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Die deutsche Not in Oberschlesien. London, 13. März. Der Verfasser des aufsehen- erregenden Buches „Die zweite Schlesienreise" Oberst Hutchisons, der seinerzeit dem alliierten Minderheiten- ausschuß angehörte und auf Grund seiner zweiten Schlesienreise ein vernichtendes Urteil über die polnische Haltung gegenüber der deutschen Minderheit fällte, richtet eine Zuschrift an den „Manchester Guardian", darin heißt es, daß kein gerechturteilender Mann be streiten könne, daß die große deutsche Minderheit in Oberschlesien gegenwärtig unter schlechter Behandlung leide. Für diese Tatsache beständen überwältigende Beweise. Der oberschlesische Sejm, der die erste Grund lage für ein autonomes Schlesien darstelle, sei zu unrecht aufgelöst worden. Das stelle eine Verletzung des ele mentaren Grundsatzes der Selbstbestimmung und des Völkerbundes selbst dar. Die Politik der polnischen Woi woden und der polnischen Verwaltung habe klar zum s Ziel die deutsche Minderheit durch Zwangsmaßnahmen - zu entdeutschen. Auch hierfür seien reichliche Beweise ! vorhanden. Da der Völkerbund noch nicht genüge, emp fiehlt Hutchison einen ständigen Ausschuß zur Behand lung aller Minderheitenfragen einzusetzen. Drei Schritte seien sofort notwendig, um die Rechte der Minder heiten zu schützen: 1. Die Bildung eines ständigen Aus schusses. 2. Volle Oeffentlichkeit. 3. Die Anhörung des Beschwerdeführenden durch den ständigen Ausschuß. Die britische Oeffentlichkeit besitze die Macht, einen Ausgleich der Dinge herbcizuführen und als unpartei ischer Beobachter der Vorgänge richtet Oberst Hutchison an sie seinen Apell. Noch kein Abschluß der Untersuchung im Falle Ulitz. Kattowitz, 13. März. Der verhaftete Volksbund führer Ulitz befindet sich nach wie vor in Haft. Die Untersuchung ist immer noch nicht abgeschlossen. Eine Haftentlassung gegen Kaution dürfte erst zu erwarten sein, sobald die Voruntersuchung und die damit ver bundene Zeugenvernehmung abgeschlossen ist. Zu den Madrider Stu-enlenunruhen Paris, 13. März. Das „Journal" bringt Einzel heiten über die Madrider Studentenunruhen am Diens tag. Etwa 2000 Studenten zogen vor das Unter richtsministerium, wo sie Hetzlieder gegen den Minister sangen. Die Polizei machte von den Waffen Gebrauch, worauf die Studenten mit Stein- würsen antworteten. Weitere Ausschreitungen fanden vor dem Zeitungsgebäude des „ABC" statt, wo die Fensterscheiben zertrümmert wurden. Einem Studenten wurde von einem Polizisten der Hals durch schossen. Es handelt sich dabei um den Neffen des Ar tillerieobersten Marcoesi, der wegen Teilnahme an der Verschwörung von 1926 zum Tode verurteilt, aber später begnadigt worden ist. Der Student ist auch mit dem Grafen Vugallal, dem früheren Minister und Vor sitzenden des Parlaments, verwandt. Am Abend er eigneten sich weitere Zusammenstöße beim Militärkasino. Die Menge flüchtete in die Cafes und Läden, während Fensterscheiben und Aus lagen zertrümert wurden. In Barcelona beschlossen 400 Studenten der Kunstgewerbeschule, an den Kursen nicht mehr teilzunehmen, bis ihre Forderungen erfüllt seien. Politische Motive. Madrid, 13. März. In einer amtlichen Erklärung zu den Studentenunruhcn, teilt die Regierung mit, daß sie sich zu energischen Gegenmaßnahmen gezwungen sehe, da die Bewegung politischen Charakter trage. An den blutigen Zusammenstößen am Nach mittag trügen die Studenten allein die Schuld. Die Polizei sei von lärmenden Studenten angegriffen wor den und hätte deshalb von der Schußwaffe Gebrauch machen müssen. Am Abend kam es zu neuen Ansamm lungen in der Hauptstraße. Die Polizei konnte aber in kurzer Zeit die Ruhe wiederherstellen. Nachrichten von den übrigen Universitäten fehlen vollständig. Es ver lautet aber, daß auch in der Provinz Kundgebungen stattgesunden haben. Mr WMe AlWmW zu im MMW Berlin, 13. Mürz. Nach einer Meldung des „Lokalanzeigers" aus Kairo, gab der Außenminister auf scharfe Angriffe in