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Vie „Vttendorser Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen ;,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahm« von Inserat bi, vormittag zo Uhr. Inserate werden wO w Pf. für die Spaltzetle berechnet. Tabellarischer Satz nach be> sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-V?rilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. 80. Mittwoch, den 6. Juli 1904. 3. Jahrgang. Serttiches und Sächsisches. Vttendorf-Dkrilla, s. Juli 1804. — Am 6. Juli wird in Regenberg bei Bvncnmühle eine mit der Posthilfsstclle ver einigte Telegraphenbetriebs- und öffentliche Fernsprcchstelle in Wirksamkeit treten. Die neue Telegraphenonstalt ist zugleich Unfall meldestelle. Lichtenberg. Sonntag abend kurz nach S/<12 Uhr bmunte das dem Wirtschaftsdcsitzer Bernhard Mißbach gehörige Wohnhaus mit Scheune vollnändig nieder. Radeburg. Am 1. Juli vollendete sich ein Zeitraum von 60 Jahren, daß die städtische Sparkasse dem Verkehr übergeben worden ist. Die Gründung ist im Jahre 1853 von dem damaligen Stadtrat unter Zustimmung der Stadtverordneten beschlossen worden. Das Statut dieser Anstalt datiert vom 2. Juli 1853 Und hat am 29. Oktober 1853 die Bestätigung Sr. Magestät des Königs Friedrich August erhalten. Dresden. Seit einigen Tagen ist am Bismarckdenkmal an der Seestraße die bekannte Inschrift in der Gcaniteinfassung durch eine Bronzctafel verdeckt worden. Diese Tafel, die sich rn ihrer Ausführung und Abtönung dem Denkmal vorzüglich anpaßt, enthält dieselbe Inschrift, wie die nun verdeckte Granit- einmeißelung, nur mit dem Unterschiede, daß eben das falsch angegebene Datum jetzt richtig auf den 18. Juni lautet. — In den Vorstand des „Jnvalidendank für Sachsen,, ist Herr Redakteur Zimmer, Vertreter des „Leipziger Tageblattes" in Dresden, als gesckäfis ührender Direktor ge wählt worden. Herr Direktor Zimmer hat die Geschäfte am 1. Juli übernommen. Die Generalversammlung des „Jnvalidendank für Sachsen" findet am 7. Juli in Dresden statt. — Die Bau- und Möbeltischler des Junungs- bezirks Dresden sind in eine Lohnbewegung eingelreten. Im Trianon wurde gestern vor mittag eine stark b. suchte Versammlung ab- tzehalien, wobei man mit großer Stimmen mehrheit und in geheimer Abstimmung die Durchführung der von der Tarifkommission aufgestellten Forderungen beschloß. Es wird unter anderem die 9'/zstündige Arbeitszeit und ein Stundenlohn von 42 Pfg- für Möbel- und 45 Pfg. für Bautischler verlangt. Die Innung und die Arbeitgeber sollen hiervon umgehend in Kenntnis gesetzt werden, und bei etwaiger Ablehnung der Forderungen will man am 11. Juli in den Ausstand eintreten. Weitere Forderungen, darunter namentlich die 9 stündige Arbeitszeit und ein gleichmäßiger Stundenlohn von 45 Pfg. sollen am 1. April 1905 auf gestellt werden. — Gestern Mittag ist in der Wohnstraße 35, Vorstadt Pieschen, ein Gerüst eingestürzt, wobei der Arbeiier Krone getötet und zwei weitere Arbeiter schwer verletzt worden sind. — Nachts wurde im Restaurant zur Börse an der Leipziger Straße eingebrochen. Ein in den Gast^äumen befindlicher Hund wurde be täubt, dw Kasse geplündert und ein Automat erbrochen. — Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich gestern abend in der siebenten Stunde in einer Untergeschoßwohmmg des Grundstücks Spener- Straße 18 in Vorstadt Striesen. Dort hatte während der nur kurzen Abwesenheit ihrer Mutter das 3>/z Jahre alte Töchterchen dieser mit Streichhölzern gespielt und dabei seine Kleider in Brand gesetzt. Ehe noch Hilfe zur Hand war, hatte das bedauernswerte Kmd durch Herabbrennen der Kleider solche Ver brennungen am ganzen Körper erlitten, daß sich, nachdem ihm durch Beamte