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Kurze Mitteilungen. 15 August 1928 Der Strafsenat des Reichsgerichts hat auf Grund der ^ichsamnestie das Hochverratsverfahren gegen 7» flüchtigen Kommunistensührer Otto Braun und i !kine Befreierin Olga Benario eingestellt. In Madras sind der Cholera bisher Hun gerte von Personen zum Opfer gefallen. In Dublin und London hofft man noch immer ^f einen Besuch Kelloggs vor seiner Rückkehr nach s Amerika. Wie das „Journal" aus Madrid meldet, wurde ! ^Salamanca ein Gemälde entdeckt, das als Mrk Leonardo 8a Vince, die „Mona Lisa" ! Erstellend, erkannt wurde. Der Orkan, der an der Küste von Florida > ?s>r einigen Tagen großen Schaden anrichtete, bewegt ' Üchnach dem inneren Lande. Neue Sturm- - Verheerungen werden gemeldet. s Nach einer Meldung aus Rio de Janeiro hat sich der ! Zustand des bekannten italienischen Ozean- ? stiegers del Prede, der kürzlich bei einem Absturz schwere Beinoerletzungen davontrug, erheblich ver- , ^lechtert. Aus aller Welt. 15 August 1928 Das verbotene Deutschlandlied. Beim Empfang der Studenten und Studentinnen Deutschen Hochschule für Leibesübungen in Saar- "kiicken ereignete sich ein peinlicher Zwischenfall. Vor ' .M Hauptbahnhof waren die Abordnungen der hie- shfn Turn- und Sportvereine mit Fahnen aufmar- s Wert und eine tausendköpfige Menge erwartete die ! Ankommenden. Beim Erscheinen der Studenten, die ' Are Fahnen voraus trugen, sang die erwartungsfrohe ' Amge begeistert das Deutschlandlied. Dies gab dem ! Oberinspektor der Saarbrückener Bahnpolizei Stalinski ' ^ranlassung, an den Ordnungdienst die Aufforderung ' richten, der Musik das Weiterspielen des Liedes zu ' Untersagen, aber weder die Musiker noch die Zuschauer Ehrten sich im geringsten an diese Aufforderung. Unter j Mantritt der Musikkapelle und unter Hochrufen der s W Straße umsäumenden Tausende von Zuschauern, ! der Zug ins Innere der Stadt. Dienstag vor mittag wurde die Hochschule für Leibesübungen auf M Rathaus durch die Stadtverwaltung begrüßt, am ' nachmittag erfolgten Vorführungen im Ludwigspark,- ! M Abend wird die Bürgerschaft Gelegenheit haben, t "" Taalbau die Darbietungen der Hochschule kennen ! ib lernen. i * * , * Die Versicherungsgesellschaften verweigern die Wtschädiqung der Hamburger Brandschäden. Wie dem T." zufolge verlautet, lehnen die großen Hambur- s Versicherungsgesellschaften, bei denen die vernichtete treibe- und Lagerhaus-Gesellschaft in Wilhelmsburg ^sichert war, die Zahlung der gesamten Entschadi gugssumme ab. Die Versicherungsgesellschaften stellen auf den Standpunkt, daß eine rechtzeitige Hilfe der ^mburger Feuerwehren den Millionenschaden ver ändert hätte. Venzinexplosion in einer Drogerie. In Drogerie in Halberstadt ereignete sich Mern eine schwere B e n z i n e xp l o s i o n. Ein Jogistengehilfe rpar mit dem Laufburschen im Keller dem Abfüllen von Benzin beschäftigt. Nach dieser Ibeit zündete der Gehilfe ein Streichholz an. Der Mfbursche, die Gefahr der Gasentwicklung erkennend, I mit der Benzinflasche fort, kam jedoch zu Fall und rgoß sich. Die Gase entzündeten sich sofort. Er er- schwere Brandwunden, denen er kurz nach der Ein- Ikerung ins Krankenhaus erlag. Der Gehilfe kam leichten Brandwunden davon. Die sich aus der Iplosion entwickelnden Stichflammen verursachten Jen Brand, der jedoch nach kurzer Zeit gelöscht wer- konnte. Wolken und Sonnenschein. «»man von «milie Sicha. (Nachdruck verboten.) » Nartln hatte mm endlich den festen Vorsatz gefaßt, I am Tage der Weihnachtsfeier Leone Thomas ernstlich " nähern, ihr feine ehrlichen, lange gehegten Absichten ? verraten, denn sonst hatte er fa keine Gelegenheit, mit )u sprechen; er konnte doch nicht einfach in ihr Haus Mn oder sie zufällig auf der Straße anhalten! Und er ?Ne fix gesehen, mit ihr gesprochen und getanzt, und er Me ihr gesagt, woher die Blumen kamen, an denen sie "7 so gefreut hatte; aber dann kam wieder dieser ^renfried! ' - - " , Martin