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Korrespondent des „Daily Telegraph" hört, keine Zah len genannt worden, ebensowenig sei der Tagungsort der geplanten Sachverständigenkonferenz erwähnt wor den. Die belgische Regierung habe dem Generalagenten versichert, daß sie keine Vereinbarung annehmen könne, die die gegenwärtigen Forderungen der belgischen Re- jherung auf Grund des Dawesplanes und des belgi- !<hen Abkommens mit den Vereinigten Staaten beein trächtigen würde. Lediglich innerhalb dieser Grenzen wäre die belgische Regierung bereit, an den in Aussicht genommenen Verhandlungen teilzunehmen. Die bel gische Regierung bestehe darauf, daß Belgien nicht weni ger als ein Drittel der Reparationseinkünfte erhalte. Andere Berichte sprechen davon, daß die belgische Negierung bereit sei, den ursprünglich mit 6 Milliarden Mark angesetzten Betrag, der von den deutschen Be- latzungsbehörden während des Krieges ausgegebenen deutschen Markbeträge, auf 4 Milliarden Mark herab- iusetzen, da die Möglichkeit bestehe, daß etwa 2 Mil liarden Mark unrechtmäßig in Umlauf gebracht worden leien. Wieder ein Einslurz-Anglüek. Bisher vier Tote, 28 Verletzte. London, 24. Oktober. In Hamrun auf der Insel Malta stürzten am Dienstag eine im Bau befindliche Brauerei zusammen, wobei mindestens vier Personen getötet und 28 verletzt wurden. Der Einsturz erfolgte bei dem Versuch, einen großen außerordentlich schweren Kessel unterzubringen. Bei dem Einsturz des Daches wurde das oberste Stockwerk mitgerissen und die Schutt- Wassen schlugen den dritten und zweiten Stock durch, be vor die dort befindlichen Arbeiter Zeit fanden, sich in Ticherheit zu bringen. Es steht noch nicht fest, wieviele Arbeiter sich noch unter den Ruinen befinden. Die Er regung unter der Bevölkerung ist so groß, daß die ge lamte verfügbare Polizei aufgeboten werden mußte. Kurze Mitteilungen. 24 Oktober 1928 Ein französisches Militärflugzeug ist aus einer Höhe von 500 Metern in der Nähe der Küste abgestürzt und untergegangen. In Belley (Frankreich) stürzten in der Nacht zum Dienstag zwei Häuser ein, wobei eine Frau getötet wurde. InRadom fuhr am Dienstag ein v o l l b e s e tz - ter Autobus durch Unvorsichtigkeit des Fahrers in einen Graben, überschlug sich und zerschellte fast voll ständig. Sämtliche zwölf Insassen erlitten teils schwere, teils leichte Verletzungen. Durch eine BombenexplosioninLahore sind am Dienstagabend fünf Personen getötet und 32 verletzt worden. Die Explosion ereignete sich bei der Rückkehr einer großen Menge Hindus von einer Festlich keit. Bei dem Absturz eines Flugzeuges in Tucson (Ari zona) sind vierPersonengetötet worden. Das Äugzeug hatte das bergige Gelände nach einem vermiß ten Jungen abgesucht und war hierbei abgestürzt. > - - Aus aller Wett. 24. Oktober 1928 * Liedesdrama in Merseburg. Am Dienstag früh erschoß in Merseburg ein junger Holzarbeiter seine Ee- tiebte und dann sich selbst. Er lauerte das Mädchen auf dem Wege zur Arbeitsstätte auf und gab zwei Schüsse ?uf sie ab, die nach kurzer Zeit tödlich wirkten. Der ivnge Mann war sofort tot. * Ein Tobender im Versorgungsamt. Am Dienstag drang in das Zimmer des Leiters der Zweigstelle Breslau des Reichsentschädigungsamtes für Kriegsschäden ein Mann ein, der ohne weiteres eine schwere elektrische Tischlampe ergriff und diese nach dem anwesenden stell vertretenden Leiter schleuderte, ohne jedoch zu treffen. Darauf ergriff er ein Marmortintenfaß und schleuderte Wolken und Sonnenschein. Roman von Emilie Sich«. (Nachdruck verboten.) . Der Bürgermeister sagte: „Kinder, euer Gepäck wollen wir hier auf dem Bahnhof lasten, Frieda kann nachher holen.