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Kurze Mitteilungen. 23 Mai 1928 Bei dem Brand auf dem Dampfer „Leo Tolstoi" auf dem Dnjepr sind, wie aus Moskau ergänzend ge meldet wird, 19 Personen ums Leben ge kommen, darunter ein Professor des Kiewer Poly technischen Instituts. Nach Meldungen aus Beirut wurden bei Kämpfen zwischen Drusen und Bedu inen an der südlichen Grenze von Syrien eine größere Anzahl von Drusen und Beduinen getötet und mehrere verwundet. Diese Kämpfe bedeuten das Wiederauf leben der Feindseligkeiten zwischen beiden Parteien. Wie aus Barlan (Kentuckys gemeldet wird, sind 15 Bergleute infolge einer Erubenexplvsion in einem Bergwerk e i n g e s ch l o s s e n. 69 wur den gerettet. Nach Meldungen aus Ottawa hat der dortige ' amerikanische Gesandte der kanadischen Regie rung eine offizielle Einladung zur Teilnahme an den Verhandlungen über den Abschluß eines Kriegsverzicht spaktes überreicht. Minister präsident King hat die Einladung angenommen, mit dem Hinweis darauf, daß die Ansicht Kanadas in die ser Frage mit der Großbritanniens llbereinstimmc. Aufsehenerregende Festnahme in -er Dresdner Kei-e. 23 Mai 1928 Zwei gefährliche Gesellen unschädlich gemacht. Am gestrigen Dienstag in der vierten Morgen stunde befanden sich der in Rähnitz-Hellerau stationierte Eendarmeriehauptwachtmeister Koch und der zuständige Forstgendarmeriebeamte Wagner aus Klotzsche auf einer Streife durch die Dresdner Heide. Als die beiden Be amten die Abteilung 59 des Staatsforstreviers durch schritten, hörten sie eine Anzahl verdächtiger Schüsse, weshalb sie begreiflicherweise und pflichtgemäß der Rich tung nachgingen. Unweit vom Vordorfer Weg und in allernächster Nähe der sogenannten Räuberhöhle stießen die Eendarmeriebeamten auf zwei recht gefährliche Ge sellen, die dort angeblich schon seit drei Tagen in einem Zelte hausten. Durch rasches Zugreifen konnten die bei den Heidebewohner überwältigt und festgenommen wer den. Es waren zwei angebliche Malergesellen aus Ber lin, die drei geladene Schußwaffen und über dies noch rund 400 (!) Schuß scharfe Munition im Besitze hatten. In dem Zelte befanden sich noch ein Spirituskocher und andere Dinge. Beide wurden ge fesselt dem Landgericht am Münchner Platz zugeführt. In den Mittagsstunden dauerten die behördlichen Er örterungen über deren Persönlichkeiten usw. noch fort. Man vermutet, daß hier ein recht guter Fang gemacht worden ist. Was diese angeblichen Berliner Maler gesellen alles auf dem Kerbholz bereits haben, und was sie sonst im Schilde geführt, dürfte bald klargestellt werden. Die beiden angeblichen Malergesellen aus Berlin nannten sich Bernhard Terstiege, geboren 1907 und Her bert Prescher .geboren 1908. Außer den drei geladenen Revolvern und den rund 40D Schuß scharfer Munition wurden noch zwei scharfgeschlisfene Dolche in deren Besitz vorgefunden. Verdächtige Knallerei wollen Spaziergänger Zuvor schon gehört haben. Zahlreiche aufgefundene leere Patronenhülsen lassen auch darauf schließen, daß die bei den verdächtigen Zeltbewohner von den mitgeführten Waffen und der so reichlichen Munition tatsächlich aus giebigen Gebrauch gemacht haben. Ueber das Ergebnis der behördlichen Erörterungen, die fortdauern, wird noch Näheres berichtet. Aus aller Wett. * Große Viehoerluste in Südost-Meckkenburq durch eine Mückenart. Das südöstliche Mecklenburg wird seit Einigen Wochen von einer Insektenplage heimgesucht, schwärme von giftigen Insekten überfallen das Vieh; namentlich Pferde und Rinder, die bald darauf ver enden. Es sind bereits große Verluste an Vieh zu be klagen. Wie nunmehr wissenschaftlich festgestellt wor- i den ist, handelt es sich um eine Mückenart, die in frühe- ! ren Jahren große Viehverluste in Hannover verursacht I hat. f * Große Bilderfälschungen