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Die Japaner im Besitz von Tsinanfu. 11. Mai 1928 Wie die Berliner Blätter aus Schantung melden, sind die Japaner jetzt vollständig im Besitz der Stadt Tsinanfu. Bei dem Auftauchen japanischer Flugzeuge über der Stadt hatten sich die Südtruppen, die das Chinesenviertel besetzt hielten, ergeben. Bis jetzt seien 7000 Chinesen entwaffnet. Die Japaner hatten die Eisenbahnbrücken über den Gelben Fluh besetzt. Schwere chinesische Verluste in Tsinanfu. — Tschiang- kaischeks Rücktrittsabsichten. In Peking eingegangenc amtliche japanische Mit- teilungen bestätigen die gestrigen Privatberichte, wo nach 800 Mann japanischer Infanterie etwa 7 Meilen östlich von Tsinanfu durch eine 5000 Mann starke Ab teilung chinesischer Südtruppen angegriffen wurden. Die letzteren wurden zurückgeschlagen und zogen sich unter Hinterlassung von etwa 300 Toten zurück. Die japanischen Verluste werden mit etwa 20 Toten ange geben. Die chinesische Presse veröffentlicht weitere Berichte aus Nanking, wonach General Tschiangkaischek seinen Posten als Oberbefehlshaber der südchinesischen Armeen aufgeben will und durch General Feng ersetzt werden soll, während General Hwang-Fu, der gegenwärtige Nankinger Auhenminister, durch WaNq ersetzt werden soll. Das japanische Kriegsministerium teilt nach To kioter Meldungen mit, dah in der am Dienstag durch geführten Säuberungsaktion in den Vor orten von Tsinanfu vier japanische Soldaten getötet und 22 verwundet wurden Ueberall sind d i e chinesischen Truppen hinter die vom japani schen Befehlshaber festgesetzten Grenzen in 7 Meilen Umkreis von Tsinanfu zurückgetrieben wor den Wo bleibt der Völkerbund? Wie aus Moskau gemeldet wird, bringt die Frei tagnummer der „Jswestija" einen Leitartikel zu den Ereignissen in China, in dem es heiht, es bestehe kein Zweifel, dah zwischen China und Japan ein Krieg aus gebrochen sei, dessen Folgen man nicht absehen könne. Und dies deshalb, weil man die Forderung Ruhlands auf allgemeine Abrüstung in Genf abgelehnt habe. Die Behauptung der russischen Vertreter in Genf, dah der Völkerbund nicht in der Lage sein könne, einen Krieg zu verhindern und dah er lediglich ein Werkzeug der Großmächte sei, habe sich jetzt bewahrheitet. Was habe der Völkerbund zur Verhütung des Krieges zwischen Japan und China, die beide seit acht Jahren dem Bunde angehörten, getan? Nur Kinder könnten annehmen, dah die Anrufung des Völkerbundes durch die Nanking regierung Erfolg haben könne. Nankings Verwahrung beim Völkerbund werde das gleiche Schicksal haben, wie die chinesische Verwahrung gegen die englische Verge waltigung im Jahre 1925 und 1926 —. Pflicht eines jeden wahren Anhängers des Friedens sei es, den Brand im fernen Osten zu löschen und zwar nicht mit Friedensgeschwätz, sondern mit Taten. Aehnlich äuhert sich auch die „Prawda". Seydoux gegen Stresemann 11. Mai 1928 Seydoux kommt im „Petit Parisien" etwas ver spätet auf die Heidelberger Rede Dr. Stresemanns zu sprechen. Stresemann sollte, meint Seydoux unter ande- Balkan - Mißtrauen gegen Italien. I I. Mai 1928 Auhenminister Dr. Marinkowitsch gab in der gestrigen Sitzung der Skupschtina auf Antrag der Oppositionsführer über die angeblichen K riegsvor - bereitungen Italiens und über das bevor stehende Protektorat Italiens über Al banien folgende Erklärung ab: „Es bestehen keine Anzeichen, aus welchen man schlichen könnte, dah die Zeitungsberichte über eine Einführung eines Protek torats Italiens über Albanien irgendwelche Grundlage haben. Ich habe weder unmittelbar noch amtlich davon Kenntnis. Ein solcher Akt würde im Gegensatz zu der Vertragslage sein. Wir können weder Italien noch einer anderen Erohmacht verbieten, auf dem Balkan irgendwelche Einflüsse auszuüben. Alles was wir tun können ist, zu trachten, dah diese Einflüsse der inter nationalen Rechtsordnung und den Grundsätzen der Unabhängigkeit des Balkans nicht widersprechen. In dieser Richtung bewegt sich auch die jugoslawische