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Erbitterte Kämpfe überall. Um den Besitz der Stadt Jiminez. London, 2. April. Der am Montag vormittag auf einer Frontbreite von zwei englischen Meilen eröffnete Kampf um den Besitz der Stadt Jiminez ist nach Be richten von der mexikanisch-amerikanischen Grenze gegenwärtig noch im Gange. Bei Unterbrechung der Feindseligkeiten am Sonntag abend wegen eintretender Dunkelheit hatten die Regierungstruppen einige Er folge zu verzeichnen und ihre Borhut war bis in die Nähe der Außenviertel der Stadt vorgedrungen. In den Straßen selbst kam es zu heftigen Kämpfen. Der Widerstand der Aufständischen war jedoch noch kei neswegs gebrochen und nach Wiederaufnahme der Schlacht wurde von beiden Seiten reichlich Artillerie verwandt. Die zahlenmäßige und technische Ueberlegenheit der Negierungstruppen wird zum?r Teil ausgeglichen durch die außerordentliche Verbissenheit, mit der die Aufständischen unter dem persönlichen Oberbefehl Ge neral Escobars Widerstand leisten. Die bisherigen Teilerfolge beider Lager an einzelnen Abschnitten der Front haben die Eesamtgefechtslage noch nicht entschei dend beeinflußt. Aus Naco in Arizona wird berichtet, daß zwei Flugzeuge der Aufständischen die Schützengräben der Regierungstruppen mit Bomben bewarfen. Unmittel bar darauf habe ein Jnfanterieangriff gegen die Stel lungen der Regierungstruppcn eingesetzt. Aus Limon im Staate Sinaloa wird ein Sieg der Regierungstrup pen gemeldet. Die Aufständischen verloren an dieser Stelle 100 Tote, die Regierungstruppen 20. Täglich 300 Tole London, 3. April. Wie aus Mexiko-Stadt berichtet wird, gibt die Regierung bekannt, daß die Verluste der aufständischen Streitkräfte in der Schlacht bei Jiminez nach den Schätzungen General Calles' täglich 300 Tote betragen. Die Regierungstruppen sollen bisher nur 50 Tote verloren haben. Eine Abteilung der Negie rungsstreitkräfte unter dem Befehl von General Qne- vedo befindet sich nunmehr nur noch 100 Meter von den Stellungen der Aufständischen entfernt. General Calles ist der Auffassung, daß die völlige Niederwerfung der Aufständischen nur noch eine Frage von Stunden ist. Der neue Krieg in China. Weitere Erfolge Tschiangkaischeks. London, 2. April. Vom Hauptquartier General Tschiangkaischeks in Kiukiang wird bekanntgegeben, daß die Regierungstruppcn Hwangtschau, 20 Meilen von Hankau entfernt, einnahmen und nun mit großer Schnelligkeit auf Hankau selbst vor rücken. Die Entscheidung der Kanton-Generale, daß sie der Zentralregierung in Nanking treu bleiben, wird in Nanking als ein schwerer Schlag für die gegnerischen Streitkräfte angesehen. Die Sicherheit der ausländischen Staatsangehöri gen in Hankau gilt als nicht gefährdet. Kämpfe im Orient. 500 Beduinen getötet. London, 3. April. Bei den vor einigen Tagen ge meldeten Wahibi-Ueberfällen bei Jeb el Beib sind nach zuverlässigen Meldungen 500 Beduinen getötet worden. Der Ueberfall erfolgte auf ein großes Feldlager des Howeitat-Stammes. Alle Mitglieder des Stammes, etwa 300 bis 400 Personen, wurden um gebracht und nur fünf von ihnen soll es gelungen sein, zu entkommen. Ein Heer von Wahabiten unter der Führung des Sohnes von Ibn Saud wird in Kürze zusammengezogen. Man glaubt, daß ihr Zweck Vie Ein leitung einer Strafmaßnahme gegen die Scheiks ist, die kürzlich gegen Ibn Saud gemeutert haben. Für den Fall, daß diese Streitmacht einen neuen Angriff auf Transjordanien vorbereitet, sind britische Trup pen in Bereitschaft ge st eilt worden. Eine MmiW WMIM-MGU. Die amtliche italienische „Agencia 'Stefani" gibt bekannt: Am Dienstag mittag fand in der Villa Eioiosa in der Umgegend von Florenz, wo Chamber lain die Osterfeiertage verlebte, eine Zusammenkunft zwischen Mussolini und Chamberlain statt. Im Ver lauf einer längeren Unterhaltung, die den Stempel per sönlicher herzlicher Freundschaft zwischen den beiden Staatsmännern trug, beschäftigten sich beide mit der allgemeinen Lage und bekräftigten erneut die Herzlich