Suche löschen...
Ottendorfer Zeitung : 04.05.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190405046
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19040504
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19040504
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-05
- Tag 1904-05-04
-
Monat
1904-05
-
Jahr
1904
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 04.05.1904
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
politische kunälckau. Der russisch-japanische Krieg. * Die Versuche der Japaner, den Ialu, zu überschreiten, mehren sich und sind auch teilweise geglückt. Vom Übergang größerer Massen hört man noch nichts. *Das russische Wladiwostok - Ge schwader bereitet den Japanern schweren Schaden. In der Nacht zum Donnerstag wurde der japanische Militärtransportdampfer „Kinschiu Maru" von 4000 Tonnen in den Grund gebohrt. Er hatte Reis, verschiedene Kriegsvorräte und gegen 1500 Tonnen Kohlen . geladen. Der Dampfer war mit vier Kanonen armiert. 17 Offiziere, 20 Soldaten, 85 Kulis und 65 Mann Bemannung, die sich ergaben, nahm das russische Kriegsschiff an Bord. Der ohne Offiziere zurückgebliebene Teilder Landungs- abteilung weigerte sich nicht nur entschieden, sich zu ergeben und sich auf den Kreuzer zu begeben, sondern leistete bewaffneten Wider stand Und fand daher mit dem Schiffe, das in den Grund gebohrt wurde, seinen Tod. Der Herero-Aufstand. * Bei der Ko l o n n e G l as e n a p p sind bis jetzt 87 Typhusfälle vorgekommen, von denen 9 tödlich verliefen. 43 Typhuskranke find in das Lazarett Windhoek überführt worden, der Rest und Zugänge bleiben in Otjihaenena, wo die ganze Abteilung unter Quarantäne ge stellt wird. * * Deutschland. * Von Karlsruhe aus, bis wohin die Kaiserin ihrem Gemahl entgegengefahren war, begab fich das Kais erp aar nach Mainz, um daselbst am Sonntag der Einweihung der neuen Eisenbahnbrücke beizuwohncn. Die Rück kehr nach Potsdam sollte über Wiesbaden erfolgey. *SüdwestafrikanischeAnsiedler haben den Reichstag telegraphisch ersucht, bei der dritten Lesung des Ergänzungsetats die Entschädigungsvorlage der Reichs- regiernng ohne Einschränkung anzunehmen oder die dritte Lesung bis zu dem Ende Mai bevor stehenden Eintreffen einer Abordnung von An siedlern zu vertagen. *Die Militärpensionsvorlage wird dem Reichstage noch in der jetzigen Session zugehen. Der Reichstag würde alsdann nicht geschlossen, sondern bis Oktober vertagt werden. *Die Verjüngung der Armee ist, wie der nationalliberale Hann. Cour/ hervor hebt, in diesen Tagen in einem Umfang erfolgt, wie selten vorher. Nachdem vor etwa acht Tagen der kommandierende General des elften Armeekorps, v. Wittich, vor einigen Tagen vier Generalleutnants aus dem Dienst geschieden find, ergibt sich aus den letzten beiden Nummern des ,Militär-Wochenblattes^, daß 15 General majors, 15 Obersten, 5 Oberstleutnants, 14 Ma jors in Genehmigung ihrer Abschiedsgesuche zur Disposition gestellt find oder den erbetenen Abschied erhalten haben; außerdem find von ibrer Dienststellung auf ihr Gesuch 20 höhere Offiziere enthoben. *Die preußische Regierung soll, wie der ,Kons/ aus zuverlässiger Quelle erfährt, jeder Verschärfung der Warenhaussteuer entschieden abgeneigt sein. Selbst wenn beide Häuser des Landtages, wie zu erwarten ist, neue Verfchärsungsanträge zum Warenhaus steuergesetz annehmen sollten, dürften diese nicht die Zustimmung der Regierung finden. Eine weitere Belastung der Warenhäuser halten die maßgebenden Kreise angeblich für untunlich