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politische Kunälcbau. Die Schiffs-Beschlagnahmen. *Nui des Messers Schneide stand in den letzten Tagen der europäische Friede. Die Engländer hat die Beschlagnahme der „Malakka" doch gar zu stark verschnupft. Ruß land hat inzwischen klein beigeaeben, denn es hat die Freilassung der „Malakka" angeordnet, „wenn bei ihr an Bord keine Konterbande für Japan vorgefunden worden sei". Nun haben aber die Russen das Schiff schon von Port Said weitergefühlt — unbekannt wohin. Eng lische Kriegsichiffe aber haben den Auftrag, sich des Schiffes auf jeden Fall zu bemächtigen. Die englische Regierung erklärt ausdrücklich, daß sie dieses Vorgehen nicht als ein kriege risches betrachte und es der russischen Regie rung überlasse, das Vorgehen Englands aufzu fassen wie es wolle. *Die Regierung des Khedive hat die ägyptischen Lotsen von den russischen Hilfs kreuzern im Roten Meere abberufen. *Jn der Angelegenheit der Beschlagnahme der V o ftb eut el des „Prin z H einrich" ist eine Änderung der Situation nicht zu ver zeichnen. Außer der bereits mitgeteilten Bereit willigkeit der russischen Regierung, den Fall näher zu untersuchen, ist eine weitere Äußerung zur Sache aus Petersburg jetzt — nahezu zwei Wochen nach dem Vorfall — noch nicht einge troffen. * * * L Der japanisch-russische Krieg. * Von der „gro ß en S ch l a ch t", die in der Nähe von Liaujung ihren Anfang genommen haben sollte, verlautet gar nichts mehr. * Admiral Togo hat jetzt vor Port Arthur sämtliche Korrespondenten und Militär- Attachös zugelassen. Auch sollen zwei java nische Künstler bei Port Arthur eingetroffen sein, in der Absicht, den Hauptangrisi auf den Platz, an dem 80 000 Japaner teilnehmen sollen, im Bilde zu verewigen. * Am Motienpaß entbrannte am Diens tag der Kampf von neuem. ,Daily Chronicle' meldet aus Kurokis Hauptquartier am Motien paß, daß am 19. Juli die Japaner einen neuen Angriff auf den Paß erwarteten. Da die Russen nicht angriffen, ergriffen die Japaner auf dem äußersten rechten Flügel die Initiative und stießen bei Zankan auf den Gegner. Die Russen gingen zurück, erhielten aber Ver stärkungen und der Kampf entbrannte aufs neue. Bei Abgang der Meldung wurde noch gekämpft. " Kosaken und Freiwillige sollen (nach einem Beuchte Kuropatkins an den Zaren) eine japa nische Feldwache niedergemacht haben. * Als Zweck der Ausfahrt des Wladi wostok-Geschwaders wird jetzt ange geben, es solle auf offener See zwei Untersee boote übernehmen. *Eine Spaltung im Oberkom mando der ru s s i s ch e n A r m e e scheint die Folge der fortwährenden Uneinigkeiten zwischen Kuropatkin und Alexejew zu sein. Wie nämlich in Petersburg verlautet, sollen wichtige Veränderungen im Oberkommando auf dem Kriegsschauplätze bevorftchen. Es sollen angeblich zweiArmeengebildet werden, das Kommando der einen werde Kuropatkin, das der anderen Alexejew übernehmen. -- Deutschland. * Die mit der weiteren Bearbeitung der Einzelfragen des deutsch-russischen Handelsvertrages betrauten Kom missionen werden ihre Konferenzen zunächst in Norderney fortführen und erst in einigen Tagen in Berlin eintreffen, wo dann vermutlich'Kne letzte Hand an den Vertrag gelegt werden wird. Witte ist von Norderney abgereijt. * Herr v. Witte weilt in Berlin. Die Gerüchte, daß er eine russische Anleihe in Deutschland unterzubringen suche, wollen nicht verstummen. * In der Donnerstags-Verhandlung im Königs berger Hochverrats' und Geheimbund prozeß berichteten Dr. Rost und Zeuge Buchholz über Attentate in Rußland und deren Ursachen, die große Mekrhei» der jüngsten Attentate feien rein akademischen Charakters; sie seien zurückzuführen auf die Studenten-Auspeitschungen. Nach der Ver nehmung des