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Kurze Mitteilungen. 19. März 1928 Wie aus Berlin ungeteilt wird, hat Oberbürger meister Dr. Boetz keinen afghanischen Orden erhalten. Die auf einer Weltreise sich befindende Tochter Stinnes', Kläre-Nore Stinnes, traf am Sonn abend mit zwei Autos in Peking ein. Das neue ägyptische Kabinett, das vom König empfangen wurde, stellt sich heute der Kammer vor. Bei einem Brand im Kinderheim in Selfords sind fünf Kinder umgekommen. Die Amerikanerin Nanoy Miller, die am Sonnabend zur Hindu-Religion übertrat, feierte gestern ihre Hochzeit mit dem früheren Maharadscha von Indore. Präsident Diaz ist mit der Uebe rwachung der iricaragua irischen Präsidentschaft s- wah len durch Amerika laut einem Dekret, das er veröffentlichte, einverstanden. Neue polnische Angriffe gegen Calonder. Kattowitz, 1?. März. Die polnische Presse greift von neuem den Präsidenten der Gemischten Kommission in Oberschlesien, Calonder, an. Den Anlatz dazu gibt seine Entscheidung in der Frage des Singens des hetze rischen Rota-Liedes in den oberschlesischen Schulen. Dieses Lied hat bekanntlich Calonder nicht nur für die Minderheitcnschulen, sondern auch für die polnischen Schulen in Oberschlesien verboten. Datz sich die Mit glieder der Gemischten Kommission auch zumeist der deutschen Sprache bedienen, erweckt wieder das Miß- fallen der polnischen Presse. Uebcrfall auf deutsche Gemeindevertreter in Oberschlesien. Kattowitz, 19. März. In dem oberschlesischen Ort Simianowitz wurde eine Gruppe deutscher Gemeinde- Vertreter auf dem Heimweg von der Gemeindevertreter sitzung von zwölf polnischen Aufständischen übel zuge richtet. Auch ein Reichsdeutscher, der in Begleitung der Gemeindevertreter war. erlitt erhebliche Verletzungen. Die polnische Polizei nahm nur drei Täter fest. Das Repräsentantenhaus für eine neue See- abrustungskonferenz. Neuyork, 19. März. Nach Meldungen aus Washington hat das amerikanische Repräsentantenhaus nach Annahme des Marinebauprogramms einen An trag einstimmig angenommen, wonach Präsident Coolidge gebeten wird, vor allen Dingen erneut in die Prüfung der Frage über die Beschränkung der See abrüstungen einzutreten. Ägypten wahrt seine Unabhängigkeit. 19. März 1928 In einer Unterredung mit dem „Times"-Korre- spondenten in Kairo erklärte Nahas Pascha, datz er in seiner Eigenschaft als Regierungschef und Führer der Mehrheit des Parlaments Erotzbritannien die Ver sicherung geben könne, datz die Einstellung des ägypti schen Volkes gegenüber England die Aussichten für ein Abkommen noch immer günstig seien, datz aber alles von Erotzbritannien abhänge. Der Abschluß einer Entente liege im Interesse beider Länder, aber alles komme auf ihre Form an. Aegypten sei niemals ein Teil des britischen Reiches gewesen und die Tatsache, datz der Weg nach Indien über Aegypten führe, könne nicht bedeuten, datz es deswegen seine Unabhängigkeit verliere. Aegyptens Unabhängigkeit sei ein natürliches Recht und Aegypten nehme daher das Recht für sich in Anspruch, mit Großbritannien auf demselben Fuß der Gleichberechtigung zu verhandeln. Der beste Schutz der englischen Interessen liege nach seiner Ansicht in einer vertrauensvollen und freundschaftlichen Haltung gegenüber Kairo und einem unabhängigen und starken Aegypten. Und unsere aufrichtige ' " —- , VOM b-L iuris- 34. