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Ottendorfer Zeitung : 09.01.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-01-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191601094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19160109
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19160109
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-01
- Tag 1916-01-09
-
Monat
1916-01
-
Jahr
1916
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 09.01.1916
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Urisenftimmung in Rutzland. Von G. von Lessen. Zu den wissenschaftlichen Unterrichtsfächern tritt jetzt auf Weisung der Regierung in sämt lichen Mittelschulen Rußlands auch die mili tärische Ausbildung der Schüler, dazu noch mit ihnen überlassenen Gewehren als ein Teil des vorschriftsmäßigen Lehrplanes hinzu, um so be reits auf den Bürgerschulen, Gymnasien und Seminaren Offiziersersatz zu erziehen. Das Erlassen einer solchen Maßregel für Rußland zeigt klarer als alle Berichte es ver mögen, wie erdrückend, jedes Bedenken be seitigend der dort jetzt herrschende Mangel an Offizieren ist. Denn die Verordnung bedeutet nicht nur — was übrigens wohl kaum eine nennenswerte Schädigung des russischen Heeres wäre — daß Jünglinge, die sich nebenher so etwas mit dem Soldatentum beschäftigt haben, ohne weiteres zu Trägern des goldenen oder silbernen Achselstücks gemacht werden, sondern gibt auch den Schülern ein gar nicht zu unter schätzendes Machtmittel in die Hand, ihren Ge fühlen Ausdruck zu verleihen. Und vor der Schaffung einer solchen Möglichkeit hat man in Rußland sich gerade bisher stets ängstlich gehütet. Das größte Mißtrauen der russischen Re gierung richtete sich schon lauge gegen die Schüler. So mußte jeder Knabe also meist ein Kind im Alter von 8 bis 14 Jahren — der in die Schule eintreten wollte, eine von der Polizei nach sorgfältigen Erhebungen ausge stellte Bescheinigung über seine in innerpolitischer Beziehung zu guten Hoffnungen berechtigende Gesinnung beibringen. Auch während der Schul- zeft selbst wurden die Schüler von diesem Ge sichtspunkte aus gerade aufs schärfste über wacht. So war ihnen der Anschluß an Vereins, besonders aber selbstverständlich die Gründung solcher, aufs strengste verboten. Das Pflegen der Kameradschaft in größerem Kreise sah die Regierung ungern, denn hinter allen Zusammen schlüssen witterte sie Vereinigungen für ihr politisch unbequeme Zwecke, Diese Furcht war z. B. auch der Grund, daß in Mitau die frei willige Feuerwehr der Schüler verboten wurde, obgleich ihnen nichts vorgeworfen werden konnte und ihrs Leistungen der vorzugsweise ausHolz- gebäuden bestehenden, ausgedehnten, selbst über keine tüchtige Wehr verfügenden Stadt bei Löscharbeiten höchst nützlich waren. Auch mit den landwirtschaftlichen Schulen war immer das gleiche Unglück, stets witterte dis Regierung Verschwörungen und hob doch die gerade für Rußland dringend nötigen Anstalten nach kurzem Bestehen wieder auf. Diese krankhaft übertriebene Kurcht der Re gierung war freilich nicht immer so ganz unbe gründet. Denn tatsächlich werden die Schüler der Lehranstalten Rußlands vielfach von einem revolutionären Geiste beseelt. So waren während der Unruhejahre 1S05 und 1906 öfters diese Jünglinge die Führer aufständischer Volksmassen. Auch bei Anschlägen aus hohe Persönlichkeiten, besonders natürlich nach der Abfassung auf reizender Schriften, wirken vielfach Schüler und Schülerinnen mit. Haussuchungen bei Jüng lingen utrd Jungfrauen, die tatsächlich bestehendes, belastendes Material zutage fördern, sind ebenso wenig eine Seltenheit, wie das Verur teilen Jugendlicher wegen solcher Vergehen. Die Regierung Rußlands hat von jeher ihre vornehmste und wichtigste Aufgabe im Schutze des Zarismus gesehen. Der Geist der lernenden Jugend in Väterchens Reich ist vielfach ein revolutionärer. Diese Tatsache ist der