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Die „Bremen" startbereit. 25. April 1928 Nach den letzten Meldungen aus Greenly Island ist die „Bremen" vollkommen st artbereit. Die Wetterverhältnisse sind jedoch noch immer ungünstig. Ueber die Startvorbereitungen werden noch folgende Einzelheiten bekannt: Bevor das Hilfs flugzeug mit Schiller, Fitzmaurice und Balchen und dem Junkersmechaniker Köppen an Bord auf GreenlyIsland eingetroffen war, hatte Köhl mit Hilfe von Eingebore nen einen etwa 50 Meter langen Abzugskanal von dem See, auf dem die „Bremen" gelandet war, nach dem St.- Lorenz-Golf Herstellen lassen, durch den das Wasser ab- flietzen konnte. Dann wurde die „Bremen" hinunter geschleppt und in eine Stellung gebracht, die dem Flug zeug eine günstige Startbahn gibt. Nach dem Eintreffen des Hilfsflugzeuges gelang es sehr schnell, die Schäden, die die „Bremen" bei ihrer Landung erlitten hatte, auszubessern. Köppen brachte den Propeller wieder in Ordnung, nachdem er ihn 15 Minuten lang mit einem Hammer bearbeitet hatte. Die ganzen Arbeiten dauer ten etwa zwei Stunden. Köhl und Hünefeld konnten sich vor Freude kaum fassen. Wie die „Chikago Tribune" aus Murray-Bay be richtet, wurde der für gestern geplante Abflug der „Bre men" verhindert. Die „Bremen" wird nun, sowie das Wetter günstig ist, ihren Flug südwärts nehmen. Dem „Neuyork Herald" zufolge erwartet die Mannschaft der „Bremen" als Belohnung u. a. die 50 000 Goldmark, die von der Elektrolurgesellschaft für den ersten Flug über den Atlantischen Ozean von Ost nach West ausgesetzt worden sind. Wie weiter gemeldet wird, hat der Dampfer „Le viathan" in Cherbourg fünf große Kisten mit Ersatz teilen für die „Bremen" an Bord genommen, die von den Junkerswerken verladen wurden. Diese Tatsache be stärkt die Vermutungen, daß Hauptmann Köhl, Major Fitzmaurice und Varon v. Hünefeld auf dem Luftwege nach Deutschland zurllckkehren werden. Ein „Bremen"-Denkmal auf Greenly-Jsland. Nach Meldungen aus Quebec soll die erste erfolg- Die Vorbereitungen für die sranZWschen Stichwahlen. Leon Blum soll wieder kandidieren. 25. April 1928 Gestern abend hielten die Leitungen fast aller poli tischen Parteien Sitzungen ab, die in erster Linie der Entscheidung über die Wiederaufstellung oder das Fallenlassen eigener Kandidaten für die Stichwahlen am kommenden Sonntag galten. Eine Anzahl von Kandidaten, darunter auch bisherige Kammerdepu tierte, hatten allerdings schon vorher auf die Wieder- aufstellung verzichtet. So trat im Wahlkreis Neran der Kandidat der radikalen Linken, Arbeitsminister Falliers , vor dem radikalsozialistischen Gegenkandi daten Couren zurück. Der Verlust seines Mandats wird zur Folge haben, daß Fallieres nach dem zweiten Wahlgang sein Portefeuille zur Verfügung stellen wird. Die Verhandlungen des Rates des Sozialistischen Seine-Verbandes dauerten bis in die Nacht hinein an und nahmen einen stürmischen Verlauf. Eine oft leb hafte Aussprache entspann sich darüber, ob der Führer der Partei und der sozialistischen Kammergruppe, LeonBlum, auch in der Stichwahl kandidieren soll. Ein Teil der Versammlungsteilnehmer forderte den Rücktritt Blums, um ihn nicht einem neuen Mißerfolg auszusctzen. Diese Ansicht kam auch in einer Erklärung Blums zum Ausdruck. Schließlich wurde jedoch gegen 3 Stimmen die Aufrechterhaltung der Kandidatur Blums gefordert. Im übrigen einigte man sich darauf, auf eine Reihe von Kandidaten zugunsten der Radikal sozialisten zu verzichten. Ferner wurde.beschlossen, in denjenigen Wahlkreisen, wo die kommunistischen Kandi daten beim ersten Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigten, die sozialistischen Kandidaten nicht wie der aufzustellen, ohne jedoch die sozialistischen Stimmen den Kommunisten zukommen zu lassen. Starken Ein druck machte eine Mitteilung, wonach der kommunistische Deputierte Renaud-Jean vor etwa 14 Tagen sich zu dem damals in Berlin weilenden Litwino w dargetan habe, der von Moskau auf die französische kommunistische Partei ausgeübte Zwang zur Aufrecht erhaltung aller Kandidaten im zweiten Wahlgang führe zu großen Unzuträglichkeiten. Litwinow habe jedoch strengsten Gehorsam und die Beibehaltung aller Kan didaturen verlangt. Politischer Mord in Butzland. 