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Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- rag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen «,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschafteil Ottendorf-Okrilla mit Atoritzdorf und Amgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inserat bi, vormittag m Uhr/j Inserate werden wtt w Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Lür die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 89. Mittwoch, den 27. Juli 1904. 3. Jahrgang. Hadrplatz. Hiermit wird zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß der Aufenthalt außerhalb des Kackeplatses, sowie alles Lärmen auf denselben bei Vermeidung von 20 Mark Ordnungsstrafe verboten ist. Eltern sind für ihre kinäer verantwortlich. Ottendorf-Moritzdorf, am 25. Juli 1904. Der Gemeindevorstand. Lincke. Oertliches und Sächsisches. Vtiendorf-Dkrilla, 26. Juli 1804. — Regen stellte sich gestern nachmittag um 5 Uhr ein allerdings nur auf kurze Zeit. Die Gewitter, die bei unerträglicher Schwüle und Hitze schon tagsüber gedroht hatten, brachten nur vorübergehende Erfrischung, trotzdem einige Male ziemlich heftige elektrische Entladungen zu bemerken waren. Auch in vergangener Nacht regnete es abermals kurze Zeit. — Die Herbeiführung von Notstandstarifen für Futtergetreide wird von Schlesien und Sachsen aus vorbereitet. Als Grund hierfür gelten sowohl die Futterernte wie die Un möglichkeit, zu Wasser jetzt das notwendigste Material nach den Bedarfsgegenden zu be ziehen. — Mittwoch, den 3. August d- I, wird in Eisenberg-Moritzburg Roß-, Vieh- und Kram markt abgehalten. Klotzsche. Im Pließnitzgrunde ging am Sonnabend nachmittag in der vierten Stunde plötzlich auf einer Waldblöße Feuer auf. Der sich außerordentlich rasch verbreitende Brand wurde glücklicherweise von einem Bademeister des Kronprinz-Friedrich-August-Bades bald be merkt und die Bademeister, sowie die Badegäste eilten herbei und beschränkten durch schleuniges Aufwerfen von Dämmen das Feuer auf seinen Herd. Die Klotzscher Feuerwehr, welche sofort alarmiert worden war, traf ebenfalls bald zur Hilfeleistung ein. Die Löscharbeiten wurden durch starke Rauchentwicklung sehr erschwert. Leider haben sich an dem das Bad umgebenden Stacheldrähten die hilfsbereiten Leute mehrfach verletzt und die Kleider beschädigt. Die Ent stehungsursache des Feuers ist unbekannt, sicher ist aber, daß nur durch die raschen und energischen Löscharbeilcn ein großer Waldbrand im Prießnitzgrunde verhindert worden ist. Dresden. Die unterm 19. Jnli vom Verband Deutscher Radrennbahnen über Dickentmann wegen Beleidigung eines Vor standsmitglieds dieses Verbandes verhängte Disqualifikation ist, nachdem der bekannte Rennfahrer die ausgesprochene Belidigung zu rückgenommen hat, aufgehoben und die Geld strafe auf 200 Mark reduziert worden. Die „Radwelt" berichtet weiter über den Fall. Dickentmann war von der Rennbahnleitung in Magdeburg gegen eine Startvergütung von 900 Mark in Pflicht genommen worden, schloß aber später mit Dresden für den gleichen Tag gegen 1500 Mark Startvergütung ab- Er wurde hierauf vom Verband der Rennbahnen zu einer Geldstrafe in Höhe der Differenz verurteilt und dem Veranstalter der Dresdner Rennen, dem Verein für Radwettfahren, auf gegeben. diesen Betrag von dem Startgeld ab- zuzieh n, was auch erfolgt ist. Der Betrag wurde bei einer Bank d poniert. Nachdem nun Herr Dickenlmann die kränkenden Aeußerungen zurückgenommcn hat, wurde die Disqualifikation aufgehoben und die Strafe, wie oben schon erwähnt, auf 200 Mark re duziert. Der Hauptmann von Kiriacp wurde unter dem Verdachte, sich des Betruges und Wechselfälschung schuldig gemacht zu haben, verhaftet. — Gestern abend gegen i/? 