Zeugen Buchholz wurde in der Ver lesung der beschlagnahmten Schriften sortgefahren. Damit ist die Beweisaufnahme geschlossen. — In der Freitagsve-Handiung hielt der Anklagevertreter in seinem Plaidoyer die Anklage in vollem Umfange aufrecht und beantragte gegen die Angeklagten mehr monatige Gefängnisstrafen bezw. Festungshaft. Die Anklage wegen Zarenbeleidigung wurde fallen ge lassen. Die Verteidigung plädierte für Freisprechung sämtlicher Angeklagten. *Jn Deutsch-Südwestafrika hat sich nach der,Nordd. Allg. Ztg.' die Kom - Kaiser Wilhelm in der Uniform seines russischen (Wiborgschen) Regiments. Der Abschiedsgruß Kaiser Wilhelms an sein russisches Regiment, den dieses kurz vor dem Ausmarsch auf telegraphischem Wege erhielt, hatte bekanntlich in der Presse Anlaß zu lebhaften Er örterungen gegeben. Sicher ist, daß die russischen Soldaten sich ehrlich über diese freundliche Kundgebung Kaiser Wilhelms gefreut haben. Es erfüllte sie mit Genugtuung, daß der kaiserliche Chef des Regiments ihrer in der Stunde, wo sie sich anschickten, nach dem fernen Osten abzugehen, um dort ihr Leben für das Vaterland emzusetzen, nicht vergessen hat. Das Wiborgfche 85. Infanterieregiment steht in Nowgorod. Mission, in deren Hände die Verteilung der zu Hilfeleistungen aus Anlaß des Herero-Aufstandes vom Reichstage bewilligten 2 Mill. Mk. gelegt worden ist, nunmehr in Windhoek konstituiert. Sie besteht außer dem Oberrichter Richter als Vorsitzenden aus folgen den Personen: 1) Ansiedelungskommiffar Doktor Rohrbach, 2) Kaufmann Nitsche-Windhoek, 3) Farmer Mittelstädt-Elisenheim, 4) Farmer Erich Rust-Ondekaremba. Sie hat ihre Arbeiten unverzüglich in Angriff genommen. Österreich-Ungarn. * Kaiser Franz Joseph wird dem König Eduard während dessen Marienbader Kur aufenthaltes am 30. August einen mehr stündigen Besuch abstatten und sich von dort zu den Herbstmanövern nach Süd-Böhmen begeben. * Bischof Straßmayer ist dem Schlag anfall, der ihn im Bade getroffen hat, nicht erlegen. Im Gegenteil hat sich der Kranke soweit erholt, daß die Arzte ihn für außer Gefahr erklärten. Frankreich. * Das französische Ultimatum an den Vatikan ist überreicht! Es verlangt die Zurückziehung der päpstlichen Briese an die beiden Bischöfe von Laval und Dijon und er klärt, es würden, falls die Kurie der französische» Regierung in dieser Angelegenheit nicht völlige Genugtuung gewähre, die diplomatischen Be ziehungen sofort abgebrochen werden. England. *Die englische Negierung hat ihre volle Genehmigung zur Veranstaltung militäri- scherEhrenbezeugungen beim Leichen begängnis Krügers in Aussicht gestellt, falls diese Anerkennung der Familie Krügers und den Buren annehmbar sei. Holland. *Der General van Hentz, der aus dem Heeresdienst ausscheidet, ist zum Gene ralgouverneur von Holländisch- Indien ernannt worden. General van Hentz ist der gefeierte Sieger von Atjeh, der seit kurzem wieder auf heimatlichem Boden weilt. Rußland. * Zwischen dem 6. und 13. August läuft die zweite Division des baltischen Ge schwaders, die aus älteren Kriegsschiffen und kleinen Kreuzern besteht, nach Ostasien aus. Der Beschaffenheit der Schiffe nach zu urteilen ist das Auslaufen für den eigentlichen Krieg bedeutungslos, für den Kaperkrieg wertvoll. Balkanstaaten. * Die Zahlung der türkischen Kriegs entschädigung an Rußland scheint jetzt endlich durch ein sehr bemerkenswertes Ent gegenkommen Englands nahe bevorzustehen. Die Türkei ist mit England in Verhandlungen getreten, das bereit ist, eine dreiprozen tige Anleihe, aus der die von der Türkei an Rußland noch zu zahlende Kriegsentschädi gung auf einmal ausgezahlt werden soll, zu garantieren. Unter welchen weiteren Be dingungen dies geschehen soll, ist jedoch noch nicht bekannt. *Die