25. April 1928 Wie aus Moskau berichtet wird, meldet die G. P. U. einen politischen Mord, der sich im Moskauer Gouvernement ereignet hat. Im Dorfe Malwino wurde der Kommunist Peter Sacharow, der im Gouvernement Moskau den Kampf gegen die Großbauern leitete, durch einen Revolverschuß getötet. Er galt als Vertrauens mann der Partei auf dem Gebiete der Bearbeitung des Dorfes und hatte den Auftrag, die „kulturelle Revo lution" auf dem flachen Lande durchzuführen. Nach amtlicher Darstellung wurde Sacharow ermordet, weil er sich dem Bau einer neuen Dorfkirche widersetzte und wiederholt sowohl die Geistlichkeit als die Kirche ge schmäht hat. Im Dorfe Malwino sind auf Grund dieses Vorfalles, der bezeichnend für die Stimmung der Bauernschaft ist, eine Anzahl von Verhaftungen vor genommen worden. Kritische Lage in China. 25. April 1928 Tsinanfu von den Südtruppen kampflos besetzt. Die Truppen des Generals Feng haben reiche Ueberquerung des Ozeans von Ost nach West durch die Errichtung eines Denkmals auf der Insel Greenly Island verewigt werden. In den Denkstein sollen die Namen der Besatzung der „Bremen" einge hauen werden. — Das Befinden des im Krankenhaus von Quebec liegenden Fliegers Bennett ist besorgnis erregend. Oberst Lindbergh ist im Flugzeug nach Quebec unterwegs, um Medizin für Bennet nach dort zu bringen. Lindbergh in Quebec eingetroffen. Lindbergh ist mit den Arzneimitteln für den er krankten Flieger Bennett in Quebec eingetroffen. Wie aus Quebec gemeldet wird, hat sich der Zu stand Bennetts weiter verschlechtert. Man hefürchtet, daß auch das von Lindbergh gebrachte Serum nicht mehr helfen wird. Angeblich soll nur noch ein Lungen flügel arbeiten. Ein zweiter deutscher Ozeanstug? 25. April 1928 Wie die „V. Z." wissen will, sind soeben die Ver handlungen über einen zweiten deutschen Ozeanflug abgeschlossen worden. .Der bekannte deutsche Flieger Risticz soll beabsichtigen, mit Frau Dillenz mit derselben Flugzeugtype, die Köhl benutzte, von Leipzig über Bal- donnell nach Nordamerika zu fliegen. Zu dem Plan eines zweiten deutschen Ozeanfluges, den der bekannte Junkersflieger Risticz zusammen mit der Wienerin Frau Dillenz, der Tochter des Malers Holischer, unternehmen will, erfährt die Telegraphen- Union von gutunterrichteter Seite, daß die Verhand lungen hierüber noch nicht abgeschlossen sind. In maß gebenden Fliegerkreisen ist man jedoch auch der Ansicht, daß an einen zweiten Ozeanflug eines Junkersflug zeuges erst gedacht werden kann, wenn die Erfahrungen, die Hauptmann Köhl mit seiner Junkersmaschine auf dem Ostwestfluge über den Ozean gemacht hat, einwand frei vorliegen und wissenschaftlich verwertet werden können. Tsinanfu. die Hauptstadt der Provinz Schantung, kampflos besetzt. Die Nordtrupepn ziehen sich in Un ordnung zurück. An verschiedenen Stellen ist es zu Plünderungen gekommen. Aus dem Kaushattausschutz Am Dienstag beriet der Haushaltausschuß einige sehr wichtige Etatkapitel. Zum Kapitel Ministerium des Innern beantragte der sozialdemokratische Be richterstatter Müller Streichung der Mittel für das Armeemuseum, es sei überflüssig. Demgegen über stellte der Regierungsvertreter fest, daß der Besuch in den wenigen Monaten seit der Wiedereröffnung ein sehr lebhafter gewesen sei. Dank dem Entgegenkommen des Reiches verursache die Verwaltung des Museums verhältnismäßig wenig Kosten. Der kommunistische Abgeordnete Böttcher forderte Aufhebung der „Bannmeile, Stockverbot, Einschränkung der Demonstrationen" und fragte nach der Haltung der Regierung gegenüber dem Roten Front kämpferbund. Der