Staats leitung bestens bekannt. Trotzdem werden jetzt von ihr Gewehre an die Schüler verteilt, und diese, um nur ja Offiziere zu erziehen, zu einer Macht ausgebildet, die bei Unruhen schwer ins Gewicht fallen und auch dem Militär erfolg reichen Widerstand leisten kann. Schlagender als das Eingreifen einer solchen Verzweiflungs- Maßnahme vermag wohl kaum etwas die Furcht barkeft des russischen Osfiziersmangels darzutun I (Z-nsiert: O. K. i. d. M.) VolkswirtlckafEcbes. Kriegssckädcnnnmcldung -er Vereinigte« Überseer. Die Mitglieder der Vereinigten Überseer (Sitz Frankfurt am Main) haben, nachdem der Vor sitzende informatorische Besprechungen in Bertin halte, ihre direkten Kriegsschäden — soweit sie heute bekannt sind — der Regierung eingereicht, damit die selbe schon einen Überblick gewinnt. Endgültig können die Feststellungen erst später gemacht werden. Die Hauptschäden sind durch Beschlagnahme, Se questrierung, Kaperung und gezwungene Stillegung entstanden. Völkerrechtswidrige Handlungen unserer Gegner spielen dabei keine Rolle. Von uncL fern. Die Fordsche Friedensexpedttio«. Durch das Entgegenkommen der deutschen Behörden darf die Fordsche Friedensexpedition durch Deutsch land nach dem Haag reisen. Die Mitglieder der sicher Schaden angerichet. Tausende von Bäumen wurden umgebrochen und durcheinander ge wirbelt, die stärksten Stämme wurden wie Streich hölzer geknickt. Herzschilder für die französische« Truppen. Die,Times^ melden aus Paris: Die französische Heeresverwaltung hat nach langen Versuchen endgültig die Einführung eines metallenen Herzschildes angeordnet. Dieses Schild besteht aus einer in der Mitte 15 Zenti meter langen, 10 Zentimeter breiten Chrom- Panzerplatte, die etwa 5 Millimeter stark ist. Sie wird in dis Uniform eingenäht. Absturz zweier Flieger auf dem Mars feld. Auf dem Marsfelde bei Lunöville sind zwei Flieger abgestürzt. Einem wurde durch Zum Untergang Les englischen Panzerkreuzers „Natal". In der englischen Marine hat sich wieder ein ge heimnisvoller llnglücksfall ereignet. Der Panzer kreuzer „Natal" ist durch eine Explosion zugrunde gegangen. Die englischen Meldungen verschweigen den Ort, wo daS Unglück vor sich ging. ES wird nur mitgeieilt, daß die Explosion mit ernsten Ver ¬ lusten an Menschenleben verbunden war. Bon der 704 Mann starken Besatzung sind ungefähr 300 Per sonen an Ossizieren und Mannschaften umgekommen. Die eigentliche Ursache des Unglücks ist noch nicht bekannt, amtlich wurde mitgeteilt, daß das Schiff durch eine Explosion im Innern zerstört worden ist. Expedition dürfen den Sonderzug in Deutschland nicht verlassen und keine beschriebenen Papiere, Drucksachen und photographischen Apparate mit führen. Di» Mitglieder erhalten vom deutschen GeneralkonKlat in Kopenhagen die Pässen Die meisten Teilnehmer kehren am 12. Januar mit dem Dampfer „Rotterdam" der Holland-Amerika- Linie nach New-Jork zurück. Nur eins Friedens delegation bleibt im Haag zurück. „Mehlspeisetarten." In einigen Städten Bayerns haben, wie uns aus München ge- dxahtet wird, die Magistrate verordnet, daß jeder Gast, der in einem Wirtshaus oder in einem Hotel eine Mehlspeise verzehrt, neben der Bezahlung eine Mehlspeisekarte abgeben muß. Die für 4 Wochen lautende Mehlspenekarte auf ein Pfund Mehl wird zu diesem Zwecke, in kleine Rationen eingeteilt, von den Magistraten ansgegeben. Eine Windhose hat in der Nähe von Bamberg viel Unheil angerichtet. Die Ort- chaften Steinfelden, Treppendors und Wiesent- els würden während eines Gewitters von einer Windhose heimgesucht und großer Schaden ver ursacht. In Steinfelden wurden 50 Häuser statt abgedeckt und zum Test auch schwer be- chädigt. Ein Mann erlitt dabei schwere Ver- etzungen. In Blöckendorf, einem kleinen Ort von kaum 200 Einwohnern, steht nur noch ein Haus, das unbeschädigt geblieben ist. Ein Mann wurde unter den Trümmern seines An- vesens begraben und tödlich verletzt. In