und mit den Grundsätzen der Gewerbesreiheit unvereinbar. *Jn der bayrischen Abgeordnetenkammer erklärte Minister v. Frauendorfer, er stehe in bezug auf die E i nh e i t sm ark e ganz auf dem Standpunkte des Grafen v. Crailsheim. Durch die Einführung einer Einheitsmarke könnte das bayrische Reservatrecht beeinträchtigt werden. Die Beibehaltung der besondem bayrischen Postmaike habe auch jür die Pfalz nur unwesentlichen Nachteil zur Folge. * Nach einer Verfügung des bayrischen Vetkehrsministeriums wird vom 1. Mai ab die erste Wagenklasse bei den meisten Per sonenzügen abgeschasft. Bei den Schnell- und Eilzügen dagegen bleibt sie. England. *Das Unterhaus hat mit Zustimmung der Regierung eine Resolution angenommen, in der die Regierung aufgefordert wird, in denKolo - nien den Anbau von Baumwolle zu fördern. Italien. *Am Donnerstag begaben fich König ViktorEmanuel, Präsident Loubet, der Herzog von Genua, der Graf von Turin, der Minister Tittoni und der fran zösische Minister des Auswärtigen Delcassö Unseren tapferen Truppen in Südwestafrika ist ein neuer, höchst gefährlicher Feind erstanden, der in wenigen Tagen fast mehr Opfer gefordert hat als der Feldzug gegen die Hereros selbst. Unter den Mannschaften der Kolonne Glasenapp ist eine Typhus epidemie ausgebrochen, der am 23. April schon 63 Prozent ihrer Offiziere und 35 Prozent der Sol daten erlegen waren. Unter dem genannten Datum wurden in einem Kabeltelegramm diese furchtbaren Verluste gemeldet zugleich mit den Maßnahmen, die die Führung ergriff, um der Ausbreitung der Seuche zu begegnen. Unter Leitung des Stabsarztes Wie mann ist in Otjihaenena ein Lazarett errichtet worden. nach Neapel, wo eine große Flotten parade statlfinden sollte. Ruhland. * Nach einer Statistik, die die ,Nowostfi ver öffentlicht, beträgt die Gesamtsumme der fran zösischen Kapitalien, die in Ruß land angelegt sind, nicht weniger als 6966 Millionen Frank, also nahezu 7 Milliarden. Hiervon find 6090 Mill, in russischen Staats- papieren, 792 Mill, in Bergwerken und Fabrik- unternehmungen, 49 Mill, in Handelsunter- nehmungen, 18 Mill, in Bank- und Kredit anstalten und 17 Millionen in Realitäten fest gelegt. *Der Oberbeamte Popowzow von der russischen Verkehrsdirektion der Warschau-Wiener Eisenbahn in Warschau wurde upter dem Ver dacht verhaftet, die vom russischen Großen Generalstab ausgearbeiteten Mobilisie- rungspläne für die genannte Bahnlinie an eine auswärtige Macht verkauft zu haben. Balkaustaaten. * Gegen die mazedonischen Flücht linge hat die bulgarische Regierung strenge Maßnahmen ergriffen. Täglich werden in Sofia Verhaftungen vorgenommen. Der Beginn der Verhandlungen über die Art und Weise der Rückbeförderung der Flüchtlinge hat fich wegen der schweren Erkrankung des türkischen Kom missars verzögert. *Die wiederholt angekündigte Absicht der bulgarischen Regierung, in Berlin eine diplomatische Vertretung des Fürstentums zu schaffen, soll ihrer Verwirk lichung nähergerückt sein. Bereits im Herbst dürfte ein bulgarischer Bevollmächtigter zum dauernden Aufenthalt in Berlin eintreffen. * König Peter von Serbien empfing am Mittwoch den früheren Ministerpräsidenten Avokumowitsch, sowie den russischen Gesandten Gubastow, der am Donnerstag sein Beglaubi gungsschreiben überreichte, in Privataudienz. Afrika. * Im portugiesischen Grenzdistrikt Deutsch- Ostafrikas sind nach in Lissabon einge troffenen Nachrichten Unruhen ausgebrochen. Namentlich werden ernste Vorfälle aus den an den Nyassa-See angrenzenden