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heil genügen. Daneben soll bestimmt werden, daß der Reichstag Ausgaben über den Gat hinaus nur mit Zu stimmung der Reichsregierung und des Reichsrates bewil ligen kann. Wenn im Laufe eines Vierteljahres die Steuereingänge den Voranschlag um 10 Prozent über steigen, soll der Ueberschuß zur Verminderung des An leihebedarfs und zur Steuersenkung verwendet werden. Diese Grundsätze sollen sinngemäß auch bei den Ländern und Gemeinden Anwendung finden. Abgeordneter Dr. Zapf jDVP.) begründete den Antrag. Der im Mai gewählte Reichstag sei bis zur Stunde nicht fähig gewesen, eine Regierung zu bilden; der Etat für das neue Jahr sei noch nicht vorgelegt. Der Redner erklärte zum Schluß, daß es seiner Partei mit ihren Anträgen durchaus ernst sei. Nach der Rede des Abgeordneten Zapf kam es zu einem tumultartigen Zwischensall. Der kommunistische Abgeordnete Torgier forderte erregt den Abbruch der Sitzung, da der Präsident für heute eine kurze Sitzung versprochen habe. Präsident Löbe erwiderte, der Abgeordnete Torgier habe wie immer die Sache unrichtig dargestellt. Darauf erhob sich bei den Kommunisten großer Lärm. Es ertönten Rufe: „Sie werden immer unverschämter!" Präsident Löbe forderte die Abgeordneten Torgier und Stöcker, die an diesen Zurufen besonders beteiligt waren, auf, den Saal zu verlassen. Im Hause herrschte große Unruhe. Laut schimpfend verlassen schließlich die beiden Abgeordneten auf eine nochmalige Aufforderung des Präsidenten hin den Saal. Abgeordneter Dr. Bredt (W.-P.) erkannte die Re- formbedürftigkeit des jetzigen Systems an, bezweifelte aber, daß der Antrag der Deutschen Volkspartei geeignet sei, die Mängel zu beseitigen. Darauf wurde die Beratung abgebrochen. Tas Haus vertagte sich auf Freitag 13.00 Uhr: Schutz der älteren Angestellten, Fortsetzung der Aus sprache. AM ÄHIMtWWlW WM Nord M W Berlin, 28. Febr. Die Temperaturen im Norden und Süden des Reiches zeigten am Donnerstag starke Gegensätze. Während in Norddeutschland die Mittags temperaturen infolge der ungehinderten Sonneneinwir kung in die Nähe des Gefrierpunktes stiegen, lagen sie im Süden und Osten des Reiches wesentlich tiefer. A m wärm st en ist die deutsche Nordseekü st e. Hier verzeichnete z. B. Borkum ein Grad Wärme. Ber lin hatte in der Mittagszeit 2 Grad unter Null, am abend 4 Grad Kälte. Ä m k ä l t e st e n i st es zur Zeit in Schlesien und Bayern. Breslau meldet 17 Grad. München 10 Grad unter Null. Das schöne klare Welter dürfte voraussichtlich auhallen. Aehnlich wie in Deutschland wirkt sich die Wetter lage auch im übrigen Europa aus. In Skandinavien herrschen West-Nordwestwinde. Die Temperaturen und wesentlich gestiegen. Im M i t t e l s ch w e d e n hat die Quecksilbersäule den Gefrierpunkt überstiegen. Im Westen ist wieder Beruhigung eingetreten. Der Sturm im Kanal hat sich völlig gelegt. Dagegen herrscht zur Zeit auf dem M i t t e l ä n d i s ch e n Meer stür mische s W e t t e r, hervorgerufen durch den Einbruch der kalten Luftmassen vom Norden her. In Lyon ist das Thermometer erneut auf drei Grad unter Null ge sunken. Marseille hatte am Donnerstag mittag nur zwei Grad Wärme. Eine Meldung aus Warschau besagt, daß ganz Polen zur Zeit wieder von einer neuen Kältewelle heimgesucht wird. Stellenweise wurden 24 Grad Kälte gemessen. Krakau berichtet über starkes Schneetreiben. Wie aus Moskau gemeldet wird, herrscht in der Krim demgegenüber direktes Eommerwetter. Das Thermometer kletterte rasch auf 20 Wärme. Infolgedessen droht schweres Hochwasser. Fünf Dörfer stehen bereits unter Master. 