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Vie „(Ottendorfer Zeitung" erscheint Vien ring, Donners- rag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich 1 Mark. Durch die Post bezogen (,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Amgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inserat bi, vormittag io Uhr.j Inserate werden m<t w Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be> sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 87. Freitag- den 22. Juli 1904. 3. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Gttendorf.cvkrilla, 2^. Iuli 1904. — Auf dem die Fiima Julius Wcrthschütz in Cunnersdorf betreffenden Blatt 283 des hiesigen Handelsregisters ist heute eingetragen worden, daß dem Reisenden Herrn Alwin Louis Meier in Cunnersdorf Prokura erteilt ist. — Zur Angelegenheit eines zweiten Truppen übungsplatzes erhielten die „DresdnerNachrichten" von einer Seite, die mit den Verhältnissen genau bekannt ist, eine Zuschrift, in der es heißt: Zur Frage eines zweiten Truppenübungs platzes möchten wir auf die Gegend nördlich von Königsbrück als ein sehr geeignetes Gelände mit niedrigen Bodenpreisen aufmerksam machen. Wir haben hierbei das östlich der Pulsnitz ge legene, durch die Linie Krakau, Otterschütz, Schwepnitz in Süden begrenzte Terrain im Auge. Dasselbe umfaßt ungefähr eine Quadratmeile und ist fast ausschließlich mit Wald bedeckt. Zerstört brauchte nur der Ort Zeitholz mit 133 Einwohnern werden; die weiteren betroffenen Ortschaften Rohna, Oiter- schütz und Cosel würden nur einen Teil ihrer Walbfläche verlieren, demnach in ihrer Existenz nicht verhindert werden. Erleichert würde die Er werbung des Terrains dadurch werden, daß als Hauptverkäufer die Standesherrschaft Königs brück in Frage kommt und die von den Ge meinden abzutretenden Waldungen sich durch gängig in sehr herabgebrachtem Zustande be finden- Sollte das hier angedeutete Terrain innerhalb der Landesgrenze Sachsens nicht für ausreichend erachtet werden, so läßt sich dasselbe ohne Schwierigkeit auf preußisches Gebiet aus dehnen, da dort große Waldungen angrenzen. Dieselben gehören zu der 4000 sächsische Acker großen Herrschaft Lipsa, welche Anfang Juli d. I. von Herrn Dr. Naumann, dem Besitzer der Standesherrschaft Königsbrück, erkauft, worden ist. Man würde also, selbst wenn der Truppenübungsplatz sich bis auf preußisches Gebiet erstrecken sollte, die Hauptverhandlungen Mit nur einen Besitzer zu führen haben. Dresden. Zum Frachtverkehr auf der Elbe ist weiter zu melden, daß die Gesellschaften „Elbe" und „Deutsch-Oesterreichische Dampf schiffahrtsgesellschaft" sich nunmehr gezwungen gesehen haben, den Verkehr auf der oberen Elbe bis Magdeburg infolge des niedrigen Wasierstandeg ganz einzustellen. Dresden. Falsche Gerüchte über ansteckende Krankheiten. In den in der Stadt aufgetretenen Gerüchten über eine Häufung ansteckender Krankheiten insbesondere von Typhus und ein heimischer Cholera, wird uns von amtlicher Seite mitgeleilt, daß alle diese Ausstreuungen auf Unwahrheit beruhen und daß im Gegenteil der Gesundheitszustand der Stadt ein ganz ausgezeichneter genannt werden muß. Von TyphuSerkrankungcn ist in den Monaten Juni überhaupt nur 1 Fall (bei einer Wäscherin) und zwei 2 typhusverdächtige Fälle (bei einem dreijährigen Kinde und einer Kellnerin) bis Dienstag mittag zur amtlichen Kenntnis gelangt von Cholera und Cholerine keiner und von ruhrverdächtigen Fällen 2. Es hat sich also nicht einmal die bei der anhaltenden großen Hitze sonst regelmäßig zu beachtende Häufung von Brechdurchfällen Erwachsener eingestellt Auch die übrigen ansteckenden Krankheiten haben keinerlei Zunahme erfahren, so daß die oben erwähnten Ausstreuungen