« Werner sah seinen Vater an: „Haben wir keinen Vagen?" . Der Bürgermeister lachte: „Nein, Junge, ich dachte, °as ist unnötiger Luxus, wir haben ja nur zehn Minuten "ach Hause." w Der junge Mann wandte sich halb verlegen an seine /^ut: „Magst du so weit gehen, Flora, oder soll ich "ach emem Wagen sehen?" Die junge Dame hatte erst /schreckt auf ihre feinen, tief ausgeschnittenen Schuhe Kfehen, nun lachte sie halb gezwungen: „Wir wollen mal probieren, zu gehen " . Werner preßte zärtlich ihren Arm und atmete er- "chtert auf. Er wandte sich zu den Eltern und Leone: , . „Ihr müßt nämlich wissen, Flora ist nicht gewöhnt, Zä zu gehen, daheim fährt sie bei jeder kleinen Strecke "ü dem Auto." Der Vater lachte gutmütig und sagte zu der Schwiegertochter: „Dann bleib' nur eine Weile bei uns " L-onnenheim, da lernst du schon bas Laufen." n Er nahm Werners Reisetasche und schritt voraus M dem Bahnhofsgebäude, die anderen folgten lang- Als sie miteinander auf der Straße waren, schaute ch Leone zufällig um. Der alte Müller mit einem jun- Monn schritt in der entgegengesetzten Richtung, die /joon führten anscheinend ein lebhaftes Gespräch. Nun w der Vater wieder. Er sagte: 2, .Heute werden wir nicht wenig Aufsehen erregen, guten Sonnenheimer, nun haben sie doch auch wieder "vas zu sprechen." Leone schritt an der Seite der Schwägerin einher. es zu Boden. Herbeigerufenen Polizeibeamten gelang es schließlich, den Tobenden zu überwältigen. Es handelt sich bei dem anscheinend Geistesgestörten um einen ge wissen Hofreiter aus Karlsruhe (Oberschlesien). Da ein anderer Geschädigter angekündigt hat, am Mittwoch das Amt in die Luft sprengen zu wollen, ist dieses unter polizeiliche Bewachung gestellt worden. * Eine sozialistische Erinnerungsversammlunq durch eine Tränengasbombe gesprengt. Eine Feier, die zur Erinnerung an das Sozialistengesetz in Zeilsheim am Sonntag abgehalten wurde, und bei der Scheide mann sprach, wurde dadurch gestört, daß von einem der anwesenden Gegner eine Tränengasbombe geworfen und dadurch eine Räumung des Lokals erzwungen wurde. Der Täter konnte nicht festgestellt werden. * Der Paratyphus in Odense. Wie aus Odense gemeldet wird, ist die Zahl der Paratyphuskranken auf 200 gestiegen. * Sechs Bergleute in Westvirginien getötet. Nach Berichten aus Beckley in Westvirginien, sind durch eine Erplosion in einer Kohlengrube in Mc. Alpin, zehn Meilen von Beckley entfernt, sechs Bergarbeiter ge tötet worden. * Flugzeugabsturz in Staaken. Wie das „Berliner- Tageblatt" meldet, stürzte über dem Flugplatz in Staaken am Dienstag nachmittag ein Sportflugzeug ab und ver brannte. Der einzige Insasse, der Pilot Rolf Kramer, wurde getötet. * Kommunistenüberfall auf einen italienischen Ge sandtschaftssekretär in Luxemburg. Der italienische Ee- sandtschaftssekretär Cesare Colombo wurde in Esch an der Alzette von zwei italienischen Kommunisten angefallen. Er mußte vor den auf ihn schießenden Angreifern in das