23 Dampfer im Eise der Unterelbe festgeraten. Hamburg. 28. Febr. Da sich die Eismasten der Elbe plötzlich bei Pagen-Julsand gestaut haben, ge rieten 25 Dampfer zwischen Brunshausen und Twielen fleth im Eise fest. Ein neuer russischer Eisbrecher nach Kiel entsandt. Kowno, 28. Febr. Wie aus Moskau gemeldet wird, wird die Sowjetregierung auf Bitte der deutschen Bot schaft in Moskau noch den russischen Eisbrecher „Lenin" nach Kiel entsenden, da die beiden Eisbrecher „Iermak" und „Truwor" nicht genügen, um die im Kieler Haien eingefrorenen in- und ausländischen Schiffe aus dem Eise zu befreien. Neue Schneeverwehungen an der österreichisch-unga rischen Grenze. Wien, 28. Febr. Der Eisenbahnverkehr zwischen Wien und Budapest war am Donnerstag durch neue Schneeverwehungen gestört. An der ungarischen Grenze blieben zwei Schnellzüge im Schnee stecken. In einem der Züge befindet sich der stellvertretende südslawische Außenminister, der auf dem Wege zur Ratstagung nach Genf ist. Man hofft, daß diese Züge im Laufe der Nacht ihre Fahrt fortsetzen können. 25 Menschen verhungert. Aus Agram wird gemeldet: Am Donnerstag ge lang es, zu dem Dorfe Zavaje bei Karlstadt vorzu dringen, das infolge der riesigen Schneefälle seit einem Monat von der Außenwelt vollständig abgeschnitten war. Den Ankommenden bot sich ein schrecklicher An blick. Die Dorfbewohner hatten sämtliche Lebensmittel aufgezehrt und lagen schwach und erschöpft in ihren Betten. 25 Personen waren bereits verhungert. Von Karlstadt ist sofort eine Expedition mit Lebensmitteln nach Zavaje aufgebrochcn, um die Ueberlebenden zu retten. Durch das warme Wetter hat sich das Eis der Save mit rasender Schnelligkeit in Bewegung gesetzt. In der Nähe von Agram brach der Damm und die Wogen stürzten sich mit riesigen Eismassen auf ein Dorf, dessen Bewohner auf die Dächer flüchteten. Sie riefen verzweifelt um Hilfe, doch war es unmöglich, ihnen zu helfen. Am Freitag wird Militär den Versuch machen, zu den Unglücklichen vorzudringen. Stus aller Well. * Wieder ein Bankschwindel in Berlin. Die Ber liner Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft be fassen sich seit einigen Tagen mit der Aufklärung eines großangelegten Vankschwindels, durch den eine Reihe von in- und ausländichen Banken und viele kleine Be amte schwer geschädigt worden sind. Die Angelegenheit hat in vieler Hinsicht Aehnlichkeit mit den Betrügereien des Leihhausinhabers Bergmann. Im Mittelpunkt der Angelegenheit steht das einstmals sehr angesehene Privatbankhaus Schappach u. Compagnon, das an einen Kaufmann Schicke übergegangen ist. Schicke hat Be amte und Festangestellte veranlaßt. Zessionen auf einen Teil ihres Gehaltes auszustellen, diese verwertet, ohne den Beamten Kredite zu gewähren. * Schmelings Empfang in Berlin. Eine riesige Menschenmenge hatte sich am Donnerstag nachmittag am Lehrter Bahnhof eingefunden, um den deutschen Meisterboxer Schmeling zu erwarten. Trotz starken polizeilichen Aufgebotes wurden alle Sperrketten durch brochen, als Schmeling und Herse im Wagenfenster des einlaufenden Zuges sichtbar wurden. Schmeling konnte nur aus einem Umweg den Bahnhof verlassen. * „Nachturlaub" für Gefangene. Die Justizpresse stelle Dortmund teilt mit: Durch einen nach Hörde ent sandten Sachbearbeiter des Präsidenten des Strafvoll zugsamtes beim Oberlandesgericht Hamm wurde fest gestellt, daß die Gefangenen des Amtsgerichtsgefäng- nisses Hörde in mehreren Fällen das Gefängnis abends verlassen haben und morgens dorthin zurückgekehrt sind. In einem Falle ist ein Gefangener nicht zurückqekehrt. Dem