Banden kämpfe in Maze donien dauern fort. Am Montag hat bei Tepasfaschi, 5 Stunden südöstlich von Monastir, ein Kampf zwischen Truppen und einer Bande stattgefunden, wobei 2 Soldaten und 5 Komi- tatschis getötet wurden,; der Rest der Bande entfloh. Es wurde festgestellt, daß dieselbe eben erst aus Bulgarien gekommen war. Amerika. *Der ehemalige Präsident der Republik San Domingo Jimenez hat sich an die Spitze einer neuen revolutionären Armee gestellt. Afrika. *Der marokkanische „Bürger krieg", den man bereits für erloschen be trachten zu können glaubte, scheint wieder auflodern zu wollen. Wie aus Tanger ge meldet wird, verlautet dort, daß der Prätendent Bu Hamara mit einer starken Streitmacht auf Udjda vorrückt. Asien. *Von der englischen Tibetexpe dition wird gemeldet, daß die englischen Truppen den Kharola-Paß überschritten haben, wobei sie nur schwachen Widerstand fanden. Die Truppen haben jetzt 92 Meilen von Lhassa entfernt ihr Lager aufgeschlagen. Die englischen Verluste sind unbedeutend. Die Expedition hat danach den größten Teil des Weges von Gyangtse nach Lhassa zurückgelegt. Von unci fern. Betreffs der ehemalige» Kronprinzessin von Sachsen wird offiziös aus Dresden gegen über dem mehrfach umlaufenden Gerüchte, daß die Gräfin Montignoso demnächst eine Begeg nung mit ihren Kindern haben werde, mitge teilt, daß eine solche überhaupt nicht in Frage kommt und also auch nicht während des Auf enthalts des Kronprinzen und seiner Kinder in Bad Schmecks erwartet werden kann. Die Heidelberger Schloßfrage. In Heidelberg hat sich ein allgemeines deutsches Komitee gebildet zur Begründung eines dauernden Bundes gegen Wiederherstellung des Heidel berger Schlosses, der demnächst an die Öffent lichkeit treten wird. Es sind hervorragende Professoren und Architekten dabei beteiligt. Verhaftung. In Kabinen wurde ein Geistesgestörter aus Gr.-Hauswalde, der die Kaiserin sprechen wollte, verhaftet und nach seiner Heimat transportiert. Typhusfälle in Stettin. Im Vorort Bredow bei Stettin wurden zahlreiche typhus- ähnliche Erkrankungen wie im Vorjahr festge- ftellt. Die Ursache der Erkrankungen ist schlechtes Trinkwasser. Ihr 10V jähriges Bestehen feierten am letzten Sonntag die im Kreise Krotoschin ge legenen schwäbischen Ansiedelungen Hellejeld, Rosenfeld, Heinrichsfeld und Hangfeld, die auf Veranlassung von Friedrich Wilhelm III. ge gründet wurden. 4VVVV Mk. für einen Schenkclbruch» Die Schauspielerin Frau v. Galles hatte ge legentlich einer Probe im Stadttheater in Halle a. S. dadurch einen komplizierten Schenkel bruch erlitten, daß in unrechtem Moment die Versenkung niederging. Nachdem die Ver unglückte vom Theaterdirektor Richards ver geblich eine Entschädigung von 8000 Mk. be ansprucht hatte, wurde sie gegen diesen klagbar und bezifferte ihren Anspruch, da sie durch dm Unfall nicht wieder bühnenfähig wurde, auf insgesamt 40 000 Mk., zu dessen Haftung Richards nunmehr endgültig verurteilt wurde. Für denselben ist dies eine um so empfindlichere Buße, als er angeblich nicht gegen Haftpflicht versichert sein soll. Gin Lehrer, der seinen Schüler zum Zweikampf fordert. Wegen Herausforderung zum Zweikampf sollte sich der Baron Rudolf v. Bedungen aus Berlin vor der Strafkammer in Braunschweig verantworten. Der Angeklagte war seinerzeit an der braunschweigischen Hilde- brandtschen landwirtschaftlichen Lehranstalt als Lehrer tätig und geriet zu wiederholten Malen mit einem älteren Schüler der gleichen Anstalt in Konflikt, der schließlich dahin ausartete, daß Baron v. Bodungen, der übrigens selbst noch in jugendlichem Alter steht, jenen Schüler forderte. Als einziger Zeuge war Polizei wachtmeister Rühland erschienen. Der An geklagte, Baron v. Bodungen, war