portugiesischen Gebieten berichtet. Asten. * Eine Depesche aus Petersburg meldet, der russische Vertreter in Lhassa habe dem Dalai Lama von Tibet geraten, vor den Eng ländern auf ru ss i s ch e s G eb i e t zu flüchten. Zus äem Keickstage. Der Reichstag genehmigte am Donnerstag in dritter Lesung die Vorlage über die Fürsorge für kranke Seeleute ohne wesentliche Änderungen und setzte dann die erste Lesung der Börsengesetznovelle fort. Abg. v. Kardorff sfreikons) führte aus, daß die Vorlage in manchen Punkten an Klarheit zu wünschen lasse und wünschte das Verbot des Terminhandels auf Getreide beschränkt zu sehen, fügte aber hinzu, daß ein Teil seiner Partei noch immer für ein allgemeines Verbot sei. Im übrigen machte er Vorschläge zu einer Änderung der Aktien- gesetzgebung, die Abg. Kämpf (frs. Vp.) bekämpfte; derselbe charakterisierte die Novelle als ungenügend, während Abg. Lucas (nat.-lib.) die Vorlage ziem lich freundlich besprach und auch Abg. Dove (frs. Vgg.) sie als kleinen Fortschritt anerkannte. Am 29. v. wurde die erste Beratung derBörsen - gesetznovelle fortgesetzt. Abg. Graf Reventlow (wirtsch- Vgg.) be glückwünscht ironisch die Regierung zu dem Mut, einen solchen Entwurf dem Hause borzulegen. Die Begründung des Entwurfs sei noch schlechter als der Entwurf selbst. Die Vorlage wolle den wichtigsten Teil des Börsengesetzcs aufhcben und dem Bundes rat die Befugnis geben, gewisse Termingeschäfte dem Begriff des Börsengeschäftes zu entziehen. Solch ein Vertrauen habe der Bundesrat nicht verdient. Aber die Regierung weiche stets vor dem mobilen Kapital zurück. Die preuß. Negierung habe ihre Pflicht nicht getan. Ihr Verhalten gegenüber der Börse werde im gewöbwicben Leben „Rechtsbeugung" genannt. (Präsident Graf Ba! lcstrein ruft den Redner wegen dieses Ausdrucks zur Ordnnng.) Abg. Reventlow (fortfahrend) beschäftigt sich des weitern mit der Rede des Abg. Kämvs und spricht sich dagegen aus, daß die dreißigjährige Ver jährungsfrist aufgehoben Wörde. Die Vor lage sei ein Symptom der ganzen volitischen Richtung. Seine Freunde würden die Opposition gegen die Vorlage mit der größten Rücksichtslosigkeit betreiben, Preuß. HandelSminlster Möller erwidert, die Ausführungen des Vorredners würden einen großen Einfluß auf politische Entschlüsse nicht ausüden. Der Entwurf sei nicht durch unkontrollierbare Ein flüsse hervorgerufen, sondern hervorgegangen aus den Gesichtspunkten, die vom Börsenausschuß und der Börsenvertreter-Konferenz festgelegt seien. Er bitte nochmals das Haus, ihm zu helfen, daß Leute nicht durch Gesetz zu Unanständigkeiten verführt werden. Die Behauptung, daß den Börsenkreisen Treu und Glauben fremd sei, müsse er entschieden zurückweisen. Graf Reventlow habe kein Recht, die gewaltigen Kreise, die an der Börse verkehrten, als ehrbrüchig hinzustellcn. Das sei auch politisch unklug. Abg. Graf Schwerin-Löwitz (koni.) be gründet die Stellung der Minderheit des Börsen ausschusses. Wenn sich die Negierung ganz und gar an dessen Vorschläge gehalten hätte, so würde sie ein brauchbares Gesetz zustande gebracht haben. Seit Einführung des Verbots seien die Bewegungen der Getreidepreise viel ruhiger geworden. Unbedingte Voraussetzung für eine Revision sei, daß dem Gesetz Achtung erwiesen werde. Das könne man auch von der Großmacht Börse verlangen. Geh. Rat Wendel kadt versichert, der Terminhandel an der Börse sei vernichtet, und der Bundesrat beabsichtige nicht, ihn wieder einzuführen. Die verbündeten Regierungen wollten nur eine sichere