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Eine 1 »tägige Futzreise ans Heimweh hat das 21jährige Dienstmädchen Bieneck von Berlin nach Wenzlowitz unternommen. Sie war in einem Berliner Vororte in Stellung und wurde schon vier Tage nach ihrem Dienst aniritt von starkem Heimweh ergriffen. Unter Zurücklassung ihrer wenigen Habseligkeiten war sie plötzlich verschwunden; ein Brief aus ihrem Heimatsorte Wenzlowitz, der nach drei Wochen eintraf, klärte den Tatbestand auf. Das Mäd chen hatte den Weg bis nach ihrem Heimats orte zu Fuß zurückgelegt. Ohne einen Pfennig Geld hatte sie sich durchgeschlagen; unterwegs ernährte sie sich von den Gaben mildtätiger Menschen. Hoffentlich belohnt man nun ihre Heimatsliebe dadurch, daß man sie in Wenzlowitz behält. Eine wilde Verfolgung von Zigeunern, die im Verdacht waren, ein Kind gestohlen zu haben, fand im Forste des Rittergutes Rietz bei Treuenbrietzen statt. Die braunen Gesellen versteckten sich im Walde und suchten die aus Gendarmen und Wirtschaitsbeamten bestehenden Verfolger irrezuführen. Um nun den Gendarmen die richtige Spur anzugeben, schoß der Sohn eines Rittergutsbesitzers einige Male aufs Ge ratewohl, wobei ein Schuß einen Zigeuner traf. Die Verwundung war so geringfügig, daß der Mann seine Flucht fortsetzen und erst verhaftet werden konnte, als er von den Gendarmen über ritten wurde. Dabei erhielt der Zigeuner indes so schwere Verletzungen, daß er nach dem Krankenhause in Treuenbrietzen gebracht werden mußte. Ei« «euer Unfall auf der Pariser Untergrundbahn. Die Pariser Stadtbahn hat ein Malheur nach dem andern. Am Sonntag nachmittag fuhr in dem Bahnhofe „Porte Maillot" ein leerer Zug auf einen andern voll besetzten Zug auf. Drei Personen erlitten Ver letzungen, die jedoch meist sehr leicht waren und nur in kleinen Quetschungen bestehen. Die meisten Verletzungen wurden durch das Ge dränge verursacht, das entstand, als die Fahr gäste im ersten Schrecken aus dem Zug hinaus zukommen suchten. (Aus der großen Katastrophe im vorigen Jahre scheint man in Paris wenig Lehren gezogen zu haben.) Et« Spezialist für Unfälle stand dieser Tage vor der Pariser Strafkammer. Der Mann, ein gewisser Grignon, war Grünkramhändler im Um herziehen. Sein Hauptgeschäft war jedoch ganz anderer Natur: er fuhr mit einem Handwagen durch die belebtesten Straßen und ließ sich, sobald es nur irgend anging, von einem Omnibus oder einem Geschäftswagen umrennen; wenn er dann inmitten seiner Ware auf der Straße lag, erhob er ein jämmerliches Geschrei und verlangte für angebliche Verletzungen hohe Entschädigungssummen, die er denn auch auf gütlichem Wege oder nach langem Pro zessieren erhielt. Durch einen bösen Zufall kam seine Gaunerei ans Licht, und der Spezialist mußte vor Gericht erscheinen. Es wurde festgestellt, daß er in der Zeit vom 18. Dezember 1901 bis zum 17. August 1903 wenigstens achtmal „zerschmettert" worden ist. Jetzt wurde er für drei Jahre in? Gefängnis ge schickt : er hat also Zeit, seine Wunden gut ausheilen zu lassen. Grignon hat übrigens in Paris einen Vorgänger. Dieser, ein halbblinder Mensch, lief mit Vorliebe in nicht allzu schnell fahrende Fahrräder kuncin und ließ sich dann seinen „Unfall" von den Radlern, die eine hochnotpeinliche Gerichtsverhand lung fürchteten, mit Gold bezahlen. Eines Tages hatte der Mann aber Pech: er wurde wirklich regel recht überfahren und starb darauf im Hospital. Spielers Ende. Der Gerichtsrat Weyer schoß sich in einem Lyoner Hotel eine Kugel ins rechte Auge. In Briefen an seine Familie gibt er als Ursache Schmerz über den Tod seiner Tochter an. Gegen Weher schwebte eine Untersuchung infolge einer Anzeige, wonach er als Mitglied eines Klubs beim Spiel Gold stücke vom Spieltische verschwinden ließ. Enthüllung eines Denkmals für Papst Leo Unter Teilnahme aller katholischen Vereine Roms und vieler Vertreter auswärtiger Vereine fand am 19. d. die feierliche Ent hüllung des Arbeiterdenkmals für Leo XIII. statt. Kardinal Ferrata hielt die Gedenkrede. Das Denkmal, das vom Bildhauer