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Es war ein sengend Heitzer Augusttag. Mit Anspan nung aller Kräfte schafften die Leute auf dem Felde, und Hans Detlev war der ersten einer. Denn es galt, so viel wie möglich von dem Erntesegen zu bergen, da es wie Ee- Witter in der Luft hing — ein weißlich grauer Dunst lag am Horizont, und die Sonne stach mit unbarmherziger Glut. Ihm war das Schaffen recht so; da hatte, er we nigstens keine Zeit, über das nachzudenken, was ihm den Schlaf der letzten Nächte geraubt, — datz Gerda sein war, datz ihn das verwöhnte, stolze, kalte Mädchen liebte kalt? Nein, das war sie nicht, das hatte er nicht emp funden, als sie sich in seine Arme geworfen, bebend vor Leidenschaft, und ihn gekützt hatte, als wollte sie nie wieder von ihm lassen! All seine festgefügten Grundsätze hatte sie über den Haufen geworfen und in ihrem Egoismus nicht daran gedacht, was nun werden sollte. Ihm war sthr unbehaglich geworden; es hielt ihn nicht mehr im Aette, er mutzte hinaus, ins Freie, damit er auf andere Gedanken kommen würde. Gerda suchte ihm zu begegnen, ihn zu sprechen — es gelang ihr nicht. Es war augenscheinlich, datz er sie seit gestern mied; denn er hätte es wohl einrichten können, sie wenigstens zu begrüßen, wenn er nur gewollt hätte, zum ^eispiel zum Frühstück. Aber nur von weitem hatte sie ihn wiedergesehen, wie er ins Feld ritt, und da hatte er keinen Blick, wie sonst wohl noch, nach dem Hause gesandt, was sie gar oft mit heimlicher Freude bemerkt hatte. Fürchtete er sich, und bereute er das Geschehene? Fast schien es ,o? Bei Tisch konnte der Baron sich gar nicht genug tun >n dem Lob über seinen Inspektor. „Ich bewundere Krafft einfach! Mas der Mann leistet, ist ja kolossal'" Freundschaft, so schlotz Nahas Pascha, ist die beste Ga rantie, die Großbritannien suchen kann. Aus aller Well. 19 März 1928 * Der höchste afghanische Orden auch für Minister präsident Braun und Oberbürgermeister Böß. Wie die „Tägliche Rundschau" erfährt, ist der höchste afghanische Orden, der mit der Herzogswürde von Afghanistan ver bunden ist, auch dem preussischen Ministerpräsidenten Braun und dem Berliner Oberbürgermeister Bötz über reicht und von ihnen angenommen worden. * Grotzfeuer am Lehrter Bahnhof in Berlin. In den späten Abendstunden am Sonnabend brach in dem großen Hamburger Mehlspeicher am Lehrter Güter bahnhof in Berlin Feuer aus, das sich sehr schnell aus breitete. Neun Löschzüge beteiligten sich an der Be kämpfung des Großfeuers. Den Bemühungen der Feuer wehr gelang es, die Ausbreitung des Brandes auf die in der Nähe des Speichers lagernden Oel- und Petro leumvorräte zu verhindern. In dem Speicher befanden sich etwa 8000 Sack Zucker, 200 Tonnen Hafer und 20 Tonnen Mehl, die ein Opfer der Flammen geworden sind. Der Schaden ist sehr beträchtlich, aber durch Ver sicherung gedeckt. * Zoubkow will in Deutschland bleiben. Alexander Zoubkow, von dem gemeldet wurde, daß er gemäß der Weisung des Kölner Regierungspräsidenten Deutsch land für immer verlassen habe, läßt jetzt durch seinen Anwalt Dr. Danilow mitteilen,daß er nicht die Absicht habe, sich der behördlichen Anordnung ohne weiteres zu fügen. Zoubkow erklärt vielmehr, er habe eine „Ge schäftsreise" nach Belgien angetreten. Bei seiner Wei gerung, Deutschland zu verlassen, stützt sich Zoubkow darauf, daß es seinem Berliner Rechtsbeistand Dr. Als berg gelungen sei, die Angelegenheit mit dem Pagen aus dem Casanova beizulegen, so daß der Mißhandelte lediglich zivilrechtliche Ansprüche stelle, und daß er hoffe, man werde ihm das zur Last gelegte Paßvergehen nicht allzu hart anrechnen. * Ein verhängnisvoller Stratzenunfall. Am Sonn abendnachmittag ereignete sich in Breslau ein schwerer Straßenunfall, der ein Todesopfer forderte. Eine Haus angestellte war mit der siebenjährigen Tochter des Re gierungsrates Wendrich spazieren gegangen und hatte das zweijährige Töchterchen im Kinderwagen mitge nommen. Als sie in die Brüderstraße einbiegen woll ten, begegneten sich an einer Straßenkreuzung zwei Autos. Um einen Zusammenstoß zu