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Parker Gilbert in Berlin. 26. Oktober 1928 Nachdem der Reparationsagent Parker Gil bert, kaum von seiner Reise zurückgekehrt, sofort Ge legenheit genommen hatte, noch am Mittwoch mit dem Reichsfinanzminister zu verhandeln, wurde auf sein Anraten für Donnerstag eine inoffizielle Ka binettssitzung zusammenberufen, an der tcilnahmen der Reichskanzler, der Reichsfinanzmini ster, der Minister des Innern, Dr. von Schubert als Vertreter des Außenministers, und der Reichsbankpräsident Dr. Schacht. Parker Gilbert berichtete über seine Verhandlungen in London, Paris und Brüssel. Die Verhandlungen wurden vertraulich geführt. Nur so viel ist bekannt geworden, daß der Reparationsagent eine ausgesprochen optimistische Auffassung von der Lage hat und, wie wir er fahren, entschieden dagegen Stellung nahm, daß Bel gien Schwierigkeiten bereite. Die von Paris lancierten Meldungen aus Brüssel sollen keinerlei Grundlage haben. Auch die belgische Regierung, insbesondere Huysmanns, hätte sich bereit erklärt, zunächst zu der Sachverstündigenkonferenz Vertreter zu schicken. Wenn Belgien einen abwartenden Standpunkt einnimmt und besonders, was die Schlußforderungen anlangt, große Zurückhaltung zeigt, so ist das verständlich, da man ja heute trotz der umlaufenden Meldungen noch nicht weiß, wie hoch Frankreich seine Forderungen in Wirklichkeit beziffern wolle. Auf Grund des Berichtes des Repara tionsagenten wird die deutsche Regierung die Vorberei tungen für die Sachverständigen beschleunigen. Heute Kabinettssitzung über die Reparationsfrage. Berlin, 26. Oktober. Heute nachmittag findet eine Sitzung des Neichskabinetts statt, die sich mit der durch die Mitteilungen Gilberts geschaffenen Lage beschäfti gen wird. Es ist anzunehmen, daß die Verhandlungen mit Gilbert soweit gediehen sind, daß u. a. schon heute mit wichtigen Entscheidungen gerechnet werden kann. Um Zusammensetzung unö Tagungs ort -es Sachverstänbigenausschusses Paris, 26. Oktober. Der der Regierung nahe stehende „Exelsior" glaubt bestätigen zu können, daß der Sachverständigenausschuß, der über die Regelung der Reparationsfrage beschließen soll, in Paris zu sammentreten wird. Daneben sollen in Berlin technische Untersuchungsausschüsse geschaffen werden, die wegen der nötigen Unterlagen in ständiger Verbindung mit der deutschen Negierung stehen. Das Blatt will weiter aus guter Quelle erfahren haben, daß die Ge rüchte, die Präsidenten der Notenbanken Deutschlands, Belgiens, Frankreichs und Italiens würden dem Lach- verständigenausschuß angehören, mindestens verfrüht, wenn nicht unrichtig seien. Ministerpräsident Poincare habe über die Frage noch keine Entscheidung getroffen. Wahrscheinlich würde die Zusammensetzung und die Be fugnisse des Ausschusses am kommenden Dienstag im Anschluß an den Ministerrat festgelegt werden, indem Poincare seinen Ministerkollegen die Ergebnisse seiner letzten Unterhaltung mit Churchill und Parker Gilbert zur Kenntnis bringen werde. Ein französisches Urteil über die bevor stehenden Reparations- und Räumungs- Verhandlungen. — Paris, 25. Oktober. Der Vorsitzende der Senats- kommission für auswärtige Angelegenheiten und gleich zeitige Präsident des Generalrates der Ardennen, Lu cien Hubert, hielt bei Eröffnung des Generalrates eine Rede, in der er u. a. auch auf die bevorstehenden Ne- parations- und Rheinlandverhandlungen einging. Die Frage stelle sich als ein Ganzes dar, dessen verschiedene Teile zusammengeschmiedet seien. Sie müsse mit voller Ueberlegung und Aufrichtigkeit behandelt werden, rhne abenteuerliche Ueberstllrzung und zu weit hinausgehen den Manipulationen und ohne daß gegenseitige Zuge ständnisse irgend jemanden als Gefahr erscheinen. Sie müsse ferner so gelöst werden, daß die Lösung von allen angenommen würde, und zwar nicht in geistiger Un ruhe und Befüchtungen. Die Zukunft Westeuropas stehe auf dem Spiele und diejenigen, die um sie spielten, müß ten zugleich