nicht zur Stelle. Auf Antrag des Vertreters der Staats anwaltschaft beschloß das Gericht, gegen den Angeklagten einen Haftbefehl zu erlassen. Ausbruch und Einbruch. Eine Straf gefangene in Lübbenau, die eine Strafe wegen Diebstahls zu verbüßen hatte, entwich nachts aus der Anstalt und gelangte über eine sechs Meier hohe Mauer ins Freie. Alsdann brach sie in dem benachbarten Dorfe Großbenchow beim Förster ein, wo sie aus der Schlafstube, während die Bewohner schliefen, Frauenkleidungs stücke und Geld stahl. Ihre Anstaltskleidung ließ sie auf dem Förstergehöft zurück und begab sich nach Luckau, wo sie mit einem Zuge ab fuhr. Die Unsitte der Kinder, mit Steinen zu werfen, Hal in Elberfeld einen schweren Unglücks fall im Gefolge gehabt. Beim Spiel warf der achtjährige Sohn des Hausdieners Pussar mit einem Stück Schiefer nach seinem zehnjährigen Bruder und traf ihn so unglücklich am Kopfe, daß der Knabe nach kurzer Zeit verschied. Eine nntcrgehende deutsche Insel ist Haage, das höchstgelegene, nordwestlichste der nordstrandischen Eilande. Sie ist unbedeicht und häufig Über schwemmungen ausgeletzt. Man schätzt, daß sie sich jährlich um 2 bis 2,5 Hektar vermindert. Vor 200 Jahren umfaßte ihre Fläche rund 1300 Hektar, vor 100 Jahren 861, jetzt kaum 500 Hektar. Die Zahl der Bewohner sank in 110 Jahren von 480 aus 135. Die Staatsregierung, die so viel für die Er haltung der Halligwelt getan hat, überließ bisher das Eiland Haage den zerstörenden Fluten der Nordsee, obwohl die Insel den natürlichen Schutz des reichen Pellworm bildet und selbst aus frucht barer Malscherde besteht. Die Haager sehen hülf- und wehrlos ihr Land ein Opfer der gierigen See werden; eine Warst nach der andern wird unbe wohnbar, und nach wenigen Menschenaltern geht das Meer über das Eiland hinweg, wenn der Staat nicht helfend eingreifi. Zahlreiche Mitglieder der schleswig-holsteinifchen Landwirtschaftskammer haben nach der .Köln. Ztg/ auf Anregung des Landrats Nasse eine Eingabe an die Regierung gerichtet, Haage untergehen zu lassen, sondern bei dessen großer Be deutung für den Schutz des Festlandes durch Sicherungsarbeiten zu erhalten. O Oer sauberer von Paris. Sj Roman von S. I. Weymann. <8-nierune.> Solomon hatte die Gewohnheit, daS große Zimmer, das nach der Rue Touchet hinaus lag, zu verschließen, sobald er das HauS verließ. Dieser Umstand und die Tatsache, daß er einer Schwäche des Meisters auf der Svur war, er füllten Jehann mit einer Freude, die ihn fast trunken machte. Mit unwiderstehlicher Gewalt fühlte er sich an das kleine Schauloch gefesselt. Er hätte allerdings ohnehin mit geschloffenem Auge den genauen Stand und die genaue Gestalt eines jeden Dinges beschreiben können, das sich in den Zimmern befand, aber dennoch lag ein un beschreiblicher Reiz darin, zum ersten Male von einem verbotenen Orte dem roten Glühen der Kohlen zuzuschauen und zu beobachten, wie die Kröie langsam Schritt für Schritt auf dem Alligator herumkroch. Jehan« lauschte der fallenden Asche und dem Ticken einer Uhr, als seien es Zaubermelodien. Er begann mit leiser Stimme alles aufzuzählen, was er sehen konnte. Mit einer zufälligen Bewegung seines Armes löschte er die Kerze — er erschrak, doch dann bemerkte er, daß das Bild nur umso deutlicher vor ihm lag. Kaum hatte er begonnen, die Aufzählung mil singender Stimme fortzusetzen, als plötzlich das Knarren eines Schlüssels ertönte. Der Äiem stockte ihm, jedoch bevor er sich von feinem Platze bewegen konnte, sah er, wie die schwere Tür von der Rue Touchet aus langsam sich öffnete und den Meister einließ. Jehann verharrte noch einige Augenblicke in seiner Stellung, unfähig sich zu rühren. Dann aber raffte er sich auf und stahl sich geräuschlos davon. 