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Ottendorfer Zeitung : 30.09.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190409307
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19040930
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19040930
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-09
- Tag 1904-09-30
-
Monat
1904-09
-
Jahr
1904
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 30.09.1904
- Autor
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Ein „Blutbad" ««gerichtet hat am letzten Mittwoch der Berliner Morgenschnellzug zwischen Hof und Mehlteuer. Dort wurde eine Anzahl Weidevieh, das sich auf den Bahnkörper ver laufen hatte, überfahren und getötet. Unter anderm wurde ein stattlicher Ochse zermalmt, drei Ziegen wurden die Köpfe abgefahren und zwei Kühe erlitten derart schwere Verletzungen, daß sie sofort geschlachtet werden mußten. Glücklicher weise entging der Zug der Entgleisung. Sein Kind erschlagen. Der in Metz wohnhafte Arbeiter Simon stellte sich der Staatsanwaltschaft mit der Angabe, sein zwei jähriges Kind ohne seinen Willen erschlagen zu haben. Als er in der Nacht nach Hause kam, geriet er mit seiner Frau in einen Wortwechsel; als er mit einem Schöpflöffel nach seiner Frau schlagen wollte, traf er in der Dunkelheit das zweijährige Kind, das die Frau auf dem Arme hatte, und der Vater nicht sah, so schwer am Hinterkopfe, daß das Kind gestorben ist. Simon wurde einstweilen auf freiem Fuße belassen. Eine aufregende Diebesjagd, die so wohl wegen des Ortes, auf dem sie sich ab spielte, als auch wegen der Art und Weise, durch die der Dieb eingefangen wurde, be merkenswert ist, ereignete sich kürzlich in Paris. Der Pförtner eines Hauses in der Nähe des Friedhofes Moutparnaffe ertappte einen Ein brecher, der bei seinem Erscheinen schleunigst Reißaus nahm und auf den nahen Kirchhof flüchtete. Von dem Portier, mehreren Passanten und Polizeibeamten verfolgt, lief der Dieb von Grab zu Grab und suchte sich hinter den Monumenten zu verstecken. Schließlich blieb er hinter einem Grabmal stehen, zog einen Revolver und drohte auf seine Verfolger zu schießen. Da knüpfte ein Straßenhändler aus dem Lederrieme«, an dem er seinen Karren zu ziehen pflegte, einen Lasso, warf dem Einbrecher die Schlinge geschickt über den Kopf und ermög lichte so seine Verhaftung. Die Liebe eines Greises. In Montrevain in Frankreich verliebte sich ein 61jähriger Greis in ein 14jähriges Mädchen, das in einer Wasch anstalt in Stellung war. Da der alte Mann das Kind unablässig verfolgte, übersiedelte es in seine Heimat. Aber er folgte dem Mädchen auch dorthin. Als es ihm abermals Widerstand leistete, verwundete er es durch einen Messer stich und versuchte sich selbst zu töten. Ein schönes Alter. Der englische König kann sich rühmen, unter seinen Untertanen einen Mann mit dem respektablen Alter von 130 Jahren zu haben. Es ist der Geistliche des 18. bengalischen Infanterieregiments in Kalkutta. Jmamudda ist sein Name. Er ist in Punjab geboren, war zweimal verheiratet und hat zwei Söhne. Er ist immer noch rüstig und tut Dienst. Ter Vesuv in Tätigkeit. Die Tätigkeit des Vesuv nimmt weiter zu. Fortgesetzt werden durch starke Explosionen feurige Stoffmassen zu bedeutenden Höhen emporgeschleudert. Beim oberen Bahnhof der Drahtseilbahn ist durch ausgeworfene glühende Massen ein Vorrat an Holz in Brand geraten, und auch der Draht seilbemeü unterbrochen worden. Die Bevölke rung der um den Berg gelegenen Orte zeigt keine Unruhe. Eine wunderbare Heilung ist an einem Mädchen in London vollbracht worden. Ein blindes Mädchen aus einem kleinen Dorfe ist vor einigen Wochen nach dem Londoner