diplo matische Wirksamkeit und wir werden auch künftig daran arbeiten, um zwischen dem Königreich Italien und Jugoslawien ein freundschaftliches Einvernehmen in allen Fragen zu erzielen." Der Führer der Opposition, Pribitschewitsch, be gnügte sich mit dieser Antwort des Außenministers nicht und erklärte, dah Jugoslawien freundschaftliche Be ziehungen nur mit Rumänien, korrekte nur mit Grie chenland und Deutschland habe, dah aber das Ver hältnis zu Italien gespannt sei. Die Ar beit Mussolinis gehe darauf aus, Jugoslawien von sei nen Nachbarn zu isolieren. Der Beweis dafür liege in den Freundschaftsverträgen Italiens mit gewissen Staa ten und seinen Bestrebungen gegen den Vertrag von Trianon. Albanien sei eine Kolonie Ita liens. Der Führer der Landwirte-Partei, der ehemalige Wiener Gesandte Jovanitsch, begnügte sich ebenfalls nicht mit der Antwort des Auhenministers und erklärte, dah die Frage Albaniens seit 40 Jahren ständig akut sei, so wie sie auch den Grund für die Zwistigkeiten zwischen Oesterreich und Italien gebildet habe. Italien wolle sich in Albanien ein strategisches Hinterland schaffen. Jugoslawien glaube an die guten Absichten Italiens, habe Bündnisse mit dieser Macht abgeschlossen und das Resultat sei eine grohe Spannung zwischen Italien und Jugoslawien wegen Albanien. Italien bewaffneUngarn, was absolut festgestellt sei und beabsichtige, Rumänien von der Kleinen Entente ab trünnig zu machen. Die Frage Albaniens sei nicht nur eine spezielle Streitfrage zwischen Italien und Jugo slawien, sondern auch die Erohmächte mühten mit dieser Frage rechnen. Autzenminister Marinkowitsch über die albanische Frage In der Abendsitzung der Skuptschtina ergriff Auhen minister Marinkowitsch noch einmal das Wort, um auf den Vorschlag der bäuerlich-demokratischen Koalition, die albanische Frage dem Völkerbund zu un terbreiten, zu antworten. Marinkowitsch wies auf den Grundsatz „Der Balkan den Balkanvölkern" hin und erklärte, dah die südslawische Regierung ihre Verstän digungspolitik fortsetzen wolle. Man erweise der Re gierung jedoch einen schlechten Dienst, wenn man her vorhebe, dah sie die Schuld an dem Nichtzustandekom men einer Verständigung mit einigen Staaten trage. Die Balkanvölker müssen von allen fremden Einflüssen frei bleiben. Südslawien wünsche zu einem freund schaftlichen Verhältnis mit Italien zu kommen, es müsse jedoch alles vermieden werden, was als Zudring lichkeit oder zu grohe Nachgiebigkeit ausgelegt werden könnte. Auf alle Fälle würden die Versuche, mit Ita lien zu einer Verständigung zu kommen, fortgesetzt wer den. Bemerken möchte er, dah der römische Pakt kein Fehler sei. Zwischen Italien und Südslawien gebe es noch viele ungeregelte Fragen,darunter auch verschiedene wirtschaftlicher Natur. Notwendig sei aber vor allem die Bereinigung der Frage der Zollunion und der alba nischen Frage. Der Vorschlag der Opposition, die letzt genannte Angelegenheit vor den Völkerbund zu brin gen. sei unangebracht. Die südslawische Regierung werde alles einsetzen, um diese Frage mit Italien selbst zu regeln. Dr. Marinkowitsch erinnerte am Schluh noch daran, dah Südslawien schon während der Versailler Friedensverhandlungen stets für ein unabhängiges Albanien eingetreten sei. rem, nicht glauben, dah Frankreich der Rückkehr einer Politik Bismarcks zustimmen könnte. Hier lägen die Grenzen der deutsch-französischen Annäherung. Schur- man und die Heidelberger Studenten könnten davon überzeugt sein, dah eine Hegemonie in Europa nicht mehr zugelassen werde. Unter Berufung auf Artikel 431 des Versailler Vertrages erklärt Seydoux, dah nach dem Wortlaut des Artikels man keineswegs annehmen könne, dah die Räumung eher stattzufinden hätte, als dasProblem der deutschen Repara tionszahlungen endgültig gelöst worden sei. Die Alliierten forderten hierbei keine vollständige Bezah lung Bismarck hätte bei aller „Mäßigung" an der voll ständigen Durchführung des Frankfurter Vertrages fest gehalten. Stresemann, der ein großer Schüler der Politik seines berühmten Vorgängers sei, werde sicherlich ebenso auf vollkommene Einhaltung des Versailler Ver trages bedacht sein. Der Kolmarer Autonomisten- Prozeß. 