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^on I^ak unä fern. Ei« «nangeuehmer Passagier. Als der Hamburg-Amerika-Frachtdampfer „Pallanza" bei seiner letzten Reise drei Tage von Hamburg em-ernt war, brach ein fürchterlicher Sturm aus. Der Dampfer wurde hin» und her geschleudert und die KSfige einer Menagerie, die auf dem Deck angebunden standen, drohten zu zerspringen. Eine LSwin zeigte die größte Aufregung. Jedesmal, wenn eine Welle das Schiff traf, warf sie sich laut aufbrüllend gegen das Gitter ihres KästgS. Bald darauf schlug eine große Woge über das Deck, zerriß die ! Stricke des Löwenkäfigs, stürzte diesen um, und es gelang dem aufgeregten Tier, aus dem Käfig zu entkommen. Die Seeleute flohen Sals über Kopf vor dem Tiere unter Deck. Die Bestie war Herr an Deck. Ihr Gebrüll übertönte das Toben deS Sturmes. Als die Löwin nach dem Hinterdeck gegangen war, kamen die mutigsten der Seeleute wieder an Deck. Sie trugen auf langen Stangen ein Netz. Dieses breiteten fie auS und trieben damit die wütende Bestie in eine Ecke, wo eS gelang, fie in das Netz zu verwirken. Sie war nun hilflos und konnte in den Käfig zurück» geschleppt werden. Bo« der elektrische« Bah« totgefahre« wurde in Kiel der Matrose Kadelitz von der ersten Matrosendivifion. Begnadigung. Der Rechtsanwalt Doktor Wrllutzki aus Flatow, der vom Könitzer Schwurgericht wegen Unterschlagung großer Summen zu zehn Jahr Gefängnis verurteilt worden war, wurde nach Verbüßung von fünf Jahren begnadigt. El« Automobil weniger. DaS vier» fitzige Automobil des Kaufmanns Sturm aus Sproltau geriet während einer Fahrt auf der Landstraße in Brand. ES wurde vollständig vernichtet. Die Insassen konnten sich un beschädigt retten. ^amilieudrama. Der Grundbesitzer Berlmecke in Steimke (Kreis Salzwedel) er» tchoß seine Frau und darauf sich selbst. Der Beweggrund zu der Tat ist noch völlig un bekannt. Raubmord. Donnerstag nacht drangen drei Einbrecher in die Villa deS Rentiers Ernst Jungheinrich in Gotha ein und entwendeten aus einem Sekretär 10 Mk. Die wachgewordene Ehefrau wurde mit einem Revolver bedroht, während der Ehemann mit einem andern Ein brecher kämpfte, der ihn mit einem Dolch am Kopse schwer verletzte. Auf die Hilferufe des Ehepaares kamen Passanten. Die Einbrecher entkamen jedoch unerkannt. Ei« Gedenktag. Eine Tischlersfrau in München wird, solange fie lebt, jedesmal den einen Dezember besonders feierlich begehen. 1903 brachte fie Zwillinge, 1904 ein Mädchen und in diesem Jahre wieder Zwillinge jedeSmal am 8. Dezember zur Welt. Ernstes Schadenfeuer. Die Spinnerei Rohloach bei Temitz (Österreich) wurde durch eine Feuersbrunst vollständig zerstört, wobei ein Arbeiter getütet und zahlreiche andre verletzt wurden. Der angerichtete Schaden beträgt zwei Millionen Kronen. Oberst Henry, der auS dem Dreyfus- Prozeß wenig rühmlich bekannt geworden ist, sollte Pariser Blätterrneldungen zufolge im Gefängnis Selbstmord verübt haben. Die Wahrheit aber ist, daß Oberst Henry frisch und munter in Buenos Aires (Brasilien) lebt. Bom Mörder Luccheni. Aus Genf wird berichtet, daß Luccheni, der Mörder der Kaiserin von Österreich, Anfälle von Geistes störung zeige, die ihn zu den schlimmsten Ge- walttätigkeiten veranlassen. Vor kurzem suchte er den Direktor des Gefängnisses zu ermorden und jetzt unternahm er den gleichen Versuch gegen einen Aufseher. Mehrere Tage hindurch schützte Luccheni Krankheit vor. Eines Abends fand ihn der Wärter scheinbar besinnungslos am Boden der Zelle liegen. Als er sich über den vermeintlich Kranken beugte, faßte ihn dieser plötzlich mit eisernem Griffe am Halse und warf ihn zu Boden. Dann sprang er gegen die offene Tür der Zelle — direkt in die Arme eines eben herbeigekommenen zweiten Aufsehers. Es