lassen. Es hat sich beim Vergleich mit dem deutschen Text ergeben, daß die Uebersetzung ins Französische vollkommen sinngemäß und wortgetreu aus gefallen ist, ein Beweis, daß das Esperanto bereits so voll kommen und so biegsam ist, daß selbst schwierigste Abhandlungen einwandfrei übertragen werden können. Die obengenannte Ver einigung kann auf diese Weise Uebersetzungen anfertigen lassen in 45 Nationalsprachen — ein schlagender Beweis von der Nütz lichkeit des Esperanto für den Kaufmann. Der Radeberger Esperanto-Verein „Verda Stelo" (Vors. Willy Kuhnt, Dresdner Straße 1) ist gern bereit, derartige Uebersetzungen zu vermitteln. O Die Arbeiten am Nemisee. — Das erste Zmperatorenschifs wird sichtbar. Die Arbeiten am Nemisee sind nunmehr soweit gediehen, daß das größere der beiden Jmperatorenschiffe, das dem Ufer am nächsten liegt, aus der Oberfläche des Sees herausragt. Ueber den Spiegel des Sees flattert nun bereits die italienische Triko lore, die man sogleich beim ersten Auftauchen des Schiffes auf diesem gehißt hat. Der Bug des Schiffes hat noch keine inter essanten archäologischen Funde gebracht. Es werden noch Wochen vergehen, bis der Wasserspiegel so weit gesenkt ist, daß der ganze Rumpf des Schiffes sichtbar ist. * Zum 90. Eröffnungstage der .Leipzig—Dresdner" Eisenbahn. Die vor 90 Jahren am 7. April 1839 eröffnete Eisenbahn linie zwischen Althen und Dresden ist die erste Lokomotiv- eisenbahn gewesen. Sie verdankt ihre Entstehung der uner müdlichen Vorarbeit der Leipziger Volkswirte Friedrich List, dem es gemeinsam mit seinem Freunde Gustav Harkort gelang, ein Konsortium angesehener und vermögender Leipziger Würger zu bilden, die mit Hilfe der Einwilligung der damaligen sächsi schen Etaatsregierung die Leipgig-Dresdnor-Eifenbcchn-Wtien- gesellschaft gründeten. Die Baukonzession wurde am 6. Mai 1835 erteilt. Das Baukapital wurde durch Ausgabe von 1H Mil lionen Mark Aktienkapital in unverzinslichen Kassenscheinen aus gebracht. Es bestand aus 15 000 Aktien zu je 190 Talern und war am 14. Mai 1825 bereits vollständig gezeichnet. Die Bau- tommisfion, die zwischen geplanten Straßen (Lommatzsch- Meißen und Dahlen—Strehla) zu wählen hatte, entschied sich auf Grund eines fachlichen englischen Gutachtens für das rechte Elbufer. Anter der Leitung des Oberingenieurs Kunz begannen die ersten Erdarbeiten bei Machern Anfang Mai 1836. Das gewaltige Schienenmaterial wurde aus England bezogen, ebenso wie die erste Lokomotive „Komet" samt ihrem Führer John Robson. Zn 15 Kisten verpackt wurde diese von der englischen Maschinenfabrik Rothwell u. Co. in Botten nach Deutschland transportiert. Die gesamten Baukosten der Leipzig—Dresdner Eisenbahn betrugen 8500 000 Taler. Von den verschiedenen Kunstbauten sind die Muldenbrücke bei Wurzen, die Elbbrücke Lei Riesa, vor allem aber der große Tunnel Lei Oberau zu nennen. Dieser erste deutsche EisenbahntunNel ist 514 Meter lung und es muhte zur Durchtunnelung ein 22 Meter hoher Porphyrfelsen mit Hilfe einer Kolonne Freiberger Bergleute kunstgerecht durchbohrt werden. Seine Kosten allein betrugen 347 000 Taler. Auf der Strecke von Würzen bis Dresden wurde damals bereits Querschwellenbau mit Kiesbettung durchgeführt. Die am 7. April 1839 unter Teilnahme von Tausenden von Zuschauern erfolgte feierliche Eröffnung dieser deutschen Dampf wagenlinie war ein gewaltiges Landesereignis. Drei prächtig geschmückte Festgüge, deren erste Lokomotive „Komet" der da malige Maschinenmeister Kirchweger führte, dampften unter Ka nonendonner und Festgeläute vom Bahnhof Althen, dem späte ren .Dresdner Bahnhof" in Leipzig, nach dem schmucken .Leip ziger Bahnhof" in der Dresdner Neustadt, dessen damaliges Emp fangsgebäude mit der ersten Personenhalle noch heute stehen, ab. E. H. verstellt? Hatte ihr Herz, das sogleich in Flammen stand, ihr nicht geboten, so zu handeln, wie sie es getan hatte? Aus Liebe, nur aus Liebe getan hatte. Und war nun so furchtbar, so unausdenkbar dafür bestraft worden. „Mutti!" stöhnte sie vor sich hin. „Mutti!" Sie wgx wieder zum Kinde geworden, zum kleinen Mädchen kn ihrem abgründigen Schmerz, das nach der Mutter ver- langte, das nichts so sehr ersehnte, als das schmerzende Haupt an der geliebten Mutterbrust bergen zu dürfen, sich von den geliebtesten Franenarmen umfangen zu lassen, allen Kummer, alle Quäl'des Herzens auszuweinen bei ihr, Trost zu finden durch ihren Zuspruch in ihrem Leid. Aber gab es denn ühgrhaupt Trost für sie? Konnte es je welchen geben? <- Ach, auch der Mutter hatte sie helfen wollen, denn sie wußte ja, daß sie sich über das Zerwürfnis grämte. Dem Stiefvater den Sohn wieder zuführen, Ralph selbst aus dem Zwiespalt erlösen, in dem er seit der Feindschaft mit seinem Vater lebte und unter dem er litt, wie sie genau wußte. Nur Gutes hatte sie gewollt und hatte Böses ge stiftet. Nur Liebe geben und Liebe empfangen hatte sie gewollt und hatte nun Haß und Verachtung geerntet. Eine Lügnerin, eine Betrügerin, eine listige, raffinierte, schlaue, berechnende Kokette war sie in seinen Augen, die ihr Netz nach ihm ausgeworfen hatte, die ihn mit Künsten und Listen und Lügen einfangen wollte. Wie war es möglich, daß der geliebte Mann sie so sah? Wie war es möglich, daß er ihr so wehe getan, daß er ihr so bitteres, bitteres Unrecht zugefügt hatte? Sie stöhnte, sie schluchzte, sie slüsterte, sie wimmerte jetzt seinen Namen, der ihr der teuerste war auf der Welt. „Ralph!" stammelte sie. „Ralph! Ralph!" Und er hörte sie nicht. Er fühlte nicht ihre Liebe unv nicht ihre Qual. Sie wartete mit wild schlagendem Herzen am nächster Morgen auf die Post. Sie brachte ihr nichls. (Fortietzung folgt.)