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Die Ergebnisse -er Reichstagswahl Soweit sich das Ergebnis der Reichsta.qswahlen aus dem Reiche zur Zeit übersehen läßt, haben die Neichstagswahlen eine erhebliche Zunahme der sozial demokratischen, wirtschaftsparteilichen und kommuni stischen Stimmen gebracht. Dem stehen Verluste fast aller übrigen Parteien gegenüber. Nach den bis jetzt vorliegenden Ergebnissen hat die Sozialdemokratie beinahe eine Million Stimmen gewonnen, während die Dentschnationalen etwa zwei Millionen Stimmen verloren haben. Das vorläufige amtliche Endergebnis. Das vorläufige amtliche Endergebnis der Reichs tagsmahl zeigt folgende Stimmenverteilung: Sozialdemokratische Partei 152 Mandate, Deutsch- nationale Volkspartei 73, Zentrum 62, Deutsche Volks- partei 44, Kommunisten 54, Demokraten 25, Bayrische Volkspartei 16, Linke Kommunisten v, Wirtschafts partei 23, Nationalsozialisten 12, Deutsche Bauern partei 8, Völkischnationaler Block 0, Landbund 3, Christ- lichnatisnale Bauernpartei 13, Volksrechtspartei 2, Säch sisches Landvolk 2. Es haben danach 30592 442 Wähler 489 Ab'rordnete gewählt. * Das Wahlergebnis in Sachsen. Verluste rechts — Gewinne links — Niedergang neuer Parteien. Die Abstimmung des Volkes hat im Freistaat Sachsen keine Ueberraschung gebracht: Starke Erfolge der radikalen Linken, schwachen Gewinn der S. P. D., fast unveränderte Mitte, Schwächung der Rechten. Wer die Ereignisse und Stimmung in den letzten Wochen und Monaten beobachtete, konnte dies Ergebnis un schwer voraussagen. Auffallend mag vor allem der S i e g d e r K. P. D. sein, die den stärksten Gewinn unter allen Parteien da vongetragen Hal. Die heftigen Arbeitskümpfe der letz ten Zeit haben die sächsische Arbeiterschaft in starkem Matze radikalisiert. Die wiederholten Aussper rung e n in der Hütten- und der Metallindustrie haben den Boden für die Radikalisierung der Arbeiterschaft bereitet; in einem noch nicht dagewesenen Matze kämpfte die kommunistische Presse gegen die S. P. D. und gegen die „Eewerkschaftsbürokratie", und da man den Arbei tern stets mehr versprach, als die Gewerkschaften ihnen schließlich verschaffen konnten, war es nicht schwer, sich als wahren Verfechter der Arbeiterinteressen selbst in bengalisches Licht zu setzen. Unter diesem Ansturm der K. P. D. hatte die Sozialdemokratie zu leiden, durch ihn sind ihre eigenen Wahllisten stark beeinträchtigt worden, so datz sie nur mit dem Gewinn zweier Man date aus dem Wahlkampf herausgehen. Ohne die schweren Wirtschaftskämpfe hätte wahrscheinlich die S. P .S. günstiger abgeschnitten. Die Mitte ist beinahe unverändert geblieben. Die Demokraten haben ein Mandat verloren; es war keine Ueberraschung für sie, denn nach den Land tagswahlen von 1926 war dieser Verlust vorauszusehen, aber er ist durch einen Stimmengewinn von reichlich 20 000 gegenüber den Landtagswahlen mindestens moralisch ausgeglichen. Die Volkspartei wird voraussichtlich