Rechtsgrundlage schaffen. Abg. Bernstein (soz.): Über die Frage des TcrminhandelS habe nicht der Jurist das letzte Wort zu sprechen, sondern der Volkswirt. Die Börse als Zeutralpunkt des wirtschaftlichen Lebens sei unter den heutigen Zeitverhällnisfen unentbehr lich. Die Börse sei zweifellos ein Regulator der Preise. Heute sei das Verbot des Terminhandcls zeitwidrig, renn heute sei die Anhäufung ungeheurer Kapitalien in wenigen Händen ausgedehnter als je. Die Vorbedingungen für dis Beseitigu g dieser Zu stände sei nur die Verstaatlichung aller Produktions zweige. Die Herren von der Rechten bättcu übrigens die allergeringste Veranlassung, gegen da» Spiel zu eifern. Oder gelte es etwa in ihren Kreisen für anständig, seine Spielschulden nicht zu bezahlen? Durch das Lotteriewesen verführe man ja sogar das ganze Volk zum Spiel. Abg. Bur läge (Ztr.) spricht sich nochmats gegen die Aufhebung des Verbots des Termmkandels ans und beantragt, daß die. Kommission, an die die Vorlage verwiesen werden soll, ans 2t Mitgliedern bestehen soll. Abg. Gamp (freikons.): Die Börse hat das Termingeschäft gegen den Widerspruch der Produ zenten, Konsumenten und Effektivhändler cingeführt. Redner gibt einen historischen Rückblick auf die wirt schaftliche Entwickelung durch die Börsengesetzgebung. Im Hinblick auf die schädlichen Wirkungen des Börsentermingeschäftes mühte man eine.hobe Prämie aussetzen für eine erschöpfend/ Definition des Börsen- termingeschäfts. Das Börsenregister habe seine Wirkung sehr wohl erfüllt, indem es die Outsiders von den Börsengeschäften ausgeschlossen hat. Ein Beweis für die Behauptung daß die Geschäfte an das Ausland übergegangen sind, sei von den Freunden des Gesetzes nicht erbracht worden. Eine wesentliche Verschlechterung des Gesetzes sei die Be stimmung, daß der Bundesrat die Bedingungen für legale Zeitgeschäfte.genehmigen solle. Abg. M o m m j e u (frs, Vgg.): Man sollte auf der rechten Seite diese wirtschaftlich so ^außerordent lich bedeutungsvolle Frage weniger vom politischen Gesichtspunkt behandeln. Nach- Erlaß des Börsen gesetzes wären die Depots der deutschen Banken im Auslande ganz erheblich angewachsen, Die Ver lockung zu Spekulationen im Auslände sei durch die Bestimmungen des Börsengefetzes ganz außer ordentlich erleichtert worden. Redner erklärt, immer für Eintragung in dgs TerminregM gewesen zu sein. Aber wenn jemand von einem ihm durch das Gesetz gegebenen Reckst keinen Gebrauch mache, könne man doch nicht von Renitenz sprechen^ . i Darauf vertagt sich das Haus. Br,»rßi>ch«v Landtag. Im Äbgeordnetenhause standen am Donnerstag die wasserwirtschaftlichen Vorlagen zur ersten Be ratung. Ministör Budde begründete dieselben im allgemeinen und betonte die Bedeutung der Wasser straßen im Interesse der Landwirtschaft nicht minder wie im Interesse von Handel und Industrie. So dann ging der Minister am die einzelnen Hoch wasserschutzvorlagen unter besonderer Hervorhebung derjenigen für die mittlere und obere Oder, der Havel und der Spree ein. Er empfahl die baldigste Annahme der Vorlagen. In der Gencral- diskussion über den Gesetzentwurf betr. die Frei- baltung der Überschwemmungsgebiets sowie der Wasserläufe, wurden von Rednern aller Parteien neben Betrachtungen allgemeiner Art bei Zustimmung zu der gesetzgeberischen Absicht Einzelbedmken er hoben, die den Ministerialdirektor Dr. Hermes in Vertretung des erkrankten Ministers der Landwirt schaft mehrfach zum Eingreifen veranlaßten. Schließlich wurde die Vorlage an die