jeden tatsächlichen Grundlage entbehren. — Gestern morgen stürzte sich im Hause Ostbahnstraße 7 ein etwa 40 Jahre altes Fräulein aus einem Fenster der 4. Etage hin ab und war sofort tot. — Dresdner „Goldsucher". Ein eigen tümliches Bild gewährt das wasserarme Fluß bett der Elbe, in dem in den letzten Tagen Männer, vor allem aber unsere Jugend, die jetzt kein Zwang auf die Schulbänke fesselt, gleich Goldsuchern Sand und Schlamm aus dem Flußbett schöpfen und eifrig darin »ach Wertgegenständen suchen. Gar manchmal findet sich etwas, das eine Medaille zu sein scheint oder ulte Goldstücke, die dann von einem der vielen „Sachverständigen" mit Kennermiene geprüft und geschätzt werden. Ein ergötzliches Bild für jeden, der die Mühe des un bequemen Spazierganges auf der Flußsohle nicht scheut. Rähnitz. Die unweit des Gasthofes zum letzten Heller, ungefähr 200 m seitwärts vom Rähnitzer Kristall-Eiswerk (hohe Este) im Walde gelegenen Oldersteine, welche in uralter Zeiten auf Eisschollen als eratische Blöcke aus dem Norden hierhergebracht worden sind, hat kürzlich die Königliche Forstverwaltung umzäumen lassen. Somit sind sie jetzt leichter im Walde zu finden und vor Beschädigung geschützt. Einst dienten sie als Opferstätten. Unweit davon in einem kleinen Waldesgrunde liegt der sagenumwobene Olderteich. Boxdorf. Viel erörtert wird die Nicht bestätigung des hiesigen Gemeindevorstandes. Mitte Januar wurde das bisherige Gemeinde- ratömitglied Restaurateur Beger gewählt- Bis heute ist die Wahl seitens der Oberbehörde unbestätigt geblieben, sodaß die Gemeinde be reits über ein halbes Jahr ohne Vorstand ist. Am letzten Freitag schritt der Gemeinderat erneut zur Wahl; es wurde jedoch wiederum Herr Beger gewählt. Bühlau. Nächsten Sonntag soll bei gutem Wetter nachmittags */z4 Uhr im Waldpark des Verschönerungsvereins ein Waldgottesdienst stattfinden bei dem Gaben für eine bessere Heizung und Beleuchtung der hiesigen Kirche gesammelt werden. Bei schlechtem Wetter wird der Waldgoitesdienst auf Sonntag den 31. Juli verschoben. Reick. Der Funkenflug der Lokomotiven richtet jetzt vielfache Feuerschäden an; so entstand vorgestern hier ein Brand auf einem Stoppel felds und in Niedersedlitz gerieten Kornpuppen in Flammen. In beiden Fällen gelang baldige Löschung. Helfenberg. Die Direktion der chemischen Fabrik Helfenberg, welche dem Leben in der Gemeinde fortgesetzt große Teilnahme entgegen bringt, hat angesichts der herrschenden Trocken heit mit der Bekämpfung des auf dem rechten Elbufer stark auftretenden Staubes begonnen, indem sie mit bestem Erfolge zunächst die Straße von der Fabrik bis hinein nach Nieder- poyritz mit dem vielfach bewährten Staub- iöschmittel „Westrumit" sprengen ließ. In den nächsten Tagen wird die Fabrik gleichfalls auf ihre Kosten die ganze Chausse durch Nieder- poyritz staubfrei machen lassen. Potschappel. Die Entfernung eines Grabsteines fordert der hiesige Kirchenvorstand. ES handelt sich um ein Denkmal, das die Eltern den Konfirmanden Steglich, der sich im Februar vorigen Jahres das Leben nahm, auf dem Grabe errichtet hatten. Der Knabe war beschuldigt worden, den Konfirmanden unterricht durch Unfug ! gestört zu haben, wes halb ihm angedroht worden war, daß er allein oder garnicht konfirmiert werden solle. Diese Drohung hat — angeblich — den Knaben dazu getrieben, den Tod in der Elbe zu suchen. Diejenige Stelle der Grabinschrift, welche am meisten Anstoß erregt hat. lautet: „Du bist so früh dahingeschieden, — Weil man dich kränkt' an deiner Ehr'. — Doch ungesühnt bleibt nichts hinieden; — Mein ist die Rache, spricht der Herr." Gegen die Verfügung des Kirchen vorstandes, den Grabstein zu entfernen, hat der Vater des Steglich Protest