Minister erklärte, durch die Initiative des Reichsinnenministers in bezug aus Rotfront sei die säch sische Regierung überrascht worden. Das Ver bot sei nur möglich, wenn es in allen Ländern erlassen würde. Ein gerichtliches Urteil sei gegen Rotfront wegen Versassungswidrigkeit noch nicht ergangen. Der Minister werde also in Uebereinstimmung mit dem Ministerpräsi denten dem Verbot widersprechen. Beim Kapitel Kreis- und Amtshauptmannschaften verlangte Abg. Liebmann Vermehrung der Baukontrol leure, wünschte Einschränkung der Versammlungen und fragte nach der Höhe der Sachverständigenkosten. Er bemängelte Erschwerung im Innendienst und wünschte Aufschluß über die Verwaltungsreform auf dem Gebiete der inneren Verwaltung. Der Minister Dr. Apelt äußerte sich hierzu: Das Innenministerium ist zu einem anderen Er gebnis gelangt, als Präsident Schieck. Es will die Kreishauptmannschaften überhaupt fallen lassen. Eine Denkschrift darüber werde aus gearbeitet. Nach Meinung der Regierung genügte die Zahl der Baukontrolleure vollständig. Halbamtliche Sachverständige werden für Gutachten nicht bezahlt. Abg. Claus kritisiert die Verzögerung von Entschei dungen in Amtshauptmannschaften. Durch Verkürzung des Jnstanzenzuges werde vieles besser werden. Der Minister erhoffte Vereinfachung und Beschleunigung durch Zusammenlegung der unteren Behörden nach Schiecks Vorschlag. Ueber die landwirtschaftlichen Kapitel berichtete Abg. Schladenbach (Dnat.). Er be tonte die Wichtigkeit der Stellung des Landestierarztes. Kapitel 46 wurde einstimmig genehmigt. An Staats beihilfen für das landwirtschaftliche Unterrichtswesen seien 180000 Mark mehr eingestellt. Andere Länder gäben höhere Zuschüsse, in Sachsen nur 45 Prozent, in Brandenburg 75 Prozent. Die Negierung kenne die Notlage der sächsischen Landwirtschaft. Die Beiträge der sächsischen Landwirte zur Landwirtschaftskammer seien schon aufs höchste gespannt und schwer einzutreiben. Bei der Durchführung der Besoldungsreform und bei nicht erhöhten Staatsbeihilfen müsse deshalb das Schul geld erhöht werden. Das sei eine neue Belastung. Die Landwirtschaftskammer sei entschlossen, aus Ersparnis gründen 20 Beamten zu kündigen. Die höhere Einstel lung für Bodenkultur sei zu begrüßen. Bayern und Thüringen wendeten hierfür größere Mittel an. Der Berichterstatter wünscht von der Regierung ein ähnliches Notprogramm für die sächsische Landwirtschaft wie im Reiche. Die Regierung erklärte, daß sie die Absicht habe, eine solche Vorlage zu bringen; sie warte auf die Ent scheidung des Reichsrats, von der die Entschlüsse der sächsischen Negierung beeinflußt würden. Wirtschaft und Finanzministerium wollten vom Landtage Mittel für das landwirtschaftliche Unterrichtswesen, insbesondere für das Beratungswesen, erbitten. Die geplanten Vorlagen sollen mit größter Beschleunigung vorgebracht werden. Abg. Voigt (D. Vp.) begründet seinen Antrag auf Förderung der Bodenkultur aus der pro duktiven Erwerbslosensürsorge, der bereits im Haushaltplane zum Teil verwirklicht sei. Thüringen habe die Förderung der Bodenkultur ganz auf staat liche Organisation eingestellt. Sachsen müsse ebenfalls größere Mittel dafür auswenden, um größere Projekte von Meliorationen durchzuführen. Die Erwerbslosen- fürsorge müßte dazu mit verwendet werden. Die Regierung berichtete, daß das Reich den Län dern 6 Millionen Mark zur Zinsverbilligung von Dar lehen zur Verfügung stellen wolle. Die Bearbeitung der Anträge sei schon im Gange. — Abg. Claus (Dem.) ragt, wie die Regierung das Problem der Um- chuldung lösen wolle nach der Durchführung der Be- oldungsreform. Von kommunistischer Seite würden er hebliche Ueberziehungen des Etats gefordert, darunter 00 000 Mark zu Studienreisen von Kleinbauern ins Ausland. — Abg. Dobbert trat für Modernisierung des landwirtschaftlichen Unterrichts und für schulische För derung der jugendlichen Landarbeiter ein. Der