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Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen k,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich ersckemcnder Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Held und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag ;o Uhr. Inserate werben mit io Pf. für die Spaltzeile berechnet Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. 4. Sonntag, den 6. Januar 1905. 4. Jahrgang. Oerkliches und Sächsisches. Gttendor.f-Vkrilla, 5. Januar 1905. — Auf das morgen Sonnlag, i>en 8. Ja nuar stattfindende Konzert der Tiroler Original Vokal- und Instrumental-Kapelle Hans v. Hoff im Gasthof zum schwarzen Roß machen wir die geehrten Leser nocb ganz be sonders aufmerksam. Der Kapelle, welcher ein sehr guter Ruf zur Seite steht, ist ein recht zahlreicher Besuch der hiesigen Einwohnerschaft nur zu wünschen. .(Siehe auch Inserat.) — Das Wetter ist wieder umgeschlagen, an die Stelle der Kälte ist Tauwetter getreten und zwar ist zumeist die gelindere Witterung von Norden hergekommen. So war eS schon mehrere Male in diesem Winter, wenn auch die Quecksilbersäule noch nie so tief, wie gegenwärtig gesunken gewesen war. Die Tatsache der vom Norden her kommenden milderen Witterung entspricht den Voraus sagungen mancher Wetterkundigen, die schon iw Herbst auf den durch den heißen Sommer herbeigesührten Mangel an größeren Eiömafsen in den nördlichen Regionen hinwiesen, und be tonten, daß wir kaum einen dauernden Frostwinter erhalten würden. Andere Meteorlogen waren bekanntlich entgegengesetzter Ansicht, vielleicht behalten im gewissen Sinne beide Parteien Recht, nämlich darin, daß es bald mal so, bald mal so sein wird. — Ueber die Betriebsmittelgemeinschaft zwischen den deutschen Eisenbahnverwaltungen wird in den nächsten Tagen in Berlin beraten werden. Ob dann die Entscheidung fallen wird, ist aber sehr fraglich. — Allen zu Weihnachten beurlaubten Soldaten soll, wie nachträglich mitgeteilt wird, auf den sächsischen Staatsbahnen freie Fahrt gewährt worden sei und zwar auf Anordnung Sr. Majestät des Königs. — Welche Reize eine Winterlandschaft im Gebirge bietet, davon hat der Niederländer meist keine Ahnung. Eine unvergleichlich schöne Gebirgswinterlandschaft bietet z B. der Pöhlberg bei Annaberg. Der Schnee in Ver bindung mit dem Rauhsrost hat dem Wald einen Schmuck verliehen, wie man sich ihn reiz voller gar nicht denken kann. Und wenn gar die Mittagssonne das Ganze beleuchtet, so funkelt es uns entgegen wie Brillanten. In den letzten Tagen wurde der Pöhlberg auch viel besucht. Man erging sich in der klaren Winterluft und ergötzte sich an den herrlichen Szenerien. Dazu hat auch der Wintersport wieder voll einaesetzt, der auf den Fußgänger einen eigenen Reiz auSübt. Es pfeift! Da kommt ein Hörnerschlitten angesaust. Welche Lust es ist, im sichergehenden Hörnerfchlitten durch den schlafenden Forst zu fahren! Aus! erschallt es von weitem, und auf Sportschlitten kommt eine ganze Familie, Vater, Mutter und Kinder hintereinander den Berg herunter ge fahren. Drüben klettern einige Skiläufer den Abhang hinauf, um ihn gleich darauf mit kräftigem Schwung wieder hinabzusausen, während auf der anderen Seite über Wiesen und Felder ein ganzer Skiklub, Herren und Damen, auf Schneeschuhen dahingleitet. Gleich dahinter kommt ein Rennwolf, auf dem ein junger Gatte seine Frau ausfährt, und so geht es in einer bunten Reihe fort. Ost kommt gleich ein ganzer Zug von Ruschelschlitten daher und namentlich in den Abendstunden sind es die jungen Leute, die sich der frohen Luft hingeben. So gibt der Winter im Ge birge dem Sommer nichts nach. Herr Berg wirt Klix hat jetzt sechs Hörnerfchlitten zur Verfügung