eingelegt. Schwepnitz. Am verflossene» Sonntag fand hier der zahlreich beschickte Bezirkstag der freiwilligen Feuerwehren der Amtshauptmann schaft Kamenz statt. Copitz. In der Wichtschen Fabrik für Feuerwerkskörper fanden gestern zwei Explosionen statt Die erste der Entzündungen erfolgte in dem Neben der Villa gelegenen Schuppen gebäude, in welchem sich das Laboratorium be findet. Hierdurch wurde das Dach abgehoben und das Gebäude in Brand gesetzt. Gleich darauf erfolgte auch in der Villa eine Explosion, durch welche auch das Dach der Villa zerstört wurdet Der die Gebäude umgebende Gras bestand geriet ebenfalls in Brand, und hatte man Mühe, ein Uebergreifen auf nahe Holzbe stände zu verhüten. Graslitz- An der Ermordung des Gendarmeriewachtmeisters Storm in Lauterbach in Böhmen scheint eine ganze Bande beteiligt gewesen zu sein. Außer den gemeldeten Ver haftungen des Fischgrath und des Pöckl sind in Falkenau zwei weitere Verhaftungen Ver dächtiger erfolgt. Die Behörde hat die Ueber- zeugung gewonnen, daß in der Elbogener Gegend eine wohlorganisierte Raubschützengesell schaft den Wilddiebstahl im großen betreibt. Auch besteht kein Zweifel mehr darüber, daß die Ermordung des Wachtmeisters längst be schlossen und vorbereitet war. Meißen. Montag Morgen gegen 7 Uhr verunglückte am Bahnhof ein Radfahrer, welcher nach seiner Arbeitsstätte fuhr. Bei dieser Ge legenheit wollte er zwischen zwei entgegen kommenden Wagen hindurchfahren, hatte aber das Unglück, an ein Vorderrad anzufahren, wobei er zu Falle kam, worauf ihm das Hintere Wagenrad über den linken Oberschenkel fuhr. Durch sofort hinzueilende hilfsbereite Leute wurde der Verunglückte in ein anliegendes Grundstück gebracht, wo ihm die erste ärztliche Hilfe zuteil wurde. Großenhain. Ein erheblicher Kornpuppen- Brand entstand gestern Vormittag auf Naun dorfer Nittergutsflur an der Weßnitzer Straße Ueber 100 Puppen einzuerntenden Roggens sind dem Feuer, das vermutlich infolge Weg werfens eines noch glimmenden Zigarrenrestes verursacht wurde, zum Opfer gefallen. Freiberg. Die Blutlaus ist hier auf den Obstbäumen einzelner Gärten aufgetreten. Es wurden sofort Schritte zur Vertilgung des Un geziefers getan. Döbeln. Wegen eines Waldbrandes wurde am Sonnabend die hiesige Feuerwehr alarmiert. Es brannte auf dem Eichberge, der den Hinter grund der Militärschießstände und des Schieß standes der Schützengesellschaft bietet. Der be troffene Teil ist nur mit Eichenbuschwerk be standen. Döbeln. Am Eingänge der schmalen Bäckerstraße sprang ein Straßenbahnwagen an der scharfen Kurve aus dem Gleis und fuhr an das Restaurant „Gambrinus", wodurch ein Silberarbeiter, der auf dem schmalen Trottoir ging, in größte Gefahr kam, erdrückt zu werden. Eine vorstehende Säule minderte den Anprall, und der junge Mann kam mit einer Brustquetschung davon. Grimma. Ganz ungeheure Ausdehnung hatte der bereits berichtete Brand im Glastmer Staatsforstreoier angenommen. Nach Schätzung des Forstpersonals wurden gegen 200 Acker Fichtenbestand aller Jahresklassen vernichtet. Nur schwarze, verkohlte, aller Nadeln und alles Laubes beraubte Bänme ragen über den dampfenden Waldboden empor. Der Ausbruch des Feuers erfolgte auf unaufgeklärte Weise etwa 800 in nördlich der Parthenquelle und verbreitete sich schnell. Trotzt der Löschversuche mußten immer größere Strecken dem Element überlassen werden. Selbst die den Wald durchquerende breite Glasten — Schönborner Straße gebot ihm nicht Einhalt. Außer dem Glastensr Staatsforstrevier sind weite Strecken der Schönbacher Pfarrhölzer verwüstet. Leipzig. Die Lohnbewegung der Bau hilfsarbeiter ist im Sande verlaufen. Während die früheren Versammlungen von 2000 Personen besucht waren, hatten sich