Bartholomäus- Hospital gekommen, um sich an den Augen operieren zu lassen. Seit acht Jahren ist das Mädchen auf dem einen Auge blind gewesen. Vor einiger Zeit fing auch das andre Auge zu leiden an, und der Arzt ordnete die Entfernung der Augen an. Zu diesem Zwecke kam das Mädchen nach London. Die Operation konnte nicht in dem Heimatsorte vor- genommcn werden, da die Eltern dazu das Geld nicht hatten. DaS war ihr Glück. Denn der Londoner Arzt nahm eine andre Methode an, und jetzt hat das Mädchen sein Augenlicht zurück. Die Opfer der Alpen. Die Zahl der Opfer, die die Alpen in diesem Jahre gefordert haben, wird auf 300 geschätzt. Diese jährlich wachsende Zahl der Unglücksfälle wird in den verschiedenen alpini- schcn Klubs viel erörtert, und man weist auf die Notwendigkeit gesetzlichen Eingreifens hin. Der be rühmte Bergsteiger Conway meint allerdings, daß solche Vorschriften für Bergsteiger nutzlos wären, da sie nie ganz durchgesetzt werden könnten. Man müßte internationale Vereinbarungen treffen, da viele Berge, z. B. der Montblanc, in mehreren LSn- dem liegen. Die Zunahme der Unglücksfälle ist fast ausschließlich dem Umstande zuzuschreiben, daß unerfahrene Bergsteiger schwere Auf- und Abstiege ohne Führer untcmehmen. Mr die Schweiz hat der Schweizer Alpenklub folgende Statistik der Todesfälle in den letzten sechs Fahren aufgestellt: 1898 : 37, 1899 : 47, 1900 : 48, 1901: 63, 1902: 119, 1903: 148. In diesem Jahre wird die Zahl für die Schweiz über 150 steigen. Die gelbe Gefahr. In Brüssel fand dieser Tage die Hochzeit des ersten Dolmetschers der chinesischen Gesandtschaft, Schu Kia Tian, mit mit einer Belgierin, der Tochter eines Ober beamten des Hauptpostamtes, statt. Der ganze Stab der chinesischen Gesandtschaft war bei der Hochzeitsfeier zugegen. Der erste Gesandtschafts sekretär hielt bei dem Hochzeitsmahl eine humoristische Rede, worin er sagte, die „gelbe Gefahr" bestehe tatsächlich, denn die Chinesen seien fest entschlossen, viele hübsche europäische Mädchen als ihre Gattinnen mit nach China zu nehmen und sie glücklich zu machen und auf diese Weise den europäischen Herren eine ge fährliche Konkurrenz zu bieten. Russische Sparsamkeit. In Petersburger Milttärkreisen hat die Enthüllung, daß durch die Schuld eines höheren Verwaltungsöeamten viele Torpedos anstatt mit Pulver mit Sand gefüllt waren, peinlich berührt. 17 Waggons waren mit solchen Torpedos gefüllt. Die Her stellung eines mit Pulver gefüllten Torpedos kostet 600 Rubel. Ein amerikanischer Professor Schenk. Wie versichert wird, hat der New Iorker Uni- verfitätsprofessor Leeb auf dem internationalen wissenschaftlichen Kongreß in St. Louis erklärt, er habe das Geheimnis der Feststellung des Geschlechts der Kinder vor ihrer Geburt ent deckt. (Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.) Sein Leben verspielt. Aus New Jork wird berichtet: Charles Bliß, der Sohn eines Geistlichen in Indiana, besuchte eine Frau in Montana. Er schlug ihr vor, mit ihm Karten zu spielen, und sie erkürte sich auch bereit, stellte aber die Bedingung, daß jeder der beiden Spieler sein Leben einsetzen solle. Bliß, der wahnsinnig verliebt in seine Partnerin war, willigte ein. Er verlor das Spiel, sagte „Lebe wohl", ging in eine Drogerie, kaufte Karbol säure, trank davon und starb. Einsturz des Fustbodens in der Schule. In einer öffentlichen Schule in Cincinnati stürzte der Fußboden einer Spielhölle während der Er holungspause ein. Zehn Kinder wurden getötet und viele verletzt. Der Zopf fällt. Der Großrat in China hat eine Verordnung erlassen, die befiehlt, daß nunmehr die Soldaten und die Studenten keinen Zopf mehr tragen und sich nach