Bahnhofsgebäude flüchten und konnte unverletzt einen Zug besteigen. Die Nachforschungen der Polizei sind er gebnislos geblieben. MM sMMt dm vM-WWeW. Fünfzig Millionen Mark — vier Luftschiffe Zwischen allen Feierlichkeiten und Empfängen findet Dr. Eckener in Amerika noch Zeit, an den hauptsächlichen Zweck der Zeppelinreise zu denken: Die Männer zu finden, die bereit sind, am Ausbau Les Ozean-Luftverkehrs mitzuwirken. Die Fahrt über den Ozean hat in Amerika den denkbar besten Eindruck gemacht, und gerade die Kreise, die sehr oft die Dampferlinien benutzen, können am ehesten beurteilen, was es heißt, die Reise zeit um zwei oder drei Tage abzukürzen. Die Besprechungen die Dr. Eckener mit maßgebenden Finanzkreisen Amerikas führte, scheinen aussichtsvoll zu sein. In dem Konsortium, das sich der Finanzierung des Ozeanverkehrs widmen will, finden sich die maßgebendsten Männer, so Henry Ford, der berühmte Auto- mobilfabrikant, der von jeher der Luftschiffahrt großes Interesse entgegenbrachte und auf seinem Flughafen in Detroit sogar einen Ankermast zur Landung von Luftschiffen erbaut hat, dann die Bankiers Otto H. Kahn und Felix Warburg. Neben den Besprechungen in Amerika laufen auch Verhandlungen zwi schen Friedrichshafen und Spanien, da die spanische Luftfahrt- Gösellschaft die Linie Sevilla — Argentinien schon im nächsten Frühjahr anläßlich der großen spanisch-südamerikani schen Ausstellung eröffnen will. Unsere Aufnahmen zeigen die Persönlichkeiten, die für die Durchführung aller dieser Pläne in Frage kommen: Dr. Alfred Colsmann, Generaldirektor der Luftschiff bau Zeppelin-G. m. L. H., der Leiter des Zeppelin-Konzerns, dem auch die Maybach-Motoren- und die Dornier-Werke ange hören. Otto H. Kahn, der Neuyorker 'Bankier und Leiter der Großbank Kahn, Loeb L Co. (der Schwager des vor kurzem ver storbenen Präsidenten der A. E. E., Felix Deutsch), der gleich nach der Stabilisierung der deutschen Mark die finanziellen Be ziehungen zu Deutschland wieder aufnahm und an der Unter bringung mancher deutschen Anleihe in Amerika maßgebend be teiligt war. Felix Warburg, ein Verwandter des bekannten Ham burger Bankhauses Warburg, der ebenfalls die deutsch-amerika nischen Handelsbeziehungen nach dem Kriege tatkräftig förderte. Henry Ford, der amerikanische Großindustrielle und Be sitzer der größten Automobilfabrik der Welt, die in Detroit über 100 000 Arbeiter beschäftigt und täglich mehr^ere tausend Auto mobile herstellt. Ford ist ein eifriger Förderer aller Luftfahrt- und Flugprobleme und hat auch die neue Expedition Byrds nach dem Südpol stark unterstützt. Er ist durch die von ihm zuerst ein- geführte .Fließarbeit" am laufenden Band zu einem der reich sten Männer der neuen Welt geworden. Ford wird den Rund- flug des „Graf Zeppelin" in Amerika mitmachen und vielleicht auch den Rückflug nach Deutschland. Sie hätte gern den Arm des jungen Mädchens genom men, aber dieses war so hoheitsvoll, so wollte sie sich nicht ausdrängen. Bei Melitta war sie nie scheu gewesen, aber der Schwägerin gegenüber fühlte sie sich sehr fremd und das machte sie zurückhaltend. Wohl sagte sie sich, daß sie Werners Braut erst einige Augenblicke kannte und daß sie ihr vielleicht unrecht tat, wenn sie sie für hochmütig hielt, aber wenn sie die junge Dame dann wieder be