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Ottendorfer Zeitung : 22.07.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-07-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190407226
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19040722
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19040722
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-07
- Tag 1904-07-22
-
Monat
1904-07
-
Jahr
1904
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 22.07.1904
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Von unä fern. Opfer der Hitze. Die enorm hohe Temperatur, die allenthalben gemeldet wird, hat zahlreiche Opfer gefordert. In Berlin wurden sechs Personen vom Hitzschlag getroffen, von denen mehrere gestorben find. Auch im Rheinlande hatte die tropische Hitze zahlreiche Todesfälle im Gefolge. In einer Fabrik bei Leverkusen starben zwei Tischler am Hitzschlag. Das gleiche Schicksal ereilte zwei Heizer, die auf Schiffen oberhalb Koblenz beschäftigt waren. Die Liste der in Paris eingetreten Todesfälle ist sehr lang. Nicht weniger als siebzehn Personen verstarben infolge Hitzschlags auf der Straße. Zwei Personen wurden am Seinekai vom Sonnenstich getroffen, fielen ins Wasser und ertranken. Einige andre wurden wahn sinnig, darunter der Stabsarzt des ersten Kürassierregiments. d Tie Zahl aller Schiffe der Welt beträgt, wie Lloyds Register? zu entnehmen ist, 29 943 Dampfer und Segelschiffe mit einem Gesamttonnengehall von 33 643 131 Tonnen. Davon gehören allein 11134 Schiffe den Briten; sie halten 16 006 374 Tonnen, also fast die Hälfte des Gesamttonnengehaltes der ganzen Welt. Interessant ist die Schilderung verschiedener Lebensmitteldepots, die auf Inseln im Ozean zum Gebrauch schiffbrüchiger See leute angelegt worden sind. Im Indischen Ozean befindet sich auf der Amsterdam-Insel rin solches Depot in einer großen Höhle an einem Hügelabhang. Sie enthält 1350 Pfund Biskuits, zehn wollene Hemden, zehn Paar baumwollene Unterhosen und eine verlötete Metallbüchse, die vier Pakete Streichhölzer ent hält. Außerdem findet man einen, Kochtopf, trockenes Holz und Hängematten. Aus St. Paul und den Kergueleninseln liegen in einer Hütte aus unbehauenen Steinen und in einer Höhle ebenso viele Vorräte in Tonnen mir eisernen Reifen, die mit Teer und Sand bedeckt find. Ähnliche Depots gibt eS noch eine ganze Reihe. .Kohlenstationen zählt mau in allen Meeren 337, davon 113 in europäischen und Mittelmeer- Häfen. Der Indische Ozean und die chinesischen Meere haben die wenigsten Kohlenftationen, nur 41. Militärische Erntearbeiter find nach der ,Rhein.-Westsäl. Zig/ gegenwärtig in verhältnis mäßig großer Anzahl zur Hilfeleistung bei Landwirten kommandiert. Den Truppen- kommandoS ist gestattet worden, hinsichtlich des empfindlichen Mangels an wirtschaftlichen Arbeitern mehr als bisher Hilfskräfte abzu geben. Der Ernteurlaub dauert vierzehn Tage bis drei Wochen und erstreckt sich auf Leute, die im Frontdienst und vor allem im Schießen gut ausgebildet sind. Die Landleute haben Quartier und Verpflegung zu gewähren und den orts üblichen Tagelohn zu zahlen, wovon ein Teil zum Besten der ganzen Truppe in die Manöver- Erfrischungskasse fließt. Feuer l In Braunschweig brach in der Nacht in einem Hanse an der Hagenbrücke Feuer aus. Der Schneidermeister Recke! erstickte in seinem Bette, während sich seine Tochter aus dem Fester auf die Straße stürzte und schwer ver letzt liegen blieb. Der Sohn, der von seiner Schwester auf die Straße geworfen worden war, blieb unverletzt. Die feindlichen Arzte. Der Überfall auf einen praktischen Arzt erregt gegenwärtig in Lambrecht peinliches Aufsehen. Als der dort