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Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung sirr die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Ilmgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag m Uhr. Inserate werden mit ?o Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be- sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 152. Sonntag, den 20. Dezember 1903. 2. Jahrgang. Oerkliches und Sächsisches. Bttendorf-Bkrilla, H. Dezember 1903. — Der Bezirksausschuß der Königlichen Amtshauptmannschaft Dresden - Neustadt hielt am 18. d. M. unter dem Vorsitz des Herrn Amtshauptmann Geheimen RcgierungSrates von Craushaar die 24. diesjährige Sitzung ab. Auf der Tagesordnung standen 23 Beratungs gegenständ?, von welchen 4 in nichtöffentlicher Sitzung erledigt wurden. Nach Erledigung einiger Bezirksangelegenheiten wurde in die Beratung der vorliegenden Konzessionsgesuche eingetreten. Hierbei fanden Genehmigung bez Befürwortung, das Gesuch des Gasthofsbesitzers Hanta in Ottendorf um Erlaubnis zur Ab haltung von Tanz an 4 Konzertabenden im Winterhalbjahre zu befürworten mit der Ein schränkung, daß der Tanz nur bis 1 Uhr srattfindct. In nichtöffentlicher Sitzung kam zur Beratung und Beschlußfassung das Gesuch des Brauereibcsitzeis Wäntig in Medingen um Konzession zum Betriebe des Bier-, Wein- und Branntweinschankes in dem Grundstücke Kataster nummer 111 für Ottendorf. — Die Königliche Amtshauptmannschaft Großenhain gibt das Regulativ über den Hoch- wassernachiichten- und Beobachtungsdienst im Rödergebiete innerhalb der Königlichen Amts- hauplmannschaft Großenhain von Medingen bis zur sächsisch-preußischen Landesgrenze bekannt. In Medingen wird eine Pegelstelle und in Radeburg eine Niederschlagmcßstelle, eine Pegel stelle verbunden mit Gefahrenmarke an der Röder eingerichtet. / — Der Bund der Industriellen ha: in einer Eingabe an den Iustizminister um eine Be seitigung der Uebelstände unseres Zivilprozeß- verfahrens ersucht, die man unter der Bezeich nung „Prozeßverschleppnng" zusammcnzufassen pflegt. Zur Illustrierung wurde besonders auf einen Prozeß Bezug genommen, den ein Bundesmitglied seit fast sieben Jahren zu führen gezwungen war. Der Bund ist der Ansicht, daß gewisse Aenderungen der bestehenden Prozeß gesetze nicht zu umgehen sein werden, z. B. eine Milderung des Anwaltszwanges, ein größeres Einwirkungürecht des Richters auf die Prozeßführuttg, wie es früher bereits der Fall war, um die automatische Abhängigkeit von dem Prozeßbetriebe der Parteien zu beseitigen, eine Aenderung des § 141 der Zivilprozeßordnung, damit das Gericht nicht nur das persönlich- Erscheinen der Parteien anordnen, sondern auch erzwingen kann, eine Neuordnung hinsichtlich der Gerichtsferien. Die Gegnerschaft gegen die Gerichtsferien sei um so erklärlicher, als eine übermäßige Dauer der Prozesse bereits chronisch geworden sei. — Briefmarkenautomalen sind am Mittwoch in Berlin aufgestellt worden. Die Apparate sind früh am Potsdamer Tor und beim Bries postamt in Tätigkeit getreten. Bei der zum Postamt 9 gehörigen Telegraphen- und Rohr poststelle am Pots amer Tor sind die Automaten am südlichen Torgebäude angebracht. Die Automaten sind Tag und Nacht ohne Unter brechung zugänglich, auch wenn alle P st- und Telegraphenämter, sowie die Nachtlokale ge schlossen sind. An jeder Stelle sind gleichzeitig fünf verschiedene Apparate in Tätigkeit. Sie spenden je für einen Groschen die entsprechende Zahl von Briefmarken zu 2, 5 und 10 Pfg-, sowie von Postkarten zu 2 und 5 Pfennig. Wenn das Geldstück eingeworfen ist und man an einem Ringe gezogen