Mut, Vertrauen und Vorsicht bekunden. Die Worte, die die Diplomaten zu Papier brächten, Hütten nur Bedeutung und Dauer, wenn sie den Ge fühlen entsprächen, die die Völker beseelten. Deutschlands Standpunkt in den Finanzbesprechungen. Ein Urteil des „Petit Parisien". Wie der Berliner Sonderberichterastttcr des „Petit Parisien" seinem Blatte über die in Berlin geführten vorbereitenden Finanzbesprechungen berichtet, ist man in der Reichshauptstadt der Auffassung, daß im Ver sailler Vertrag keine Anspielung auf die französischen Kriegsschulden an Amerika enthalten sei. Wenn man sich nach dem, was in Berlin in letzter Zeit veröffentlicht wurde, ein Urteil bilde, müsse man berücksichtigen, daß Deutschland nicht allein die belgische Forderung der Aufwertung der während der Besatzungszeit ausgegebe nen Markbeträge zurückweisen werde, da diese Aufwer tung eine über den Dawesplan hinausgehende Leistung darstelle, sondern daß Deutschland auch versuchen werde, in den festzusetzenden Gesamtbetrag die 8 Milliarden Entschädigungen einzubeziehen, wie es seinen eigenen Staatsangehörigen für die Liquidierung der von den Alliierten im Laufe der Feindseligkeiten beschlagnahm ten Güter bezahlte. Man müsse noch einige Tage war ten, um genau zu wissen, wie weit die amtlichen deut schen Kreise die Auffassung teilen würden. Um die Unterbringung der deutschen Bonds in Amerika. Neuyork, 26. Oktober. Zu den aus Paris stammen den Meldungen, wonach u. a. der Verlauf deutscher Bonds im Betrage von einer Dollarmilliarde zur Sprache komme, erklären sowohl Washingtoner wie maßgebende Wallstreetkreise, daß derartige Vorschläge doch wohl sehr verfrüht seien. Wallstreetkreise bezeich nen es als überflüssig, im Augenblick dazu Erklärungen abzugeben, denn es müßten zunächst einmal viele an dere strittige Fragen bereinigt werden. Wahrscheinlich würden viele Pläne zur Aussprache gelangen, bevor sich ein konkreter Plan herausschälen werde. Das Werden der großen Koalition. Unabhängig von den Verhandlungen mit Preußen zur Schaffung der großen Koalition haben jetzt auch im Reiche die Koalitionsverhandlungen offiziell begonnen. Am Mittwoch hatten Vertreter des Zentrums und der Sozialdemokratie eine längere Aussprache, am Don nerstag wurden zwei Vertreter der Volkspartei und der Demokraten hinzugezogen. Wie wir von parlamenta rischer Seite hören, ist es über eine Fühlungnahme hin aus nicht gekommen, da sich bei diesen Verhandlungen wieder gezeigt hat, daß erst die preußischen Angelegen heiten bereinigt werden müßten. Noch immer ist keine Klarheit über das Preußenkonkordat, das der Erweite rung der preußischen Regierung Schwierigkeiten ent gegensetzt. Infolgedessen werden die Fraktionsmilglie der der Deutschen Volkspartei, der Demokraten, des Zentrums und der Sozialdemokraten, die im Reich den Auftrag für die Koalitionsverhandlungen haben, zu nächst wieder mit den Beauftragten in Preußen in Ver bindung treten und, wie beschlossen ist, bemüht sein, die Schwierigkeiten, die der großen Koalition in Preußen entgegenstehen, zu beseitigen Man legt deshalb großen Wert auf die Verständigung, da nach dem Willen der handelnden Parteien die große Koalition bereits bei Zusammentritt des Reichstages in Aktion treten soll. Unzweifelhaft komt die große Koalition zustande. Es wird nach Lage in Preußen jedoch nicht möglich sein, die bindenden Abmachungen bereits bis zum Reichs tagsbeginn zu treffen. Wie Kei-ger gesangen wurde. 