biß die Zähne zusammen und ballte die Faust: .' Möchte den eleganten Herrn erwürgen! Sollte der so , erreichen, wonach er sich schon so viele Jahre ge- Mt hatte? Er warf sich wieder auf einen Stuhl, fuhr "' den Fingern durch sein dunkles Haar. Warum war lolch ein Hasenfuß gewesen, hatte jahrelang nicht ge- Sl, ihr seine Liebe zu gestehen? Er hatte sie immer heimlich angebetet! Dieser Herr hatte es ganz anders .Maßt, der war nicht so schwerfällig. Warum hatte er W so sein können? ? Dreizehntes Kapitel. tz Ein kalter Januar mit viel Schnee und EiS ging zu An einem der Sonntage hatten Bürgermeisters c der Familie von Direktor Rabmus und Oberingcnieur ^'"hen eine Schlittenfahrt gemacht und man hatte sich dj, 8Ut amüsiert. Nun wurden die Tage schon länger; ""d schien wärmer über den Mittag und mit jedem Wurde die Eis- und Schneedecke dünner. Leone freute A aus den Frühling, der nicht mehr weit entfernt war. s" glücklich bei dem Gedanken, daß es bald wieder «„-'wen gibt, und oft ging sie mit einem Frühlingslied W k " Lippen durchs Haus; die Liebe, die sie heimlich ß. ^ISen trug, ließ ihr alles viel schöner erscheinen. Sie 8>e sich nie ernstlich, ob Oberingenieur Heintzen auch sie " Anschlag auf einen kroatischen Führer. Wie die „Neue Freie Presse" aus Neusatz mel det, fand am gestrigen Tage der Chefredakteur des „Obzor", Jewdjewitsch, ein Führer der Vereinigten bäuerlich-demokratischen Partei, vor der Türe seiner Re daktion drei Pakete mit Ekrasit, die genügt hätten, das ganze Gebäude in die Luft zu sprengen. Man nimmt an, daß es sich um einen Attentatsversuch gegen Jewd jewitsch handelt. * 12 Opfer einer Explosion. Nach einer Meldung Berliner Blätter aus Hammond (Indiana) ereignete sich in einer Fabrik für medizinische Apparate eine Ex plosion, bei der 12 Personen ihr Leben einbüßten. Durch die Explosion entstand ein Brand, der es zunächst un möglich machte, die Leichen der Verunglückten zu bergen. " Landung Schiffbrüchiger im Hamburger Hafen. Der englische Dampfer „Zealand" der in der letzten Nacht im Hamburger Hafen eintraf, hat am 12. August im Kanal das belgische Motorschiffboot „Maria Justine" aus Ostende in sinkendem Zustand ange troffen und die aus fünf Mann bestehende Besatzung an Bord genommen. Die Schiffbrüchigen wurden in Hamburg an Land gesetzt. * Die Explosion bei Montagearbeiter! erfolgt. Ber einer Neu-Montage im Salzsäurebetrieb der Farben fabrik der I. G. Farbenindustrie A.-G. in Wolfen ist am Dienstag vormittag bei Vornahme von Schneid arbeiten eine teilweise mit 32prozentiger Salzsäure ge füllte große Zisterne aus bisher noch nicht erkennbarer Ursache explodiert. Vier Arbeiter wurden dabei schwer verletzt und mußten ins Krankenhaus gebracht werden. * Mißglückte Entführung eines Hultschiner Deni- schen-Führers. In Ratibor wurde ein tschechischer Agent gefaßt, der den Vorsitzenden des Reichsverbandes heimatliebender Hultschiner, Lehrer Janosch, über die deutsch-tschechische Grenze bringen wollte. Dem Agenten war, wie er bei der Vernehmung eingestand, eine Be lohnung von 30 000 tschechischen Kronen versprochen worden. Die Festnahme gelang durch eine falsche Tele phonverbindung. Der Agent hatte Janosch anrufen wollen, war aber ganz zufällig mit der Kriminalpolizei verbunden worden, die sich sofort nach dem Ort begab, wohin der Agent Janosch bestellen wollte. - Ein neuer Spritschwindel. Die Frankfurter Zollfahndungsstelle hat in Arheiligen bei Darmstadt eine Spritschiebung aufgedeckt, durch die der Staat um rund 24 000 Reichsmark betrogen worden ist. Dort hatte der 45jährige Paul Zimmer, der aus Russisch- Polen stammt, unter der Firma „Zimbo G. m. b. H." eine Brennerei aufgemacht und dadurch, daß er die «teuerblomben in geschickter Weise zu lockern verstand, erhebliche Mengen unversteuerten Sprit in den Handel gebracht. - „Aus der Luft gegriffen." Mel Heiterkeit erregt in Frankreich zur Zeit die erste Amtshandlung eines fliegenden