entspann fich ein furchtbarer Kampf, bis eS endlich gelang, Luccheni zu überwältigen und mit Ketten an die Mauer zu fesseln. Rettung durch eine« Hund. Zwei Herren und eine Dame auS Kassel wollten den fast schneefreien Monte Stivs besteigen. (2044 Meter). Oberhalb des vorletzten steilsten An stieges kam ihnen ein Hündchen bellend und winselnd entgegen, und als man ihm folgte, fand man oberhalb eines Felskopfes, der das Ende einer schmalen Schlucht bilset, den Gym nasiallehrer Bugoot auS Lübeck Er war beim niederlafsen. Dieser Mißerfolg hatte eine so starke Wirkung auf seinen Geist, daß fich der Gedanke seiner bemächtigte, er Wolls den Professor, der ihn examiniert hatte, ermorden. Aber die eigene Mutter vereitelte seine Pläne, indem sie an Prof. RefoioS schrieb und ihn vor derAbsichtihreSSohncS warnte. Der Student wurde verhaftet und in ein Irrenhaus nach Oporto gebracht, das er vor einem Jahre aber als „geheilt" verließ. ES scheint jedoch, daß er seine fixe Idee nie verloren hat. Als am Sonntag abend der Professor eine Buchhandlung verließ, kam der in einen Mantel gehüllte Irrsinnige auf ihn zu und sagte: „Erinnern Sie sich meiner noch?" und ehe RefoioS antworten konnte, feuerte er vier Schüsse auf ihn ab. Eine Anzahl Studenten eilte auf den Lärm herbei, der Mörder wurde gefangen und der Professor wurde sterbend in sein HauS gebracht, wo er am Montag seinen Verletzungen erlag. Tur Verlobung von Die Tochter des Präsidenten der Ver. Staaten, Miß Alice Roosevelt, hat sich mit dem Kongreß mitglied Nicholas Longworth verlobt. Miß Alice Roosevelt ist zur Zeit die populärste junge Dame in den Ver. Staaten, fie ist vor kurzer Zeit von Mls Alice Koolevelt. ihrer großen ostafiatischen Reise zurückgekehrt. Ihr Verlobter, Mr. Longworth, ist Mitglied des ameri kanischen Parlaments. Er hat sicher eine glänzende politische Zukunft. Auf ihrer langen ostafiatischen Reise hat er Miß Alice begleitet. Mineraliensuchen ausgeglitten und durch die Schlucht gestürzt, hatte fich mehrere Verletzungen zugezogen und konnte weder vor noch zurück. Die Gesellschaft brachte ihn mit Mühe in Sicherheit. Der kleine Spitzhund ist auf diese Art der Lebensretter seines Herrn geworden. Ei« «euer Leuchtturm. Die Regierung von Venezuela hat in Puerto Sucre, im Staate Bermudez, einon Leuchtturm erricht«. Das Licht befindet fich 50 Fuß über dem Meeres» spiegel, ist weiß und feststehend und 12 Meilen von der Küste zu sehen. Die gefallene Krone. Gerade zu der Zeit, al ber königliche Zug in Norwegen an der alten Festung Akerhus vorbeikommen sollte, hatten sich viele Zu schauer, meist Militärpersonen, dort versammelt, um den neuen König vorbeifahren zu sehen. Während fie auf den König warteten, hörte man plötzlich einen klirrenden Ton, und das Denkmal König Oskar» fiel mit der Krone zu Boden. In demselben Augen blick löste fich die Krone und wurde bet dem Falle zerschlagen. Alle Augenzeugen dieses Vorfälle» konnten fich einen Augenblick lang eines etwas un behaglichen Gefühls nicht erwehren ; aber eS war schnell vergessen, als fich der königliche Zug näherte und die Schaulust die Menge ablenkte. Einige Tage darauf hatten fich einige Mitglieder derselben Ge sellschaft in einem andern Teile der Stadt zu sammengefunden, und zwar im Hause eines der Führer der Regierung. Man sprach auch von dem oben geschilderten seltsamen Vorfälle, al» plötzlich mitten in der Unterhaltung ein Geräusch entstand: ein Bild König Oskar» löste sich von der Wand und fiel zu Boven . . .I Rache eines Studenten. Ein Drama hat fich in der portugiesischen Universitätsstadt Coimbra ab gespielt. Der Professor Dr. RefoioS wurde in einer der Hauptstraßen der Stadt von einem ehemaligen Studenten erschossen. Vor vier Jahren hatte der Student