zu der gestrigen Versammlung nur noch 250 Personen ein gefunden. Uebrigens hat der Bauarbeiterverband seinen Mitgliedern aus eigenem Antriebe eine Erhöhung der Lohnsätze anempfohlen. Oetzsch. Ein hier wohnhafter 26 Jahre alter Arbeiter aus Galizien wurde Montag Abend, während er in Lößnitz Landsleute be sucht hatte, nach gehabtem Wortwechsel von einem derselben mit dem Messer in den Kopf gestochen und hierauf bei der Flucht noch so hart bedrängt, daß er seinen Weg durchs Wasser nehmen mußte. Die erlittene schwere Kopfstichwunde machte die sofortige Ueberführung des Verletzten mittels Krankenwagens in das hiesige Stadtkrankenhaus nötig. Chemnitz. Bei dem Montag früh über unsere Gegend gezogenen Gewitter schlug der Blitz im nahen Siegmar in die Scheune des Gutsbesitzers Böttcher und zündete, so daß das Gebäude in kurzer Zeit niederbrannte. Aus dem Erzgebirge. Die Furcht vor dem Raubmörder Schramm aus Crottendorf welcher sich in den Wäldern der dortigen Gegend verborgen halten soll, ist in der Be völkerung sehr groß und übt auch einen nach teiligen Einfluß auf den Besuch des Erzgebirges aus, wobei namentlich die Orte um den Fichtel berg getroffen werden, die sonst am meisten von Sommerfrischlern und Touristen aufgesucht werden. Hierzu kommt noch die Sache mit dem Wirte des Fichtelberghauses, der wegen Miß handlung eines Radfahrers in erster Instanz verurteilt worden ist. Diese Angelegenheit wird auch die vom 24. bis 26. September in Freiberg stattfindeude diesjährige Haupt- und Abgeordnetenversammlung des EczgebirgSvereinS beschäftigen. — Da in der letzten Zeit die Gerüchte über das Auftauchsn des Raubmörders Schramm mit aller Bestimmtheit auftraten, wurden durch die Gendarmerie in der hiesigen Umgebung Streifpatrouillen unternommen. Man hat jedoch keine Spur finden können, die auf die Anwesenheit des allgemein gefürchteten Raub mörders schließen ließe. Annaberg. Der Raubmörder Schramm ist nunmehr, wie gemeldet, ohne Zweifel in dek Gegend von Cranzahl gesehen worden. Am Sonntag ging der Gutsbesitzer Karl Süß aus Neudorf mit seinem Hunde von Crottendorf nach Neudorf durch den Wald, als sein Hund plötzlich laut bellte. Ec ging seinem Hunde nach und sah den Raubmörder Schramm im Walde sitzen und essen. Schramm sagte zu ihm: „He, mach Dich nur nicht so weit heran, es könnte Dir was passieren!" Als Süß sich erschrocken zum Gehen wendete, sah er einen gewißen Woldemar Graf, einen Mann aus Cranzahl. Bei seiner Rückkehr nach Neudorf machte Herr Süß Anzeige. Am Montag wurden er und Graf verhört. Graf wurde von der Gendarmerie fcstgenommen. Nach einer Meldung von anderer Seite stand Graf in dem Verdachte, dem Raubmörder Schramm Nahrungsmittel zugeführt zu haben. Graf sollte sich durch reichlichen Wurst und Brötschenein- kauf für den er in so großer Quantität als alleinstehende Person keine Verwendung hatte, verdächtich gemacht haben. — Wie jetzt da gegen berichtet wird, befindet sich Graf w edec auf freiem Fuß. Angeblich ist er stets nur be müht gewesen, an seinem Teil zur Ergreifung Schramms beizutragen. Falkenstein. Die auf dem hiesigen Friedhöfe ausgeführten Grabschändungen hoben tiefe Erregung unter der Einwohnerschaft ver ursacht. Das Dunkel, das bisher über die Vorüber dieser Untaten herrschte, scheint nun gelichtet zu werden, denn am Freitag wurde ein der Tat dringend verdächtiger Teppichweber W. aus Mühlgrün verhaftet. Plauen i. V. Einem beträchilichen Ver lust haben zwei hiesige Viehgroßhändler dadurch erlitten, daß sich in drei für den Vieh- und Schlachthof bestimmten Eisenbahnwagenladungen nicht weniger als 45 infolge der großen Hitze verendete Schweine vorfanden. Zwei weitere Schweine, die dem Verenden nahe waren, mußten getötet werden.