ansässige Dr. Kulmer bei eingetretener Dunkel heit vor der Villa seines Kollegen, des Dr. Bertololy, vorüberfuhr, hieb dieser plötzlich mit einer Hundepeitsche auf Dr. Kullmer ein, wäh rend Frau Dr. Bertololy mit einem Stockdegen auf ihn einschlug, so daß Dr. Kullmer böse zu- gerichtet wurde; u. a. trug er über der Stirn eine klaffende Wunde davon. Erst den Be mühungen eines herbeigeeilten Fabrikanten ge lang es, die Kämpfenden zu trennen. Die Untersuchung ist eingeleiten. Die beiden Ärzte find seit längerer Zeit miteinander verfeindet und haben wiederholt zusammen vor Gericht ge standen. Bei der Herstellung von Feuerwerks- rörpern für ein Schülerfest hantierte der Gtzmnasialprofessor Haß in Przemysl so un vorsichtig mit leicht entzündlichen Stoffen, daß eine Explosion e:folgte, durch die die rechte Hand des Professors förmlich in Stücke ge rissen und die linke Hand ebenfalls stark ver letzt wurde. Dem bedauernswerten Professor, der überdies das Gehör verlor und eine schwere Nervenerschütterung erlitt, wurde im Spital eine Hand amputiert. Zwei Schüler find mit leichteren Verletzungen davongekommen. Die Wohnungseinrichtung des Professors wurde durch die Explosion fast ganz zerstört. Bombenfund. Bei einer neuerlichen Haus suchung im Triester italienischen Turnverein wurden unter dem Fußboden des Vereinslokals eine Kiste, enthaltend 2 Orsinibomben mit Zünd hütchen, 35 Pistons zum Aufschrauben, sowie verschiedene andre Utensilien für diese Bomben gesunden. Der Präsident des Vereins und ver schiedene andre Mitglieder wurden verhaftet. Der Turnlehrer, der ebenfalls verhaftet werden sollte, ist flüchtig. Das Vereinslokal wurde ge schlossen und der Verein aufgelöst. Pasteur-Denkmal. Am 16. d. wurde in Paris auf dem Breteuilplatze ein Denkmal für den bekannten Forscher Louis Pasteur enthüllt. An der Feier nahmen Präsident Loubet und die Spitzen der Behörden teil, ferner das diplomatische Korps, darunter der deutsche Bot schafter Fürst Radolin. Eine Explosion erfolgte in den Werkstätten zur Herstellung elektrischer Zünder in Saint- Martin de Crau bei Marseille. Von den 14 dort beschäftigten Frauen wurden drei ge- töret, sechs schwer verletzt. Das Gebäude ist völlig zerstört. Ein Aufsehen erregender Kirchenraub wurde in Albano (Italien) verübt, wo die Madonna della Rotonda ihrer reichen Edel steine beraubt wurde. Als der Tat verdächtig wurde ein Angestellter der dortigen Kirche ver haftet. Anton Tschechow Der bekannte russische Dichter nnd Romanschriftsteller Anton Tschechow ist Freitag nacht im Alter von 44 Jahren in folge von Herzschwäche in Badenweiler ge storben. Zu dem Diebstahl des Marienbildes von Kasan stellt es sich nunmehr auf Grund der vor genommenen Untersuchung heraus, daß aus der berühmten Marienkirche nicht nur das Muttergottes bild, sondern auch das kostbare Erlöserbild, das Bild dcS heiligen Nikolaus, des Wundertäters, die mit Smaragden und Edelsteinen von hohem Werte besetzt sind, sowie äußerst wertvolle Kirchengeräte gestohlen und alle Opferstöcke erbrochen und ihres Inhalts beraubt worden sind. Der Nachtwächter wurde von den Dieben gefesselt und in den Keller gewnrfen. Zugleich wurden in der Kirche on vielen Stellen die alte kostbare Malerei arg beschädigt und das sogenannte Zarentor, der sür die Zarenfamilie reservierte Platz, erbrochen. Kaum hatte sich die Kunde von dem verübten Diebstahl in der Marien kirche in der Stadt verbreitet, da strömte das Volk in Massen dem Muttergotteskloster zu, um sür die Auffindung des gestohlenen Marienbildes Gebete zu verrichten. Auch in Moskau werden Gebete für die Auffindung des Muttergottesbildes verrichtet. Bon Moskau wurden die tüchtigsten