11. Mai I9L8 Man hofft, den Prozeß in der nächsten Woche zu Ende zu führen. Im Kolmarer Autonomistenprozeß ist es zu einem Waffenstillstand zwischen dem Gerichtshof und der Ver teidigung gekommen, dessen Dauer und Tragweite sich noch nicht ganz übersehen läßt. Bei Eröffnung der Nach mittagssitzung gab die Verteidigung bekannt, daß sie von dem ursprünglich vorgesehenen 256 Entlastungs zeugen nur noch 28 Zeugen beibehalte. Der Staats anwalt seinerseits teilte mit, daß er von seinen 50 Zeu gen 6 aufrecht erhalte, unter denen sich der Polizeiagent Riehl und der General Bourgeois befinden. Der Präsident betonte vor Wiederaufnahme des Verhörs der Angeklagten, er werde alles tun. um den Prozeß so schnell als möglich zum Abschluß zu bringen. Unter diesen Umständen rechnet man in den Kreisen der Verteidigung damit, daß die Vernehmung der Zeu gen und Angeklagten möglicherweise noch im Laufe die ser Woche zu Ende gehen wird, so dah dann Anfang der nächsten Woche die Plaidoyers des Eeneralstaats- anwaltes und der acht Verteidiger eröffnet werden könn ten. Der Prozeß könnte dann endgültig in der nächsten Woche zum Abschluß gelangen. Jedoch hängt die Ein haltung dieses, zunächst nur in einer stillen Verein barung vorgesehenen Zeitpunktes ausschließlich davon ab, ob die Bedingungen des Waffenstillstandes von bei den Teilen wirklich eingehalten werden. Schall schloß dann seine am Vortage unterbrochenen Ausführungen über die Schutztruppe des Heimatbundes ab. Das unerwartete Vorgehen Zorn von Bulachs habe zum Handeln gezwungen, da man dieses Vorgehen für verwerflich hielt. Bulach habe den Extremismus in Schwung gebracht. Die Autonomisten aber wollten die Autonomie im Rahmen Frankreichs. Der Vorsitzende wandte sich dann an den Ange klagten Hauß und fragte ihn, wie er Autonomist ge worden sei. Hauß erklärte: Es sei wohl selbstverständlich, daß er als Sohn des früheren Staatssekretärs, Reichs und Landtagsabgeordneten Hauß, elsahlothringischer Heimatrechtler geworden sei. Hauß wollte dann Einzel heiten schildern, wurde aber vom Vorsitzenden unter brochen, mit der Frage, ob er diese Kleinigkeiten für wichtig halte? Rechtsanwalt Feiltet erklärte, selbstver ständlich müsse, wenn Hauß diese Kleinigkeiten nicht gebe, auch der Staatsanwalt darauf verzichten, sich ihrer in seinem Plaidoyer zu bedienen. Generalstaatsanwalt Fachot antwortete: „Sie können ja die Anklagerede halten!" Rechtsanwalt Feiltet erwiderte, dann würde er in außerordentlicher Verlegenheit sein! Hauh fuhr dann fort und erklärte, er habe erst nach dem Erscheinen der „Zukunft" einen kleinen Kreis heimattreuer Elsässer um sich versammelt. Er teilte das Programm der auto- nomistischen Partei voll und ganz. Der Vorsitzende kam dann auf ein Protokoll über die Eründungssitzung der autonomistischen Partei zu sprechen, in dem er aus einer Rede des Dr. Roos die Worte gefunden habe: „Es lebe ein freies und unabhängiges Elsaß!" Der Bericht der „Zukunft" über diese Rede enthalte nicht die Worte: und unabhängige-". Es sollte daher das Origi nal des Protokolls in deutscher Sprache aus den Akten gesucht werden, wobei sich jedoch herausstellte, daß das Schriftstück nicht mehr vorhanden ist. Pariser Stimmen zur Abkürzung -es Kolmarer Prozesses. 