5. Das obere Portal. Der Schwarzkünstler war nicht allein. Eine hohe Gestalt, die von Kopf bis Fuß verhüllt war, schlüpfte hinter ihm in das Gemach und blieb an der Tür stehen, während der Astrolog die Riegel vorschob. Dem Anscheine nach hatten sich die beiden erst an der Schwelle getroffen, denn der Fremde, nachdem er einen flüchtigen Blick auf die phan tastische Unordnung des Zimmers geworfen hatte, sagte mit heiserer Stimme: „Ihr kennt mich nicht ?" „O doch, Herr von Vidoche l" antwortete der Schwarzkünstler, seinen Hut abnehmend. „Habt Ihr gewußt, daß ich Euch folgte?" „Gewiß, ich ging schnurgerade zum Hause, um Euch den Weg zu weisen." „Wenn Ihr sonst noch nie gelogen habt, Meister Schwarzkünstler, so war's soeben zum ersten Male," antwortete der Edelmann spöttisch, „denn ich wußte selber nicht, daß ich kommen würde." „Bis zu dem Augenblicke, in dem Ihr mich sahtl" erwiderte Solomon. „Aber laßt uns nicht über solche Kleinigkeiten streiten. Wollt Ihr nicht Eure Maske ... ich meine, Euren Rock abnehmen?" Herr von Vidoche folgte unwillig der Auf forderung und bemühte sich, sein Unbehagen unter hoffärtigem Wesen zu verdecken. „Ihr habt da das gewöhnliche Handwerkszeug," höhnte er, „alte Knochen und Schädel, tote Hände und Stricke vom Galgen . . . Puh! es riecht in diesem Hause nach Verwesung! Das alte Gerümpel braucht Ihr wohl, um Kinder und Narren zu schrecken?" „Teilweise," antwortete Notredame gelassen; „teilweise auch zum Verkauf!" „Zum Verkauf?" Herr von Vidoche lachte ungläubig. „Wer wird wohl so dumm sein, für solch' Gerümpel sein gutes Geld herzu geben ?" Solomon bemühte sich, eine Tranlampe an zuzünden. Während er auf den glimmenden Docht blies, daß die Funken flogen, sagte er: „Meine Kunden haben gar verschiedene Wünsche. Seht z. B. dies Ding dort in der Ecke," er wandte sich plötzlich zu dem Edelmann und deutete auf einen Sarg; „für diese kleine hölzerne Wohnung hoffe ich sehr bald einen Käufer zu finden — — ja, ja, vielleicht noch heute abend!" Herr von Vidoche folgte der angegebenen Richtung mit den Augen und stampfte unge duldig die Erde. „Genug der Dummheit!" sagte er in weniger sicherem Tone als vorher. „Ihr gefallt Euch darin, auf einem hohen Pferde zu reiten. Steigt herab und laßt uns zu unserem eigentlichen Geschäfte kommen. Kann ich mich hier irgendwo hinsetzen, Meister Schwarzkünstler, oder wollt Ihr mich etwa die ganze Nacht stehen lassen?" Solomon brachte zwei rote Schemel und stellte dieselben hinter die Gardinen in der Nähe des offenen Feuers. „Es ist wärmer hier!" sagte er, indem er mit einem Stück Holz das Feuer schürte. „Jetzt stehe ich Euch zu Diensten, Herr von Vidoche! Bitte, nehmet Platz!" „Aber find wir auch ganz allein?" flüsterte der Edelmann argwöhnisch. „Seid nur getrost!" antwortete Solomon. „Ich verstehe mein Geschäft! Außer der Kröte und uns beiden ist kein lebendes Wesen in der Nähe." Herr von Vidoche schien einige Schwierig keit zu finden, die Ursache seines Besuches zu erklären. Er starrte unentschlossen in das Feuer, ab und zu einen ärgerlichen Blick auf seinen Genossen werfend, der auch nicht die geringste Lust zu verspüren schien, der Ver legenheit des Fremden entgegenzukommen. Solomon saß aufrecht in seinem Schemel und die starren Züge verrieten kaum das Bewußt sein, daß sich jemand außer ihm im Zimmer befand. „Verdammt!" platzte endlich der junge Mann heraus. „Der Teufel soll Euch holen ... falls Ihr nicht selbst der Teufel seid! Habt Ihr denn die Sprache verloren? Ist Euch die Zunge an den Gaumen angewachsen? Ihr wißt ja doch ebenso wie ich, warum ich ge kommen bin!" „Ich werde mit Vergnügen den Grund aus Eurem eigenen Munde hören!" „Gebt mir das Ding, ohne viel Worte, und laßt mich wieder gehen!"