7 Uhr gingen die Pferde eines Steinwagens in der Roßtyaler Straße, durch einen Donnerschlag des Gewitters scheu geworden, durch und rasten nach der Hauptmarklhalle zu. Bei der Kreuzung der Schäserstraße rannten die Pferde in einen Wagen der elektrischen Straßenbahn Striesen Hamburger Straße, so daß die Deichsel in den Wagen fuhr und eine Frau förmlich durch bohrte. Sie wurde schwer verletzt nach dem Friedrichstädter Krankcnhause gebracht. Die Pferde zerschnitten sich an den zertrümmerten Scheiben die Köpfe. — Der Kaufmann Louis Sander, Zöllner- Straße 4, hat am Sonntag morgen seiner Frau die Kehle durchschnitten und sich dann erhängt. Bühlau- Der seit 1. Januar 1901 hier amtierende Gemeindevorstand Hofmann ist vom Gemeinderat auf weitere sechs Jahr gewählt worden. Nossen. Gestern Vormittag in der 9. Stunde brach in der hiesigen Papierfabrik mit Holzschleiferei Feuer aus, wodurch diese bis auf einige kleinere Gebäude und das Be amtenwohnhaus vollständig niedergebrannt ist. Riesa. Ein gewaltiger Schiffsbrand aus der Eibe alarmierte Mittwoch nachmittag 3 Uhr die Feuerwehren der ganzen Umgebung von Pretzsch. Ein mit noch zwei anderen Kähnen von einem Kettendampfer bergwärts gezogenen, dem Schiffseigner Kunze in Diera gehöriger Schleppkahn, mit Terpentinöl und Chlorkalk beladen, war in der Nähe des Dorfes Greudnitz, vermutlich durch Selbstentzündung in Brand geraten. Ungeheure schwarze Rauchwolken entstiegen dem brennenden Kahne, aus denen mächtige Feuergarbm hervorschossen. Der Schiffsmannschaft gelang es nur mit großer Mühe, das Wertvollste ihrer Habe zu relen, an ein Löschen des Brandes war indes nicht zu denken. Leipzig. Das Drama der „Leipziger Bank ist zu Ende gegangen! Nach erfolgter Abhaltung des Schlußtermins ist das Konkurs verfahren über die Bank und deren Zweig niederlassungen aufgehoben worden. Wenn doch all die furchtbaren Folgen dieses Zu- sammenbrnches auch schon beendet wären. — Eine durchzechte Nacht mit ihren Folgen vernichtete die Zukunft zweier junger Leute. Die Studenten Ernst Werner aus Radeberg und Jürgen Kühn aus Verden „ulkten" in den ersten Morgenstunden des 13. Aprils den Bierapparate-Reiniger Treff an, der mit einem Wagen an der Hand seiner Beschäftigung nach gehen wollte. So entspann sich ein Streit bei welchem Kühn seinen Spazierstock gebrauchte Werner aber sich dazu Hinreißen ließ, Treff Stiche in den Hinterkopf beizubringen. Hinzu kommende prügelten zunächst die beiden Studenten tüchtig durch und jetzt verurteilte das Landgericht Werner zu acht, Kühn zu drei Monaten Gefängnis. Damit hat die akademische Laufbahn der beiden Leichtsinnigen ihr Ende erreicht. Burgstädt. Die Freiwillige Feuerwehr zu Claußnitz hat infolge einer unliebsamen Kritik aus Einwohnerkrcisen nach einem im Orte auszebrochenen Brande beschlossen, sich aufzulösen und für den 20. September d- I. den Feuerlöschdienst zu kündigen. Der Be schluß wurde mit 33 gegen 4 Stimmen ge faßt. Chemnitz. In die Lage, für den flüchtigen Raubmörder Schramm aus Crottendorf gehalten zu werden, kam am Freitag Abend in einem Restaurant ein Herr. Als dieser gemütlich bei einem Glas Bier saß, wurde er plötzlich in den Hausflur zitiert. Dort trat ihm ein Herr entgegen, der sich als Kriminalbeamter auswies und sagte: „Sie werden für Schramm gehalten. Können Sie sich legitimieren.?' Der anfangs etwas verblüffte „Verbrecher" konnte dies