Wiesent- els wurde von dem dem Grafen Giech ge- ;örigen Schloß das massive Dach abgedeckt und das Schloß selbst schwer beschädigt. Viele Be wohner des Bezirks sind obdachlos geworden. In den Waldungen im Umkreise von etwa 18 Kilometer wurde durch die Windhose, die kaum anderthalb Minuten dauerte, sehrbeträcht- einen Propeller der Kopf abgeschlagen, der andere wurde in hoffnungslosem Zustande ins Krankenhaus gebracht. Erhöhung der Frachtrate» im Mittel meer. Die ,Frankfurter Zeitung^ meldet aus Kopenhagen: Die Kopenhagener Vereinigte Dampjschifssgesellschast hat die Frachtsätze für Mittelmeerfahrten wegen der Gefahr bei der Beiahrung des Mittelmeeres und des Kanals und wegen des Risikos beim Aufenthalt in eng lischen Häfen am Ärmelkanal um 30°/» erhöht. Die Teuerung in Ruhland. In Peters burg verschärft sich die Teuerung immer mehr. Es fehlt an Fleisch und Weizenmehl, die Butter- Preise stiegen in der letzten Zeit ungewöhnlich. Die Vieheinfuhr hat sich bedeutend vermindert: anstelle des Bedarfs von 1000 Stück täglich beträgt die Zufuhr nm 400 Stück. Ausstand in amerikanischen Munitions fabriken. Nach Mitteilung amerikanischer Blätter ist in den Pittsburger Eisengießereien ein Streik ausgebrochen, durch den die Munitionslieferungen an die Verbündeten verzögert werden. Die Fabrikbesitzer versuchten eine Beilegung des Ausstandes. Gericktsballe. Berlin. Mlchpanschcreicn führten den Molkerei- bcsitzcr Wilhelm G. und dessen Ehefrau unter der Anklage des Vergehens gegen das Nahrungsmittel- gesetz vor das Schöffengericht. Bei den Angeklagten wurden am 2. und 4. Oktober Milchproben ent nommen, die 25 bzw. 20 Prozent Wasser enthielten. Die Untersuchung ergab, daß die Kühe des An geklagten beim Melken gute Milch gaben. Die An geklagten bestritten, Wasser in die Milch gegossen zu haben und gaben dem jetzigen unzureichenden Futter die Schuld an der mangelhaften Beschaffenheit der Milch. Der Sachverständige erklärte dagegen, daß, wenn auch der Fettgehalt der Milch im allgemeine« sich verringert habe, sie doch unmöglich einen so hoben Prozentsatz Wasser zeigen könnte, wenn sie nicht künstlich verwässert werde. Der Staatsanwalt beantragte je 100 Mark Geldstrafe. Das Gericht ging aber über diesen Antrag hinaus und verurteilte den Ehemann zu ZOO Mark und die Fran zu 200 Mark Geldstrafe. Zugleich wurde dis Ver öffentlichung des Urteils anf Kosten der Angeklagte« verfügt. Nach Ansicht des Gerichts hätten die An- > geklagten systematisch die Milch verfälscht; derartig« Vergehen müßten aber in heutiger Zett streng be straft werden. funäe im 8cküt2engräden. Noch niemals sind so ausgedehnte Strecken europäischen Bodens in so gründlicher Weise durchgegraben und aufgewühlt worden, wie im Stellungskriege, der die Menschen unter der Erde Schutz suchen und leben läßt. Es ist daher keineswegs überraschend, wenn Gegen stände historischer und vorgeschichtlicher Zeiten, Dokumente vergangener Jahrhunderte und Jahrtausende, die bislang ungesehen und unbe rührt im Schoße der Erde ruhten, aufgeftmden und ans Licht gezogen werden. So wurden im Laufe der Kriegsmonate, in den vielen Wochen, die in Polen und Rußland, in Flandern und Frankreich von den Soldaten in Erdgräben und Höhlen verlebt wurden, im Osten und Westen, zahlreiche kulturgeschichtlich und historisch interessante Funde gemacht, die eine der wenigen kulturfördernden Begleiterscheinungen des Krieges darstellen. Znm Beispiel wurden von H. Niggermann im Westen bei Soissons 32 Gräber untersucht, am deren Spur man durch Auffindung eines bronzenen Halsringes gekommen war. Im Osten entdeckte man vor nicht langer Zeit bei den Ausschachtungsarbeiten an der Brücke von Lötzen eine große Zahl vorgeschichtlicher Gegen stände, die aus besonderen Wunsch des Kaisers sorgfältig gesammelt wurden. Eine Reihe be sonderer Fundstücke stammen aus dem Erdreich in der Nähe eines Königsberger Forts. Hier wurde nämlich bei der