in Frankfurt a. M. , Der Frankfurter Kriminalpolizei gelang es, eine große Fälschungsfabrik in Frankfurt a. M. zu entdecken, die sich damit befaßte, Bilder, meist alter Meister, in den Handel zu bringen. Seit längerer Zeit konnte festge stellt werden, daß von Frankfurt aus eine Menge wert voller Gemälde in die Welt geschickt bezw. durch den Antiguitätenhandel vertrieben und teuren Preisen ab gesetzt wurde. Bald kam der Verdacht auf, daß es sich um sehr geschickte Fälschungen handelte und nach monatelangen Ermittlungen verhaftete die Kriminal polizei einen Frankfurter Kunst- und Antiquitäten sammler, der auch zugeben mußte, die Fälschungen ver trieben zu haben. Die Bilder wurden von einem Frank furter Maler hergestellt und mit einer falschen Signa tur versehen. Eine Anzahl bekannter Persönlichkeiten, die teilweise flüchtig sind, sollen in diese Angelegenheit verwickelt sein. Es ist mit weiteren Verhaftungen zu rechnen. Der Skandal wird ziemlich weite Kreise ziehen, da die gefälschten Bilder nach allen Großstädten, u. a. auch nach Köln und München, verkauft worden sind. " Gräßliche Bluttat eines Geisteskranken. Aus Frankfurt a. M. wird gemeldet: In der Nacht zum Dienstag erschlug ein 73 Jahre alter Invalide seine 77 Jahre alte Frau, während sie schlief mit einem Handbeil und brachte ihr eine tiefklaffende Kopfwunde bei, die den sofortigen Tod herbeigeführt haben dürfte. Nach der Tat warf er sich vor einen Zug und blieb tot auf der Strecke liegen. Der Invalide, der früher schon mehrere Male in einer Heilanstalt untergebracht war, zeigte in der letzten Zeit wieder Spuren von Nervsn- zerrüttung. Als er kürzlich wieder in die Anstalt ge bracht werden sollte, versuchte er sich aus dem Fenster zu stürzen. Offenbar aus Angst vor einer bevorstehen den Operation entwich er aus der Anstalt und beging die Tat. * Droschkenkutscher Hartmann auf französischem Boden. Wie ein Berliner Abendblatt meldet, hat der Berliner Droschkenkutscher Gustav Hartmann aus Wannsee gestern auf seiner Fahrt nach Paris die Die Stimmenverterlung bei Äer Reichstagswahl vom 20. Mai 1828. Unser Schaubild zeigt die Stimmenoerteilung nach den vor läufigen Ergebnissen. deutsch-französische Grenze bei Aspach passiert und ist gegen Abend in Diedenhoven eingetroffen, wo er von der Bevölkerung herzlichst empfangen wurde. In allen Dörfern zwischen Aspach und Diedenhoven bildeten die Einwohner Spalier, als der Fahnen und Blumen sträußen geschmückte Wagen durchfuhr. - Versuche über Kurzwellenübertragunqen Les Völkeebundssekretariats. Das Völkerbundsfekretariat veranstaltet heute den 23. d. M. zwischen 5 und 6 (Ihr mitteleuropäischer Zeit nachmittags den zweiten Versuch der Radioübermittlung auf kurzen Wellen. Man bemüht sich, überseeische Länder zu erreichen. Die Vermittlung besorgt die holländische Station in Koot- wijk, wobei deutsche und schweizerische Aemter Mit arbeiten. Benutzt wird die deutsche, holländische, fran zösische, spanische und englische Sprache. Das Völker bundssekretariat bittet alle Personen, die die Ueber- tragung hören, es mittels Karte zu verständigen. Der Aufruf erfolgt mit den Buchstaben P. C. LL. Die Wellenlänge beträgt 18,4 Meter und die Energie 25 Kilowatt. * Der letzte deutsche Bürgermeister aus Südtirol geflohen. Wie der „Lokalanzeiger" aus Wien berichtet, ist dieser Tage der letzte deutsche Bürgermeister aus Südtirol, Jos. Pixner, aus St. Leonhardt im Passeier- tal über die italienische Grenze nach Nordtirol geflohen, um der ihm drohenden Verhaftung und Verbannung zu entgehen. Pixner sollte, wie ihm Freunde noch recht zeitig mitteilen konnten, wegen angeblich italienfeind licher Propaganda verhaftet werden. " Großfeuer in Oberösterreich. Gestern brach in Langfirling bei Freistadt in Oberösterreich infolge Schadhaftigkeit eines Schornsteins ein Eroßfeuer aus, dem in kurzer Zeit 21 Anwesen und ein Teil des Vieh bestandes zum Opfer fielen. Eine Frau wurde lebens gefährlich verletzt. Pioniere sind mit Lastautomobilen an die Unglücksstelle abgegangen. Die Schadensumme von 250 000 Schilling ist kaum zur Hälfte durch Ver sicherung gedeckt. ' Erforschung des Nordpols durch U.