26. Oktober 1928 Der Polizeibericht meldet: Die Kölner Polizei hat an ihrem Verdacht festgehalten, daß Heidger aus den Häusern zwischen Riehler Wald—Kaiser-Friedrich-Ufer und Oppenheimstraße nicht entkommen war, und hatte durch dauernde Streifen dieses Hüuserdreieck kontrol liert. Gestern hörte eine dieser Streifen in der Oppen heimstraße Schüsse vom Rheinufer her. Sie lies zum Kaiser-Friedrich-Ufer. Dort rief sie der Hausmeister des Grundstücks Kaiser-Friedrich-Ufer 5 nach seinem Hause, Heidger sei dort. Die Beamten sperrten das Haus ab. Ein Ueberfallkommando, von privater Seite ange rufen, war sofort zur Stelle, und gleich daraus trafen der Polizeipräsident und der Ncgierungsvizepräsident sowie Kriminalbeamte und Beamte der dritten und vierten Bereitschaft ein. Etwa hundert Beamte sperrten das Haus ab und begannen die Durchsuchung, nachdem alle Zivilper sonen das Haus verlassen hatten. Man begann im Erdgeschoß und kam allmählich zum dritten Stock. In dem Zimmer zur Linken steckte Papier im Schlüsselloch. Diese Tür wurde eingetreten, ging aber nur etwa eine Handbreit auf. Sie tvar van innen durch Möbel ver sperrt. Durch die Oeffnung sah man in einen Wand spiegel und in diesem spiegelte sich ein Bett und am Fußende des Bettes dahinter Heidger, der dort kniete und eine Pistole auf den Vettrand aufgelegt hatte. Die Beamten riefen ihm zu: „Sie sind im Spiegel zu sehen, kommen Sie heraus, Hände hoch! Es wird nicht geschossen!" Darauf schoß Heidger den ersten Schuß, der durch die Türöffnung in die Wand ging. Nun schossen die Beamten durch die Türöffnung nach Heidger. Der Oberwachtmeister Maiboom hatte sich in den Gang gelegt, parallel zur Wand und zur Tür und schob sich nach der Türöffnung hin. In der Linken hielt er einen Die Slraßenschlachl in Köln. Bild links oben: Das Villengrundstück Ecke Oppenheim- Straße und Riehlerwall in das sich der verletzte Heidger in der Nacht flüchtete und in dem er unerklärlicherweise nicht mehr ge funden wurde. Darunter: Eine Bank aus den Anlagen, an der ein Polizei- beamter schwer verletzt wurde. Man sieht das Blut und unten links an der Lehne den Einschlag des Geschosses. Kugelpanzer vor den Kopf. Als er an dem Kugelpanzer rechts vorbeisah, schoß Heidger zum zweiten Male und traf den Beamten in die Stirn über dem rechten Auge. Vom Gange her forderten die Beamten Heidger noch mals auf, sich zu ergeben, und drohten mit Handgrana ten. Aber Heidger feuerte Schuß aus Schuß durch die Tür auf die Beamten. Jetzt wurden Handgranaten geworfen. Die erste sprengte seine Tür. Die zweite wurde in die rechte Zimmerhälfte, die dritte in die linke geworfen. Nach der dritten Handgranate rief Heidger, der im dichten Qualm nicht zu sehen war, er wolle sich ergeben. Die Beamten riefen ihm zu: „Hände Hoch strecken, sonst kommt die vierte Handgranate!" Heidger streckte die linke Hand an der Tür heraus. Die Be amten riefen: „Auch die rechte!" Dies tat er nicht. Darauf sprang ein Beamter der Schutzpolizei vom Gang in die Tür und schoß seine Pistole mehrmals auf ihn ab. Heidger brach zusammen. Er wurde auf eine Bahre gelegt und nach dem Vinzenzhospital gebracht. Man fand zwei Pistolen bei ihm. Heidger hat in der linken Brustseite einen Schuß mit Ausschuß. Die Wunde ist nicht gefährlich. Er hat einen zweiten Schuß in der Magengegend. Die Kugel ist noch nicht gefunden. Auch diese Wunde ist nicht un bedingt tödlich. Er hat ferner eine Menge kleiner, nicht gefährlicher Handgranatenverletzungen. Er ist völlig bei Besinnung. Sobald es der Arzt erlaubt, wird er nach dem Gefängnis übergefllhrt. Der Oberwachtmeister Maiboom liegt im Marien hospital. Die Kugel des Stirnschusses ist entfernt. Es besteht schwere Lebensgefahr, doch ist die Hoffnung, ihn zu erhalten, noch nicht aufgegeben. Bei Heidger sind Briefe aufgefunden worden, die er während der Belage rung geschrieben hat. Diese Briefe sind an den Vater, an die Geschwister, an ein Mädchen und an die Staats anwaltschaft gerichtet. Ueber den Kampf mit dem Raubmörder und über seine Festnahme werden folgende Einzelheiten bekannt: Der Mörder ist gestern vormittag um 7,30 Uhr am Niederländer Ufer durch ein osfenstehendes Fenster in die Villa des Generaldirektors Dr. Oertel von der Colonia-Versicherungsgesellschaft eingestiegen. Heidger hat sich dann vermutlich zu den oberen Räumen be geben. Er bedrohte die Dienstmädchen und forderte sie auf, ruhig zu bleiben. Diese benachrichtigten aber Ge neraldirektor Oertel, der zunächst seine Kinder einschlotz. Als er auf