Anlage von Erdbsfesti- gungen em vorgeschichtliches Gräberfeld entdeckt. Durch das Auffinden einer Lanze und einiger Pserdeknochen aufmerksam gemacht, be gannen vier Landstürmer — ein Fleischer, em Dachdecker, ein Schauspieler und ein Uhrmacher — die Räumungsarbeiten, dis zur Feststellung eines alten Brandgrabes führten. Das Grab lag etwa 50 Zentimeter unter der Erdober fläche und bestand aus vier kreisförmig ge legten Steinen, in deren Mitte man Scherben geborstener Urnep, Pferdeknochen und Pferdr- zähne entdeckte. Daß es sich um ein Brand grab handelte, ließ sich an der schwarzen Äranderde erkennen und an den zahllosen Holz kohlenstückchen, die aussahen, als wären sie erst vor kurzem gebrannt worden. Dis Pferde- zähne, die von noch jungen Tieren stammten, waren vorzüglich erhallen. Auch menschliche Knochensplitter fanden sich in dem feuer» geschwärzten Erdreich. Die Eisen- und Bronze- sunde in Ost und West bestanden zumeist auS Kriegsausrüstungsstücken, wie Lanzen, Steig bügeln, eisernen Pserdetrensen, Messern und Feuersteinpfeilspitzen. Die meisten im Schützengrabenbereiche aus gegrabenen Gegenstände gehören prähistorischen Tagen an, der Steinzeü, Eisenzeit und Bronze zeit. Auch Schwerter und Schnallen gebe« von der Ausrüstung der vorgeschichtlichen Krieger Kunde. Die Funde werden von Soldaten auS- gegraben; wo die Gelegenheit es gestattet, unter möglichst sachkundiger Leitung. Aus diese Weise ist die Kenntnis vorgeschichtlicher Kunst bereits auf wertvolle Weise bereichert worden. Vermischtes. ,TimeS^-Anzeigen. Welcher britische Bürger will seinen Patriotismus beweisen, indem er dem unterzeichneten Offizier der Expeditionsarmee, der während des Urlaubs geheiratet hat, fünf zehn Pfund leiht? — Hunde und Katzen des britischen Reiches! Erfüllt eure patriotische Weihnachtspflicht, indem ihr, jeder durch seinen Herrn, eine Spende für die Pflege der briti schen Kriegspferde und belgischen Maschinen gewehrhunde sendet! Gewalt zwingen. Wenn die schweren Anfälle s kamen, weist über Nacht, dann empfand die empfinden? an ihrer Seite zu haben, und oft sprachen stärkend ! Die Kranke sah die Verzweiflung in dem ' Gesicht ihrer treuen Pflegerin, ihre zitternde, kraftlose Hand strich über die verhärmten Züge. Leidelche es wie eine Linderung, dies junge, tapfere Menschenkind voll so echten, warmen Mit ¬ nur ein Händedruck, ein matter Blick chen Dank aus, der beglückend und /durch ihre tiefste Seele ging. / Sie wußte ganz genau, wie es Nein, nein, eS ging nicht. Dies sinkende Esben, es mußte wieder zurückkchren. Und wenn sm Minder nötig war, jo erzwang sie sich ei» Minder» > . „Laß mich doch gehen, Kind," sagte sie wie in halber Bitte, als habe Magdalene wirklich die Gewalt, die kalte Hand, die höher und höher nach ihrem Leben griff, abzuweisen. „Ich bin so müde, ich habe gnug gelebt. Sei nicht so wild in deinem Schmerz." Nach einer kleinen Pause fuhr sie fort: „Sieh, Liebling, für deine Zu kunft habe ich gesorgt. Lara» brauchst du nicht mehr zu denken." Kaum die Worte, mehr der müde, schwache Ton der geliebten Stimme war es, der Magda tief ins Herz ging. Sie schämte sich ihres selbst süchtigen Verzweifelns. Um ihretwillen, um ihrer Wohlfahrt willen hatte sie dies alte müde Leben zurückhalten wollen. Sie kniete vor dem Lager nieder und bedeckte die heißen Hände mit Küssen. Von der Zeit an zeigte sie sich tapfer und gefaßt. Was Fräulein von Kleist von ihrer Zukunft gesagt hatte, berührte sie kaum. Jetzt lebte sie nur in der Gegenwart. Ihre Ge danken gingen über das stille Krankenzimmer nicht hinaus. Nur noch Tage, dann war alles vorüber. Sie brauchte keine Handreichungen zu tun, ihre Nächte waren ungestört, ihr Leben leer. Alle die kleinen Utensilien, die zuletzt ge braucht waren, standen und lagen noch umher. Halbgeleerte Medizinfläschchen, Pillenschachteln, die Taschenuhr tickte gleichmäßig weiter. Magda wollte das alles auftäumen, aber