japanischem Muster kleiden sollen. Gericktskalle. Gleiwitz. Die hiesige Strafkammer verurteilte den früheren Polizeisergeanten Johann Lepiorz aus Gleiwitz wegen wissentlich falscher Anschuldigung und Beleidigung seiner Vorgesetzten zu 1Vr Jahr Gefängnis und ordnete die sofortige Verhaftung des Verurteilten an. Hamm. Ein Hauptmann sah an einem Sommertage, daß sich die Zweige eines Kirschbaumes in dem Gutsgartcn bewegten, obschon kein Wind wehte. In der Annahme, Sperlinge täten sich an den Kirschen gütlich, feuerte der Hauptmann einen Schrotschuß nach dem Baume ab, worauf das Wehe geschrei eines Menschen antwortete. Der Guts- pächter B. hatte in dem Baume gesessen, um Kirschen zu pflücken, ein Teil der Schrotladung war ihm in den Leib gedrungen. Der Hauptmann war deshalb wegen fahrlässiger Körperverletzung ange klagt. Die Strafkammer in Dortmund sprach ihn jedoch frei, da er nicht habe annehmen können, daß ein Mensch in dem Baume fitze. Hingegen wurde er wegen Schießens in der Nähe von bewohnten Gebäuden mit 20 Mk. Geldstrafe belegt. Kiel. Das Oberkriegsgericht der Ostseestation verurteilte auf Berufung des Gerichtsherrn den Kapitänleutnant Engelhart vom Schulschiff „Karola" wegen Mißhandlung eines Untergebenen zu 14 Tagen Kammerarrest. Die erste Instanz hatte auf acht Tage erkannt. Vie flucht aus 8aä Elster. Joseph Weitzer, der Rathauskellerwirt in Floridsdorf, der bekanntlich bei der Flucht der Prinzessin Luise von Koburg aus Bad Elster Beistand geleistet hat, läßt soeben eine Broschüre erscheinen, in der er die Flucht der Prinzessin ausführlich wie folgt schildert: Es war verabredet worden, daß Mattasitsch und Thormann Punkt 1 Uhr nachts zum Garteneiugang meines Zimmers kommen, damit ich sie dort einließe. Ich saß ganz still auf meinem Bette und sah unverwandt durch den Spitzenvorhang meines Fensters in den Hof und den Weg entlang, auf dem die beiden kommen mußten. Es wurde allmählich ruhiger. Ich mache unterm Tisch mit einem Zündholz rasch Licht und sehe auf die Uhr. Fünf Minuten vor Eins. Noch bewegt sich nichts draußen in der mondhellen Nacht. Da tauchen oben am Wege zwei schlanke Gestalten auf. Geräuschlos, als ob sie schweben würden, kommen sie näher. Sind sie's oder nicht? Ich schleiche zur Türe, die ins Freie führt. Ein leises Klopfen, ge räuschlos dreht sich der Schlüssel im Schlosse und die beiden Männer huschen ins Zimmer. Es war verabredet, daß ein gut bezahlter Mann, der sich schon abends im Hotel verborgen hatte, um zwei Uhr nachts zu meiner Zimmer türe kommen sollte, um das Gepäck der Prinzessin aus dem ersten Stock abzuholen, Mattasitsch aber sollte der Prinzessin bis zur Stiege entgegengehen. Da ließ sich ein leises Scharren an meiner Tür vernehmen — klopfen durfte der Mann nicht, da alle Zimmer in diesem Trakte besetzt waren und auch der Wirt und seine wachsame Schwester hier wohnten. Ich sperrte leise die Tür auf und der Mann huschte ins Zimmer. Er war überaus aufge regt. Alles sei verraten, er habe Säbelgeklirr gehört. Wir waren erstaunt, obwohl wir auf alles gefaßt waren. Mattasitsch sprach leise, aber eindringlich auf den Mann ein. „Sind S' doch kein Feigling! Nur Mut! Mut!" Dabei steckte er ihm ein paar Hundertmark scheine an die Nase — es war stockfinster — die sollte er bekommen, wenn er das Gepäck hole. Der Mann mußte eine empfindliche Nase haben, denn das Banknotenpapier ließ ihn zu unserem Schreck laut niesen. Doch schlich er wieder lautlos zur Türe hinaus, nicht ohne daß ich ihm noch zugeflüstert hätte: „Kerl, du wirst uns doch nicht verraten haben! Wehe dir!" Diesen Verdacht teilten sowohl Mattasitsch als auch Thormann mit mir. „Sicher hat er uns