zu bildende wasserwirtschaftliche Kommission verwiesen;, ebenso nach kurzer Debatte der Gesetzentwurf betr. Hoch wassergefahren in den Provinzen Brandenburg und Sachsen. Das Abgeordnetenhaus setzte am Freitag die Beratung der waffelwirtschaftlichen Vorlagen fort. Der Gesetzentwurf betr. die Verbesserung der Vorflut in der unteren Oder, Havel und Spree ging an dieselbe Kommission, der die beiden bereits in erster Lesung erledigten wasserwirtschaftlichen Vorlagen überwiesen sind. Die Beratung über den Gesetz entwurf betr. Maßnahmen zur Regelung der Hoch wasser-, Deich- und Vorflutverhältnissr an der oberen und mittleren Oder wurde noch nicht zu Ende ge führt. In der noch einmal eröffneten General debatte über die Mcliorationsvortagcn machten die konservativen Abgg. v. Arnim und Malkewitz der Regierung den Vorwurf, daß sie jahrelang, wasser wirtschaftlichen Phantomen nachgejägt habe) ohne die notwendigen Flußregulierungen in Angriff zu nehmen. Im übrigen wurde die Frage der H-ran- ziehung der Interessenten zu den Kosten ausführlich besprochen. Von j^ak unci fern. Zwölfhundertjahrfeier. Ein Fest, wie es noch keine thüringische Stadt gefeiert haben dürfte, wird in . der Pfingstwoche Arnstadt in seinen Mauern sehen. Die liebliche Stadr, am Eingang zum Thüriyger Walde, begeht die Zwölfhundertjahrfeier ihres Bestehens. A Sme 6eläkeirat. 1j Erzählung von M. .Teil mar.*) ' - 1- „Mir scheint, es wird Zeit, daß ich ans Heiraten denke," sagte der Hauptmann Lindner zum Assessor Balder, in dessen Zimmer sie be haglich bei der Zigarre saßen. „Als ob Sie daran nicht längst gedacht hätten," erwiderte Balder, vergnügt einer Rauch wolke nachsehend, die er eben vor sich hin ge blasen hatte. „Wie meinen Sie das?" fuhr Lindner auf. „Tun Sie nur nicht so unschuldig," versetzte der Freund, „meiner Diskretion können Sie ja sicher sein." „Aber ich verstehe Sie nicht, in der Tat nicht!" „Nun, mein Bester, wenn Sie denn durch aus Ihre eigenen Gedanken von mir hören wollen — daß aus Ihnen und Gabriele Grain ein Paar wird, ist doch sonnenklar. Und ich gratuliere Ihnen aufrichtig dazu. Außer meiner Anna und mir gibt es wohl kaum zwei Menschen, die so für einander geschaffen sind!" „Gabriele Grain soll ich heiraten? Ich habe nie daran gedacht, und es ist unmöglich — unmöglich!" — „Und warum das?" fragte der Assessor, die Zigarre sortlegend, nicht ohne Erregung. „Sie brauchen eine kluge, liebevolle und gewandte Frau, eine Frau, die Sie versteht — was, wie ich eben sehe» nicht immer leicht ist —, und die *) Unberechtigter Nachdruck wird verfolgt. zu verstehen Ihnen lohnen kann. Alles das finden Sie bei Gabriele, und die freundschaft liche Art, in der Sie mit ihr verkehren . . ." „Ist eben nur freundschaftlich. Sie vergessen eins: Gabriele ist — nicht reich. Ich kann nur heiraten, wenn ich einer namhaften Zulage sicher bin." „Wenn mir das ein anderer als Ihre An sicht erzählte, würde ich ihn auslachen. — Sie sehen so ernst aus, daß ich leider nicht lachen kann. Trotzdem will ich!s noch nicht glauben. Sie nach Geld heiraten? Wer soll denn noch die Ideale hoch halten, wenn Männer wie Sie es nicht tun Wo soll man noch nach echter Liebe suchen, wenn Sie, ein wertvolles Mädchen verschmähend, nach dem wertvollen Beutel greifen?" „Guter Freund, übertreiben Sie nicht. Ich bin weder besonders gut, noch will ich besonders schlimm sein. Ich bin nur ein Mann mit mate riellen Bedürfnissen, wie heutzutage alle sind. Und so leicht es mir jetzt auch wird, mir dies und jenes zu