sie t vermochte es nicht. Der Schmerz übermannte o -3 mit ihr stand. Aber Magdalene wollte es nicht wissen. Mit allen Kräften der Verzweiflung rang sie »egen die bösen Ahnungen an. Sie machte sich blind und taub gegen die Worte des Arzte?, hie schon längst klar und unzweideutig ihr gegenüber Ware«. Konnte es sein — konnte ihr das angetan »erden, daß nachdem ihr Leben durch seine erste große Täuschung verwüstet war, nun ihr auch das noch genommen wurde, daS letzte, das einzige? Daß diese Frau von ihr ging, die ihr wie eine Mutter war? Die alles mit ihr teilte, die in großartigem Verstehen ohne Worte auch ihr inneres Erleben mitlftt? Nachdem sie einmal all diese Güte und Größe, dies zarte, innige Miieinanderleben durchkostet hatte, wie sollte sie leben, wenn das Nicht mehr da war? Eine neue Stelle suchen — unter fremde Menschen gehen. Wie würden ihre Tage sie angrinsen, so leer, so glücklos, so ohne Zweck und Wert . . . sie in seiner ganzen Wucht, und sie stürzte wie verfolgt ans dem geliebten Zimmer. Es war einige Tage später. Mes das, was nun kommen mußte, alle die Vorbe reitungen, das Begräbnis, die Rückkehr in die todesstillen Räume hatte sie durchmachen müssen. Dann hatte sie wie stumpf und zerschlagen der gerichtlichen Testamentseröffnung beigewohnt. Was sie da hörte, berührte sie erst kaum. Es überraschte sie nicht, daß ihr Name erwähnt wurde. Was sollte ihr das! Was ging es sie an! Erst als der Notar aufstand und ihr glück wünschend die Hand schüttelte, als das alte treue Dienstmädchen, das auch durch ein reiches Legat bedacht war, mit der Schürze vor den Augen ihr schluchzend sagte: „Nee, Fräulein, bei allem Kummer, der mir nu noch auf meine alten Tage trifft, ist mir das doch die höchste Freude, daß unser gnädiges Fräulein so weiss gehandelt hat —", da begriff sie allmählich, was ihr geschehen war. Das ganze bedeutende Vermögen war ein fach und ohne jegliche Bedingung oder Klausel ihr Übermacht. Sie war die Universalerbin und mit einem Schlags reich. Don den Zinsen konnte sie fast ein luxuriöses Leben führen. Die erste Erkenntnis dieser Tatsache über kam sie wie ein Schreck. Wie etwas Riesen großes, förmliches Drohendes erhob sich das vor ihr. Mit angsterfüllten Augen starrte sie die Menschen an, die zu ihr sprachen. Was sollte sie damit? Sie, die nie mehr Geld in Händen gehabt hatte, als notwendig war, sie, war plötzlich reich, konnte sich jeder Laune gewöhnen, brauchte keine Stelle mehr anzunehmen, hatte den ganzen Tag nichts zu tun, war frei in jeder Entschließung. Ihr schwindelte. „Ja, Fräulein Heider ist jetzt eins reiche Er bin", sagte der Notar lachend. „Da wird's an vornehmen Freiern bald nicht fehlen. Nehmen Sie sich nur in acht, mein liebes Fräulein. Ich bin ein alter Mann und von mir können Sie schon einen Rat annehmen. Sie sind noch snng und unerfahren. Trauen sie den jungen Gim peln nicht, wenn sie sich jetzt plötzlich an Sie herandrängen. Es ist nichts dahinter. Lassen Sie sich nicht blenden durch schöne Worte. Ach, ich könnte Ihnen traurige Beispiele aus meiner Praxis erzählen. Lieber heiraten Sie gar nicht, liebes Fräulein.' Genießen Sie ihr Leben, wie es unsere Verstorbene gewollt hat." Magda lächelte traurig. „Seien Sie sicher, daß ich nicht heiraten werde," sagte sie. Nun kam ängstlich und erwartungsvoll das alle Dienstmädchen wieder herein. Ob Fräulein Heider nicht das gute Werk tun wolle und sie in Dienst nehmen. Zu leben habe ich jetzt ja genug, aber sie sei doch an Arbeit gewöhnt und nun auch so anhänglich an das Fräulein. Blagdalens mußte trotz ihrer Niederge schlagenheit beinah lachen. Sie für sich ein Dienst mädchen! Schon wollte sie ablehnen, aber da fiel ihr ein, daß sie durch dies Geld nun doch auch Verpflichtungen habe. Mit verwirrten Augen blickte sie auf. „Ja, bleibe« Sie bei mir," sagte sie halb mechanisch. ««i» <Fortjeyung solgH
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