der Wohifahns- polizei und der herbeigerufenen Feuerwehr die erste Hilfe zu teil geworden, seine sofortige Ueberführung mittels Unfallwagens nach dem Johannstävier Krankenhause notwendig machte. Das arme Geschöpf dürfte kaum mit dem Leben davonkommen. Coswig. Bei einer gründlichen Revision der hiesigen Sparkaffe wurde eine durch den Kassierer Berthold unterschlagene Summe auf 18 000 Mk. festgestellt. Löbau. Die auffallend kalten Tage und Nächte, die uns noch zum Abschied der Juni brachte, hat der Inhaber eines Hutgeschäfts mit gutem Humor ausgenommen. In semem Schaufenster konnte man neben einem mit Pelz gefütterten Strohhut ein Plakat mit der Aufschrift: „D m Wetter entsprechend mit Pelz gefütterte Strohhüte" sehen. Bautzen. Die Waggon- und Maschinen fabrik A.-G- vorm. Busch führte vor einigen Tagen aus Bautzen eine neue Automobil- Dampfspritze nach Dresden für dis städtische Feuerwehr über. Die neue Dampfspritze ist für eine Leistung von 1 600 Liter pro Minute berechnet. Die Neberführung erfolgte unter eigenem Dampfe und die ca. 60 Kilometer lange Wegstrecke wurde in 1 Stunde 52 Min. Fahrzeit zurückgelegt, wozu allerdings die für Wafferaufnahme erforderliche Z-it hinzukommt. Als Feueruugmaterial wurde Petroleum ver wendet. Riesa. Hier hat der Maurerstreik am Freitag sein Ende gefunden. Herrn Bürger meister Or. Dehne ist es in einer Sitzung der vereinigten Baugeschäftsinhaber und der Vertreter der streikenden Bauhandw-wker ge lungen, eine Einigung zu erzielen, indem die Baugeschäftsinhaber einen Slundenlohn von 34 Pfg. für dieses und von 39 Pfg. für nächstes Jahr zusagten. Leipzig Das Reichsgericht verwarf die Revision des Möbeltransporteurs Groß und des Kutschers Stafforst, die am 26. Februar den Klavierhändler Lichtenstein in Frankfurt a. M- ermordet und beraubt hatten und am 18. Mai vom dortigen Schwurgericht zum Tode ver urteilt worden waren. Leipzig. Sonnabend früh ist eine in der Kockstraße wohnhafte 67jährige Witwe aus einem Fenster ihrer in der 1. Etage gelegenen Wohnung in den Hof hinabgeslürzt und tot liegen geblieben. Anscheinend liegt Unglücks fall vor, — Sonnabend nachmittag gegen 2 Uhr fuhr am Floßplatz ein Motorwagen der Straßenlinie Döblitz - Gohlis in die Flanke eines Wagens derselben Linie, der aus ent gegengesetzter Richtung gefahren kam. Hierbei wurden 6 Personen verletzt, glücklicherweise aber nicht schwer. Die Wagen wurden be schädigt, einer davon so stark, daß er außer Betrieb gesetzt werden mußte. Den Führer des einen Wagens dürfte insofern die Schuld an dem Zusammenstoß treffen, als er zu früh in eins Notweiche eingefahren war. — Pech hatte ein 37 Jahre alter Barbier aus Müglitz in Mähren. Eben hatte er ein schönes Fahrrad bestiegen und war abgeflitzt, als er in der Petersstraße auch schon von einem Schutzmann angehalten wurde, weil dort nicht gefahren werden darf. Als der Dieb nach der Polizeiwache gebracht wurde, erstattete dort gerade der Verlustträger die Anzeige, daß ihm sein Rad gestohlen worden sei. Sofort erhielt er sein Rad zurück; der Dieb aber ver blieb in den gastlichen Räumen. — Sonntag Nachmittag schoß im Johamics- tal der 21jährige Buchdruckereiarbeiter Albert Ackermann, aus Zössen gebürtig seiner früheren Geliebten, der 21jährigen Arbeiterin Hedwig Köhler aus Leipzig-Volkmarsdorf, aus einem bereitgehaltenen Revolver zwei Kugeln in die Schläfe und tötete sich dann selbst durch einen Schuß in den Kopf. Das Mädchen wurde schwerverletzt ins Krankenhaus gebracht. — Die Kellnerin, welche auf ein ihr von einem Landwirt geschenktes Los der letzten Völkerschlacht-Denkmals-Lotterie die Prämie von 75000 Mark einheimsts sollte einem Herrn ihrer Bekanntschaft 10 000 M. geschenkt haben. Jetzt verlautet