die von geschulten Führern zu Tal geleitet werden. Dresden. Erstarrt aufgefuuden wurde von Langebrücker Arbeitern in der Nähe der Heide mühle ein Kutscher, dvr mit seinem Geschirr ( in den Straßengraben gefahren war. Er konnte wieder ins Leben zurückgerufen werden, ist aber hierauf spurlos verschwunden. — Se. Majestät der König hat genehmigt daß Herr Schloßoerwalter Albrecht in Moritzburg die ihm von Sr. Hoheit dem Herzoge vvn Anhalt verliehene goldene Medaille von Herzoglich Anhaltinischen Hausordens Albrechts des Bären annehme und trage. — Der zunächst für Sonntag den 8. Januar in Aussicht genommene Sonderzug von Mügeln b. P. nach Geising—Altenburg und zurück wird wegen des inzwischen auch in jener Gegend eingetretenen Tauwetters nicht abgelassen werden, dagegen verkehrt am ge nannten Tage der Sonderzug von Chemnitz nach Oberwiesenthal und zurück, welcher für Reisende von hier durch den vormittags 7 Uhr 20 Minuten vom Hauptbahnhofe ab gehenden Schnellzug beziehungsweise durch ben abends 10 Uhr 87 Minuten hier ein- treffenden Personenzug in Anschluß-Verbindung steht. Königsbrück. Vor der ersten Straf kammer des Landgerichts Bautzen stand am 30. Dezember das beklagenswerte Unolück zur Verhandlung, welches sich am 25. September v. I. im Rehor'schen Grundstück am Badweg hierselbst ereignete. Die gerichtliche Verhandlung ergab, wie die „Bautzner Nachrichten" berichten folgenden Sachverhalt: Der Steinarbeiter Wilhelm Gustav Rehor in Königsbrück ent schloß sich im September v. I., auf seinem Grundstücke am Badwege einen neuen Brunnen zu bauen, da der alte Brunnen plötzlich versiegt war. Rehor bat deshalb den Brunnenbauer Falke, ihm bei der Anlage behilflich zu sein. Der Sohn RehorS, ein 35 Jahre alter Fabrikarbeiter, aber war mit dieser Ver teuerung der Baukosten keineswegs emvrrstanden. sondern riet vor Annahme des Brunnenbauers ab. Am 25. September begannen Vater und Sohn den Bau. Nach dreivterteltägiger Arbeit war die erste Ausschachtung fertig, da unter der dünnen Humusschicht lockerer gelber Sand sich zeigte. Unter Einsetzen von vier Zewent- ringen war man am Mittage des 27. Sep tembers bereits 2*/, Meter tief gedrungen. Der Sühn hielt sich im Innern des Brunnens auf und war damit beschäftigt, Wasser aus- zuschöpfen. Der Vater und der Schwiegersohn Dippert standen am Rande des Brunnens innerhalb des Schachtes und Nahem das ge schöpfte Wasser ab. Sie hatten diese Tängkeit gerade beendigt und schickten sich an, den Schacht zu verlaffen, als sich vom Rande des Schachtes eine Menge Sand löste, den Abhang hinunter gerade in das Innere des Brunnens stürzte, und den Sohn vollständig verschüttete Der Vater und Dippert beeilten sich zwar so fort, den Verunglückten aus seiner Lage zu befreien und gruben die abgcstürzten Massen ab. Sie fanden jedoch den Verunglückten in gebückter Stellung tot vor! Der herzugeholte Arzt fand äußerlich am Körper Nehors jun. nur einige Hautabschürfungen; die Sandmassen aber hatten die Halswirbelbänder zerrissen und den Tod auf der Stelle herbeigeführt. Am Mittwoch erschien Rehor sen, 64 Jahre alt, unter d.r Anklage der fahrlässigen Tötung. Entgegen allen bestehenden Unsalloerhütungs- vorschristeN hatte er es unterlassen, eine Ver schalung oder haltbare Absteifung des Brunnen- keffels anbringen zu lassen, trotzdem der hoch betagte Nachbar Endler ihm die äußerste Vor sicht angeraten hatte. Der Angeklagte be streitet jede Schuld seinerseits, gibt aber zu, ebenfalls den Einsturz des Brunnens befürchte» zu haben, und macht geltend, daß er den Widerstand seines Sohnes aus Furcht vor Tätlichkeiten desselben zu beseitigen sich nicht getraut habe. Dieses bestätigte Verhalten deS Sohnes berücksichtigte der Gerichtshof zu