11. Mai 1928 Die Pariser Presse ist mit der Abkürzung des Ge richtsverfahrens in Kolmar einverstanden. So stellt das sozialistische „Oeuvre" fest, daß bei einem weiteren Hinausziehen des Prozesses niemand etwas zu gewinnen hätte. Entweder handele es sich tatsächlich um eine Verschwörung gegen die Sicherheit des Staates und dann solle man mit dem Katz- und Mausspiel aufhören und das Beweismaterial heraus geben: oder es handele sich im allgemeinen um die Autonomiefrage, dann aber habe der Kolmarer Gerichtshof seine Zuständigkeit überschritten. Seit 1919 seien so viele psychologische, verwaltungstechnische und politische Fehler im Elsaß gemacht worden, daß man sich gar nicht darüber wundern dürfe, wenn die Auto nomisten an Anhang gewonnen hätten. Wenn die Autonomisten tatsächlich nur die Achtung ihrer erwor benen Rechte im Rahmen Frankreichs verlangten, so wäre es gut, wenn sie dies in ihr Programm aufnehmen würden. Der „Avenir" Millerands wäre mit der autono mistischen Bewegung im großen und ganzen einverstan den, wenn es sich um den sogenannten „Regionalismus" handeln würde, den man zwischen den Franzosen, El sässern, Bretonen, Vlamen und Korsen erörtern könne. Die Autonomisten benutzten jedoch den Ausdruck „inner halb des Rahmen Frankreichs" nur dazu, um den frühe ren deutschen Rahmen aufrecht zu erhalten, nötigenfalls durch völligen Abfall von Frankreich. Daher bedeute der Autonomismus eine ganz außer ordentliche Gefahr. * Karol muß England verlassen. London, 11. Mai. In der gestrigen Unterhaus sitzung teilte der Innenminister mit, daß er von feiten des Prinzen Karols den Ausdruck des Bedauerns dafür empfangen habe, daß er der englischen Regierung un absichtlich Schwierigkeiten bereitet habe. Der Vertreter des Prinzen habe der Regierung die Versicherung geben wollen, daß der Prinz jede politische Betätigung aus geben wolle, wenn der Ausweisungsbefehl gegen ihn wieder zurückgenommen werde. Der Innenminister be tonte aber, daß er sich mit dem Außenminister völlig darüber einig geworden sei, daß eine Zurücknahme des Ausweisungsbefehls nicht mehr in Frage kommen könne Der durch Karols Verhalten entstandene peinliche Ein druck könne nicht mehr verlöscht werden. Zur Vorbe reitung der Reise werde dem Prinzen eine angemessene Frist gegeben. Es sei zu hoffen, daß Prinz Karol säM am Montag den englischen Boden verlassen werde. Di« Listenoerblnvung in Sachsen. Am Donnerstag wurde im Verbandswahlausschuß die Listenverbindung der in Sachsen eingereichten Reichs tagswahlvorschläge vorgenommen. Alle Parteien hatten Verbindungserklärungen eingereicht, ausgenommen Zeh' trum, Wendische Volkspartei und Polnische Volkspartei für die die Listenoerbindung ohne praktische Bedeutung wäre. Die Deutsche Bauernpartei hatte eine Verbi" dungserklärung in Ostsachsen eingereicht, die aber gegen standslos war, weil diese Partei in den beiden anderen Wahlkreisen gar keine Listen eingereicht hatte, so daß sie also gar nicht verbunden werden konnte. Etwas bess>" erging es der USP. Sie hatte Verbindungserklärungen für West- und Mittelsachsen eingereicht, aber in Mittet sachsen überhaupt keine Bewerber aufgestellt, so daß du' Verbindung nur zwischen Ost- und Westsachsen geneh migt werden konnte. Der neue Volksblock für Infi" tionsgeschädigte hat sich nur mit Westsachsen verbinden lassen. Sämtliche zulässigen Listenverbindungen wurde" genehmigt. Der sozialdemokratische Vertreter FinM dusch gab Protest zu Protokoll gegen die Zulassung Verbindungserklärungen der altsozialistischen Liste, w"' angeblich deren Liste für Ostsachsen zu Unrecht zugelassen worden sei. . Lohnbewegungen und Streiks. Die Wiederaufnahme der Arbeit in der Meta^ Industrie. Die Dresdner Ortsverwaltung des Meta' arbeiterverbandes erklärt, daß nach der Verbindlichkeit erklärung der Schiedssprüche der Kampf beendet u, Die Wiederaufnahme der Arbeit solle möglichst soff' erfolgen. Nach Erklärungen der Arbeitgebervertreu müsse die Arbeit in allen Betrieben spätestens in Tagen ausgenommen sein. Die Unternehmer seien of pflichtet, auch die Arbeiter wieder einzustellen, die rend des Kampfes brieflich oder persönlich Mitteilung', erhalten hätten, daß sie nach Beendigung des KanE nicht eingestellt werden würden. Die Betreffenden null' ten sich bei Wiederbeginn der Arbeit zur Verfüg"^ stellen. Sollte der Unternehmer erneut Einstellung " lehnen, müsse Einspruch erhoben und dem Verbands^ Mitteilung gemacht werden. — Im Dresdner A' der Sächsischen Maschinensabik A.-E. oorm. Rich-H^ mann wird die Arbeit bereits heute ausgenommen-