sein Schtnßexamcn in Coimbra nicht be standen, und konnte sich deshalb nicht als Arzt Die Füsse der Chinesinnen. Frau Wu Tingfang, die Gattin des früheren chinefischen Gesandten in Washington, hat fich einer Operation unterzogen, um ihren durch das Tragen von zu engen Schuhen (nach chinesischem Brauch) verkrüppelten Füßen ein normales Aussehen zu geben. Diese Tat hat unter der vornehmen chinesischen Damenwelt großes Auf sehen erregt, aber eS scheint, daß dieses Beispiel seine Wirkung nicht verfehlt hat, denn viele Damen auS den ersten Kreisen haben fich zu der gleichen Operation entschlossen. Unwetter in Nordafrika. Heftige Stürme zerstörten den Wellenbrecher von Biserta (Tunis). Die deutschen Bergedampfer „Berger" und „Wilhelm" find gestrandet, der Schleppdampfer „Cyclope" untergegangen. Der Schienenweg nach Biserta ist teilweise weggewaschen, Bijou- Ville steht unter Wasser. Gericktsbatte. Erfurt. Das Kriegsgericht der 38. Division hat den Obersten und Kommandeur deS 96. Jn- fanierie-RegimentS in Gera von Donop zu einer Gefängnisstrafe von sechs Wochen und Dienst entlassung und den Oberzahlmeister Michaeli» von demselben Regiment zu vier Woche» Gefängnis und Amtsenthebung verurteilt, beide wegen Vergehens im Amt. Die Verurteilten hatten die Unterhaltungskosten eines ihnen von Beruf- Wegen nicht zustehenden dritten Pferde» vorschrifts widrig aus Staatsmitteln bestritten. Nürnberg. Ein Liebesdrama hat sein Nach spiel vor Gericht gefunden. Die 21jährige Dienst- magd Luise Beck hatte zuerst mit dem Bruder de» verheirateten Packer» Johann Eichhorn ein Liebes verhältnis und dann mit dem Ehemcmne selbst. Am 27. September kam fie in seine Wohnung und flehte den Eichhorn an, fie zu erschießen, bezeichnete auch die Stelle, wohin fie die Kuael wünschte. Der Mann folgte der Aufforderung und brachte fich dann selbst eine Kugel bei, die ihn zeitlebens zum Krüppel machte, während die Beck von der Kugel nur ge streift wurde und wieder ganz gesund und munter ist. Der vom Liedeswahn inzwischen gründlich Geheilte wurde zu eimr Woche Gefängnis ver urteilt. die er durch die Untersuchungshaft ver büßt hat. Gemeinnütziges. Temperatur vo« Speise« und Ge tränke». Gar leicht essen wir in der Winter zeit zu heiß oder kalt. Im allgemeinen ist aber für den Gesunden eine Temperatur, die der Bluttemperatur gleich ist oder nahe kommt, als die angemessenste zu bezeichnen. Für den Säugling ist fie die allein zulässige. Für den Genuß durstlöschender Getränke gilt die Regel, daß eine Temperatur von 10 bis 20 Grad die richtigste ist. Jede extrem hohe und extrem niedrige Temperatm bei Speisen und Getränken kann nachteilig wirken und dieses um so mehr, je hastiger die betreffenden Substanzen genossen werden. Trinkwaffer soll etwa 12,5 Grad auf weisen, Selter- oder Sodawasser reiche man mit 14 bis 16 Grad. Bier halte etwa dieselben Grade, wenn auch ein gewisser Spielraum bei den verschiedenen Sorten herrschen muß. Rot wein hat den besten Geschmack bei 17 bis 19 Grad, Weißwein bei etwa 10 Grad, Champagner sollte nicht unter 8 Grad abgekühlt werden. Kaffee und Tee pflegt man bei 40 bis 55 Grad zu genießen. Milch ist bei 15 Grad schon als kalt zu bezeichnen. Ihre Temperatur ist etwa 33 Grad, wo fie auch ihr nußartiges Aroma am besten entwickelt. DaS Kartoffeltocheu. Um Pellkartoffeln (Kartoffeln in der Schale) so zu sieden, daß sie schön mehlig werden und gleichmäßig Platzen, empfiehlt ,Kühns Gartenbau-Korrespondenz' fol» geirdes Verfahren: Man lasse die Kartoffeln einige Tage in der warmen Küche stehen, um ihnen Gelegenheit zu geben, das überschüssige Wasser verdunsten zu lassen, wasche fie nm wenig, d. h. möglichst schnell, und setze fie mit schwach gesalzenem Wasser zum Feuer. Sind fie halb