vermeiden, bog der Führer des einen Autos scharf nach rechts aus und fuhr dabei einen Easkandelaber um, der abbrach und aus den im selben Augenblick vorüberfahrenden Kinder wagen fiel. Das im Wagen liegende Kind wurde so schwer getroffen, datz es alsbald verstarb. Das sieben jährige Mädchen erlitt erhebliche Fleischwunden. Die Hausangestellte zog sich in der Aufregung einen Nerven schock zu und mutzte in eine Nervenklinik gebracht werden. * Familiendrama in Thüringen. Wie die „Mon- tagspost" aus dem thüringischen Orte Göllingen meldet, spielte sich in dem Hause des dortigen Konrektors Wüste mann eine schwere Bluttat ab. Die erst vor einigen Wochen getraute Ehefrau Emma Wüstemann wurde von ihrer um nur ein Jahr jüngeren Stieftochter Marta Wüstemann durch zwei Revolverschüsse getötet. Danach erschoß sich die Täterin selbst. Streitigkeiten sollen der Grund zur Tat gewesen sein. " 17 Ozeanflieger seit Mai 1927 tödlich ver unglückt. Der allem Anschein nach wiederum unglück liche Ausgang des Ozeanfluges des englischen Fliegers Hinchcliffe und seiner Begleiterin Miß Mackay erhöht die Anzahl der Opfer, die allein der Atlantik seit dem Mai vorigen Jahres von den Fliegern gefordert hat, auf insgesamt siebzehn, unter denen sich drei Frauen befinden. Diese traurige Totenliste, die hoffentlich eine Warnung vor ähnlichen Versuchen mit unzureichenden Maschinen sein wird, sieht folgendermaßen aus: Am 5. Mai 1927 das französische Flugzeug „Goliath" mit den Fliegern Faintroman, Petit und Monneyres, die auf dem Fluge nach Südamerika verschollen sind; am 8. Mai 1927 der „Weiße Vogel" mit den Franzosen Nungesser und Coli; am 31. August 1927 das englische Flugzeug „St. Raphael" mit den Fliegern Hamilton und Minchin sowie der Prinzessin Löwenstein; am 7. September 1927 der amerikanische Eindecker „Old Glory" mit den Fliegern Vertaud, Hill und Payne; am 8. September 1927 die kanadische Maschine „Sir John Carling" mit den Fliegern Tully und Motcaffe; im Winter 1927 verunglückte das amerikanische Flug zeug „Dawn" mit der Fliegerin Grayson und ihrem Begleiter Omdal. Als siebentes verunglücktes Flug zeug kommt nun allem Anschein nach die „Endeavour" des Kapitäns Hinchcliffe und seiner Begleiterin Miß Mackay hinzu, die England am 10. März zum Nord amerikaflug verließen. Verunglückt ist bekanntlich auch ein achtes Flugzeug, das „American Girl", dessen In sassen Ryth Elders und ihr Begleiter aber mitten im Ozean von einem Dampfer gerettet werden konnten. Kunst und Wissenschaft. 19 März I928 Der Rundfunk als Parkwächter. Eine originelle Maßnahme zur Bekämpfung der Unsitte, Parkanlagen durch weggeworfene Papier- und andere Abfälle zu verunreinigen, Hat die Stadt Sydney in Australien getroffen. Sie hat, ebenso wie leider auch in Deutschland, die Erfahrung gemacht, daß Anschlagstafeln mit Verboten keinen Erfolg haben. Um ihre Parkanlagen, namentlich diejenigen in der Nähe des Hafens, die eine beson dere Zierde der Stadt bilden, sauber zu halten, hat die findige Stadtverwaltung an geeigneter Stelle im Park einen Laut sprecher aufstellen lassen, der in kurzen Zeitabständen die Be sucher der Parkanlagen daran erinnert, daß diese ihnen gehören und deshalb auch von ihnen in Ordnung gehalten werden müs sen. Die Ermahnung dieses sonderbaren Parkwächters endet mit der Aufforderung, jedermann solle sich in den öffentlichen Anlagen ebenso verhalten, wie er es in seinem eigenen Garten tun würde. Ein Auto von der Lokomotive zermalmt. Bei Wemding in Bayern überfuhr die von Nördlingen kommende Kleinbahn ein Automobil, n>pbei zwei Personen den Tov fanden. Uryere Aufnahme gibt eine so anschauliche, packende Dmstellung des Unfalles, datz eine eindringlichere Warnung ,ür alle