Polizisten gegen einen Piloten, der während eines Fluges „mehr Luftpolizeibestimmungen übertrat, als er beim Absturz Knochen Hütte brechen können". Der Polizist folgte in einer schnellen Maschine dem Luftsünder und erwartete ihn bei der Landung im Flughafen Montreuil mit gezücktem Notiz buch zwecks Feststellung der Personalien. Aufgefordert, zu erklären, warum er in weniger als 50 Meter Höhe, also polizeiwidrig tief geflogen sei, erklärte der Pilot, daß er für seine Auftraggeberin, ein industrielles Un ternehmen, Reklamezettel abzuwerfen gehabt habe. Da mit vergrößerte sich das Sündenregister des Fliegers noch mehr, da die französische Luftpolizei das Abwerfen von Gegenständen außer seinem Sand und Wasser von Flugzeugen verbietet. " Schiffsun.qlück in China. Wie Berliner Blätter aus Hankau melden, ist der chinesische Dampfer „Shin- hsutung", der sich auf der Fahrt von Tschungking nach Jtschang befand, in den Stromschnellen des Pangtfes gesunken. Es verlautet, daß mehrere hundert Passa giere ertrunken sind. * Trümmer eines Flugzeuges bei Neufundland gefunden. Eine Lloydmeldung von Cap Race (Neu fundland) besagt, daß der britische Dampfer „Sea Pool" am Sonntag abend ein Flugzeug beobachtet habe, das ungefähr fünf Fuß aus dem Wasser ompor- ragte. Wegen der Dunkelheit war es unmöglich, die Farbe des Flugzeuges zu erkennen. - Löwenstein vergiftet? Berliner Blätter melden aus Boulogne, daß der Eerichtsarzt Paul aus Paris bei der Untersuchung der Eingeweide des Bankiers Löwenstein zu dem Ergebnis gekommen sei, daß Löwen stein vergiftet wurde. " Revolveranschlag auf einen Italiener in Lüttich. Der Italiener Cestari Senofonte ist in der vergangenen Nacht in Lüttich durch drei Revolverschüsse schwer ver letzt worden. Man glaubt, daß es sich um einen poli tischen Anschlag handelt. Der Italiener Delvecchis ist im Zusammenhang mit dem Vorfall verhaftet worden. Grohfeuer in Prag. — MMionenscha-en. Prag, 15. August. Am Dienstag abend brach in dem Oellager am Strafchnitzer Rangierbahnhof in Prag ein Brand aus, der rasch um sich griff und Mil lionen Schaden anrichtete. Kurz nach dem Ausbruch des Brandes in den Magazinen der Dom- browa-Gesellschaft erfolgten wiederholt heftige Detona tionen. Das Feuer breitete sich rasch aus und in weni gen Minuten standen auch die Oellager der Vakuum- Oel-Compagnie und der Trading-Oel-Gesellschaft zum Teil in Flammen. Viele Soldaten und Feuer wehrleute erlitten Verletzungen, Brand wunden und Gasvergiftungen. Später kam in Auto kolonnen fast das ganze 28. Infanterie-Regiment an, um den Vrandplatz abzusperren. Auf dem Verghang gegenüber dem Brandherde hatte sich eine dichte Men schenmenge angesammelt. Bei der Explosion eines Oelwaqqons brach unter dem Publikum eins große Panik aus. Gegen Mitternacht konnte der Brand ge löscht werden und es blieb nur eine Bereitschaft zurück. MW-UMM in den Mn-Ml. Tausende von Menschen umsLeben gekommen In den zu den Niederländischen Kolonien ge- hörenden Kleinen Sunda-Inseln, die südlich der Insel Celebes liegen, und zwar in der Gegend der Insel Flores, hat der Ansbruch eines Insel-Vul kans über 80 Dörfer zerstört und mehrere Tausend Menschenleben vernichtet. Der Vulkan, der auch unter Wasser liegende Krater besitzt, entspricht in seinem geologischen Au>bau dem Krakatau-Vulkan, dessen wirklicher Ausbruch in der Nacht vom 26. zum 37. August 18^3' Zehntausend? an Opfern for derte. Unsere Aufnahme zeigt einen Ausbruch eines unterseeischen Vulkans in der Sunda-Straße, der mit furchtbarer Gewalt nicht nur große Lava« mengen emporwirst, sondern säst immer auch von Seebeben und Springfluten begleitet ist, so daß die Bewohner auch keine Rettung auf dem Meece finden. liebte, denn das schien ihr selbstverständlich. Er kam regel mäßig ins Haus, allerdings nur, um mit ihrem Vater und Fabrikant Keller Karten zu spielen: doch sie dachte, daß dies nur eine günstige Ausrede war. Seit Weih nachten hatten sie sich nicht wieder allein