Gunsten des Angeklagten; der Gerichtshof ahndete das Verschulden mit einer 6 wöchigen Gefängnisstrafe. Pulsnitz. Am 13. d. M. in der Zeit von vormi.tags 9.30 bis nachmittags 1 Uhr halten die Feldartillerieregimenler Nr. 17 und 48 ein gsmeinschaftlicheS Scharfschießen im Gelände zwischen Wachau, Lichtenberg, Pulsnitz M. S., dem Köllsnberge und Leppersdorf ab. Zur Vermeidung von Unglücksfällen darf dieses während des Schießens unter keinen Umständen betreten werden. Dem Weisungen d-r Posten und Patrouillen ist unverweigerlich Folge zu leisten; Zuwiderhandelnde haben ihre Festnahme zu gewärtigen. Ohorn. Der hier Kat Nr. 86 wohnhafte Hausbesitzer und Bandwcher Friedrich August Steglich hat durch Erhängen seinem Leben ein Ende bereitet. Der Grund dieser bedauerns werten Tat ist in einem schweren körperlichen Leiden zu suchen. Er hinterläßt Frau und drei Kinder. Pirna. Im Copitzer fiskalischen Hafen haben zur Zeit elf Fahrzeuge Winterschutz ge sucht. Einige davon liegen allerdings noch in der Einfahrt resp. unter dem Hafen, sind aber durch den Hafendamm bei Eisaufbruch nach geschützt, Dagegen befinden sich zwei Fahrzeuge noch außerhalb des Hafens, welche bei der vor acht Tagen eintretenden Kälte Schutz suchen wollten; der bald folgende Umschlag ließ sie aber davon abstehen und ehe sie neue Order erhalten haben, sind sie nun von der aber maligen Kälte außerhalb des Hafens überrascht worden. Zittau. Der erste Monn deS Jahrhunderts in seiner Vaterstadt ist der am frühen Morgen des 1. Januar 1901 geborene Karl Erich Thomas, Sohn des Markkhelfers Thomas. Bei ihrem Stiftungseffen im Jahre 1901 veranstalteten die Mitglieder des Rats und des Stadtverordneten Kollegiums unter sich eine Sammlung, deren Ertrag auf ein Sparkaffenbuch für den jungen Weltbürger an gelegt wurde. Seitdem werden diese Sammlungen bei derselben Gelegenheit regel mäßig fortgesetzt. Auch bei dem diesjährigen Einführungeffen hat man sich in gleicher Weise zu gunsten des Kleinen erinnert, sodaß der Betrag des Sparkaffenbuchs nunmehr die Höbe von 400 M. erreicht hat. Bei der voraussichtlich-n Fortsetzung der löblichen Ge- flogenheit dürfte die Anlage mit Zinseszins zu einem netten Sümmchen anwachsen, das einmal als Erziehungsbeitrag die Lösung der Frage; „Was soll der Junge werden? ganz wesentlich fordern kann. Lommatzsch. Folgender Vorfall möge zur Warnung dienen: Das etwa acht Jahre alte Töchterchen des Stellvermittlers Klinger zog sich dadurch, daß es einen verrosteten Nagel mit den Zähnen wieder geradebiegen wollte, eine Blutvergiftung zu. Das Kind blieb durch das sofortige Eingreifen des Arztes glücklicherweise noch von schlimmeren Folgen seiner Unvorsichtigkeit bewahrt. Lützen. Die als vermißt gemeldete Steueraufsehersgattin Kindervater ist im Pleißen- flußbett als Leiche aufgefunden worden. Die unglückliche Frau iitt 'an Schwermutsanfällen. Freiberg. Nach dem mit dem 1. Januar 1905 in Kraft getretenen neuen Ortsgesetz für die Stadt Freiberg ist von gleichem Zeitpunkt ab eine selbständige Stadtpolizeibehörde er richtet worden. Zum Leiter der Polizeigeschäfte ist Herr Stadtrat Dr Kretzschmar gewählt und bestätigt worden. Lichtenstein. Dounerstig mittag hielten der Fürst und die Fürstin von Schönburg- Waldenburg ihren feierlichen Einzug in Lichtenstein. Kanonenschläge und Glockengeläute kündigten mittag i/?1 Uhr das Eintreffen des hohen Paares an, das von Waldenburg kam. Es fuhr in vierspännigen Wagen durch die oon Einwohnern dicht besetzte Glauchauer, Haupt- und Chemnitzer Straße, deren Häuser reichen Flaggen- und Girlandenschmuck trugen, nach dem herrschaftlichen Schlöffe, in dessen Portal sich 14 Ehrenjungfrauen, die Vertreter der Städte Lichtenstein und Callnberg, sowie