Kraft Wagenführer, beim User- gang über Bahnlinien vorsichtig zu sein, gar nicht denkbar ist. Mi! gespann er Aufmerksamkeit lauschten Frau und Tochter seinen Worten, dann jagte erstere: „Das ist ja sehr lobenswert, wenn er sich so viel Mühe gibt und viel Interesse zeigt — aber schlietzjich ist es seine Pflicht und Schuldigkeit; wozu hast du ihn denn enga giert?" „Da redet ihr Frauen klug," polterte er, „natürlich habe ich ihn nicht für den Salon engagiert! Aber eine Anerkennung darf man wohl für seinen Fleitz haben Wenn sogar der alte Botz, der im Anfang immer noch einige Ausstellungen zu machen hatte, ihn ebenfalls lobt, will das viel heitzen! Ich sage dir, Leonore, er zeigt's den Leuten, wie man's machen mutz! Er ist ein ganz famoser Kerl; alle beneiden mich um ihn." „Du wirst ja ordentlich beredt, Pa', wenn es sich darum handelt, den Inspektor herauszustreichen," sagte Gerda. „Hab' auch Ursache dazu; und du, mein Töchterchen, darfst gern ein bißchen weniger schnippisch gegen ihn sein," entgegnete der Baron, „manchmal hast du eine Art an dir, die ganz und gar nicht schön ist!" „Zu Befehl, Papa, ich werde gehorchen; ich werde mich bemühen, so liebenswürdig wie möglich gegen ihn zu sein," erwiderte sie, und wie heimliches Lachen klang es aus ihrer Stimme. „Aber Joachim, wie kannst du so viel Umstände um solchen inferioren Menschen machen, ich bitte dich!" sagte die Baronin, „er wird doch auch anständig bezahlt!" "Du redest, wie du es verstehst, Leonore!" erwiderte der Varon etwas mißmutig. Er hatte Krafft wirklich lieb, und es tat ihm leid, datz seine Frau immer so von oben herab sprach. „Buchwaldt sagte erst neulich, ich hätte in einen Elückstops gegriffen! Wenn man ein paar mal schlecht angekommen ist mit den Inspektoren, wie es zum Beispiel dem Sorau in Sölldorf ergangen ist, dann sieht man erst richtig ein, was man hat und bemüht sich, das Gute zu behalten!" „Hatte es nicht den Anschein, als ob Krafft sich für Katharine Buchwaldt interessiere?" fragte die Baronin nachlässig, indem sie ihre schöngepflegten Fingernägel be trachtete; „mir schien es ganz so." „Ich weiß es wirklich nicht; es kann ja sein. Dumm wäre es nicht von ihm; da *riegt er eine ordentliche Frau, die was versteht Donnerwetter, — arbeiten kann übrigens das Mädel — da patzten sie gut zusammen. Einen Korb würde sie ihm gewitz nicht geben, denn sie hat ihn gern, wie ich gemerkt habe! Ein stattliches Paar würden die beiden abgeben!" Gerda verzog bei diesen Worten überlegen den Mund; sie wußte es besser! „Aber ob Buchwaldt eine Verbindung seiner Tochter mit einem bürgerlichen Inspektor, der noch nicht mal ein Gut zu erwarten hat, zugeben würde, ist doch noch sehr fraglich," meinte Lie Baronin. „Für mich gar nicht," erwiderte ihr Gatte, „die Haupt sache ist, datz der Betreffende ein ordentlicher Kerl ist; aus den Namen kommt es wirklich nicht an, und Buchwaldt denkt ebenso wie ich." „Da sieht man deine plebejischen Grundsätze, lieber Joachim, du bist wirklich verbauert," sagte die Baronin mit verletzender Schärfe im Ton, „ich könnte mich niemals mit solchen Gedanken befreunden. Nicht wahr, Gerda, so denkst du auch?" „Gewiß, Mama," antwortete diese, die mit Spannung dem Gespräch der Eltern gefolgt war, „ich würde einen Mann mit bürgerlichem Namen schwerlich heiraten," letz teres Wort merklich betonend, „ich habe keine Lust, mein Leben als simple Frau Müller oder Schulze zu vertrauern, — aber gesetzt den Fall, ich hätte doch Meinung dafür?" Abwehrend hob die Baronin die Hände. „Um Gottes willen, Gerda, schon der Gedanke macht mich nervös!" ,Und du, Papa? Wie stellst du dich zu dieser Frage?" Erwartungsvoll sah sie ihn an. Er zuckte die Achseln. (Fortsetzung folgt.)