ein Mandat gewinnen, doch wird es von wenigen Stimmen abhängen. Zwei Mandate konnte die Wirtschaftspartei neu erringen und damit vier Abgeordnete aus Sachsen in den Reichstag ent senden. Schmer ist die Niederlage der Deutschnatio nalen; sie verlieren volle fünf Mandate, in Wirklich keit allerdings nur drei, da die Gruppe „Sächsisches Landvolk" mit ihnen Zusammengeht; immerhin verliert die Rechte ein volles Drittel ihres bisherigen Be standes. Ganz anders als ein Vergleich mit den Reichstagswahlen von 1924 stellt sich der Ver gleich mit den Landtagswahlen von 1926. Da nach ist vor allem der Erfolg der Kommunisten weit ge ringer als er bei einem Vergleich zwischen 1924 und 1926 erscheinen könnte, denn sie gewinnen zwar gegenüber 1924 90 000 Stimmen, aber gegenüber 1926 nur noch 40000. Immerhin ist natürlich auch dieser Erfolg be denklich genug, doch ist er zweifellos auf vorübergehende Momente zurückzuführen. Demgegenüber steht doch die Tatsache, datz auch die bürgerlichen Mittelparteien ihre Stimmenzahlen gegenüber 1926 ansehnlich — und zwar über das Matz der Zunahme der Wähler hinaus — erhöhen konnten. Das gleiche gelang der SPD., die fast ein Drittel an Stimmen gegenüber 1926 gewann, wo sie einen Tiefstand erreicht hatte. Mit wesentlich geringerer Freude als diese Par teien können die Aufwertler, die Wirtschaftsparteiler und die Altsozialisten auf den 20. Mai zurückblicken. Die Aufwertler haben gegenüber 1926 fast 11000 Stimmen, also mehr als ein Neuntel, verloren. Die Wirtschafts parteiler verlieren mehr als 8000 und die Alte Sozial demokratische Partei sogar über 63 000 Stimmen ver loren! Die Reichstagswahl dürste also gewichtige Folgen für die innerpolitische Entwicklung in Sachsen haben, zumal auch der Staatsgerichtshos im nächsten Monat voraussichtlich gewisse Bestimmungen des sächsischen Wahl gesetzes für ungültig erklären wird. Damit wird dann die Frage der Auflösung des Sächsischen Landtags akut werden. Nach dem bisher vorliegenden Ergebnis verteilen sich die in den drei sächsischen Wahlkreisen abgegebenen Stimmen aus die einzelnen Parteien wie solgt: LS. Waklkrets Dres-en-Vautzen 1) Sozdem. P. - (1924: ' 371 560, ' 1926: 400 456 299 308) 2) Deutschnat. Dp. (1924: 234 086, 1926: 117 993 144 175) 3) Zentrum (1924: 15 388, 1926: 14 003 15 664) 4) Deutsche Vp. - (1924: ' 146 468, 1926: 112140 102 141) 5) Kommun. P. - (1924: '64 669, 1926: 105 864 83 623) 6) D. Dem. P. - 61 564 (1924: 80 328, 1926: 47 427) 9) Mittelst.°(Wirtsch.-)P. (1^24: 38 523, 1926: 80 625 97 722) 10) Natsoz. D. Ard.-P. (1924: 15153, 1926: 19 254 7562) 11) Deutsche Bauernp. (1924 und 1926: —) 1238 12) Völk.-nat. Block . (Kein Vergleich möglich) 2 055 15) Christl.-nat. Bauern- u. Landv.-P. ... 1426 (1924 und 1926: —) 16) Volksrecht- u. Aufw.-P. 15 363 '(1924: 9165, 1926: 21 770) 17) Alte Sozdem. P. 17 251 (1924: —, 1926: 48 140) 18) Wendische Vp. 2 733 (1924: 4394, 1926: —) 19) Deutschsoz. P. (1924: 10148, 1926: ?) 