verkauft," flüsterte Thormann. — „Ja, ja, er wird uns schon verraten haben," war die Ant wort Mattafitschs. Wir wußten nicht: Kam der Mann zurück, oder waren wir schon umzingelt? Unser Entschluß war gefaßt: „Wenn er nicht mehr zurückkommt, so gehen wir hinauf zur Türe der Prinzessin, unbekümmert um ihre Wächter, und befreien sie. Biegen oder brechen I" Es war eine lange, bange Viertelstunde. Da endlich, endlich wieder das leise scharrende Geräusch an der Türe. Ich öffnete, streckte die Hände aus und umfing einen Reisekofier, ein großes Bündel und einen langen Mantel. Wie süß war mir diese Last, die ich sogleich behut sam aufs Bett legte. Der Mann hatte es so eilig, bei der Türe hinauszukommen, um das übrige Gepäck der Prinzessin zu holen, daß er über meine vor die Tür gestellten Schuhe stolperte. Den Lärm, den er dabei machte, ging uns durch Mark und Bein. Aber es kam noch ärger. Der Mann, der fühlte, daß jede Minute kostbar war, und der je eher je lieber dieser gefährlichen Atmosphäre entrinnen wollte, stieß plötzlich im dunklen Korridor an einen Kasten an. Das Blut gerann uns in den Adern bei diesem schußähnlichen Geräusch. Dann war es wieder still, und bange horchten wir auf den finsteren Gang hinaus. Alles blieb ruhig. Es folgten nun Augenblicke der höchsten Spannung. Nach einigen Minuten hörten wir den leisen Schritt des Mannes wieder auf der Treppe. Unhörbar wie ein Gespenst huschte er, mit zwei weiteren Koffern beladen, zur Türe herein und berichtete flüsternd: „Die Prinzessin kommt gleich!" Und schon hatte Thormann ein Wachskerzchen entzündet, um auf den Gang hinauszuleuchten. Zu meinem Entsetzen, denn sie wußten nicht wie ich, daß an den Türen der gegenüberliegenden Zimmer Gucklöcher an gebracht waren, durch die leicht der Lichtschein hätte bemerkt werden können. Kaum war jedoch das kurz aufflammende Licht verlöscht, als durch die geöffnete Tür die hohe Gestalt der Prin zessin, das Gesicht mit einem Schleier verhüllt, eintrat. In wortloser, ungeheurer Erregung sanken sich die Prinzessin und Mattasitsch in die Arme. Lautlose Stille herrschte im Zimmer. Der tiefe Eindruck dieser Szene hielt uns ganz ge fangen. Die Prinzessin hafte sich zuerst gefaßt. „Ruhig, ruhig," flüsterte sie, „alles geht gut, niemand hat mich bemerkt!" Dann setzte sie in traurigem Tone hinzu: „Aber sie werden mich doch wieder gefangen nehmen, diese surcht- baren Menschen." Herr Mattasitsch führte die Prinzessin zu einem Sessel — es war ja stockfinster im Zimmer — und war ihr behilflich, die Hausschuhe, in denen sie gekommen war, mit Reiseschuhen zu vertauschen. „Warten wir noch ein wenig," sagte die hohe Frau, die uns alle an Geistes gegenwart übertraf. Still horchten wir noch einige Minuten auf den Hof hinaus und blickten prüfend auf den mondbeschienenen Weg. Nichts regte sich. „Nun gehen wir!" Auf diese Worte der Prinzessin sperrte ich vorsichtig die ins Freie führende Tür auf. Mit dem großen Kleiderbündel und meinem schweren Stock beladen, ging ich voraus, mir folgte Thormann mit zwei Koffern, den Schluß der Expedition machte die Prinzessin am Arme Mattafitschs, der das Juwelenkästchen und den Mantel trug. Obwohl der Mond die ganze Gegend beinahe taghell erleuchtete, kamen wir unbemerkt und unbehelligt bis auf den Fahr weg. Ein verspäteter Gasthausbesucher bummelte uns schwankenden Schüttes entgegen und sah uns verwundert mit unsrer sonderbaren Bepackung an. „Na, wohin denn so früh?" gluckste er. So wanderten wir noch eine halbe Stunde fort, bis endlich zwei Lichter den heißersehntsn Wagen signalisierten. Frau Stöger, die darin saß, war vor Freude ganz sprachlos und Freudentränen stürzten ihr über die Wangen