versagen — ich weiß, daß ich als. Ehemann jede Einschränkung drückend empfinden wüide. Nennen Sie es Schwäche, aber — ich könnte meine Frau nicht darben sehen l" „Jetzt übertreiben Sie, lieber Alfred. Zwischen Darben und Luxus gibt es doch manche Zwischenstufe. Darben würden Sie auch an Gabrieles Seite nicht. Eine gediegene Ausstattung und ein dauernder Zuschuß des Geheimrats würden Ihnen sicher sein. Ich entfinne mich, daß ich selbst ihn sagen hörte: Was meine Tochter zu Hause kostet, werde ich sie mir immer kosten lassen, mag sie nun heiraten oder einmal auf eigenen Füßen stehen wollen. — Das genügt Ihnen nicht ?" fuhr er fort, als Lindner ungeduldig den Kopf schüttelte. „Nein," sagte dieser ruhig, aber bestimmt. „Ich muß mehr Rückhalt haben und die Mög lichkeit, jeden Augenblick den Dienst zu quittieren. Mancher Vorgesetzte beurteilt uns strenger, wenn er weiß, daß wir auf das Gehalt allein angewiesen find. Mit der Möglichkeit, zu gehen, gewinnen wir die Sicherheit, zu bleiben." „Ich fürchte, Sie werden wenig Interesse für den Dienst behalten, wenn er Ihnen nichts anderes zu sein braucht, als ein ehrenwerter Zeitvertreib." „Im Gegenteil, lieber Freund, ich werde ihn mit doppeltem Eifer ausüben, wenn er nicht mehr Broterwerb für mich ist." „Aber wozu bedürfen Sie einen solchen Hintergrund? — ein Mann von Ihren Fähig keiten, Ihrer Pflichttreue . . ." „Hören Sie doch auf, mir zu schmeicheln. Ich will weder Ihr Lob, noch Ihren Tadel." „Wenn Sie das Lob denn verbieten, den Tadel kann ich Ihnen nicht ersparen. Was Sie tun wollen, ist ein Umecht an sich selbst, an den Männern, denen Sie Vorbild sein sollen, und an — Gabriele." „Ich werde jeden Vorwurf einzeln wider legen," sagte Lindner nachdenklich. „Ich weiß sehr gut, daß der Besitz allein nicht glücklich macht, mich nie glücklich machen würde. Aber ich kenne mich ..." „Dann müssen Sie auch wissen, daß Sie eine tiefe Sehnsucht nach Liebe und Verständnis haben, daß Sie Frauenwert hoch halten, und daß Sie namenlos unglücklich sein würden neben einer unbedeutenden, Ihnen innerlich ungleichen und, Sie mögen es anstellen wie Sie wollen, schon deshalb ungeliebten Frau!" „Nun, dumm braucht sie ja nicht gleich zu sein, und sie zu lieben, würde meine Aufgabe, sie hochzuhalten, meine Ritterpflicht sein." „Da sehen Sie, daß Sie nicht für . eine materielle Weltanschauung taugen! Sie find gar kein moderner, nüchterner, praktischer Mensch, Sie find ein lieber, törichter Schwärmer. Ja, ein sehr törichter," fuhr er eifrig fort, als Lindner ihn unterbrechen wollte, „denn statt ungehindert dem Idealen nachzustreben, das Ihnen innerstes Bedürfnis ist, legen Sie fich freiwillig Ketten an und werden dann die Ketten idealisieren, bis Sie fich daran wund gerieben haben. Jeden langweiligen Dienst fassen Sie enthusiastisch auf, natürlich werden Sie Ihr Lebensglück oder das, was Sie dafür halten, erst recht so auffassen. Sie können gar nicht anders. Der Enthusiasmus ist Ihre wahre Natur, und nicht, wie Sie vorgeben oder selbst glauben, die kühle Berechnung. Die Tageskrankheit hat Sie gar nicht angesteckt. Sie sind ein walLäe imsxi- uairs, mein lieber Alfred!" „Aber könnte es mir denn nicht gelingen, Verständnis und Vertrauen zu finden auch bei einer zuerst ungeliebten Frau?" „Ja, wenn Sie so mit einem Durchschnitts behagen zufrieden wären! Aber das werden Sie nie sein, nie! Und die Sehnsucht nach den reinen Höhen des Lebens wird Sie foltern und — löten!" —
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)