Geheimpolizisten nach Kasan entsendet, um die Diebe zu ermitteln. Der Wert der gestohlenen Heiligenbilder und andern Gegenstände soll zehn Millionen Rubel betragen. Die eigene Schwester ermordet. Die 19 jährige Dimasopoulos, Tochter eines Zahn technikers in Athen, hatte es unter tausend Entbeh rungen so weit gebracht, daß sie Lehrerin geworden war. Unter Zuhilfenahme aller ihr zu Gebote stehenden Verbindungen war es ihr schließlich auch gelungen, eine Stellung zu finden. Der Traum ihres Lebens war verwirklicht. Doch fehlten auch nicht Wolken am Horizont ihres Glückes, und dies waren ihre 25- und 22 jährigen Brüder, die, selbst ohne Stellungen, ihre Schwester mit Geldforderungen verfolgten. Diese hatten in letzter Zeit eine solche Höhe erreicht, daß das arme junge Mädchen sie nicht mehr erfüllen wollte. Die Brüder beschlossen, sich dafür zu rächen. Als die Schwester in Abwesenheit des Vaters bei einer Frau wohnte, überfielen sie sie und brachten ihr mit einem Messer drei tödliche Wunden bei, denen sie nach wenigen Stunden erlag. Echt amerikanisch! Eine Anzahl ameri kanischer Millionäre, darunter Angehörige der „Vielleicht!" meinte der Schwarzkünstler. „Vielleicht auch nicht — — in jedem Falle auf Wiedersehen!" Als kurze Zeit später der Wirt herbeikam, um wegen des Eindringens der Fremden die Verzeihung Seiner Gnaden des Herm Solomon Notredame de Paris nachzusuchen, fand er den geehrten Gast in vorzüglicher ausnehmend guter Laune. „Nicht nötig, mein Freund, nicht nötig!" sagte der Schwarzkünster herablassend. „Ich habe mich in der Gesellschaft der Leutchen ganz gut unterhalten. Der Herr von Vidoche stammt ja wohl aus diesem Teile des Landes — er ist ein reicher Mann, nicht wahr?" „Das heißt, erst seit der Heirat," flüsterte der Wirt vorsichtig. „Die Frau Baronin hat so viel Geld, daß sie uns hier das alte Stadt schloß von Grund aus neu aufbaute!" „Madame de Vidoche stammt aus Pinatel, wenn ich nicht irre?" „Ganz recht, Euer Gnaden. Euer Gnaden weiß aber auch wirklich alles! — Ich selbst bin einmal dort gewesen. Aber der Frau Baronin gehört auch ein Haus in Paris und außerdem hat sie Besitzungen im Süden — in Perigord." „Ha!" rief der Ast.olog erstaunt. „Perigord l — Schon wieder einmal! — Seltsam, in der Tat, - seltsam!" Das Haus mit den zwei Türen. Die Stelle, wo einst das alte Palais des Toumelles gestanden, berühmt durch den ritter lichen Tod Heinrichs des Zweiten im Turniere, wurde, von Heinrich dem Vierten in den könig lichen Lufiplatz (Place Royale) umgewandelt. Auf den Karten des heutigen Paris wird man vergebens diesen Namen suchen. Trotzdem sogar der Name Place Royale aus dem Ge dächtnisse des modernen Parisers verschwunden ist, so bildete der Platz doch unter der Regie rung Ludwigs des Dreizehnten den Zentral- punkt der vornehmen Welt. Das Quartier du Marais, in dem sich der Platz befand, enthielt alle zum Hof gehörigen Gebäude. Hier rasselten die ersten Kaleschen stolz durch die Straßen, um mit der Zeit die Sänften und sonstigen primitiven Verkehrsmittel zu ver drängen — hier vollzogen sich viele der wunder- baren Wandlungen, die den Fortschritt der wahren und mißverstandenen Kultur, der Zivilisation und des lasterhaften Luxus bezeichnen . . . Die Hintertreppen der Paläste nehmen nur selten an dem Glanze der Vordertreppen teil — selbst wenn sie eine Ausnahme von der Regel bilden, so ist ihre Pracht doch immer von besonderer Bedeutung. Die Vergnügungen des Königs find teilweise offizieller und teil weise privater Natur, je nachdem sie sich auf die Vorder- oder Hintertreppen verteilen. Ohne Frage sind sie in jedem Falle königlich, natür lich und berechtigt, wenn man sie nur von dem