hat, fallen die Frei marken abgerissen, die Postkarten abgezählt, aber ohne Umhüllung, heraus. Die Apparate haben bisher ohne Störung gearbeitet und bereits lebhaften Zuspruch gefunden. — In den Kreisen der Spiritusbranche wird damit gerechnet, daß vom Spiritusring der Spirituspreis demnächst erhöht werden dürfte. Der Ring soll sich hierzu durch die kleinere Produktion dieser Saison veranlaßt sehen. Die kleinere Produktion ist in erster Reihe eine Folge der ungünstigen Kartoffelernte in den östlichen Provinzen Preußens. Ferner trug die außerordentlich starke Kartoffelausfuhr in den Herbstmonaten nach Holland und England dazu bei, die Kartoffelpreise so zu steigern, daß die Brenner es vorzogen, einen Teil ihrer Kartoffeln zu verkaufen, statt zu brennen. Die Stärkefabriken sollen für Kartoffeln in manchen Fällen Preise bewilligt haben, wie sie seit Jahren nicht mehr erzielt worden sind. — Einen Antrag auf Abänderung der Zusammensetzung der Ersten Ständekammer haben eine Anzahl Mitglieder der konservativen Fraktion unter Führung des Abgeordneten Andrä-Braunsdorf eingebracht. Der Antrag wird mit einer von der Regierung zu erwarten den Vorlage ähnlichen Inhaltes zunächst in der Zwecken Kammer mit zur Beratung kommen. Angesichts der Schwierigkeit der ganzen Materie ist anzunehmen, daß zur Erledigung dieser und der Wahlrechtsfragen eine Sonderdeputation gebildet wird- Immerhin kann der zwar nicht direkt, aber doch gefördert von der konservativen Frakiion ausgehende Antrag des Abgeordneten Andrä und Genossen auf eine Neugestaltung der Ersten Ständekammer, wie man hört, bereits jetzt auf eine starke Mehrheit der Konservativen rechnen, und auch auf nationalliberaler Seite dürfte er kaum auf ernsten Widerspruch stoßen Wird doch in ihm ein stärkerer Einflug des industriellen Elements in der Ersten Kammer bezweckt. Eine andere Frage ist es freilich, ob nicht vielleicht die Nationalliberalen, welche sich, verschiedenen Anzeichen nach, mit der Einbring ung eines ähnlichen Antrages beschäftigen, dem konservativen einen eigenen Antrag gegenüber- stellen. Träte dieser Fall ein, so würde die treibende Kraft in parteitaktischen Gründen zu suchen sein. Dresden. Mit Montag den 28. Dezbr. werden seitens der sächsisch- böhmischen Dampf schiffahrtsgesellschaft die Fahrten zwischen Riesa und Mühlberg eingestellt, falls dies nicht vor her schon wegen Eisbildung geschehen sollte. Bühlau. Nachdem schon zu wiederholten Malen die Leitungsdrähte der hiesigen öffent lichen Beleuchtungsanlangen von Bubenhänden Durchschnitten woroen sind, sichert der Gemeinde rat eine Belohnung von 20 Mark demjenigen zu, der den Täter so namhaft macht, daß ge richtliche Bestrafung erfolgen kann. Radeberg. In einer gestern abgehaltenen gemeinschaftlichen Sitzung des Rates und der Tladwerorvneten wurden die vom Königlichen Ministerium des Kultus und öffentlichen Unter richts für die Umwandlung der hiesigen höheren Knabenschule in eine staatlich anerkannte Real- ichule gestellten Bedingungen einstimmig ange nommen. Somit wirb unsere bisherige höher- Knabenschule — die noch zu erwartende zu stimmende, nunmehr nicht zu bezweifelnde Verordnung der Königlichen Regierung voraus gesetzt — jedenfalls mit Beginn des neuen Jahres unter die Zahl der staatlich anerkannten Realschulen Sachsens eingereiht werden. Weinböhla. Der junge Mann, der am Bußlage im hiesigen Gotteshause plötzlich in Tobsucht verfiel und dadurch bei der Abend- mahlsfeicr eine unliebsame Störung hervorrief, ist nach schweren Leiden gestorben. Meißen. Gestern nachmittag gegen 3 Uhr wurden die sieben Opfer der Familientragödie auf dem