herab. Ein Besuch der Prinzessin Luise von Koburg bei der Gräfin Lonyay fand Donners tag nachmittag im Hotel Bristol in Paris statt, über die Begegnung der beiden Schwestern, die sich seit sieben Jahren nicht gesehen hatten, verlautet aus der Umgebung der Prinzessin, daß die Schwestern länger als drei Stunden ohne Zeugen zusammen geblieben seien. Das freudestrahlende Gesicht der Prinzessin Luise beim Abschied habe verraten, wie sehr sie von der Begegnung befriedigt sei. Gräfin Lonyay war sehr gerührt und weinte über das Schicksal oer Prinzessin und die Leiden, die jene er duldet. Die Aussöhnung der beiden Schwestern werde wohl auf den Gang der Verhandlungen mit Wien Einfluß haben. Kuntes Allerlei» Eine Leistung. „Sagen Sie, Herr Leut nant, ist es nicht sehr schwierig, beim Sprechen das Monokel im Auge zu behalten?" — „Kleinigkeit, Gnädigste. — Kann sogar mit Monokel im Auge niesen." (,D°rfb.-) Abschreckendes Beispiel. A.: „Ja, ja, meine Frau hätte ich auch wohl nicht ge heiratet; aber bei einer fröhlichen Geburtstags feier, als ich etwas viel getmnken hatte, verlobte ich mich mit ihr, und nachher konnte ich nicht mehr zurück." — B.: (Temperenzler): „Also wieder ein Opfer des Alkohols!" (Fach. Jahrb/, Vorsichtig. „. . . Wie, Herr Bankier, Sie haben gestern plötzlich Ihren Kassierer ent lassen?" — „Nu', hat er doch vorgestern ge sungen in dem Wohltätigkeitskonzert vor alle Leut': „Wenn ich ein Vöglein wär' und auch zwei Flügel hätt'. . .!" und bereitest dir Siechtum und Verderben um einige Stunden der Betäubung." „Wer sagt dir das, es ist nicht wahr," ant wortete er scheu und unsicher. „Leugne nicht, Alfred," sagte der Oberst bortretend, „dein Aussehen und Gebaren be weisen es." „Unsinn," flüsterte Hartung. Ohne weiter ein Wort zu sprechen, trat der Oberst an den Schreibtisch und zog die Schub fächer auf. Er suchte vergebens. Da erinnerte er sich des geheimen Faches, dem Hartung die Zeitung an jenem Abend entnommen hatte, als er Willi von dem Familiengeheimnis unterrichtete. Sollte er nicht auch hier das Gift aufbewahrt haben? Auf seinen Wink eilte Beatrice herbei und ihr gelang es, die Feder in Bewegung zu setzen. Sie drängte ihren Vater zur Seite und durchwühlte den Inhalt des Faches in fieber hafter Hast. Da fiel ihr eine gefüllte Flasche und ein kleines Kästchen in die Hände. „Hier ist es!" rief sie triumphierend. Ihr Gatte richtete sich empor, er schrie auf und wollte sich auf sie stürzen, doch der Oberst hielt ihn gewaltsam zurück. Beatrice öffnete das Kästchen und entnahm demselben das ver hängnisvolle gläserne, metallbeschlagene Instru ment mit der haarscharfen Spitze. Schaudernd warf sie dasselbe zu Boden und zerftat es wie einen häßlichen, giftigen Wurm. Alfred sah starren Blickes auf ihr Tun, sein Gesicht verzerrte sich und mit einem lauten Schrei fiel er in die Polster zurück. Da eilte Beatrice zu ihm und umschlang ihn mit ihren Armen. „Ich werde dich retten!" rief sie aus. 9. Hedwig hatte ihrer Mutter ein Geständnis abgelegt. Dasselbe war Frau Bordowich ganz überraschend gekommen, denn obwohl es ihr nicht entgangen war, daß in letzter Zeit etwas Außergewöhnliches in der Seele ihres Kindes vorging, hatte sie doch nicht die wahre Ursache erraten. Sie billigte die Liebe Hedwigs zu dem Referendar keineswegs, denn mit dem untrüg lichen Scharfblick einer Mutter sah fie in der selben eine große Gefahr und hielt es darum für ihre heilige Pflicht, das unerfahrene Mädchen zu warnen. Willis Eltern würden ja niemals ihre Zustimmung geben, fie hegten gewiß andre Pläne für seine Zukunft und so war an einen glücklichen Ausgang nicht zu denken. Um keinen Preis aber wollte fie dulden, daß