Präsidenten des Vollzugsamtes war daraufhin mitgeteilt worde, daß der Gefangene entwichen sei. Es ist aus Grund der Feststellungen des Sachbearbeiters die Schließung des Gefängnisses und die Ueberführung der Gefangenen nach Dortmund verfügt worden. In wieweit ein Beamter des Gerichtsgefängnisses beteiligt ist. muß die eingeleitete Untersuchung noch ergeben. Ein Beamter ist bereits versetzt worden, jedoch liegt er zur Zeit krank und ist nicht vernehmungsfähig. *Riesenfeuer in einem der größten GenferHotels. Eins der größten internationalen Genfer Hotels, die „Residente", steht in Flammen. Das Feuer breitete sich infolge des starken Sturmes mit größter Geschwindigkeit aus und ergriff bald das ganze Gebäude. Nach kurzer Zeit stürzte bereits das Dach und ein Seitenflügel mit ungeheurem Getöse zu sammen. Die Löscharbeiten, zu denen die gesamte Genfer Feuerwehr aufgeboten war, stießen auf außer ordentliche Schwierigkeiten, da die Wasserleitungen zu gefroren waren. Die „Residente" ist erst vor acht Jahren völlig neu aufgebaut worden und umfaßte 165 Betten. Das Hotel diente als Quartier zahlreicher Bölkerbundsdelegationen. Die noch in vollem Gang befindlichen Löscharbeiten, sind ausschließlich darauf ge richtet, die benachbarten Gebäude zu schützen. Das Hotelgebände wird als verloren angesehen. Russische Eisbrecher kommen zu Hilf«. Nachdem der Kampf gegen die übermächtigen Eis massen der Ostsee immer schwieriger geworden ist, haben sich die zuständigen Reichsbehörden gezwungen gesehen, russische Eisbrecher zur Hilfeleistung anzufordern. Die beiden Eisbrecher „Iermak" und „Truwor" befinden sich bereits auf der Fahrt nach Kiel. Ihre Ausgabe wird es sein, die in der westlichen Ostsee festsitzenden Schiffe freizumachen und vor allen Dingen auch einen Weg durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal zu bahnen. Unser Bild zeigt einen der Eisbrecher auf seiner Fahrt nach Deutschland. Josephas Töchter Roman von Lola Stein. IS, (Nachdruck verboten.) „So müssen Sie mich meiden," erklärte Lonny herb. „Das geht nicht. Wir verkehren in den gleichen Kreisen . . .' „Die Sie aufsuchen, während Sie sie früher fast immer abgelehnt haben. Wenn Sie nicht von mir fernbleiben können oder wollen, so werde ich gehen." „Um Gottes willen, Fräulein Lonny, nur das nicht! Wenn Jie gehen, so nehmen Sie mir damit Lebenslust und jedes Glück Was haben Sie gegen mich? Warum wollen Sie meine Frau nicht werden?" „Ich habe nichts gegen Sie, Herr Gerling. Aber ich sagte es Ihnen schon einmal: ich liebe Sie nicht!" „Das ist nichts als Mädcheneigensinn! Sie würden es lernen, mich zu lieben " „Das Wagnis, aus Ihren Glauben daran allein eine Ehe zu schließen, erscheint mir zu groß." Sie lächelte überlegen und spöttisch und unendlich reizend. Und ihr Lächeln brachte den Mann außer sich vor Verlangen und Qual „Ich glaube, Fräulein Lonny, vatz es keine zehn Mädchen in Deutschland gibt, die mir einen Korb geben würden." „Ähnliches haben Sie mir schon einmal gesagt. Ich weiß, Herr Gerling, daß Sie furchtbar eingebildet sind. Aber es interessiert mich gar nicht, wie Sie über meine Mitschwestern denken! Ich jedenfalls bin überzeugt, daß es viele, viele junge Mädchen gibt, die nicht ohne Liebe heiraten würden." »Aber das ist doch nur eine fixe Idee von Ihnen! Sie sind nicht innerlich gebunden. Warum also sollten Sie mich nicht lieben können? Ich biete Ihnen soviel, wie selten ein Mann einer Frau geben kann. Und da neben meine große Liebe, meine anbetenve Leidenschaft! Hat denn das alles keinen Reiz für Sie, Lonny?" Sie erhob sich. „Wir quälen uns nur, Herr