hiesigen Friedhöfe zur Erve bestattet. Die Leichen lagen in ihren Sonntagskleidern in vier weißen, blumengeschmückten Särgen, die Mutter, das jüngste Kind im Arme, je zwei Kinder in einem gemeinsamen Sarge. Ein gemeinsames Grab nahm die unglückliche Familie auf, unweit der Stelle, wo die fünfzehn Opfer der Pulverkatastrophe im Jahre 1875 beerdigt liegen. Alle Verwandten des unglück lichen Ehepaares, Vertreter des Stadtrats und eine große teilnehmende Menge wohnte der Feier bei; die Trostrede hielt Herr Archidiakonus Lampadius- Die Besserung im Befinden des Herrn Bienert schreitet fort. Lommatzsch. Der 19jährige Arbeiter Reinhold Otto Dehnert von hier hat sich nach dem „L. A." in den Gendarmeriebezirken Zehren, Meißen, Riesa, Priestewitz und Rüsseina der verschiedensten Schwindeleien schuldig ge macht, ohne daß es bisher gelungen ist, ihn festzunehmen. Da er jedenfalls versuchen wird, seine Schwindeleien fortzusetzen, sei vor ihm gewarnt. Dehnert tritt mit größter Frechheit auf und brandschatzt mit Vorliebe Gastwirt schaften und Landwirte. Er beruft sich auf seine sehr angesehenen Verwandten und gibt sich als Gänseaufkäufer in deren Auftrag aus. Ais solcher macht er größere Abschlüsse und läßt sich dann leihweise Geld geben, oder bleibt bei den Gastwirten große Zechen schuldig mit dem Hinweise, daß er sich bei den Aufkäufen ausgegeben habe, aber auf dem Rückwege zahlen würde. Natürlich läßt sich später der Patron nicht mehr sehen. Leipzig. Zu der schon gemeldeten Familientragödie ist noch zu bemerken, daß der Mörder seiner Ehefrau, der im „Modenhaus? Pölich" beschäftigt gewesene Schneider Novak (ein Tscheche), schwerlich mit dem Leben davon kommen wird, da die Schußverletzungen, welche er sich bcibrachte, schwerster Art sind. Das Ehepaar besaß drei Kinder, von denen zwei nachts am Tatorte schliefen, ohne daß der Knall der Nevolverschüsse sie aufweckte. Novak, welcher vorgestern abend schriftliche Beweise dafür fand, daß seine Fran mit einem Arbeiter, der selbst verheiratet und Vater von sieben Kindern ist, ein sträfliches Verhältnis unterhielt, hat während der Nacht den Entschluß zu seiner furchtbaren Tat gefaßt. Die Eheleute Novak waren be reits früher einmal auseinandergelaufen, hatten sich aber wieder ausgesöhnt. — In der Mordsache des Trödlers Cohn sind jetzt Ermittelungen im Gange nach einem Manne, welcher in einem Stahlwarengeschäfte der Nürnberger Straße (unweit der Mordstelle) unter dem Vorgeben, daß er Marder schießen wolle, sechs Stück Patronen zu einem 7-Milli- meter-Revolver kaufte. Mittels eines solchen ward Cohn erschaffen. Der unbekannte Käufer ist 25 bis 30 Jahre alt gewesen, hatte schmales Gesicht, blondes Haar und ebensolchen kleinen Schnurrbart. Seine Kleidung war sehr ab getragen. Crimmitschau. Ja der, wie mitgeteilt, abschlägig lautenden Entscheidung der Königl. Kreishauptmannschaft Zwickau über die Be schwerde der Weber, die bekannten polizeilichen Maßregeln betreffend, wird zunächst die formelle Berechtigung zu den Erlassen nachgewiesen auf Grund Z 1 des Gesetzes vom 10. Mai 1851 über Tumulte und des § 12 des Gesetzes über Vas Vereinsrecht vom 22. November 1850. Glauchau. Ein ganz gemeingefährlicher Brandstifter treibt gegenwärtig in unserer Stadt sein Unwesen. Keine Woche ist bis jetzt vergangen, in der nicht ein größeres oder kleineres Schadenfeuer zum Ausbruch kam und die betroffenen Gebäude (bis jetzt meist Scheunen) einäscherte. In der Nacht zum Donnerstag brannte es wieder in der Thalstraße, und zwar wurde das Flähmigsche Wohnhaus ein Raub der Flammen. Die arg bedrohten Nachbar gebäude konnten von der Feuerwehr