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Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends.' Bezugspreis vierteljährlich l Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterbaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bl, vormittag w Uhr. Inserate werden mit io Ps für die Spaltzeilr berechnet Tabellarischer Latz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. 132. Freitag, den 4. November 1904. 3. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, z. November ISO». — Bei der am Dienstag stattgefundenen Ziehung der Kgl. S- Landeslotterie entfiel auf .. Nummer 13581 ein 3000 Mark-Gewinn der hiesigen Losverkaufsstelle des Herrn Hermann Knöfel. — In seinem Verordnungsblatt veröffentlicht das Evangelisch-lutherische Landeskonsistorium eine Verordnung wegen Veranstaltung der schon seit 1892 in jedem zweiten Jahre eingesammelten allgemeinen Kirchenkollekte für die kirchliche Versorgung der evangelischen Deutschen im Auslände (austerhalb Deutschlands und Oester reich-Ungarns) am Totensonntage, 20. No vember 1904. — November! Reif-, Wind- und Nebel monat ist sein Name. Etwas viel auf einmal zuviel sogar! Der November ist denn auch der häßlichste, unangenehmste Monat von allen des Jahres. Wenn wir ihn nur erst hinter uns hätten! Aber wir haben ihn schon so oft überstanden, wir werden ihn auch diesmal zwingen. Zumeist wird die Sonne als feuer rote Kugel aus dem Nebel auftauchen. Mit dem Herbstzauber in der Natur ist es endgiltig vorbei, stitdem Simon und Juda, die den Winter einleitcn, hinter uns liegen. St. Simon ist auch der Patron der Pantoffelhelden, denn am Simonstage soll kein Mann seiner Frau widersprechen. Rasch geht es nun dem Winter entgegen, naßkaltes Wetter und Schneefälle sind im November keine Seltenheit- Vorsicht in Bezug auf unsere Gesundheit ist geboten, weil gerade dieser Monat auch ansteckende Krankheiten mit sich bringt. Die Tage werden immer kurzer. Das hat aber das Gute, daß das Familienleben sich immer mehr entwickelt. So wird das Trübe gemildert, kommen wir leichter über die Tage hinweg, von denen wir sagen, sie gefallen uns nicht. — Landeslotterie. Die Prämie im Be trage von 300000 Mark der gegenwärtig spielenden 146. Königlich sächsischen Landes lotterie ist am Dienstag, den letzten Ziehungs tage auf die Nr. 11 656 in die Kollektion von Richard Landrock nach Plauen i. V. gefallen gleichzeitig damit noch der letzte höchste Haupt gewinn, der sich im Glücksrade befand 15000 Mk. — Landtag. Tie Ständeversammlung wird am 28. d. M. zu einer außerordentlichen Tagung hier zusammentreten. Dresden. Drei Millionen Mark in Gold trafen nm Dienstag Vormittag 11 Uhr von London über Bremen und Hanover auf dem hiesigen Hauptbahnhose ein. Die Riesensumme war von der Bank von England in London ausgegcben und in 30 Kisten ü 100000 Mk. verpackt von Angestellten der Gesellschaft „Argo" bis nach Dresden begleitet worden. Hier übernahm den Transport die Dresdner Packetfahrtgesellschaft Philipp und Co. Bereits 12,50 ighr war das Geld wieder unterwegs über Bodenbach und Wien nach Triest, wo es auf dem Wasserwege nach seinem Bestimmungs orte, Alexandrien, weilerbefördert wurde. — In den „Reichshallen", Palmstraße ver handelte am Sonnabend abend eine von etwa 300 Personen besuchte öffentliche Bauschloffer- gebilfen-Versammlung über die an die hiesige Schlosser-Innung gestellten Forderungen. Diese bestanden in d-r Hauptsache in einer Verkürzung der Arbeitszeit auf 9 Stunden, einen Mind.st- lohn von 30 Pf. pro Stunde, sowie in einem allgemeinen Lohnausschlage in Höhe von 15 Pg Der Gesellenausschuß war von einer