natürlich auf Grund seiner Radfahrkarte. Damit erreichte der Zwischenfall sein Ende. Meinersdorf. Hier prallte ein Gefährt an eine Telephonstange, stürzte um, und die zwei Insassen wurden herausgeschleudert; dabei erlitt einer derselben einen Schädelbruch und einen Beinbruch, während der andere mit dem Schrecken davonkam Brambach i. V- In der Nähe des Grenzortes Steingrün stürzte am Donnerstag eine Radfahrerin, dis in Begleitung mehrerer Herren in der Mittagshitze von Sachsen hsr- kam, plötzlich vom Rade. Sie war kurze Zeit ohne Besinnung und klagte, als sie wieder zu sich, kam, über Unwohlsein. Nach einiger Zeit vermochte die Dame wieder aufzusteigen und weiter zu fahren. Kaum hatte sie jedoch 200 m zurückgelegt, so stürzte sie tot vom Rade. Ein herzugerufener Arzt stellte Hitzschlag fest. Klingenthal. Tot aufgefundcn wurde am Mittwoch auf Brunndäbraer Staatsforst revier der seit vier Wochen vermißte Akkord vorarbeiter Hoyer. — Auf der Straße von Graslitz nach Silber bach ist der 28 Jahre alle Joseph Ziegler von dem Fabrikarbeiter Johann Riedl ohne Grund überfallen und durch Messerstiche fo zugerichtet worden, daß das Leben gefährdet ist. Der Wegelagerer ist verhaftet. Nus der Woche. In der verfloßenen Woche ist die öffentliche Aufmerksamkeit urplötzlich von dem fernen Ostasien auf das uns näherliegende Rote Meer abgelenkt worden. Dem fernen Brande sah bisher alle Welt mit der Miene des Neugierigen zu; plötzlich aber stiebt die Zuschauermenge auseinander; durch Flugfeuer, das in ihrer Nähe niedelfiel, schien sie selbst bedroht. Im Roten Meere haben Schiffe der russischen Freiwilligenflotte dis Briefsäcke des deutschen Postdampfers „Prinz Heinrich" beschlagnahmt und weggenommen und das englische Schiff „Malakka" vollständig beschlagnahmt und unter russischer Flagge weggeführt. Wenn man sich die Angelegenheit mit Ruhe betrachtet, kommt man zu folgendem Ergebnis: den russischen Hilfskreuzern kann auf keinen Fall das Recht zugesprochen werden, Schiffe unter neutraler Flagge nach Kriegskonterbande zu durchsuchen; dieses Recht steht nach dem geltenden Seerecht nur Kriegsschiffen zu- Solche sind aber die russischen Hilfskreuzer nich'; sie gelten als Sanitätsschiffe und wenn sie auch, in Ostasien angekommen, zu Kriegsschiffen hergerichtet werden, so sind solche einstweilen noch nicht, denn russische Kriegsschiffe dürfen nach dem Pariser Vertrag die Dardanellen nicht passieren. Es liegt also zweifellos seitens Rußlands eine Mogelei vor, der auf jeden Fall energisch entgegengetreten werden muß. Selbst wenn der deutsche Postdampfer Konterbande an Bord geführt haben sollte, was natürlich nicht zu trifft, so muß Rußland volle Genugtuung geben, weil seine „Hilfskreuzer" ein deutsches Schiff nicht anhalten dürften. Wesenflich er schwerend für Rußland ist der Umstand, daß „Prinz Heinrich" ein Reichs-Postdampfer ist, der unter Reichsflagge fährt. Das Anhalten, Durchsuchen und Beschlagnahme der Postsäcke ist also ein direkter Angriff auf die deutsche Reichshoheit. Auch dieser Umstand würde selbst für den Fall volle Genugtuung erheischen, wenn wirklich russische Kriegsschiffe die Be schlagnahme vollzogen hätten. Die über bekannte „Nowoje Wremja" leistet sich nun folgende dummdreiste Ausrede: Der russische Kapitän habe den Dampfer einer befreundeten Nation nicht mit der Durchsicht der Post an Bord des „Prinzen Heinrich" aufhalten wollen, daher habe sie an seinen eigenen Bord ge nommen, und dort durchgesehen und weiter- besördert. Der Unwille der deutschen Presse über den Vorfall sei daher völlig unbegründet, denn