gerettet werden. Burgstädt. Ein Heiratsschwindler trat im vergangenen Winter in Lunzenau auf. Er knüpfte mit einer dortigen Arbeiterin ein Liebes verhältnis an, versprach ihr die Ehe, schwindelte ihr einen größeren Geldbetrag ab und ver schwand dann. Jetzt ist dieser Gauner in einem Seifenhändler aus Tausa, der verheiratet ist und drei Kinder hat, ermittelt und in Haft genommen worden. Kirchberg. Ein hiesiger Einwohner hatte eine junge Ziege, welche er am Tage frei um herlaufen ließ. Sie besuchte ihren Besitzer öfters in der Wohnung und bemerkte dabei kürzlich, wie Geld in Fünfmarkscheinen auf gezählt wurde. In einem unbeobachteten Augenblicke machte sich die Ziege über die Scheine her und fraß sie auf. Um dieselben wiederzuerlangen, mußte das Tier sein Leben lassen. Der Fleischer förderte von 2 Scheinen deutlich erkennbare Stücke zutage, sodaß Ersatz dafür geleistet werden kann, die Stücke der anderen Scheine sind dagegen sehr wenig er- sotzfähig. AusdemVogtlande. Infolge mangels an Aufträgen stehen zur Zeit zahlreiche Schiffchen- Stickmaschinen still, eine Erscheinung, die nur in den seltensten Hochsommermonaten eingetreten ist. In Auerbach mußten einige Fabriken den Betrieb völlig einstellen. Plauen i- V- Die Polizei nahm einen Wirtschaftsgehilfen aus Zwoschwitz fest, weil er ich aus Freude über eine ihm unvermutet zu- zefallene ansehnliche Erbschaft betrunken hatte, und in seinem Rausche Gold-, Papier- und Nlbergeld auswarf. Ein Schutzmann ließ das Geld zusammensuchen. Es waren nahezu — 8000 Mark. Der betrunkene Mensch wurde noch der Wache gebracht, wo er am andern Morgen, nachdem er seinen Rausch ausgeschlafen hatte, sein Geld wiedererhielt. Genützt zu haben 'cheint diese Mahnung aber nicht viel, denn )er Leichtsinnige hat in der Nacht zum Montag m Reichenbach das nämliche Schauspiel zu wiederholen versucht. - Die bei dem von uns gemeldeten Ueber» fall schwer verletzte Botenfrau Bretterlein ist ihren Verletzungen erlegen. — Vorgestern wurde derjenige 16 Jahre alte Bursche namens Rose verhaftet, der dringend verdächtig ist, am vergangenen Sonn abend die alte Botenfrau Blätterlein aus Kürbitz um 40 Mark beraubt und sie zu er schlagen versucht zu haben. Der Bursche hatte nur noch 64 Pfennig bei sich und leugnete jede Tat. Hof i. B. In den Webereidistrikten des Fichtelgebirges, woselbst die Weberei arg darniederliegt und zahlreiche Familien brotlos sind, veranlassen Agenten der Crimmitschauer Industriellen die Weber mit bestem Erfolge zur Aufnahme der Arbeit in Crimmitschau. Für die hiesigen Weber ist die Uebersiedlung nach Crimmitschau willkommen. Kirchrnnachrichten für Ottendorf-Gkrilla. Sonntag, 4. Advent. Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst. Nachm. 5 Uhr Zlbenäkommunion, die Beichte be ginnt um 5 Uhr. Kirchennarhrichten Für stleckingen und Grossciittmannsclorf. Medingen: Sonntag, 4. Advent. Mittags 1 Uhr Predigt. Großdittmannsdorf: Sonntag, 4. Advent. Vormittags ^9 Uhr Beichte. 9 Uhr Predigt und heiliges Abendmahl. Schlachtvieh-Preise auf dem Viehhofe zu Dresden am 18. Dezember 1903. Zum Auftrieb waren gekommen: 8 Ochsen, 10 Kalben und Kühe, 14 Bullen, 800 Kälber 72 Schafe und 2020 Schweine, zusammen 2924 Schlachtstücke. Es erzielten für je 50 Kilo: Ochsen Lebendgewicht 26—42 Mk., Schlachtgewicht 50—73 Mk., Kalben und Kühe Lebendgewicht 27—39 Mk., Schlacht gewicht 50—67 Mk., Bullen Lebendgewicht 29—39 Mk., Schlachtgewicht 56—68 Mk-, Kälber Lebendgewicht 38 —47 Mk., Schlacht gewicht 58—70 Mk., Schafe Lebendgewicht 35—40 Mk., Schafe Schlachtgewicht 68 bis 77 Mk-, Schweine Lebendgewicht 35—42 Mk., Schlachtgewicht 50—55 Mk.