der Aegyptischen Presse folgende Er klärung über die umstrittene Zeppelinfahrt nach Aegyp ten ab: „Das Recht der Bewilligung der Einreiseerlaub nis für zivile Flugzeuge und — sinngemäß Zeppelin- fahrzeuge, steht allein der Aegyptischen Regierung zu. Es ist dem ägytischen Außenminister nicht bekannt, Laß Verabredungen oder Verordnungen irgendwelcher Art vorlägen, die der englischen Regierung das Recht der Mitbestimmung in dieser Frage gäben." Als der Mi nister auf die Aussprache im englischen Parlament hingewiesen wurde, in der der Unterstaatssekretär des Auswärtigen Amtes das Recht der Bewilligung für London in Anspruch genommen habe, erklärte der Mi nister, daß diese Bemerkung zu unrecht erfolgt sein müsse, wenn sie überhaupt gefallen sei. Die Dinge lägen völkerrechtlich so, daß Aegypten die Einreise zu bewilligen habe und sie nach technischer Prü fung des Falles auch geben würde, wenn Deutschland eine solche Einreise des Zeppelin beantrage. Der Minister betonte bei der Gelegenheit, daß er sich freuen würde, den Zeppelin über Kairo zu sehen. Schweres BrandungMek in Sagen 12 Verletzte — 2 Mädchen vermißt. Hagen i. Wests., 13. März. Am Dienstag spät abends brach aus noch unbekannter Ursache in einem Wohnhaus in der Marienstraße Feuer aus, das sich mit rasender Geschwindigkeit ausbreitete. Die aus dem Schlafe aufgeschreüten Hausbewohner, denen der Weg ins Freie durch die Flammen versperrt war, sprangen ohne Ueberlegung aus den Fenstern oder verfehlten die aufgehaltenen Sprungtücher und schlugen auf das Straßenpflaster auf. Hierbei erlitten zwölf Personen zum Teil schwere Verletzungen. Zwei junge Mädchen, die zusammen eine Kammer bewohnten, werden ver mißt. Es wird angenommen, daß sie vom Feuer über rascht wurden und den Tod in den Flammen fanden. Die Löscharbeiten gestalteten sich äußerst schwierig, da die meisten Hydranten noch eingefroren waren und das Wasser erst in langen Schläuchen herangeführt werden mußte. ZweiTodesopfer. Dortmund, 13. Mürz. Wie zu dem Brandunglück in Hagen gemeldet wird, hat sich die Annahme, daß bei dem Feuer zwei Menschen umgekommen sind, bestätigt. In einer Dachstube wurden heute früh die bis zur Un kenntlichkeit verbrannten Leichen der beiden Töchter des Hausbesitzers gefunden, die während des Schlafes vom Feuer überrascht worden waren. Der Vater war, während sein Besitztum vernichtet wurde, verreist. Der Brand griff mit solcher Schnelligkeit um sich, daß die Bewohner sich nicht mehr durch das Treppenhaus retten tonnten, sondern aus den Fenstern um Hilfe riesen. Die Nachbarn breiteten Decken und Bettücher aus, in die die gefährdeten Hausbewohner sprangen. Dabei er litten einige Personen Verletzungen, die aber nur leich terer Natur sind. Schiffsunfatt. Lloyddampfer „Gießen" in China ge strandet — DieMannschaftgeborgen. Schanghai, 13. März. Der nach Schanghai—Han kau—Tientsin und japanischen Häfen bestimmte 700- Tonnen-Frachtdampfer des Norddeutschen Lloyd „Gießen" ist südlich des Fairwaq-Leuchtschiffes vor der dangtse-Mündung in der Nähe der Saddle-Jnseln bei dem Felseneiland Button-Nock gestrandet. Der britische Dampfer „Khyber" hat den größten Teil der Besatzung und die drei an Bord befindlichen Passagiere geborgen und wird mit ihnen voraussichtlich heute abend in Schanghai eintreffen. Der Nest der Besatzung hat sich auf Button-Nock geflüchtet. Das Schiff ist auseinander gebrochen und dürfte vollständig verloren sein. Auch TschilZcherin in Angnade. Der „Demokratische Zeitungsdienst" gibt sensa- rionslle Mitteilungen über das politische Schicksal des russischen Volkskommissars des Auswärtigen, Tschit scherin, wieder, für die wir aber der genanten Korre spondenz die Verantwortung überlassen müssen, da von Stellen, die unterrichtet sein können, bisher Bestäti gungen noch nicht zu erlangen sind. Der „Demokratische Zeitungsdienst" schreibt: In politischen Kreisen ist in der letzten Zeit das Schicksal des russischen Volkskom missars des