die Ucbersührung der japanischen Post auf den Dampfer „Smolensk" sei einzig erfolgt um den Dampfer einer befreundeten Macht nicht unnötigerweise aufzuhalten. — Es ist noch besonders freundlich mit dem „Prinz Heinrich" verfahren worden. Diese Darlegung zeigt aber nur die grenzenlose Verlegenheit der Rusien. Es dürfen überhaupt nur solche Schiffe angehalten werden, gegen die der Verdacht besteht daß sie Konterbande führen. Wie sollte gegen Deutschland und gegen einen Dampfer, der unter Reichsflagge fährt, ein solcher Verdacht entstehen? Nun hat aber die „Smolensk" nicht nur sämtliche Postsäcke untersucht und den größten Teil dem englischen Schiffe „Persia" zur Weiterbeförderung über geben, sondern auch zwei für japanische Adressaten bestimmte Säcke zurückbehalten und über deren Verbleib weiß man heute noch nichts. Mußte es als ein Uebergriff seitens der Engländer angesehen werden, als sie zu Beginn des Burenkrieges deutsche Postdampfer schon im Roten Meere anhielten, weil sie die selben im Verdacht hatten, Waffen und Munition für die Buren mit sich zu führen, so ist es unerträgliche Willkür, wenn die Rußen jetzt fremde Schiffe im Roten Meere oder gar vor der Einfahrt in den Suezkanal festhalten, viele Tausende von Seemeilen von dem Kriegsschauplätze entfernt. Wenn diesen Manöver nicht Einhalt geboten wird, dann könnte es den Rußen schließlich einfallen, Kriegsschiffe im Sund, im Kanal zwischen England und Frankreich in der Straße von Gibraltar aufzustellen, um alle dort passierenden neutralen Schiffe zu durchsuchen. Unter solchen Umständen wären selbst nach Amerika gehende Schiffe nicht sicher, denn auch über Amerika wird ein Teil der Post nach Japan befördert. Man braucht nur auf diese Möglichkeiten hin zudeuten, um zu beweisen, daß der russische Standpunkt unhaltbar ist. — Und das mußte Deutschland passieren, den mehr als uneigen nützigen Nachbar, der in dem Königsberger Geheimbund-Prozeß so deutlich zu erkennen ge geben hat, wie sehr er bereit ist, Rußland zu dienen! Der genannte Prozest ist zurzeit noch nicht entschieden; klar aber ist heute schon, daß seine Rechtsgrundlage mindestens recht schwankend ist. Wir wißen, daß in Rußland schamlose Karrikaturen auf unsern Kaiser anstandslos vertrieben wurden, ohne daß die Behörden dagegen eingeschcitten wären. Es besteht in dieser Beziehung kein Gegenseitigkeitsvertrag zwischen Deutschland und Rußland, wie ein solcher zwischen Rußland und Oesterreich ab geschlossen ist. Was ging also die preußische Regierung der Schriftenschmuggel an, der nicht gegen sie gerichtet war! Frh. v- Mirbach fristet sich durch die Sommerferien; die Klage lieder des Reichsboten und andrer protestantisch kirchlichen Blätter verklingeln ungehört und Rückzahlungen aus dem kirchlichen Hilfsfonds sind noch nicht erfolgt. Von allen Seiten werden noch Scheite zu dem Holzstoße herbei geschleppt, auf dem Frh. von Mirbach schmoren soll- So erzählt — um nur eins heraus zugreifen — der Vorwärts, daß die Inhaber der Erfurter Samenhandlung Gebr. Dippe zu Kommerzienräten ernannt und in den Adelstand erhoben worden sind unmittelbar nachden sie 25000 Mark für die Kanzel und 50000 Mk- für die Orgel der Kaiser Wilhelm-GedächtniS- kirche gestiftet hatten. Frau von Dippe habe den Luisenorden bekommen. — Ein offiziöse Ableugnung ist nicht erfolgt und so erscheint die Hoffnung, daß sich die Mirbach-Affäre bis zum Wiederbeginn der parlamentarischen Kam pagne verbluten werde, nicht gerade begründet. Im allgemeinen mag der diesmalige Sommer „interessant" sein; angenehm ist er nichts