dieses Verhältnis in seiner Familie Zwietracht und Unfrieden hervorrief, und Hedwig mußte ein sehen, daß es keine andre Möglichkeit gab, sich, wenn auch mit blutendem Herzen, von dem Ge liebten loszureißen. Hatte das Mädchen bisher nur der Liebe Glück erfahren, so kostete sie jetzt das ganze bittere Weh einer solchen, und ihre Zuversicht sank erheblich. Hätte fie von dem Plan gewußt, den Willis Eltern in bezug auf Hilda Wechsler verfolgten, so würde sie wohl jede Hoffnung aufgegeben haben. Willi war es jedoch überflüssig erschienen, ihr von Hilda zu sprechen, um sie, wie er meinte, nicht unnötig zu beunruhigen. Den Streit mit Bmno in dem Cafe hatte er ihr freilich nicht verschweigen können^ und obwohl das bevor stehende Duell Hedwrg mit unbeschreiblicher Angst und Sorge um den Geliebten erfüllte, rief sein mannhaftes Eintreten für ihre Ehre zugleich Stolz und eine heimliche Genugtuung in ihr hervor. Seit jenem Abend hatte fie ihn nicht wiedergesehen, obgleich sie die heftigste Sehn sucht nach ihm empfand, nur durch einige flüchtige Zeilen war fie über den Ausgang des Zwei kampfes von Willi unterrichtet worden. Von der Erkrankung seines Vaters besaß fie durch die ZeitungenKenntnis, die sich mit bekannter Wichtig keit mit diesem Thema beschäftigten, von dem Wesen und der wahren Ursache der Krankheit aber nichts zu berichten wußten. Im Hartungschen Hause thronte die Sorge. Wohl war es gelungen, dem Kranken das ver derbliche Gift zu entziehen, aber die furchtbare Wirkung desselben begann sich jetzt in wahrhaft erschreckender Weise kundzugeben. Der Unglück liche raste in Fieberphantasien, Sinnestäuschungen quälten ihn und es stand zu befürchten, daß der geschwächte Körper seinen Leiden erliegen werde. Beatrice wich Tag und Nacht nicht von der Seite ihres Gatten und der Oberst sowohl als auch Doktor Brenner leisteten tatkräftige Hilfe, während man Willi aus naheliegenden Gründen die Wahrheit nicht eingestand und ihn von dem Kranken möglichst fern zu halten suchte. Als Doktor Brenner am nächsten Morgen nach der Entdeckung des Gifts das Schlaf zimmer Hartungs betrat, bot sich ihm eine er schütternde Szene dar. Vor seiner Frau auf den Knien lag der Kranke mit flehend erhobenen Händen, während es von seinen zitternden Lippen in Jammer lauten ertönte: „Gib mir das Gift, Beatrice! Schaff' es! Soll ich zu Grunde gehen, willst du mich töten? Nur einen einzigen Tropfen gib mir, o hilf mir doch, ich vergehe!" Die unglückliche Frau saß starr und bewegungslos vor ihm mit tränenvollen Augen und wachsbleichem Antlitz. Bei dem Eintritt des Arztes erhob sie sich hastig und eilte ihm entgegen. „Gut, daß Sie kommen, Herr Doktor, ich hätte seinen Bitten nicht länger widerstehen können," sagte fie. „Um keinen Preis dürfen Sie denselben nachgeben," entgegnete derselbe. „Bedenken Sie, daß Leben und Tod von der genauen Be folgung meiner Anordnungen abhängen." Er trat zu dem Kranken, richtete ihn auf und führte ihn nach seinem Lager. Hier befiel den Unglücklichen ein schrecklicher Fieberkrampf, er krümmte sich unter den Händen des Arztes, der ihn aufmerksam beobachtete. Beatrice stand, am ganzen Körper bebend, neben ihm, und ihre Blicke hingen mit angstvoller Spannung an der ernsten Miene des Arztes, von dessen Ausspruch sie das Schicksal ihres Gatten erwartete. Doktor Brenner hatte, nachdem der Kranke ruhiger geworden, zum Staunen Beatrices eine Morphiumspritze hervorgezogen und aus dem Inhalt derselben einige Tropfen in den Arm Hartungs eingespritzt. Die Wirkung war eine wohltätige, denn der Kranke verfiel sofort in einen tiefen Schlaf. SG (Fortsetzung folgt.)
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