früheren Versammlung beauftragt worden, mit der Innung in Unterhandlungen einzutreten, die indessen zu einem friedlichen Abschluß noch nicht geführt haben Bezüglich der Arbeitszeit hatte Man sich auf 9^/, Stunden geeinigt, bezüglich des Lohnausschlages verstand sich die Innung aber nur zu 5 "/o bez. 25—30 Pf. Stunden lohn, während die Gesellen nur auf 10 v/<> bez. 28—30 Pf. Stundenlohn zurückgehen wollten. Schließlich wollte die Innung für den auf mehrere Jahre laufenden Tarif die Kündigung im Herbste, die Gesellen aber im Frühjahr festgelegt haben. Daran ffind die Verhandlungen schließlich gescheitert. Die Reichshallen-Versammlung beschloß daher, den Gesellenausschuß zu beauftragen mit der hiesigen Ortsverwaltung des Deutschen Mctallarbeiter- verbandeS zusammen neue Forderunden auf zustellen die den Leipziger Schlossergeselleniöhnen entsprechen und bedeutend höher sein sollen. Moritzburg. Die Ausfischung des so genannten Großteiches findet heute Donnerstag md morgen Freitag den 3. und 4. November 'tatt, auch hier werden gleich an Ort und Stelle )ie gefangenen Fische verkauft. Meißen. Vor einiger Zelt wurden gleich zeitig in Krögis und Barnitz Hochzeiten ge eiert. Für beide Hochzeiten wurden nach der Trauung von auswärts Gäste erwartet und deshalb Wagen nach dem Bahnhofe Ziegenhain geschickt. Mit dem bestimmten Zuge trafen auch mehrere festlich gekleidete Leute ein und äugen den Krögiser Kutscher, „ob dies der Wagen für die Hochzeitsgäste sei." Der Kutscher bejahte diese Frage und darauf stiegen die Angekommenen ein und fuhren seelen vergnügt nach Krögis zur Hochzeit, während der Barnitzer Kutscher das Nachsehen hatte. Im Hochzeilshause wurden die Gäste freundlichst begrüßt und, wie dies üblich ist, tüchtig zum Essen und Trinken genötigt. Die längere Reise hatte auch den nötigen Appetit verursacht und deshalb bedurfte es keiner großen Nötigung. Nach dem Esten war aber etwas Bewegung nötig und die Leutchrn wanderten dann nach der Tafel herum, um ihre Verwandten zu be grüßen, fanden aber kein b.kannteS Gesicht und frugen endlich die Hochzeitsmutter, „wo denn eigentlich Max sei?" „Ja welcher Max denn?" wurde nun verwundert zurückgefragt. Nu Harn' Se, aber das näh' Se mir nich' übel, natürlich unsern Max, den Bräutigam menen mer." „Ja wissen Se, hier ist aber keen Max Bräutigam, der heeßt Karl; da müssen Se, woll ärre sin" — und nach längerem Hin- und Herreden stellte es sich wirklich heraus, daß die Gäste nicht zur Krögiser, sondern zur Barnitzer Hochzeit ge hörten. In entgegenkommendster Weise wurden sie im Wagen nach Barnitz gebracht und dort mit Freuden empfangen. Um aber ihre wirklichen Verwandten nicht zu verletzen, haben sich die Leute aus lauter Gutmütigkeit einen Zwang angetan und — noch einmal tüchtig gegessen! — Mit Herrn Christian Teichert, dem Vor sitzenden des Verwaltungsrats der Ofen- Porzellan- und Wandplatten - Fabrik Ernst Teichert, Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist am Montag einer der bedeutendsten Meißner Industriellen im Aller von erst 42 Jahren verstorben. — Die Errichtung einer Porzellanfabrik in Sörnewitz ist von dem Herren Gebrüder Hcckmann, den Direktoren der dortigen Stein gut- und Glasfabrik, in die Wege geleitet worden. Sörnewitz. Die Porzellanfabcik, die eine bedeutende Kahlaer Porzellanfirma erst in Freiberg errichten wollte, soll Sörnewitz bei Meißen erhalten. Zottewitz. Langfinger statketem dem hiesigen Gastwirt Sommer einen Besuch ab, und hießen cr. 400 Mark mitgehen. Folbern. Einen schweren Unfall erlitt am Reformationsfest der Sohn des Herrn L. hier als er mit seinem Vater mittelst Motorrads