trachtete, wußte sie, daß diese für ihren Begriff zu stolz war. Werner plauderte und lachte lebhaft, dabei führte er die Braut sehr vorsichtig, deren zierliche, fein beschuhte Füße das weite Gehen auf einer Landstraße nicht gewöhnt waren. Er wich jedem Steine aus, fragte sie immer wieder, ob sie nicht müde sei. Endlich war man daheim angelangt. Frieda kam hinzu und half der Herrschaft beim Ablegen; den Pelzmantel der jungen Dame wog sie einen Augenblick bewundernd in der Hand, er war sehr schwer und roch stark nach Parfüm. Die Mutter ging in die Küche, um nach dem verspäteten Mittagessen zu sehen und Frieda noch einige Angaben zu machen. Leone führte die Schwägerin nach dem für sie gs. richteten Zimmer, damit diese sich waschen konnte. Eine Weile später saßen sie alle miteinander im Salon. Der Bürgermeister fragte Werner, wie es im geschäft lichen Leben gehe. Dieser schüttelte den Kopf: „Nicht gut, Vater, und wir haben alle Aussicht, daß es noch schlechter wird." „Noch schlechter?! Das ist doch kaum möglich." „Wir wollen sehen, Vater." ' Eben klingelte es und Frieda meldete, daß das Essen angerichtet sei. Man begab sich in das Eßzimmer. Die Tafel war zierlich gedeckt; das gute Silberbesteck, das sonst nicht benützt wurde, prangte, auch die Teller, Schüsseln und Platten aus Meißner Porzellan waren aus ihrem Versteck hervorgeholt worden. Es war bereits drei Uhr und ziemlich spät zum Mittagessen» aber man hatte auf den Besuch warten wollen. Werner schaute in die Schüssel mit der Suppe, aus dei grüne Petersilie schwamm, und sagte: „Nudeln! Die hast du doch sicher nur wegen mir gekocht, nicht wahr, Mutter?" „Gewiß, iß nur nach Herzenslust!" Werner ließ sich das nicht zweimal sagen. Als er den dritten Teller Suppe nahm, sagte er zu seiner Braut: „Entschuldige, liebe Flora, daß ich solch ein Nimmersatt bin, aber ich kann mir nicht helfen, Nudelsuppe ist mein Leibessen." Sie lachte: „Laß dich nur nicht stören, Werner." Frieda kam, um die Suppenteller zu holen, gleich darauf brachte sie eine hoch aufgetürmte Platte panierter goldbraun gebackener Schweinerippchen und eine Schüssel mit Schwarznuveln. Werner sagte mit einem Seufzer: „Gott sei Dank, das reicht mir gerade." Alle lachten und die Mutter sagte: „Armer Junge, du mußt doch sehr hungrig sein." „Gewiß, Mutter, die Armut macht mich noch viel hungriger» ich habe früher lange nicht so viel gegessen wie jetzt." Er hob sein Glas, betrachtete eine Weile den per lenden roten Wein und sagte, ehe er wieder trank: „Auch einen vorzüglichen Wein hast du, Vater." Frieda brachte noch Kuchen und Kaffee und endlich sagte doch auch Werner, daß er nicht mehr hungrig sei. Nach dem Essen ging der Bürgermeister noch einmal aufs Rathaus; Leone räumte den Tisch ab und hals Frieda beim Spülen, da diese nachher gleich auf den Bahnhof gehen sollte. Das junge Paar ging in den Salon zurück. Erst leistete ihnen die Mutter eine Weile Gesell schaft, dann machte auch sie sich im Hause zu schaffen. Als Leone nach einiger Zeit wieder in den Salon kam, standen die beiden an einem der hohen Fenster, die schlanke Gestalt des jungen Mädchens lehnte sich leicht an Werner. Nun wandte er sich um und sah die Schwester. Sie ging ihm entgegen und reichte ihm eine Karte mit den Worten: „Otto kommt erst morgen." (Fortsetzung solgl.)