Auswärtigen, Tschitscherin, Gegenstand ver stärkter Aufmerksamkeit geworden. Tschitscherin hat be reits vor Monaten sein Amt an Litwinow, der zum engeren Freundeskreis von Stalin gehört, abgegeben. Der russische Volkskommissar ist alsdann nach Deutsch-- land gekommen, um hier seine Gesundheit wiederher- stellcn zu lassen. Er hält sich nun aber bereits seit Mo naten in einem Sanatorium in Berlin-Grunewald auf, ohne daß über eine Besserung oder Verschlechterung seiner Gesundheit zuverlässig etwas verlautet. Auch die russische Botschaft hüllt sich in Schweigen. Das dürfte nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, daß eine nur sehr geringe Fühlungnahme zwischen Tschitscherin und dem Botschafter Krestinski besteht. Auf Grund der neuen Konstellation in Rußland mehren sich dagegen schon gewisse Anzeichen, die erkennen lassen, daß der Aufenthalt Tschitscherins in Berlin nicht ganz freiwillig ist, sondern eher dem eines Exils gleicht. Tschitscherin dürfte über die gesteigerte Aktimtüt Litwinows im Hinblick auf die Kelloggvorschläge nicht sehr begeistert gewesen sein, aber er wird die gegen wärtige Konstellation schwerlich ändern können, und so dürfte tatsächlich Litwinow als der eigentliche Außen minister Sowjetrußlands anzusprechcn sein. Wie lange unter diesen Umständen der weitere Aufenthalt Tschitscherins in Berlin dauern wird, ist nicht abzusehen. Wohin mit den Trotzkisten? London, 12. Mürz. Aus gut unterrichteter Steile in Konstantinopel verlautet, daß die Sowjetbehörden die Negierung in Angora um die Einreiseerlaubnis für sechzig Anhänger Trotzkis in die Türkei ersuchten. Die Sowjetrcgicrung soll vorgeschlagen haben, die sechzig Trotzki-Anhänger nach Sinope in Kleinasien zu bringen und unter Beobachtung der türkischen Behörden zu stellen. Die Kosten für ihren Unterhalt will die Sow jetregierung tragen. Die Lage in China. Der Zwist zwischen Nanking und Hankau. Nach englischen Meldungen sind die Streitigkeiten, die sich zwischen der Nanking-Regierung und der Provinzialregierung inHankau abgespielt haben, noch immer nicht beigelegt, und es finden noch immer Truppenbewegungen statt, die dazu dienen, die Autorität in der Zentralregierung Nanking wiederherzustellen. Diese Vorgänge werden durch die Telegramme, die der Hankauer General Lit - schungjen an Tschiangkaischek sandte, be sonders beleuchtet. Der General erklärt, daß er ein treuer Diener der chinesischen Revolution sei, aber es nicht mehr länger mitansehen könne, wie seine Lands leute einander bekämpfen, ohne daß von den Zielen und Wünschen bisher auch ein einziger nur verwirklicht worden wäre. Tschiangkaischek antwortete dem General mit einem Telegramm, in dem er erklärte, daß die Mobilisierung der Truppen unvermeidlich gewesen sei, um die Autorität der Zentralregierung zu erhalten. Man glaubt jedoch noch immer, daß der Streit sich werde lokalisie ren und schließlich auch beilegen lassen. In amerikanischen Kreisen scheint man jedoch anderer Auffassung zu sein, da aus Tokio ver lautet, daß die Vereinigten Staaten die Ab sicht hätten, den Vorschlag zu machen, eine neue Mächtekonseren^ einzuberufen, auf der fest- gestellt werden soll, ob es ratsam sei, die exterritorialen Rechte in China aufzugeben. Ne Smmdm gegen LOWPM. Die Arbeitstagung des Reichsarbeitgeberverbandes Deutscher Gemeinde- und Kommunalverbände hat zu folgender bedeutsamen Entschließung geführt: „Die Ver treter der in dem Reichsarbeitgeberverband Deutscher Gemeinde- und Kommunalverbände vereinten kom munalen Landes- und Provinzialarbcitgeberverbünde haben am 12. März aus Anlaß verschiedentlich gestellter Anträge auf Lohnerhöhung Gelegenheit genommen, die lohnpolitische Lage, vornehmlich im Hin blick auf die gesamte Wirtschaftslage und die besonderen finanziellen Verhältnisse der deutschen Kommunalver waltungen zu erörtern. Die Aussprache ergab Ueber einstimmung darüber, daß die derzeitige sich immer bedrohlicher gestaltende Wirt- schaftslage und die noch nicht zu übersehende