mehrere Herren aus den beiden Städten mit ihren Damen zur Begrüßung aufgestellt hatten. Bürgermeister Steckner hielt im Namen der beiden Städte die Begrüßungsansprache. In den Gemächern des Schlaffes erfolgte die Vorstellung der anwesenden Herrschaften. Auf der Schloßallee hatten sich mehrere Vereine aufgestellt. Buchholz. Die erste diesjährige Stadt- verordneten-Sltzung brachte insofern eine Ueberraschung, als von den drei neugewählten Stadtverordneten einer dem Vorsitze den Handschlag verweigerte, welcher hier seit Jahren an Eides Statt eingeführt ist. Be treffender 'Herr war bereits lange Jahre Stadtverordneter, schied aber vor acht Jahren aus dem Kollegium aus. Er berief sich auf sein bereits vor 24 Jahren gegebenes Wort, stets nur zum Wohl der Stadt wirken zu wollen. Er halte es heute noch aufrecht, jedoch widerstrebte es seinem Charakter, das einmal Versprochene durch Handschlag zu bekräftigen. Da ein gesetzlicher Zwang, sich dieser Geflogenheit zu unterwerfen, nicht besteht, mußte auch seine gute Meinung von dem einmal ge gebenen Mannesworte Beachtung finden. Aus dem Erzgebirge. Das in der Nacht zum 31. Dezember und am Silvestertage auf getretene Unwetter hat auf dem Erzgebirgs kamme besonders stark getobt. Dis Fußwege sind verweht, die Straßen nur schwer passierbar an einzelnen Stellen befinden sich meterhohe Schneewehen. Der Fahrpostverkehr jenseit der sächsischen Grenze, zwischen Abertham und Bärringen, sowie der zwischen St. Joachims- thal-GotteSgab-Weipert mußte am Jahres- schlußtage eingestellt werden. Besonders arg hauste das Unwetter auf dem höchsten Teile des Gebirges, in der Umgebung von GotteSgab und Wiesenthal. Die Bäume im Walde drohten unter der schweren Schneelast zu brechen. Die Keilbergstraße ist verschneit und unpassierbar. Reichenbach i. V. Eine rohe Tat wurde in der Silvesternacht in der Restauration „Altes Stadttor in Reichenbach i. V. von drei böhmischen Fabrikarbeitern, nämlich drei Brüdern namens Dyll im Alter von 27, 29 und 30 Jahren, begangen. Die sauberen Brüder hatten sich in genannter Restauration gegen mitanwesende Gäste in gemeinen und frechen Redensarten ergangen. Als der Wirt Frieden stiften wollte, warfen sie im ein Bier glas an den Kopf, sodaß dieses zersplitterte und der Wirt eine Verletzung am Kopfe davon trug. Hierauf demolierten sie Tische und Stühle. Als nun der 50 Jahre alte Schützen diener Dietzsch Polizei holen wollte, zog der jüngste der Brüder ein dolchartiges Messer und rannte es dem Dietzsch derartig in dis Brust, daß derselbe mit einem lauten Aufschrei zusammenbrach. Die Wunde ist eine lebens gefährliche, namentlich ist, nach Aussage des schnell herbeigerufenen Arztes, die Lunge schwer verletzt. Die drei rohen Gesellen wurden alsbald durch die erschienene Polizei verhaftet- Aue. Der hier inhaftierte Untersuchungs gefangene Häiel, der vor kurzer Zeit aus dem dortigem Amtsgericht ausgebrochen war, sich aber beim Herabspringen den Fuß völlig ver staucht hatte, ist nachdem er damals wieder eingefangen und im Krankenhaus untergebracht worden war, zum zweiten Male entwichen. Der Ausreißer, der noch gar nicht völlig ge nesen war, hatte sich bereits wieder über einen Einbruch gemacht; seine Verfolger fanden ihn im Kontorgebäude des Weißhornschen Stein bruchs, wo er mit dem Hammer in der Hand vor dem umgestürzten Geldschrank stand, un fähig, auch nur einen Schritt zu laufen. Er wurde nun gefeffellt und zurückgebracht. Planen i. V. Im 90. Lebensjahre ver starb am 5. Januar Vormittags Bürgermeister a. D. Karl Friedrich Wieprecht, Ehrenbürger von Plauen. Wieprecht war früher Journalist und dürste bei seinem LebenScnde der älteste Vertreter dieses Standes im Deutschen Reiche gewesen sein,