-Voote? Die beiden Nordpolflieger Wilkins und Eyelson trafen am Montag in Drontheim ein. Wilkins erklärte dem Korrespondenten des „Lokal-Anzeigers", daß durch Flugzcugexpeditionen im Polargebiet nicht viel zu er forschen sei. Wissenschaftlich richtig wäre es jetzt, die Meerestiefen festzustellen. Dafür würden U.-Boote das geeignete Mittel sein. Es muß durchaus möglich sein, meint Wilkins, von Spitzbergen aus bis Alaska mit dem U.-Boot zu fahren, da sich überall im Eise große Oeffnungen befinden, wo man auftauchen könnte. Der Gedanke höre sich zwar absurd an, doch sei er nicht phan tastischer als der, das Polargebiet zu überfliegen. " Dammrutschgefahr in Amerika. In Neuyork ein gelaufene Meldungen aus Salt Lake City berichten von einem bevorstehenden neuen Dammbruch im Pleasant- Tal, wodurch die Städte Castlegate, Colton und Helpar in größter Gefahr sind. Die Bewohner flüchteten nach den Bergen. Große Abteilungen von Arbeitern ver suchen einen Bruch des Dammes zu verhindern, doch fürchtet man, daß die Arbeiten nicht zu Ende geführt werden können, bevor der Damm dem starken Wasser druck nachgibt. " Dis Katastrophe im Mather-Bergwerk. Nach den letzten Feststellungen beläuft sich die Zahl der Todesopfer der Explosion im Mather-Bergwerk auf 82. 115 Mann werden noch vermißt. Man glaubt, daß sie ebenfalls ums Leben gekommen sind. " Zehn Personen durch einen Orkan getötet. Nach einer Reutermeldung aus Laredo in Texas sind gestern im Verlauf eines schweren Orkans im dortigen Bezirk vier Personen getötet und 50 verletzt worden. Eine Anzahl der Verletzten befindet sich in bedenklichem Zu stand. * Wieder eine Stadt in Peru von Erdbeben zer stört. Die Stadt Chachapoyas ist nach Berichten aus Lima in Peru von einem Erdbeben heimgesucht worden. Das neue Erdbeben hat die Stadt Jaen vollständig zerstört. Eine große Anzahl von Personen sind verletzt und getötet und mehrere hundert obdachlos geworden. Die Erschütterungen dauern noch an. vsm m 58. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Es ist wahr, Leonore — „Ich glaube es nicht." Ihre Lippen bebten, und ihr Körper zitterte —. „Ich kann es nicht glauben! Wo ist "e — ich will sie sehen!" Tie wollte zur Tür hinaus; ihr Gatte hielt sie aber zurück. „Warte noch, der Anblick wäre zu entsetzlich für dich denn Gerda ist ertrunken!" So leise er gesprochen, sie börtc es doch und sank zu Boden. „Ertrunken" — murmelte sie, „ertrunken —." Mit Urem Blick sah sie zu ihrem Gatten empor, der so succht- ernst vor ihr stand — ja, es mußte doch wohl wahr Um — „ertrunken, sagst du. Joachim '" „Ja, Leonore, um kein anderes Wort zu nennen — sUM sie ist selbst — —" Das andere erstickte in einem undeutlichen Murmeln; er konnte es nicht über die Lippen 'ringen. „Mein Kind, mein Kind," jammerte sie, „mir das an- d'tun — und warum nur?" „Weil sie glaubte, Krafft erschossen zu haben" — Er iuh, wie sie bei diesen Worten zusammenzuckte; aber sie nagte nicht nach ihm „Du hast ja selbst gesehen, Leonore, was heute nachmittag geschehen ist — Gerda und Krafft uebten sich und wollten sich heiraten — und da Gerda er- 'hren, daß es nicht sein konnte, war sie von Sinnen " >rgen hatte das Gesicht in den Händen oer- Joachim, sprich jetzt nicht weiter," stieß sie mit "erstickter Stimme hervor, — „führe mich zu meinem ' Kichen Kinde." „Zu welchem —" wollte er erst fragen — als ob er keinen Teil an Gerda hätte, als ob ihm nicht der