gesehen und Leone wartete mit Ungeduld darauf, bis er einen Vor wand zu ungestörtem Beisammensein gefunden hatte. Daß ihre Eltern etwas von ihrer heimlichen Liebe wußten, be zweifelte Leone. Ihr Vater war so harmlos kamerad schaftlich gegen den jungen Mann, der dachte sicher an so etwas gar nicht, und ihre Mutter, wenn sie schon etwas davon gemerkt hätte, hätte sie sicher schon gefragt. Leone war froh, daß ihre Eltern nichts ahnten, so konnte ste viel unbefangener sein. Es war an einem frühlingswarmen Abend, Anfang März. An den Fenstern des Haufes von Bürgermeister Thomas blühten Weiße und buntfarbige Hyazinthe« n«d aus dem Boden des noch kahlen Gartens schauten di« freundlichen Köpfchen der Krokusse hervor. Die Stare waren schon zurückgekehrt und zwitscherten so schön. Leone batte schon wochenlang bewundernd auf das Werden deS Frühlings geschaut, den täglich höher werdenden Laus der Sonne verfolgt, nun war es ihr auf einmal zu eng im Hause und ste schickte sich zu einem Spaziergang an. ES war so warm, daß ste keinen Mantel anzog, sie trug nur das blaue Tuchkleidchen, das ste sich von dem altmodischen Kostüm der Mutter selbst gefertigt hatte, das ihr aber trotzdem sehr gut stand. Die Mutter sah ibr vom Fenster aus lächelnd nach und sie winkte zurück; dann ging sie durch den von ihrem Haus aus kleineren Teil des Städtchens nach der Heide. Es begegneten ihr nur einzelne Bauern, die höflich grüßten nnd denen sie freundlich dankte. Dann war das Städtchen hinter ihr. Sie schritt eine Weile auf der Bergstraße, bis die Seitenstraße kam, die nach dem Platz mit den Eichen führte; dann ging sie diesen entlang. Es war dies ihr Lieblingsweg und ste schritt mit leichtem, fröhlichem Herzen voran. Sie machte nicht einmal halt bei den zwei Eichen, sondern ging noch ein Stückchen weiter bis zu der Heide, die mit niederem Buschwerk bewachsen war. Im Sommer, wenn das Heidekraut blühte, war es hier wunderschön, nun aber war noch alles kahl. Als sich Leone jedoch umschaute, sah sie an einem der Sträucher gelbe Kätzchen. Sie stieß einen entzückten Ruf aus und eilte darauf zu, pflückte mit eifrigen Fingern einen Strauß dieser ersten Frühlingsboten. Sie zog den süßen Duft ein, strich mit der Hand sachte über die weichen Kätzchen der Salweide, dann kehrte sie langsam um. Ihr Blick wanderte über das weite Feld. Es war noch grau; nur die Getreideäcker schauten saftig grün aus, und als Leone genau auf die au den Weg stoßenden Wiesen blickte, sah ste zwischen den breiten Blattern der eben aus dem Boden kommenden Wegwarte weiße Gänseblümchen. Es war ihr so leicht und ftei um den Sinn und ste sang ein Lied vor M hi«, während fir langsam zum Städtchen »urückging. MS ste in« Haus trat, bemerkte ste an der Flurgarde, rabe eine« Mantel und das Blut stieg ihr ins Gesicht. Sie ging «iniae Schritte vorwärts und nun hörte sie auch die Stimm« ihrer Mutter und die von Oberingenieur Heintzen. Gir preßt« einen Augenblick ihre Hand auf das plötzlich heftig klopfende Herz, dann trat sie ein. Sie bot ein wunderschönes Bild. Ihr widerspenstiges blondes Haar drängte sich in ihr vom Gehen sanft gerötetes Gesicht, in ihren Äugen lag eine unverhohlene Freude und das einfache blaue Kleidchen paßte so gut zu ihrer Manke« Gestalt; ste sah wirklich aus wie der Frühling selbst, beste« Boten sie 1« der Hand hielt. In den Augen des jungen Mannes, der neben der Bürgermeisterin saß, lag unverkennbare Bewunderung und Leone wurde etwas verlegen unter seinem Blick. Ss entging ihr das schmerzliche Zucken, das um die Lippen des Mannes huschle. Die Bürgermeisterin sagte: „Wir warten schon eine Weile auf dich, Leone; Herr Heintzen ist gekommen, um uns Lebewohl zu sagen." Sie zuckte zusammen; sie konnte es nicht ändern. Oberiugenieur Heintzen kam auf sie zu und nahm ihre beiden Hände: „Ja, leider, gnädiges Fräulein, ich be- dauere es sehr; aber ich habe eine neue große Arbeit in Ungarn auszuführen." (Fortsetzung folgt.)