Bericht erstatter hob die hohe Bedeutung des landwirtschaftlichen Schulwesens und die Verantwortung der Landwirtschafts kammer für seine Erhaltung hervor. Die Beschulung der älteren Jahrgänge habe ihre Vorzüge und ihre Nach teile. Das Problem der Notlage der Landwirtschaft könne nicht allein von den Ländern, sondern müsse vom Reiche gelöst werden. Auch die kommunistischen An träge würden die Not nicht lindern können. Durch Stu dienreisen nach Rußland würden die Bauern am besten von kommunistischen Ideen befreit werden. Die kommunistischen Anträge wurden abgelehnt, das Kapitel 47 genehmigt, desgleichen das Kapitel 49 (Landespferdezucht). Die Verwüstungen in Korinth. 25. April 1928 Nach den vorläufigen Schätzungen beträgt der Schaden des Erdbebens in Korinth und Um gebung 600 Millionen Drachmen. Die noch stehenden Mäuern der Häuser müssen wegen Einsturzgefahr nie dergerissen werden. Ob Korinth wieder aufgebaut wird, ist noch ungewiß. Es hat eine Massenflucht der Bevölkerung aus Korinth eingesetzt, die sich in Athen und anderen Städten Griechenlands niederlassen will. In einem Dorfe bei Korinth ist die Erde in einer Länge von 300 Meter ausgerissew Aus dem Riß strömt eine schwarze Flüssigkeit. Auch im antiken Korinth wurde großer Schaden angerichtet. In dem antiken Museum ist die berühmte Statue der Kleinen Muse gesprungen, während der Kopf des gleich falls berühmten Römischen Soldaten zur Erde siel und beschädigt wurde. 30 Todesopfer des Erdbebens. Die von einer Besichtigung des Erdbebengebietes in und um Korinth nach Athen zurückgekehrten Mitglieder des griechischen Kabinetts erklären, daß das Ausmaß der Katastrophe größer ist, als bisher angenommen wurde. Der gesamte Schaden in Korinth beläuft sich schätzungsweise auf 16 Millionen Mark, der Eesams- schaden des Unglücks auf etwa 50 Miktionen Mark. Du' Regierung beschäftigt sich jetzt mit der Möglichkeit, eine Anleihe durch die Nationalbank zum Wiederaufbau der zerstörten Gebiete aufzunehmen. Für die Unterstützung der durch das Unglück betroffenen Bevölkerung ist be reits eine Sammlung eingeleitet. Nach den letzten Bf richten beläuft sich die Zahl der Toten auf 30 und dir der Verletzten aus über 100, doch befürchtet man noch zahlreiche Personen unter den Trümmern. Von den 5000 Häusern in Korinth sollen nur noch 50 stehen diese sind ebenfalls schwer beschädigt worden. Einer amtlichen Erklärung der Admiralität zufolge sind das Patrouillenschiff „Stuard" und der Hils^ kreuzer „Perthshire" am Montag von Malta Korinth ausgelaufen. Andere Schiffe befinden sich dem Wege nach Malta, um vor der Abreise nach Koriutv die nötigen Hilssvorräte aufzunchmen. Neue ErÄbebenstötze in Bulgarien 25. April 1928 Wie aus Sofia gemeldet wird, wurden in Philip popel und anderen Orten in den letzten 24 Stund^ weitere schwache Erdstöße wahrgenommen. Heftig^ waren die Erdstöße in Stara Zagora und besonders " Haskowo, wo einige Mauern einstürzten. In dem gaE" vom Erdbeben betroffenen Gebiet sucht sich die Bevf kerung verzweifelt gegen das ungünstige Wetter i schützen, da die errichteten Baracken noch nicht ausreich^ Infolge der Regensälle und der Kälte, die in den letftf Tagen zugenommen hat, muß man ernstlich den A"' bruch einer Epidemie befürchten. Die Behörden nehmen alle Anstrengungen, um den Bau der BarE zu beschleunigen. Wie weiter gemeldet wird, sind auch in Griech^ land nach einem Bericht der Athener Erdbebenwarte tere Beben zu erwarten, da in der Lagune von lunghi ein Vulkan aufgetreten ist und weiterarbeitet, I" das Erdbeben von Korinth verursachte. „ Den Erdbebenschaden für Philippopel schätzt . auf rund 1,5 Millionen Lewa, die Zahl der obdachw^ Familien in Philippopel aus 14 000, obwohl es Behörden gelungen ist, bereits 9000 Familien M Umgebung unterzubringen. Die Zahl der obdach'^, Familien aus den Dörfern des Erdbebenbezirks, für A Unterkunft geschafft werden muß, beläuft sich aus 28