richtigen Standpunkte aus betrachtet. Dieselben Verhältnisse haben von jeher in den Hofkreisen geherrscht. Was auf den Vordertreppen Ge heimnis ist, ist Tagesgeschwätz ani der andern Seite des Hauses. Don auf den Hintertreppen kannte man ganz genau den mystischen Charakter Familien Vanderbilt, Gould und Armour, machten während der Kieler Festtage in einer Dampfbarkasse eine Rundfahrt im Hafen. Das Fahrzeug fuhr direkt in die Linie, die für den Empfang des Königs von England abgesperrt worden war und kreuzte zwischen dessen Jacht und der Flotille von Torpedobooten, die die Bahn frei zu halten hatten, ungeniert hin und her. Der Kommandeur des nächsten Kriegs schiffes warnte das Dampfboot durch ein Signal; dies blieb unbeachtet. Darauf wurde signalisiert, daß das Boot verhaftet sei, aber dies fuhr nach der See hinaus, und drei Torpedoboote, die es verfolgten, mußten die Jagd bald wieder aufgeben. Die ,Kalif. Staats-Ztg? überschreibt diesen Zwischenfall: „Flegelhaftes Benehmen von Amerikanern. Gäste des deutschen Kaisers mißbrauchen die Gaft- sreundschaft und verletzen alle Regeln deS An standes." Gerickrsballe. Kiel. Das Kriegsgericht der Marineakademie verurteilte den Unteroffizier Überschär, Bootsmanns maat der Schulsregatte „Moltke", zu drei Monat Gefängnis wegen schwerer Mißhandlung von neun Schiffsjungen, von denen einer nach der Schweiz geflüchtet ist. 8Z Stendal. Das Jagdscheingesetz vom 31. Juli 1895 schreibt u. a. vor, wer die Jagd ausübt, hat einen Jagdschein bei sich zu führen. Strafbar macht sich derjenige, der den Jagdschein auf der Jagd nicht bei sich führt. Im Hinblick auf diese Bestimmung war ein Gutsbesitzer K. angeschuldigt worden, nach dem er, als er im Anschläge stand und das HerauS- treten von Wild aus dem Walde erwartete, sich ge weigert hatte, einem Gendarmen den Jagdschein so fort zu zeigen. K. hatte den Gendarmen vergeblich gebeten, etwas zu warten. Der Beamte entfernte sich jedoch sogleich und erstattete gegen K. Anzeige wegen unterlassener Vorzeigung des Jagdscheines. Nicht nur daS Schöffengericht, sondern auch das Landgericht erkannte gegen K. auf Freisprechung, da ihm unter den erwähnten Umständen nicht zuzumuten war, den Jagdschein vorzuzeigen. Der Beamte hätte die Jagdscheinkontrolle auf einen für K. weniger nachteiligen Zeitpunkt verschieben können. Die Staatsanwaltschaft focht diese Entscheidung aber durch Revision an und behauptete, das Landgericht habe das Jagdscheingesetz unrichtig ausgelegt. Das Kammergericht trat dieser Ansicht bei und er kannte gegen K. auf eine Geldstrafe. Obschon das Gesetz nur vorschreibt, daß der Jagdausübende seinen Jagdschein bei sich führen soll, so legt das Kammergericht diese Vorschrift doch dahin aus, daß der Jagdschein einem zuständigen Beamten zu der Zeit vorgezeigt werden muß, die von dem Beamten bestimmt werden kann. Der Beamte kann daher die Jagdschein kontrolle zu jeder beliebigen Zeit während der Jagdausübung vornehmen; er braucht mit der Kontrolle keineswegs so lange zu warten, bis die Jagd ihr Ende erreicht hat. Oer Kaiser in Aalelunä. Der Kaiser war, wie schon kurz gemeldet, am Donnerstag nachmittag um 2 V« Uhr an Bord der Jacht „Hohenzollern" bei prächtigem Wetter in Aalesund eingetroffen und mit Salut schüssen empfangen worden. Mehrere Dampfer, auf deren einem sich ein Sängerchor befand, waren der „Hohenzollern" entgegengefahren. Der Magistrat und der Präsident der Stadt verwaltung gingen an Bord der „Hohenzollern", um den Kaiser zu begrüßen, und kehrten mit dem Monarchen und dem Gefolge an Land zurück. Auf einem Spaziergangs um die Stadt wurde der Kaiser von der zahlreichen Volks menge mit lebhaften Hurrarufen begrüßt. Die