fertig gekocht, so gieße man das erste Wasser ab und ergänze es durch dem Kochen nahes, ebenfalls schwach gesalzenes Wasser,'m dem man die Kartoffeln in springendem Wasser fertig kocht. Sind sie weich geworden, so schrecke man das Kochwaffer durch einen guten Schuß kalten Wassers ab; alle Kartoffeln platzen dann gleichmäßig, entwickeln ihren höchsten Wohlge schmack und werden zur wirklichen Delitatesse. buntes Allerlei. Unter Kollegen. Erster Schauspieler: „Oft hat mein armer alter Vater mich inständigst ge beten, kein Schauspieler zu werden." — Zweiter Schauspieler: „Gräme dich nicht, alter Kerl, den Wunsch hast du ihm ja erfüllt, du bist wirklich keiner geworden." ^-4- s°m.i Schulhnmor. Professor: „Was können Sie mir von den regelmäßigen und was von den unregelmäßigen Verben sagen?" — Exa minand: „Die einen, Herr Professor, find scheußlich einfach, und die andern — find ein fach scheußlich." lL-g-nd'; Eine andre Sache. Vater der Braut (zum Bewerber): „Meine Tochter sollen Sie haben; aber in meinen Klub wollen Sie auch noch eingeführt werden? ... Ja, dann muß ich mich aber erst nach Ihnen erkundigen!" l.M-sg/) Praktisch. „Lieber Freund, was hat dich bewogen, die Schwester deiner ersten Frau zu heiraten? Sie ist ja weder schön noch reich." — „DaS ist sehr einfach, ich habe durch diese Heirat nur mit einer einzigen Schwiegermutter zu tUN." (Meggen».') Im Zoo. „Papa, was bekommt denn der große Seelöwe?" — „Fische." — „Und der kleine Seelöwe?" — „Auch Fische." — „Da macht wohr der große dem kleinen die Gräten 'raus?" (,su». Bl.-, Bäreuwirtin, die in ihrem reichen Sonntags kleid mit dem gestickten Brusttuch und dem neuen rosaroten Fürda liebreizend aussah, ge folgt von Gottfried, der am liebsten nicht mit gegangen wäre, wenn nicht Vroni darauf bestanden hätte. „Willst d' di' mit alle verfeinden?" hatte fie ihm gesagt. „Jatzt müass'n ma unS erst recht sehg'n lass'». Wir hab'« nix Unrechts to', d'rum hab'» ma aa koan z' fürchten." Gottfried ließ diese Gründe ja gem gelten, aber ihm war es peinlich, in der Kirche viel leicht seinem Onkel oder Traudl zu begegnen. „Dem wirst an so an kloana Ort nia net entgeh'», damit muaßt di' abfind'n," ant wortete fie auf seine Bedenken. „Bist du erst amal da Herr vom „Grauen Bären", na' wer'n die bösen Mäuler scho' stad. Und was d' Traudl anlangt, so tuat's ma ja load, aba i hab' Di' grab' so gern wia fie di', und daß du's vor mir kenna g'lernt hast, gibt ihr no' laug koa Recht, di' alloa' -'beanspruch'». Woaßt, mei' Liab' iS von a andern Art, die kennt koa' Entsagung, die muaß fi' ausleb'n könna, selbst wenn andre Opfer bringa müass'n!" Gottfried hatte fie stürmisch umarmt und geküßt. Ihre Liebe war freilich von einer andern Art. Er verstand ihren impul siven Charakter, der sich sein Recht, geliebt zu werden, nicht auS Sentimentalität ver kürzen ließ, der mit dem begreiflichen Egoismus der Liebe keine Rücksicht auf andre kannte. Und das imponierte ihm; diese strotzende Kratt natur, die jedes Hindernis aus dem Wege zu räumen weiß, um zu ihrem Ziel zu gelangen, hatte ihn vollständig in ihren Bann gezogen, er befand fich in einem Zustand des Berauschtseins, der ihn alle Überlegung ver gessen ließ. Um so überlegener aber war Vroni. „Dei Studi gibst natürli auf. DöS nutzt da bei uns herauß'n net viel. Da „Graue Bär" iS a Goldgrud'n, aus der a tüchtiger Mo waS 'rausziag'n ko. Und wann ma fest z'samm- halt'n, na' könna ma uns scho soviel daspar'n, daß ma amal ruhigen Gewissens in 'n Austrag gehen könna und unsre Kinder ihr sicheres Aus» komma Ham." Gottfried war das auch nicht so ganz nach seinem Wunsch. Er meinte, Vroni sollte ihr An wesen verkaufen und lieber mit ihm nach München ziehen. Aber davon wollte fie absolut nichts wissen. „Na, Friedl," gab