und Anhängewagens von Quersa kam. Kurz vor Folbern brach die Achse des Anhängcwagevs und H°rr L. guu, der sich in diesem befand, wurde derart herausgeschleudert, daß er einen Bruch des Nasenbeines und Bruch des rechten Beines davontrug. Quersa. Ein recht bedauerlicher Trauerfall st über die hiesige Familie Fischer gekommen Am Sonntag war Kirmes. Die Hausfrau wollte also alles recht blitzblank zu diesem Fest cheuern und schickte ihren Knaben nach der Dorfsandgrube, Scheuersand zu holen. Das Kind kam ins Rutschen, wurde von einer sich äsenden Sandwand verschüttet und erstickte, ehe Hilfe kommen konnte. Aussig. Auch in der vorigen Woche hatte der hiesige Umschlag unter äußerst widrigen Verhältnissen — einesteils niedriger Waffer- üand hauptsächlich aber empfindlicher Mangel an Kahnraum — zu leiden und konnte einen nennenswerten Umfang nicht erreichen, es wurden in Aussig 1622 Wagen Kohle, 127 Wagen andere Güler und in Bodenbach 473 Wagen Kohle verladen. Die Fracht- itualion ist nahezu unverändert geblieben. Dresden je nach Kabngröße 240 bis 180 Pf. per Tonne mit Abwärtsstaffeln, Magdeburg 560 bis 450 Pf. bezahlt, Unterelbe 710 bis 550 Pf-, Brandenburg 700 bis 550 Pf. prr Tonne nominell, nach Zillenstationen fanden wegen totalen Mangels an paffenden Fahrzeugen keine Abmachungen statt. Der Mangel an Kahnraum ist nach wie vor äußerst empfindlich und geradezu zur Kalamität geworden und wenn auch infolge der am 2. November ein- getrctenen Besserung des Wafferstandes welche den Oberloufnachrichten entsprechend noch weiter fortschreitet, zu erhoffen steht, daß der Zuzug der auswärts befindlichen Kähne etwas rascher ermöglicht werden kann, so muß doch noch da mit gerechnet werden, daß unter Ablauf einer Woche normale Verhältnisse nicht Platz greifen. Döbeln. Wie bekannt sein dürfte, wird der Haltepunkt Döbeln insofern umgebaut, als der Schienenübergang der Döbeln—Roßweiner Staatsstraße durch Tieflegung des Bahnkörpers und Ueberführuug der genannten Straße be seitigt wird. Die Bauarbeiten daselbst sind jetzt soweit beendet, daß von gestern Mittwoch mittag ab die Züge des neuangelegten Tiefgleis befahren werden. Gleichzeitig wird auch die neuerbaute Straßenüberführung in Benutzung genommen. Böhringen. Durch den Brand der hiesigen Lehmannschen Fabrik sind über 100 Arbeiter brotlos geworden. Mutzschen. Durch das von der Firma Aug- Hupfer und Eiscnstock, Leipzig, hier er richtete neue Elektrizitätswerk wurden am Reformationsfest zum ersten Male die Straßen elektrisch erleuchtet. Leipzig. „Otto Graf v. Wedell", welcher sich auf so raffinierte Weise 24000 Mark zu erschwindeln wußte, ist noch immer nicht gefunden, alle Bemühungen, den unzweifelhaft sehr intelligenten Betrüger zu ermitteln, scheinen erfolglos bleiben zu sollen. Die geschädigte Allg- Deutsche Kreditanstalt hat von der Berliner Versicherungs-Gesellschaft „Allianz" 20 000 Mark zurückerhalten. — Nach einem Streite mit seiner Frau schoß ein Töpfermeister im Stadtteil Lindenau vom Fenster seiner Wohnnng aus viermal auf die Straße hinaus, giücklicherweise ohne einen der zahlreichen Paffanten zu treffen. Der ge fährliche Mann kam in Haft. Zittau. Der seit d»m 4. August dieses Jahres in Steinach (Tirol) vermißt gewesene Professor Dr. Oswald Theodor Feller ist am 28. Oktober in den Walser Wänden am Padauner Kogel tot aufgefunden worden. Er scheint durch Absturz verunglückt zu sein. Penig. Der bisherige Vorsitzende, des hiesigen Stadtverordneten - Kollegiums Herr Lienemann, wurde in der letzten Sitzung zum unbesoldeten Stadtrat gewählt. Den sozial demokratischen Stadtverordneten, die im Kollegium die