20) Christl.-soz. Rp. 1982 (1924 und 1926; —) 21) Sächs. Landvolk 61948 (1924 und 1926: —) 22) Unabhäng. Sozdem, P. . 1272 (1924: 3287, 1926: —) 23) Grund, u. Hausbes.-P. . 2 568 (1924 —, 192S: 2378) 24) Poln. Volksp. 157 (1924: 265, 1926: —) 25) Volksbl. d. Inslat.-Gesch. 3104 (1924 und 1926: —) 29. Wsklkrets Leipzig 1) Sozdem. P. 278 902 (1924: 258 872, 1926: 212173) 2) Deutschnat. Vp- 49 833 (1924: 133 517, 1926: 87 029) 3) Zentrum 6 409 (1924: 4895, 1926: 3933) 4) Deutsche Vp. - 98113 (1924: 134 716, 1926: 101 248) 5) Kommun. P. - 121 390 (1924: 90 830, 1926: 107 177) 6) D. Demokr. P. 45 227 (1924: 54 380, 1926: 33 231) 9) Mittelst.-(Wirtsch.-)P- 53 030 (1924: 19 642, 1926: 33 225) 10) Natsoz. D. Arb.-P. . . . , . . 595 (1924: 13 225, 1926: 5778) 12) Völk.-nat. Block 2 028 (Kein Vergleich möglich) 15s) Chr.-nat. Bauern- u. Landv.-P 1462 (1924 und 1926: —) 15b) Chr.-nat. Mittelst.-P 1722 (1924 und 1926: —) 16) Volksrecht- u. Auf.-P. ..... 31234 (1924: 4176, 1926: 35 019) 17) Alte Sozdem. P 7 51S (1924: —, 1926: 24 868) 18) Sachs. Landvolk . 39187 (1924 und 1926: —) 19) Grund-u. Hausbes.-P. 2 47S (1924 und 1926: —) 20) Poln. Vp. - 16S (1924: 136, 1926: —) 21) Unabh. Sozdem. P. . 1712 (1924: 6091, 1926: —) 22) Deutschsoz. P 325 (1924: 2126, 1926: ?) 23) Volkbl. d. Inflat.-Gesch. ..... 81Ü (1924 und 1926: —) 30. Wsklkrels ^kvmnttz-Zwtrkau 1) Sozdem. P 319 977 (1924: 305 941, 1926: 246 524) 2) Deutschnat. Vp 86 639 (1924: 179 195, 1926: 109 949) 3) Zentrum 5120 (1924- 5669, 1926: 4492) 4) Deutsche Vp 105 762 (1924: 128 670, 1926: 88 696) 5) Kommun. P. 154 949 (1924: 138 949, 1926: 151 582) 6) D. Demokr. P 35 006 (1924: 55 514, 1926: 30 809) 6a) Volksrecht-P 4 512 (1924 und 1926: —) 8) Linke Kommunisten 3 772 (1924 und 1926: —) 9) Mittelst.-(Wirtsch-)P 98 3^4 (1924 : 67 829, 1926: 103 679) 10) Natsoz. D. Arb.-P 41575 (1924: 39 205, 1926: 24 385) 12) Völk.-nat. Block 1481 (kein Vergleich möglich) 15) Chr.-nat. Bauern- u. Landv.-P 13 245 (1924 und 1926: —) 16) Volksrecht- u. Aufwert.-P. 40 932 (1924: 6938, 1926 : 41690) 17) Alte Sozdem. P. - 10 004 (1924: —, 1926: 24877) 5 874 18) Grund- u. Hausbes.-P. (1924: —, 1926: 7011) 26 4SS 19) Sächs. Landvolk (1924 und 1926: - -) 824 20) Deutschsoz. P. (1924: 3120, 1926 - '-h (Die in Klammern gesetzten Zahlen zeigen die Ergebnisse der Reichstagswahl vom 7. Dezember 1924 und der Landtagswahl vom 31, Oktober 1926 an.) Gesamtergebnis von Dresden. Das Gesamtergebnis der Reichstagswahl in der Stadt Dresden zeigt folgendes Bild: Soz.: 144068 (1924: 131292); Deutschnat. Vp. 52 006 (68 877); Zentr.: 4900 (5176); Deutsche Vp.: 50 357 (57 171); Komm. P.: 42 642 (23 400); D. Dem. P.: 28138 (34591); Mi.ttelst.-(Wirtsch.-)P.: 16 697 (11675); Natsoz. D. Arb.-P.: 8224 (5545); D. Bauern- P.: 109 (—); Völk.-nat. Block: 866 (—); Christl.-nat. Bauern- u. Landv.-P.: 145 (—); Volksrecht- u. Auf wert.-P.: 4871 (3656); Alte Sozdem. P.: 8024 (—); Wendische Vp.: 64 (131); Deutschsoz. P.: 701 (5665); Christ.