nachdrücklichen Wunsch seiner Gattin diese zu sich herüberholen wollte, stand hinter der Tür im Eßzimmer bereits der Mörder. Er hielt ihm die Pistole auf die Brust mit einer Bewegung, sich ruhig zu verhalten. Der Generaldirektor flüchtete in sein Badezimmer. Diese Bewegung hatte der Chauffeur beobachtet, der sofort auf die Straße lief und Alarm- schüsss abgab. Hierdurch wurden die Streifen aufmerk sam und das Ueberfallkommando konnte benachrichtigt werden. Schon nach wenigen Minuten war die Polizei zur Stelle. Jetzt begann das schwierige Werk, festzu stellen, in welchem Raume der Mörder sich verborgen hielt. Die Kriminalpolizei und die Schupoleute dran gen in das Haus ein und durchforschten jeden Naum, bis man endlich in das südöstliche Eckzimmer der ober sten Etage kam, wo sich Heidger verborgen hatte. Als er merkte, daß die Verfolger ihm auf den Fersen waren, rückte er sämtliches Mobiliar gegen die Tür. Die Poli zeimannschaften versuchten die Tür einzudrücken, MS aber nur teilweise gelang, da es eine sehr schwere Tür war. Dann entspann sich der oben geschilderte Kampf. Die Abschie-sbriese Johann Keidgers. Die Briefe, die Heidger vor seiner Ueberwältigung geschrieben hat, lauten: „Liebe G e s ch w i st e r! Wenn Ihr mir ver zeihen könnt, so verzeiht. Ich habe viel an Euch ge sündigt, aber ich strauchelte von einer Grube in die an dere, immer, immer tiefer. Daß ich mal zum Mörder würde, hätte ich nie geglaubt. Lebt wohl! Ich bst ja doch Euer Bruder, lebt wohl! Heinz, Dir schade ich vielleicht am meisten. Aber auch Du wirst dem Toten verzeihen, was Du dem Lebenden nicht kannst. Lieber Vater, die Zeit eilt. Sie kommen schon. Ich will Dir noch schnell danken für alles Gute, das Du mir getan. Du warst so gut, wie ein Vater nur sein kann. Sei der Mutter niemals böse und helfe ihr durch Güte diesen Schicksalsschlag ertragen. Leb wohl, Papa! Dein Sohn Hans." Der Brief an die Braut lautet: „Liebe Maria, wenn Dir auch vielleicht an meinem letzten Gruß nichts gelegen ist, aber nein, Du zürnst mir niA denn Du hast mich geliebt wie ich Dich. Ich habe viele Mädels kennengelernt, doch geliebt habe ich Dich, nur Dich allein. Liebe Maria, wenn Du meine Gedichte haben willst, so bitte den Herrn Staatsanwalt, er möchte sie Dir aushändigen, und ich glaube, er es eventuell tun. Denn damit können sie doch nichts anfangen. Wenn sie auch nicht schön sind, so schrieb m sie doch in Liebe zu Dir. Ich küsse Dich schnell nom einmal. Sie kommen, sind schon zwei Türen nebenan. Lebe wohl! In Liebe Dein Hans." An die Staatsanwaltschaft: möchte sie bitten, bei Karl Lindemann bei der Ver urteilung zu berücksichtigen, daß Karl Lindemann wob furchtbar leichsinnig ist, aber allein solch einer Tat, wir ein Ueberfall, nicht fähig ist. Er stand vollständig unte meinem Einfluß. Er wollte ein Leben führen, ohm viel zu arbeiten, und er kam in meinen Bann und dann ins Verderben. Wollte er nicht mitmachen, so 'nutzte er sich trennen und arbeiten, und das mochte er auch nm gern. Ich höre gerade. Wenn ich Munition Ham, hätte ich geschossen. Wie lange wird's noch dauern. Bald werde ich am letzten sein." Oberwachtmeister Maiboom gestorben. Köln, 26. Oktober. Oberwachtmeister Maiboom, der bei dem heftigen Kampf um die Verhaftung Her gers durch einen Schuß schwer verwundet wstrde, > gestern 9,3V Uhr im Marienhospital seinen Verletz» gen erlec Hinterkor und war Kölr schweren Hann Hei lähmung Zwe fantcriere von ihrer daß sie wurde de stießen zw tigen Rei Als die < blieb, ers Uebe Reichswel Während diert war Assig des regiments durch eine zu befreie ten die S hatten sic zogen unt Walde, wi wände, di künden, j auch in e schützen o wurde di und ange Wald. - sich beide Papiere h keinen mi scheinen a D r. sang Nor Außenpol Der Min engsten K Net er b Der »erösfcntl in dem er sichtspunk auch heut zuviel an dacht. Die! daß auf reichtu In e tretende l die von i tung bei Bei einmal ei zeug stür? 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