Aus wirkung der dem Reichstage unterbreiteten Deckungs gesetze auf die Gemeindefinanzwirtschaft die Haltung der kommunalen Arbeitgeber gegenüber den Anträgen auf Lohnerhöhung bestimmen muß. Angesichts dieser Umstände und insbesondere auch der Entwicklung der Gemeindearbeiterlöhne gegenüber den Löhnen, der ver gleichbaren Arbeitsgruppen der Privatwirtschaft, auch der Reichsbahn und der Neichspost sowie der Rerchs- und Staatsbetriebe, kann ein sachlicher Anlaß für Lohn erhöhungen nicht als gegeben erachtet werden. Neueste Nachrichten. Zunehmende Beunruhigung über die Zustände in der französischen Rhcinlandarmee. Paris, 13. März. Die französische Oeffentlichkeit ist, wie auch die Aussprache in der Kammer beweist, sehr beunruhigt über die Zustände in der Rheinlandarmee. Es machen sich in den letzten Tagen Bestrebungen be merkbar, einen Verein der Eltern von Soldaten zu bil den, der unter Außerachtlassung politischer Gesichtspunkte sich den Schutz der französischen Rheinlandsoldaten an gelegen sein lassen will. Der „Populair" veröffentlicht in diesem Zusammenhang Erklärungen des Vorsitzenden der Trier Ortsgruppe der französischen Liga für Men schenrechte. Dieser erklärt u. a„ daß nur Mannschaften der Grippe zum Opfer gefallen seien, dagegen unter Offizieren und Unteroffizieren kein einziger Toter zu beklagen sei. Man habe Annamiten zu Krankenpflegern gemacht, obwohl diese nicht ein Wort Französisch ver ständen. Im Militürhospital von Trier seien zwei Aerztc für 265 Kranke vorhanden. Weiterhin wird der Aus spruch eines mit der Untersuchung der Vorfälle betrauten Generals verzeichnet, wonach sich die Kleidung der Kranken in strotzendem, schmutzigem Zustande befinde, der abstoßend wirke. Vom Eis zerdrückt. Bremen, 13. März. Die baltische Reederei „Ham burg" teilt mit, daß der ihr gehörende Dampfer „Göta- elf", der sich im Schlepp des russischen Eisbrechers Eisbrechers „Jcrmak" befand, vom Eise zerdrückt und gesunken ist. Die Besatzung wurde gerettet und befindet sich an Bord des Eisbrechers. Der Dampfer „Lulaclf" mußte im Schlepp des russischen Eisbrechers „Truwor" vor Anker gehen und kann vorläufig wegen dichten Nebels nicht weiterkommen. Die Fähre „Danmark" im Eise steckengcbliebcn. Kopenhagen, 13. März. Die dänischen Staatsbahncn sind am Dienstag von einem neuen Unglück betroffen worden. Die dänische Fähre „Danmark", die nach der Wiederinstandsetzung die Werft verlassen hatte, um zu nächst dem nach der Ostsee abgetriebenen Eisbrecher „Tyr" Beistand zu leisten, ist selbst im Eise stcckengeblieben. Die direkte Verbindung mit Deutschland, deren Wieder aufnahme dringend notwendig ist, wird dadurch in weite Ferne gerückt. Die Lage der Fähre ist ernst, da sich die Eismassen bis zum Deck austürmen. Der Zugführer des Schnellzuges Paris—Nancy ermordet. Paris, 13. März. Wie aus Epernay gemeldet wird, wurde der Bahnhofsvorsteher beim Eintreffen des Schnell zuges Paris—Nancy, der Dienstag abend 17.35 Uhr Paris verlassen hatte, mitgeteilt, daß der Zugführer leb los im Gepäckwagen liege. Die Untersuchung ergab, daß er durch vier Revolverschüsse niedergestreckt worden war. In Epernay hatten vier Reisende mit Fahrkarten dritter Klasse den Zug verlassen, der nur Wagen der ersten Klasse führte. Man vermutet, daß diese den Zug führer ermordet haben. Calles Truppen vor Torreon. — Abfall Chihuahuas? London, 13. März. Wie aus Neuyork gemeldet wird, lat General Calles, der amerikanischen Negierung mitge teilt, daß er sein Hauptquartier nach Rio Grande nord westlich von Canitas verlegt habe. Die Wiederherstel lungsarbeiten an der Eisenbahnlinie gingen schnell von- statten. Die Regierungstruppen näherten sich Torreon. General Carraveo, ein Führer der Aufständischen, früherer Gouverneur der Provinz Chihuahua, teilt mit, daß die gesetzgebende Versammlung von Chihuahua sich für den Anschluß an die Aufstandsbewegung entschlossen habe und diese mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen werde.