-soz. Rp.: 477 (—); Sächs. Landvolk: 623 (—); Unabh. Sozdem. P.: 361 (1319); Gr.- u. Hausbes.-P.: 359 (—); Poln. Vp.: 81 (112); Vbl. d. Inflat.-Gesch.: 1534 (—). Die in Klammern gesetzten Vergleichszahlen beziehen sich auf die Reichstagswahl vom 7. Dezember 1924. Gesamtergebnis -er Amtshaupt- mannschast Dresden. Soz.: 35 879; Deutschnat.: 9608; Zentr.: 480; Deutsche Volkp.: 9709; Komm.: 10 346; Dem.: 4896; Mittelst. 7720; Nat.-Soz.: 1898; Bauernp. 90; Völk.- Nat. Bl.: 313; Christl.-nat. Bauernp.: 116; Volks- rechtp.: 837; Altsoz.: 1016; Wenden: 7; Deutschsoz.: 120; Christl.-soz. Reichsp.: 120; Sächs. Lando.: 4524; Unabh.: 80; Hausbes.: 280; Polen: 7; Jnf.-Eesch.: 216. * Die Mandalsverlettung in Sachsen Soweit sich die Zahlen bisher übersehen lassen, wird die Mandatsverteilung sich im Freistaat Sachsen voraussichtlich wie folgt gestalten: Sozialdemokraten . 16 bisher 15 Deutschnationale . 4 -- 9 Zentrum . . . . 0 0 Deutsche Volksp. . 5 6 Kommunisten. . . 6 4 . Demokraten . . . 2 k- 3 Wirtschaftspartei . 3 -- 2 Nationalsozialisten . 1 1 Altsozialisten . . . 0 B „ o Sächs. Landvolk. . 2 0 Volksrechtspartei . 1 0 Da das Sächsische Landvolk den Deutschnationaleu zuzuzählen ist, vermindert sich deren Verlust von 5 aus 3 Mandate. Sachsens Vertreter im neuen Reichstag (Die mit " versehenen Abgeordneten gehörten bereits dem letzten Reichstag an.) Sozialdemokraten: "Lipinski (Leipzig)i "Saupe (Leipzig); Frau Dr. phil. Siemsen (Leipzig): Graf (Leipzig); "Fleißner (Dresden); "Toni Sendet (Dresden); "N. Schmidt (Dresden); "Kraetzig (Dres den); "Schirmer (Dresden); Arzt (Dresden); "Frau Dr. Stegmann (Dresden); "Ströbel (Chemnitz): "Seydewitz (Chemnitz); "Kuhnt (Chemnitz); "Dr. Levi (Chemnitz); "Stücklen (Chemnitz). Deutschnationale: "Dr. Otto HoeW (Leipzig); Dr. Bang (Dresden); "Hartmann (Dres den); "Biener (Chemnitz). Deutsche Volkspartei: "Dr. Johs. Wuu derlich (Leipzig); "Dr. Schneider (Dresden); Frau Dr. Hertwig-Bünger (Dresden); "Brllninghaus (CheM nitz); "Findeisen (Chemnitz). Komm uni st en : Schumann (Leipzig); Frölich (Leipzig); "Raedel (Dresden); Graef (Wahlkreisvcl band); "Schneller (Chemnitz); "Bertz (Chemnitz). Demokraten: "Dr. Külz (Dresden); Gustav Schneider (Wahlkreisverband). Wirtschaftspartei: "Lucke (Chemnitz): "Beier (Dresden); Lauterbach (Wahlkreisverband). N a t i o n a l s o z i a l i st: "Feder (Wahlkreisver band). Sächsisches Landvolk: Schreiber (Dres den); "Dr. Philipp (Wahlkreisverband). V o l k s r e ch t s p a r t e i : Dr. Lobe (Leipzig)- Zusammenstöße. 2l.Mai M8 Im I n d u st r i e g e b i e t ist es leider heute 1» einem schweren Zusammenstoß zwischen Kommunisten und Nationalsozialist e' gekommen. In Barmen wurde ein nationalsoziali stisches Werbeauto von Kommunisten scharf beschoss Zwei Schüsse trafen nicht das Auto, dafür aber M aus der Straße vor dem elterlichen Hause spielen» Kinder, die schwere Ba uchverletzungv erlitten.