Mehrheit haben, war von der Minderheit nahegelegt worden, das persönlich durchaus achtenswerte ausscheidcnde Rats mitglied Herrn Kühn wiederzuwählen. Die Sozialdemokraten betonten aber, daß durch die Wahlentrechtung im vorigen Jahre eine Lage geschaffen sei, die es den Sozialdemokraten zur Pflicht macht, Rücksichten nicht mehr zu üben. Treuen. Wegen versuchter Brandstiftung wurden die Stickmaschinenbesitzer Klinger und der Sticker Dressel in Unterlauterbach verhaftet. Die beiden wurden dabei betroffen, wie sie ein Stickereigebäude Mt Benzin anzünden wollten. Niederoderwitz. Tödlich verunglückt ist am Freitag Abend der Hausbesitzer und Tage arbeiter Ernst Müller. Er war beim Graben der Wasserleitung beschäftigt und sollte abends eine Warnuvgslaterne bei der aufgeschütteten Erde anbringen. Dabei stürzte er in einen etwa einen Meter tiefen Graben, wo ihn später sein Sohn, der ihn suchte als Leiche vorfand. Eub'a. Gelegentlich der hiesigen Kirmis satte sich ein Mann so ungebührlich benommen daß der Gemeindevorstand eingreifen mußte. Er wurde in die Arrestzelle gebracht. Hier versuchte er sich loszureißen und warf den Gemeindevorstand aus die Matratze in der Zelle doch wurde seine Flucht verhindert. Es ist nun festgestellt worden, daß der Mann ein Chemnitzer Schutzmann war, der sofort nach Bekanntwerden des Vorfalles aus dem Polizei dienst ausgeschieden ist. Niederwiesa. Durch ein Langholzgeschirr wurde ein auf dem Heimweg begriffener Steinbrucharbeiter überfahren und so schwer verletzt, daß er bald darauf starb. Schwarzenberg. Nach dem Erhebungen der Zwickauer Staatsanwaltschaft steht fest, daß bei dem Unglücksfalle am Neubaue der Rein- tromschen Villa die Schuld allein dem tödlich verunglückten 37 Jahre alten Maler Völker aus Leipzig zuzuschreiben ist, der zur Be- estigung der Leiter einen ungenügenden Strick verwendet hat. Der Leichnam Völkers ist nach Leipzig überführt worden. Das Befinden des Malers Schaper, der auch aus Leipzig stammt ist leidlich. Lebensgefahr soll nicht mehr be- tehen. Werda b. Falkenstein. Auf hiesigem Friedhöfe wurden in voriger Woche in einer Nacht eine große Anzahl Grabsteine um geworfen. Gegen 30 Denkmale zum Teil zöchst kostbare, liegen zertrümmert auf den Gräbern umher. Von den Tätern fehlt noch jede Spur. Aus dem Vogtlands. Die vom Land wirtschaftlichen Kceisverein im Vogtlands ein- gesührten Waldbesichtigungen mit Belehrung durch Sachverständige haben sich sehr gut be währt. Die diesjährigen Anpflanzungen be dürfen jedoch umfänglicher Nachbesserung wegen des trocknen Sommers und Herbstes. Die Waldbesichtigungen geben aber auch Veranlassung daß von feiten der Landwirte ein größerer Wert auf eine geordnete Waldwirtschaft gelegt wird und daß die vielen kahlen Flächen im Vogtlande die früher mit prächtigem Walde bestanden waren, wieder aufgeforstet werden. Elsterwerda. Am Sonntag Nachmittag 2/48 Uhr fuhr auf dem Berlin-Dresdner Bahnhof eine Rangiermaschine, welche von der Westseite nach der Ostseite des Bahnhofes um- sctzte, durch zu zeitiges Umstellen der Weiche in zwei Personen- und einen Güterwagen. Die Maichine, sowie die drei Wagen wurden beschädigt. Vom Personal ist niemand ver unglückt. Finsterwalde. Der Müllergeselle Emil Vogel aus Lindtal, der mit seinem Bruder unter dem Verdacht verhaftet wurde, den Waldwärter Kamenz aus Rehain ermordet zu haben, hat die Tat eingestanden. Bisher wurde die Leiche des Waldwärters, der seit dem 13. Oktober verschwunden ist. trotz fleißiger Nuchforgungen und Aussetzung einer Belohnung in Höhe von 1300 Mark nicht aufgcfunden. Sie soll in der Nähe eines Bruches vergraben sein.