Gerling. Ich kann, kann, kann ohne Liebe nicht heiraten. Mehr vermag ich Ihnen nicht zu sagen. Es gibt so viele hübsche, nette Mädchen Warum muß ich es sein?" „Ich liebe Sie, Lonny! Ach, mehr als das, ich bin verrückt, toll, wahnsinnig nach Ihnen!" Da war wieder das Funkeln in seinem Blick, das Licht in seinen Augen, das sie erschreckte. „Seien Sie mir nicht böse, Herr Gerling. Es kann nicht sein." Sie verließ den Raum so schnell, daß es beinahe wie Flucht aussah. Er starrte ihr nach. Sein Antlitz der- zerrte sich zur Grimasse vor Zorn und Leidenschaft. Alles, alles war ihm bisher im Leben gelungen. Sollte seine Macht an dem Eigensinn dieses jungen Mädchens zerschellen? „Und ich werde dich doch noch erringen! Nun gerade! Nun erst recht!" murmelte er vor sich hin. Mühsam zwang er sich zur äußerlichen Ruhe, während alles in ihm bebte und zitterte vor Begehren, Qual und Wut. „Nehmen Sie es mir nicht übel, lieber Theo, aber ich kann heute beim besten Willen nicht mehr verhandeln," sagte Hubert Gerling wenige Minuten später zu Dr. Bargfelt, als er zu ihm ins Zimmer trat. „Ein ander- mal. Ich fühle mich plötzlich nicht wohl. Grüßen Sie Ihre Frau Gemahlin und entschuldigen Sie mich für heute." Theo Bargfelt wußte: das war die Absage. In ver- schleierter Form, aber dennoch deutlich fühlte er sie. Er war sehr enttäuscht. Er hatte so sicher mit großen Ge schäften gerechnet, zu denen sr den Kredit dieses Finanz gewaltigen brauchte Nun hatte die Privataffäre zwischen Gerling und Lonny alles verdorben Theo Bargfelt wußte, daß Gerling nicht umzustim men, nicht zu halten war, wenn er gehen wollte. Er sagte ein paar bedauernde Worte, versuchte ein neues Zusam mensein zu verabreden, aber es scheiterte an Gerlings eisig kühler Höflichkeit, mit der er einige liebenswürdige, nichtssagende Phrasen machte Dann ging er. Theo kehrte verstimmt zu seiner Frau zurück „Was sagt Lonny? Wo ist sie?" „Sie ist sofort auf ihr Zimmer gegangen und will allein bleiben. Sie hat geweint." „Geweint? Aber dazu ist doch kein Grund!" „Sie sagt, wenn wir sie auch nur mit einem Wort bitten, Hubert Gerling zu heiraten, reist sie sofort ab." „Daß er ihr so schrecklich ist, Lily." „Nicht schrecklich, aber gleichgültig. Du wirst nicht i« sie dringen, Theo, nicht wahr?" „Nein, es hätte wohl auch keinen Zweck. Aber mit unseren Geschäften mit Gerling wird eS nun nichts. Und das macht mich sehr ärgerlich." Lily versuchte, ihren Mann auf andere Gedanken zu bringen. Aber er blieb verstimmt. Drittes Kapitel. „Was machst du denn, Lonny? Du packst?" Lily betrat noch in Hut und Mantel, so wie sie aus der Stadt kam, das Zimmer ihrer Schwester. „Ja, ich packe, Lily. Ich will nach Hause." Die junge Frau sank erschrocken in einen Stuhl. „So plötzlich? Warum denn nur? Was haben wir dir getan? Du hast mir so gestern und beute früh kein Wort davon gesagt?" „Gestern wußte ich es auch nicht. Und heute früh, als du so eilig mit deinem Mann in die Stadt führest, haben wir uns ja kaum gesprochen. Glaube mir, Lilychen, es ist gut, wenn ich jetzt gehe." „Das sagst du, Lonny? So ruhig sprichst du von einer Trennung zwischen uns? Das verstehe ich nicht!" „Ich bin innerlich gar nicht so ruhig, Lily, wie ich scheine. Aber ich will es sein!" Lily umschlang die Schwester leidenschaftlich. „Sag' mir die Wahrheit, Lonny, warum willst du von uns fort? Was habe ich dir getan? Fühlst du dich nicht wohl bei uns?" „Es sind viele Gründe," sagte das junge Mädchen 1 leise. „Ich fühle sehr deutlich, daß ich in eure junge Ehe nicht Hineinpasse, daß ich hier lästig bin." - (Fortsetzung folgt.)