keit der Beziehungen zwischen England und Italien. Sie gelangten zu der Feststellung, daß beide Regierun gen in den wichtigsten politischen Fragen, die die beiden Länder interessieren, übereinstimmen. Darauf gab Mussolini Chamberlain und seiner Gattin im Schloß Montalbane ein Frühstück. Dieser Besprechung kommt besondere Bedeutung zu, wenn auch zur Zeit akute Fragen, die England und Italien gemeinsam angehen, kaum vorhanden sind. Aber da Mussolini beharrlich einer Begegnung mit Briand aus dem Wege geht und es vermeidet, nach Genf zu gehen, so werden die beiden Staatsmänner sich sicherlich mancherlei zu sagen haben, was für Frankreich nicht angenehm sein kann. In dem Kampf um die Machtim M i t t e l m e e r hat England ein gewich tiges Wort mitzureden. Englifch-ttalienifche Annäherung London, 3. April. Ueber die Besprechungen zwi schen Mussolini und Chamberlain bringen die Morgenblätter nur sehr spärliche Berichte, die nicht auf den Gegenstand der Verhandlungen cingehen. „Daily Telegraph" meint, daß den Besprechungen nicht notwendigerweise eine politische Bedeutung zuzumessen sei. Bei zwei früheren Gelegenheiten sei Chamberlain von englischen Kreisen, die dem Faschismus ablehnend gegenllberstünden, entschieden kritisiert worden. Diese Unlogik weist der Mitarbeiter des Blattes damit zu rück, daß die italienische Außenpolitik Großbritannien gegenüber unter Mussolini freundlicher gewesen sei und mehr genützt habe als unter irgend einem seiner Vor gänger. Die Mossulkrise, das englisch-italienische Ab kommen über das Bubaland und die Tangerverwaltung seien Beweise dafür, daß eine wirklich herzliche Einig keit zwischen beiden Regierungen hergestellt sei. Die Locarnoverträge rechtfertigten außerdem derartige Be sprechungen, die im gegenwärtigen Augenblick vielleicht eine aktuelle Bedeutung dadurch besäßen, daß Cham berlain den Wunsch haben könnte, die leichte Abkühlung in den Beziehungen nach dem Abschluß des englisch- französischen Flottenabkommens zu beseitigen. Der Weg nach Paris über London. Paris, 3. April. „Echo de Paris" meint, zwischen London und Rom scheinen keine besonderen Fragen zu schweben, jedoch dürfe man annchmen, daß England keine angenehmen Erinnerungen an die italienische Presse-Auseinandersetzung gegen das englisch-franzö sische Flottenabkommen gehabt habe. Frankreich sei an dem Siege des Kabinetts Baldwin bei den kommenden Wahlen interessiert. In den Fragen der Kriegsent schädigung und Rheinlandräumung seien sich Italien und England einig. Beide seien der Meinung, daß die Regelung der Zahlungen das Ende der Be setzung herbeiführcn müsse, obgleich Mussolini gelegentlich anerkenne, daß die Regelmäßigkeit der von Deutschland geleisteten Zahlungen auf die Anwesenheit der Besatzung in den rheinischen Brückenköpfen zurück- zufllhren sei. In der letzten Zeit sehe es so aus, als ob auch die französischen Verhandlungen über die Süd grenze von Lybien und das Statut der Italiener in Tunis besprochen worden seien. Man wisse, daß der Weg Paris—Rom oft über London führe. Für -ie Selbstverwaltung Indiens London, 3. April. Die liberale Tagung der Ver einigten indischen Provinzen in Lucknow nahm einstim mig eine Entschließung an, die feststellt, daß nureine Verfassungsänderung, die Indien als Dominion anerkennt, den Bedürfnissen des Landes und den Forderungen des Volkes gerecht werde. Jeder Versuch, die völlig unzureichende Verfassung durch halbe Maßnahmen zu verbessern, selbst das Zugeständnis einer provinziellen Selbstverwaltung würde von dem fortschrittlich einge stellten Teil der indischen Bevölkerung abgelehnt wer den. Die Tagung lenkte weiter die Aufmerksamkeit der britischen Regierung auf die zunehmende Unzu friedenheit des indischen Volkes mit der Verfassung und auf die zunehmende Ent fremdung zwischen der indischen Regierung und dem indischen Volke. Die Anbahnung eines freundschaft lichen Verhältnisses auf Grund von englischen Zuge ständnissen liege nicht weniger im englischen wie im