Schmerz um die Tochter sein Herz zerriß —I „Warte noch ein paar Minuten, bis sie herübergeschafft ist. Sie liegt drüben beim alten Voß, der sie mit Hellmut gefunden hat —." Freesen sprach jo eintönig und rubig, dabei ohne jede Spur von Herzlichkeit in der Stimme, daß sie ihren Gatten betroffen anblickte. Wie war er doch anders, förmlich ver steinert sah er aus. Früher hätte er sie wohl in den Arm genommen, ihr begütigend zugesprochen, sie getröstet, wenn ihm auch selbst das Herz so schwer war — wie damals beim Tode des kleinen Joachim — aber heute nichts von alledem Kalt und ernst stand er an der Tür, mit bleichem Gesicht; er war ihr nicht behilflich, als sie sich mühsam vom Boden erhob und nach ihrer Chaiselongue schleppte. Sie konnte das Entsetzliche noch nicht fassen — — und dann die Erörterungen, die ihr noch bevorstanden —! Bis her war ihr Leben so glatt, ohne große Aufregungen ver flossen; jede Unannehmlichkeit hatte ihr Gatte ferngehalten — und jetzt war sie so haltlos und ohnmächtig gegen das Unglück, das über sie hereingebroche« — st« wünschte sich am liebsten tot! Und von Krafft sagte man ihr gar nicht« — was war mit ihm? Scheu blickte sie auf — „und Krafft, Joachim, lebt er — ?" kam es endlich leise von ihren Lippen fast unhörbar. Er hatte st« aber verstand«« — also doch ein« Frage nach ihrem Sohn! „Noch lebt dein Sohn," sagte er kalt; sie stöhnte auf und rang oerzweiflungsvoll die weißen Hände. „Fasse dich jetzt, Leonore — es wird Zeit, daß ich Gerda mit Hellmut hole; ste wird in ihrem Zimmer auf gebahrt, das entlegen von Krafft« Krankenzimmer ist; denn jedes unnütze Geräusch muß vermieden werden, da wir einen Totkranken im Hause haben — gebe Gott, daß er durchkommt." Damit ging er und Ltch jatn« Frau allein in ihrem Gram und Schmer». Dunkel ahnten die Leute, daß etwas Schreckliches ge schehen sei; keiner aber wagte zu fragen; nur scheu tuschel ten sie miteinander. Man hatte doch einen Schuß fallen hören — wer weiß die Baronesse war immer so voreilig und übermütig; viel leicht hatte sie mit dem Gewehr gespielt, das unglücklicher weise losgegangen und den Inspektor getroffen hatte. Und da war sie in ihrer Angst geradewegs ins Wasser gelaufen — so war's bestimmt gewesen; da konnte der alte Voß viel reden! Unter Tränen hatte Mamsell Lina Gerda die nassen Kleider abgezogen, sie in ein weißes Gewand gehüllt und auf ihr Bett gelegt. Sie faltete der Toten die Hände über der Brust und deckte ein Tuch über das bleiche Gesicht. Be scheiden trat sie zur Seite, als die Baronin kam. Die aber wankte und wäre gefallen, wenn nicht Mamsell Lina sie gehalten. Sanft faßte sie ihre Herrin unter die Arme und führte sie an die Leiche. Abwehrend streckte Frau von Freesen ihre Hände von sich — „ich kann sie nicht sehen, Mamsell, ich kann nicht —!" „Die Baronesse sieht so friedlich aus, gar nicht ein bißchen entstellt, Frau Baronin —," sagte die Mamsell er schüttert. Die Baronin griff zaghaft nach Gerdas Hand, fuhr aber voll Schauder zurück, als sie die kalte, leblose Hand berührte. „O Mamsell, mein armes, schönes, unglückliches Kind." Sie warf sich vor dem Bett nieder und drückte oer zweiflungsvoll ihr Gesicht in die weißen Tücher. Das Ein zige, woran ihr Herz in abgöttischer Liebe hing, war chr genommen — nun hatte ihr Dasein keinen Inhalt mehr wie hatte sie von einem glänzenden Leben für ihre Tochte! geträumt, und da lagen die traurigen Reste ihrer Hosfnun gen! Leise ging die Mamsell hinaus, um den Schmerz ihre^ Herrin nicht zu stören. Tief erschüttert eilte Katharine noch in späte Abendstunde auf die traurige Nachricht von Gerdas plötz lichem Tode herbei. Vergessen war alles, als sie das tote, bleiche Mädchen daliegen sah, und voll tiefen Mitleid warf st« stch an hie Brust des Barons. (Fortsetzung folgt)