dagegen, baß sich über die ganze Angelegenheit bald ein interessanter Rechtsstreit entspannen hätte da über die Lose eines Bankbeamten durch eine dritte Person rechts widrig verfügt worden war; indessen ist gestern Abend durch die bereits in Tätigkeit getretenen Rechtsanwälte ein Vergleich dahin zustande- gekommen. daß dem Bankbeamten 10 000 M. ausgezahlt werden, während die Kellnerin im Besitz von 65 000 M. verbleibt. Falkenau. Es ist nunmehr festgestellt, daß der ermordete Gendarmeriewachmeister Storm in Lauterbach, das Opfer von Wild schützen geworden ist. Im Lauterbacher und Ellbogener Reviere steht das Wilderer-Unwesen in Blüte und der nunmehr getötete Gendarmerie wachtmeister Storm wußte sehr gut, daß er die Wilderer zu fürchten habe, um so mehr, als er ihnen eifrig nachstellte. Aus der Woche. Die Volksvertreter der deutschen Einzelvater länder sind nun zum größten Teil auch in di« Ferien gegangen und damit tritt die Blütezeit der sauren Gurke voll in ihr altangestammtes Recht. Eine Zeitlang werden sich die Zeitungen vock von den reichlichen Resten der letzten vollen Mahlzeiten nähren; die Kieler Woche, der Be such König Eduard, seine möglichen Folgen, der wahrscheinliche Besuch Kaiser Wilhelms in Schottland, die „Sammelpolitik" des Freiherrn v. Mirbach, die wahrscheinlichen Folgen der neuen preußischenAnsiedelungs- und des Kontrakt- bruchaesetzes—das gibt noch für einige Ta;e Stoff zu tiefsinnigen Artikeln und zwischen durch sorgen vielleicht Deutsch-Südwestafrika uud Ostasten für neue Unterhaltung der Leser. Frankreich arbeitet zu dieser Jahreszeit im Uebcrflusts eines doppelten Skandals: der an geblichen Karthäuser-Brstechung, an der genau so viel Wesentliches zu sein scheint, wie am DreyfuS-Verrat, der jetzt zum dritten Male die Gerichte beschäftigt. Die Dreyfussache ist schon recht verblaßt und neuerdings ihretwegen drei Offiziere verhaftet wurden, gewinnt ihr daü Publikum kein Interesse m hr ab. Auch mag sich der Geschmack geändert haben. Da man jetzt bestimmt weiß, daß der Borderauzettel „Eatta vanaiUv äa O". eine doppelte Fälschung ist, in die der Buchstabe „O" erst hinein gearbeitet ist und der (was für jeden Halbwegs vernünftigen Menschen hätte von vornherein klar sein müssen) nicht von Kaiser Wilhelms Hand stammt, kümmert sich das große Publi kum diesseits und jenseits des Rheins nur noch spottwenig um die Sache und wenn der ehemalige Hauptmann Dreyfus zehnmal ein Jude wäre' In der Karthäuser-Üntersuchung ist jede Hoffnung, Klarheit zu gewinnen, aus geschloffen, nachdem der Prior es abgelehnt hat, die Namen derjenigen zu nennen, die ihn haben bestechen wollen. Wäre gegen den Sohn des Minister-Präsidenten Combes auch nur der Schatten eines Verdachtes, so ist nicht einzu sehen, aus welchem Grunde der Prior den großen Feind schonen sollt-. Mit dieser Zeugnisverweigerung aber fällt die ganze Kampagne gegen CombeS und seine Leute in sich selbst zusammen, das gestehen die Nationalisten selber zu, obwohl sie durch den drolligsten Zu fall von der Welt die Mehrheit der Unter suchungskommission bilden. Italien leistet sich gleichfalls einen Doppelskandal: Nasi ist über alle Berge und nun hat man im Postministerium angeblich eine ebensolche Korruption aufgefunden, wie sie Nasis Privatwirksamkeit kennzeichnet; da man in diesem Punkte mit der Marine verwaltung schon durch ist, ohne dort irgend etwas Erhebliches entdeckt zu haben, so besteht die Hoffnung, das auch die italienische Poü- verwaltung sich bester erweisen wird als ihr Ruf. Auf dem Balkan scheint seit der An wesenheit der europäischen Gendarmerie Ruhe eingekehrt zu sein, wenngleich sich der Sultan noch ab und zu bockbeinig zeigt; die Be völkerung scheint wenigstens die ' gute Absicht der europäischen Beamten zu merken, ihr ihre Rechte zukommen zu lassen, und da Bulgarien den Knmitatschis ebenfalls schärfer auf die Finger sieht, so gehen die Geschäfte der Herren Sarafow und Genossen schlecht. König Peter hat eine Gedenkfeier an die Schlacht auf dem Amselfeld (6. Juni 1389) abgehalten in der die Selbstständigkeit des alten „Kaiser reiches Serbien" vernichtet wurde. Er hat dabei eine sehr erbauliche Rede gehalten über die Uneinigkeit, die vor 500 Jahren den Serben so verderblich wurde und zugleich der „Vorsehung" gedankt, die ihn auf den Thron seiner Väter zurückgeführt; ein Werkzeug dieser Vorsehung, den Mordanführer Lasarewitsch, hat er aus diesem Anlaß zum Oberstleutnant befördert und zugleich hat er mit dem Fürsten von Montenegro Sympathie-Telegramme aus getauscht. Er will sich offenbar bei seinen fürstlichen Nachbarn anvettermicheln. Bei Bulgarien schien das schon gelungen, aber Fürst Alexander hat ein Magenleiden be kommen und muß nach Karlsbad, wodurch er „leider" verhindert ist, der KränungSfeier in Belgrad beizuwohnen. — Bezüglich Deutsch- SüdwestafrikaS sind wir schon offiziös zur Geduld ermahnt worden und die wollen wir auch üben, da wir die Gewißheit haben dürfen, daß das Notwendige dort geschehen wird, ohne daß allzuviel Opfer an Menschenleben ge bracht zu werden brauchen. Lieber nimmt man die Kosten größerer Truppennachschübe in den Kauf, als daß uns das Schachtelsystem übermäßige Opfer an Leben und gesunden Gliedermaßen unsrer braven Truppen auf erlegt. — In Ostasien steht noch immer die große Entscheidung aus; im Lüden Port Arthur, in der Mandschurei Liaujang-Mukden. Aber der große Ning zieht sich immer enger um die Russen zusammen, so daß der groß« Krach wohl bald erfolgen muß. Das ist nm so notwendiger, als sonst beide Parteien schon durch die bloße Kriegsberichterstattunng runierl werden. Ein ungarischer Journalist hat aus den Einz-lmeldungen gewissenhaft die Verlust« der Ruffen sowohl wie der Japaner seit dem 8. Februar zusammengetragen und wenn alle Berichte der Wahrheit gemäß wären, so hätten verloren! die Rusten 86 500 Mann an Toten, 185000 Mann an Verwundeten und 95500 an Gefangenen; ferner 78 Panzerschiffe erster, 38 Panzerschiffe zweiter Klaffe, 145 Panzer kreuzer, 411 Torpedobootzerstörer und 1487 Torpedoboote. Aber auch die Japaner sind sehr schlecht weggskommen, denn die ihnen gegnerische Berichterstattung hat ihnen folgende Verluste zugefügt: 98000 Tote, 149000 Ver wundete, 131000 Gefangene, 49 Panzerschiffe, 84 Panzerkreuzer, 98 Torpedojäger und 594 Torpedoboote. Auch Port Arthur ist schon reichlich ein Dutzendmal gefallen ... in Kabel depeschen der Berichterstatter. Dampfer-Untergang. Der Dampfer „Norge", auf der Fahrt von Kopenhagen nach New Aork wurde am ver gangenen Dienstag anscheinend aus seinem Kurs gerissen und stieß auf die Klippen des Rockhall Riff, 200 Meilen westlich von den Hebriden-Inseln, 67 Grad 36 Minuten nörd licher Breite und 13 Grad 45 Minuten west licher Länge. Der Kapitän Grundel ließ so fort rückwärts arbeiten. Der Dampfer hatte aber in der Seite ein so großes Leck, daß das Wasser mit großer Gewalt eindrang und alles überflutete, so daß jede Hoffnung auf Rettung entschwand. Die acht Boote des Schiffes wurden darauf ins Wüster gelaffen, von denen drei an der Bordwand des Schiffes zerschellten. Von den übrigen fünf Booten, die mit Paffa gieren gedrängt besetzt waren, gelang es nur zweien, vom Schiffe abzukommen. Mehrere Matrosen opferten ihr Leben, um Frauen und Kinder zu retten. Dec Dampfer „Norge" hatte 694 Pastagiere an Bord, darunter 79 Dänen, 68 Schweden, 296 Norweger, 15 Finnländer und 263 Rusten. Insgesamt sind jetzt 101 Gerettete gelandet.