Stadt und die Gebäude am Hafen find mit Flaggen reich geschmückt. Die ,Soendmore Volksztg? hat eine Extranummer herausgegeben mit Bildern der kaiserlichen Familie und einem Dankgedicht von Kristofer Randers an den Kaiser. Bei der Ankunft des Kaisers in Aale sund hielt Alexander Kielland eine Ansprache, in der er dem Kaiser für die beim Brande er wiesenen Wohltaten dankte. Er fuhr dann fort: „Die schnelle Hilfe, die Eure Majestät mit be wunderungswürdiger Entschlossenheit der un glücklichen Bevölkerung zuteil werden ließen, ist sür die ganze Welt, von Japan bis zur West küste Amerikas, ein Beweis dafür, daß die Menschheit an Mitgefühl und Solidaritäts gefühl große Fortschritte gemacht hat. Eurer Majestät wird von ganz Norwegen gehuldigt, und der Name Eurer Majestät wird im ganzen norwegischen Lande mit Liebe und Begeisterung genannt." Amtmann Kielland bemerkte zum Schluß, daß die Gemeinde beschlossen habe, eine der neuen Straßen der Stadt nach Kaiser Wilhelm zu benennen. In Erwiderung der Ansprache deS Amtmanns Kielland drückte der Kaiser diesem seine Freude aus, die Arbeiten sür den Wiederaufbau der Stadt zu sehen und die von der Bevölkerung in ihrer Arbeit an den Tag gelegte Kraft und Zuversicht wahrzu nehmen. Das Verwaltungskomitee für das neue Kinderheim in Aalesund hat dem Kaiser als Geschenk eine Anzahl Photographien von Aalesund überreicht. Der Metallgießer Jnge- brechtsen übergab dem Kaiser eine Erinnerungs gabe aus dem Metall der während des Brandes geschmolzenen Kirchenglocken. Freitag vormittag um 9 Uhr ist der Kaiser an Bord der Jacht „Hohenzollern" bei prächtigem Wetter von Aale sund abgefahren. Tu Okm Krügers ^oäe. Das Vermögen Ohm Krügers wird in unter richteten Kreisen auf etwa 20 Millionen Mark geschätzt. Dasselbe ist zum größten Teile bei dem Bankhause Rotschild in Paris deponiert, der Rest in Holland. Bei dieser Gelegenheit sei daran erinnert, daß Krüger einen großen Aktienbesitz an der Transvaalbahn besaß, dessen Abstoßung seinerzeit zu einem starken Kursfall dieses Wertpapiers führte. Durch den für ihn unglücklichen Rückgang des Burenkrieges hat Krüger unermeßliche Verluste erlitten, da er außer großen Landbesitz auch an Goldminen beteiligt war. Krüger hat übrigens auch große Summen aus eigenem Vermögen zur Linde rung des durch den Krieg hervorgerufenen Not standes hergegeben. Bekanntlich befinden sich im Besitze Krügers sämtliche wichtigen auf die südafrikanische Repu blik bezüglichen Aktenstücke, Verträge usw., die er bei seiner Flucht nach Europa gerettet hatte. Von englischer Seite sind wiederholt Versuche gemacht worden, diese Papiere zu erlangen, da sich darunter hochwichtige Dokumente befinden, deren Veröffentlichung englischerseits nicht gern gesehen wurde. Seinerzeit ist auch ein Ein bruchsversuch bei Krüger unternommen morden, der jedoch ohne Erfolg für die Einbrecher blieb. Wie nun verlauret, hat sich ein bekannter deutscher Publizist, der stets aufs wärmste für die Buren eintrat, um die Herausgabe der Memoiren Krögers bemüht, derselbe soll jedoch dahin beschicken worden sein, daß eine Ver öffentlichung gegenwärtig nicht erwünscht sei. Anscheinend wollen sich die „Buren" diesen Trumpf sür eine spätere, gelegenere Zeit auf bewahren. In den Kreisen der „Burenfreuude" hat das Hinscheiden des Expräsidenten Krüger — soweit sich diese Freunde um den „Alldeutschen Verband" und andre Vereinigungen gmppieren — lebhafte Teilnahme hervorgerufen. An der Leichenfeier dürfte sich denn auch die Mehrzahl dieser Verbände beteiligen. Der „Verein deutscher Studenten" hatte auch einen dahin zielenden Beschluß gefaßt. Von der Veran staltung einer allgemeinen Trauerfeier in Berlin