indischen Interesse. Von der Tagung wird nach weiteren Berichten aus Bombay in Kürze die Bildung einer sehr bedeutsamen Moslem-Ver einigung in Delhi erwartet. Auch diese neue Vereinigung wird die Selbstregierung für Indien ver langen, doch unter Trennung der verschiedenen Vevöl- kerungsgruppen. Für die nächsten Wahlen werden für die Vereinigung moslcmitische Anwärter aufgestellt werden. Man hofft, daß Aga Khan den Vorsitz über nehmen werde. Die neue Bewegung wird in Bombay als die politisch bedeutungsvollste in Indien während der letzten Jahre angesehen. Mit den gemäßigten Hindukreisen soll ein freundschaftliches Verhältnis an gestrebt werden. Das preußische Waweek. Die Anschlußfeier in Arolsen. Der Freistaat Waldeck ist seit Montag preußisch. Den Uebergang des kleinen Ländchens leitete eine Feier ein, die unter Teilnahme des preußischen Innenmini sters und vieler anderer Behördenvertreter am Oster montag vor dem Arolser Regierungsgebäude stattfand. Das ganze Städtchen hatte geflaggt. Nach einem Konzert der Kasseler Schupokapelle hielt der üisherige.Vizepräsident des kleinen Landes — als letzte Amtshandlung in staatlicher Selbständigkeit — eine Begrüßungsansprache, auf die Minister Erze- sinski im Namen der preußischen Regierung erwiderte. Der Minister hob hervor, daß Waldeck den An schluß an Preußen nach völlig freiwilliger Entschließung vollziehe, und erklärte, daß die Aufgabe der staatlichen Selbständigkeit an den Lebensgewohnheiten der Wald- cckschen Bevölkerung nichts ändern brauche. Dann führte er aus: „Ich kann und will hier nicht eingehen auf das in den letzten Jahren und Monaten viel erörterte Thema des deutschen Einheitsstaates. Preußen wahrlich ist groß und in sich stark genug, um nicht nach Gebiets erweiterung und Bevölkerungszuwachs verlangen zu müssen. Aber was für Preußen gilt, gilt nicht für alle anderen deutschen Länder. Und es darf in dieser Not zeit der Bevölkerung und des deutschen Staates nicht sein, daß nur um der Eigenliebe einzelner kleiner Teile willen Zustände und Grenzen aufrecht erhalten wer den, die nicht mehr in der heutigen Zeit aus den Be dürfnissen der Bevölkerung und der Wirtschaft sich recht fertigen lassen. Waldecks Anschluß an Preußen ist des halb von mehr als lokalem Interesse, reicht weit hin aus in seiner Wirkung über die Grenzen des bisherigen Freistaates." Neue ^Überraschung in Iannowitz. Breslau, 2. April. Am 30. März hat sich, wie amtlich mitgeteilt wird, in Liegnitz ein Fleischer Bitt ner gemeldet, der im Januar von einem jungen Mann darum gebeten sein soll, den jetzt getöteten Grafen Stol berg zu erschießen oder zu erstechen. Bei der Polizei in Liegnitz sind Bittner Photographien des verhafteten Grafen Christian vorgelegt worden, aus denen Bittner den jungen Mann, der ihn im Januar zu der Tat an stiften wollte, wieder erkennen will. Eine Gegenüber stellung des angeschuldigten mit Bittner soll sofort er folgen. Heute vormittag ist die Mordkommission von neuem nach Iannowitz gefahren, um die gestrigen Aussagen des verhafteten Grafen Christian Friedrich zu Stolberg zu überprüfen. Graf Christian wird wieder vernom men werden. Cs steht nunmehr fest, daß nach diesen Vernehmungen ein Lokaltermin in Iannowitz im Bei sein des verhafteten Grafen stattfinden wird. Erst nach diesem Lokaltermin wird es sich entscheiden, ob gegen den Grafen Anklage wegen fahrlässiger Tötung oder wegen Mordes bzw. Totschlags erhoben wird. Im ersteren Falle käme die Angelegenheit vor das Hirsch berger Schöffengericht, im zweiten Falle vor das Schwurgericht. Als ein Ergebnis der gestrigen Ver nehmung des Grafen Christian zu Stolberg-Wernige rode kann vermerkt werden, daß die Berliner Mord kommission beschlossen hat, beim Untersuchungsrichter die Untersuchung des Geisteszustandes des Grafen Christian zu beantragen. Beginn Les Prozesses Langkosp Berlin, 3. April. Vor dem erweiterten Schöffen gericht Berlin-Schöneberg begann heute vormittag unter außerordentlich starkem Andrang die Verhand