fie ihm auf seinen Vor schlag zur Antwort, „von meine Berg' kann i net furt, mi tat'S Heimweh krank macha. Und von mein'm Anwesen, dös i mit dene zwoa Händ' vor'm Untergang g'reü't hab', dös i mit Müah und Entbehrung so in d' Höh bracht hab', trenn' i mi net, um in da Stadt was Unbestimmtem entgegenz'geh'n. Mir drahat 's Herz im Leib um, wenn i jemand andern auf mein'm Hof schalten und walten seh'» müaßt. Nia und nimmer, und wennst mi wirkli gern hast, Friedl, na bleibst bei mir, da. wo i mit mein'm ganz'n Sein fest Wurzel g'faßt hab'." WaS wollte er dagegen machen. Eigentlich hatte fie ja recht, er konnte sich hier eine Existenz gründen, die ja allerdings anders aussah, als das, was er fich euräumt hatte. Aber es war doch fester Boden, auf dem er stand, ganz ab gesehen davon, daß er von ihr nicht lassen konnte. So willigte er denn in die Umgestaltung seines Schicksals, ohne fich weitere Bedenken zu machen, ein, er war ein viel zu wenig tief an gelegter Mensch, um nicht die Dinge so zu nehmen, wie fie eben kamen. Vroni und Gottfried betraten die kleine, dicht gefüllte Kirche und knieten fich vorn in der zweiten Reihe der Betstühle nieder. Der Pfarrer am Altar sprach eben das SankiuS. Die Bürenwutin begann eifrig in ihrem großen Gebetbuch zu lesen, daS fie mit beiden Händen vor fich hinhielt, während Gottfried die Leute in seiner Umgebung betrachtete. Niemand schien die beiden zu beobachten. Nur drüben auf der andern Seite stand einer, der keinen Blick von dem schönen Paar wenden konnte, der haßerfüllt herkbersah —der Guntherer. Wie sie so Seite an Seite nebeneinander knieten, wie jedes die Nähe des andern fühlte, im beseligenden Bewußtsein, fich anzugehören, auch hier vor allen Leuten durch die Gedanken vereint zu sein, daS mit anzuschauen, brachte sein Blut in Wallung. Wenn er jetzt gekonnt hätte — einen Moment schien fich die ganze Kirche mit ihm im Kreise zu drehen, dann raffte er fich aber auf, nur kein Aufsehen erregen. Niemand soll erfahren, waS in ihm vorgeht, er will daS mit sich und den zweien da drüben abmachen. Jetzt haben fie fich etwas zugeflüstert, es gab ihm einen Stich durchs Herz. Er wäre am liebsten hinübergestürzt und hätte fie auseinandergeriffen, ihnen im An gesicht Gottes zurufend: „Ihr sollt euch eures Betruges nicht erfreuen, ich werde euer ge stohlenes Glück vernichten, wie ihr es nur getan habt." Die brausenden Töne der Orgel und daS silberhelle Klingeln der Ministranten rissen ihn aus seinem Brüten. Er hielt eS nicht länger in der Kirche auS, alles krampfte sich in ihm zusammen. Erst als er im Freien war, atmete er auf. Einen Augenblick blieb er stehen, die beiden Hände an die Brust pressend, dann stürmte er seinem Hause zu. AlS die Messe zu Eiche war, da gab es vor der Kirche ein lebhaftes Treiben. Die Tatsache, daß die Bärenwirtin mit ihrem Be sieger, dem jungen Studenten auS der Stadt zusammen in der Kirche war, bildete das hauvt- sächlichste Gespräch und gab den mit den jüngsten Vorkommnissen in Verbindung stehenden Ge rüchten neue Nahrung. Vroni war unterdessen mit Gottfried zum „Grauen Bären" zurückgseilt, wo sich ber^tS die ersten Kirchenleute eingefunden hatten. Und hier gab es für die guten Sacharanger eine neue Überraschung, denn die Bärenwirün sagte es jedem, der es wissen wollte, daß fie mit Gottfried Hornung verlobt fei. Jetzt kannte man fich gar nicht mehr aus, um so weniger, als Vroni trotz aller Sticheleien nicht zu be wegen war, mehr zu verraten. An einem Tisch ging eS besonders lebhaft her. Da saß mitten unter zahlreichen Burschen der Lenzer Sepp. Sein roteS Gesicht glänzte vor Vergnügen, denn die Burschen zahlten fleißig B?»*. damit er fie mit seinen Späßen unterhalten jotte. B» IS (Fortsetzung folgt.)