dürfte Abstand genommen werden, da der Zeitpunkt für eine derartige Veranstaltung un günstig liegt. Kuntes Allerlei. Grob. Junger Buchhalter: „Ich begreife nicht, wie diese grüne Farbe an meine Finger kommt?" — Prinzipal: „Sie haben sich wahr scheinlich hinter den Ohren gekratzt!" (Lach. Jahrh/) Unbewußte Selbstkritik. Gnädige (zur neuen Köchin): „Was Sie da gekocht haben, ist ja kaum zu essen! ... Da kann ich gleich selbst kochen?" <.M-gg.) Messing. „Johann, heute ist Samstag, vergessen Sie nicht, die Mesfingsachen zu putzen!" — Schön, gnädige Frau — legen Sie nur Ihre Schmuckjachen heraus!" der Krankheit, an der Gabrielle d'Estrees starb, nachdem sie kurz vorher eine Zitrone gegessen. Der kleine Messerstich, der einen Maitag des Jahres 1610 tief in die Geschichte Frankreichs einmeißelte, wurde einen ganzen Monat, bevor ihm Henry von Condö zum Opfer fiel, schon auf den Hintertreppen der Paläste besprochen. Die Heirat Mazarins und viele der mysteriösen Ereignisse, die die Geschichtsschreiber unsrer Zeit mit Mühe zu ergründen suchen, bildete ehemals den feinsten Jungfern und Junkern auf den Hintertreppen des Quartier du Marais den Gegenstand ihrer pikanten Unterhaltung. Wenn irgend eine Straße von Paris dem Laster des Hofes eine sichere Ablagestelle bot, so war es die Rue Touchet eine kleine Gasse, die am Rande des vornehmen Stadt viertels hinlief und vom Place Royale nur ein paar Niinuten entfernt war Auf der einen Seite der Straße grenzten die Rücken der Häuser an das schlammige Ufer des Flusses. Sie waren unregelmäßig gebaut und boten mit den hohen Giebeln und schrägen Schornsteinen ein wirres Durcheinander. Die Straße wurde im Südwesten durch ein niedriges, mit Steinen aufgesührtes Haus versperrt, dessen Fensterladen saft immer geschlossen waren. Die Nachbarn gingen niemals vorbei, ohne sich zu bekreuzen, denn hier lebte Solomon Notredame. Nur einmal während der Woche konnte man sehen, wie sich bei Hellem Tageslichte die Türe öffnete, um die unheimliche Gestalt des Schwarz künstlers herausznlassen. Die Leute in den Schenken traten dann an das Fenster nnd zeigten flüsternd mit den Fingern auf ihn, die Frauen jedoch stürzten schnell auf die Straße und trugen ihre Kinder in ihr Haus. Nur wenige wußten, daß das geheimnis volle Gebäude eine zweite Pforte hatte, die weder nach vorn noch zum Flusse führte, sondern auf eine abgelegene Gasse zur Seite auslief. Diese beiden Türen dienten verschie denen Sorten von Kunden. Höflinge, ihre Damen und reiche Kaufmannsfrauen suchten das Haus auf dem Wege der stillen Gasse auf, während sich an der vorderen Türe Lakaien und Dienerinnen einstellten Das Haus war diesen Verhältnissen ent sprechend eingerichtet. Die Klienten der Rue Touchet traten in ein Zimmer, das mit blut roten Gardinen in zwei Hälften geteilt war. Durch die Öffnung konnte man im Hinteren Ende ein eisernes Gestell mit glühenden Kohlen sehen, die ihr purpurnes Licht auf allerlei chemische Instrumente, auf geheimnisvoll ge bogene Flaschen und viele mysteriösen Apparate warfen. Ein Blick in die Höhe enthüllte Gegenstände, die die rohe Einbildungskraft der Kunden aus den niederen Ständen noch weit gräßlicher beschäftigen mußten. Über jeder Tür hing eure getrocknete Menschenhand und aus einem Verschlage glotzte ein Gerippe grinsend aus die Umgebung. Ein ausgestopfter Alligator hockte breitbeinig am Boden und schien in dem unsteten Lichte der Kohlen langsam zu neuem Leben zu erwachen; er schien sich bedächtig in der Richtung nach einem schwarzen Sarge hin zu bewegen, in dem eine große Kröte ihr Heim aufgeschlagen hatte. ZP r (Fortsetzung folgt.»
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