lung gegen den Farmer Langkoop und den Mitange klagten Kaufmann Loof. Der Vorsitzende, Landgerichts direktor Dr. Ziegel, ermahnte zu Beginn der Verhand lung die Prozeßbeteiligten, jede Erregung und Sensa tion bei der Verhandlung auszuschalten. Vom Ge richte sind vier Sachverständige und etwa zwanzig-Zeu gen geladen. Die Verteidigung beantragte darüber hinaus die Ladung einer großen Zahl weiterer Sach verständiger und Zeugen. Von der Staatsanwaltschaft werden diese Anträge als unerheblich bezeichnet. Außer dem könne man die Vertreter von geschädigten Verbän den nicht als unbefangen bezeichnen. Im weiteren Ver lauf des Prozesses beschloß das Gericht nach kurzer Be ratung, von den von der Verteidigung geladenen Sach verständigen vier zu vernehmen. Der Angeklagte schil derte dann seinen Lebenslauf. Der Jahresverdienst seiner Farm habe sich auf durchschnittlich 20—25 000 Mark belaufen. Wenn man später 42 000 Mark Ent schädigung für die jahrelange Mühe und Arbeit erhalte, so sei das völlig unfaßbar. Sein Vermögen habe etwa 100 000 Mart betragen, die natürlich unter den Ver hältnissen in Afrika sehr viel wertvoller gewesen seien als in Deutschland. Im Laufe der Vernehmung kam es dann zu einem kleinen Zwischenfall im Zuhörer raum. Es erhob sich ein junger Mann und rief: „Die Angeklagten sind beide unschuldig." Der Vorsitzende ersuchte den jungen Mann ruhig zu bleiben, da er ihn sonst Hinausweisen müsse. Langkoop erzählte weiter von seinen militärischen Erfahrungen im Buschkrieg. Er sei in englische Gefangenschaft geraten und in Aegypten interniert worden. Nach dem Kriege sei er ausgeliefert worden und in das Lockstedter Lager ge kommen, wo man ihm den von den Engländern mitge brachten guten Anzug abgenommen habe, um ihm da für Lumpen und eine Papiermütze zu geben, so daß er wie ein Verbrecher herumlaufen mußte. Weiter schil derte Langkoop seine Verhandlungen mit den Entschädi- aungsbcbörden. Neueste Nachrichten. Die englische Abordnung nur zu reinen SLudien- zwecken in der Sowjetunion. Kowno, 3. April. Im Zusammenhang mit der Anwesenheit der englischen Abordnung in Moskau herrscht dort eine gewisse Spannung darüber, zu welchen Ergebnissen sie es in der Entwicklung der russisch-eng lischen Beziehungen bringen wird. Wie aus gut unter richteter Quelle erklärt wird, hat die englische Abord nung es abgelehnt, irgendwelche Vermittlerrolle zwi schen Rußland und England zu spielen. Sie sei lediglich zum Studium der Wirtschaftsverhältnisse nach der Sow jetunion gekommen. In Londoner sowjetfreundlichen Kreisen überschätze man anscheinend die Wirtschaftslage der Sowjetunion. Irgendwelche Abschlüsse zwischen der Sowjetregierung und der englischen Abordnung werden nicht erwartet. Man nimmt an, daß die Ab ordnung bei ihrer Rückkehr nach London einen Bericht über die politische Lage erstattet und den Standpunkt vertreten wird, daß der englisch-russische Handel auch ohne die Wiederherstellung der diplomatischen Be ziehungen zwischen beiden Ländern normal seinen Gang gehen könne. In sowjetrussischen Kreisen wird darauf hingewiesen, daß Litwinow noch zwei Wochen vor Ein treffen der Engländer durch die amerikanische Telegra phen-Agentur Associated Preß darauf hingewiesen habe, daß die Sowjetregierung der Reise der englischen Wirtschaftler skeptisch entgegensetze und keine großen Erwartungen auf eine Wiederherstellung der diploma tischen Beziehungen der beiden Länder setze. Die langwierigen Verhandlungen in Paris. Paris, 3. April. Zu der Erklärung Dr. Schachts, daß die Verhandlungen über die endgültige Lösung der Kriegsentschädigungsfrage langwierig sein würden und Geduld erforderten, schreibt der offiziöse „Excelsior" unter anderem: Dieser Standpunkt werde auch von den Kollegen Dr. Schachts im Sachverstündigenausschuß ge teilt, die ihre Zustimmung zur Unterbrechung der Kon ferenz während der ganzen Osterwoche gegeben hätten, obwohl sie eigentlich schon Mitte April wieder lhren Berufen und Geschäften nachgehen wollten.