Monti ent worfen ist, stellt auf hohem Postament einen Arbeiter dar, der bei Amboß und Hammer in der hoch erhobenen Rechten ein Kruzifix hält. Das Postament ist mit dem Wappen Leos und einer Widmung geschmückt und enthält die Ein gangsworte seiner ersten Enzyklika über die christliche Demokratie. Von deutschen Vereinen waren der Deutsch-Römische Arbeiterverein und die katholischen Vereine Berlins vertreten. Das Denkmal steht im inneren Hofe des Laterans. Dynamttexplofion. Der Mailänder Ingenieur Missaglia hantierte im Kreise seiner Familie unvorsichtig mit für den Fischfang be stimmten Dynamitpatronen. Dieselben explo dierten, wobei Missaglia in Stücke zerrissen wurde, während zwei Familienmitglieder schwere Verletzungen erlitten. Wo ist der Schaffner? Eine köstliche Geschichte ereignete sich dieser Tage auf der Kleinbahnlinie Oldenzaal—Gronau in Holland. 5 Jahren einen Drohbrief erhalten, worin ihm mitgeteilt wurde, daß sein Haus angesteckt wer den würde. Tödlicher Unfall eines rumänischen Diplomaten in Petersburg. Der rumänische Vizekonsul Teodoresko hat bei einem Unglücks fall sein Leben eingebüßt. Er begab sich in den dritten Stock des rumänischen Gesandtschasts- gebäudeS mittels des Fahrstuhls. Wahrschein lich verließ er diesen zu früh und stürzte in den Schacht herunter, wobei er sich einen tödlichen Schädelbruch zuzog. Ein internationaler Skat-Kongrest wird in St. Louis geplant. Das Preßkomitee des nordamerikanischen Skatbundes hat soeben einen Aufruf an alle Skatspieler erlassen, in dem mit Oie bei Owikokorero gefallenen äeutleben Offiziere. Hauptmann a. D. v. Francois. Oberleutnant Eggers. Oberleutnant Max Dziobek. Oberleutnant z. S. Stempel. Der Zug hatte den Bahnhof Tol erreicht, als zwei Reisende den Zugführer darauf aufmerk sam machten, daß ihre Fahrkarten noch nicht durchlocht feien. Der Angeredete suchte im Glauben, daß der Schaffner eingeschlafen sei, die Abteile ab, konnte ihn aber nirgends finden. — Was war nun zu tun? Der Schaffner mußte auf der Ausgangsstelle den Anschluß versäumt haben und kurz entschlossen gab der Lokomotivführer Gegendampf und fuhr wieder zurück. Kurz vor Oldenzaal wurde denn auch bald ein Mann erblickt, der mit „Eilzugs" - Geschwindigkeit auf dem Schienengeleise dem Zuge entgegenlief. Es war der vermißte Schaffner. Der Verlorene fand, begrüßt von lauten Hurras der Fahrgäste, freudige Auf nahme, und nun konnte die unterbrochene Fahrt mit einstündiger Verspätung fortgesetzt werden. Infolge des letzten Dynamitanschlages in Lüttich nahmen Agenten der Sicherheitspolizei bei mehreren Anarchisten Haussuchungen vor, die aber ohne Ergebnis blieben. Der bei dem Attentat verwundete Priester hat bereits vor geteilt wird, daß in der Wsltausstellungsstadt in den Tagen vom 28. bis 31. Mai ein inter nationaler Skat-Kongreß stattfindet, mit dem ein Riesenturnier verbunden sein wird. Zur Ab haltung des Turniers ist die größte und schönste Halle westlich von New Jork gemietet worden. Zu Ehren der fremden Skatspieler soll eine Reihe vou Festlichkeiten veranstaltet werden. Ein Damenausschuß wird sich der mitkommen den Frauen und Töchter der Wenzelrittel an nehmen. Au dem vorjährigen vom nordameri kanischen Skatbunde in Cleveland im Staate Ohio arrangierten Wettkampfe nahmen 600 Skat spieler teil, in St. Louis aber erwartet man mehrere Tausend. GericbtsdaUe. Magdeburg. Wegen Majcstätsbeleidigung durch eine Äußerung, die er im Gefängnis zu einem Mitgefangenen machte, als er in einem Stück Zeitungsblatt einen Artikel über die Wiedergenesung des Kaisers fand, wurde ein Arbeiter von der hiesigen Strafkammer zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Krakau. Das Schwurgericht Venn,'eilte Mei Oberkondukteur- wegen zahlreicher Eiienboh' diebstähle zu 4 Jahr schweren Kerkers, drei andere Ober kondukteure zu mehrmonatigen Kcrkcrstnven. K berliner vor 6ericbt. Liebe macht erfinderisch. Herr Hübner, ein aus kleinen Anfängen zum wohlhabenden Hand werksmeister gewordener Mann, hat seine Wirt schafterin, Frau Wollank tätlich beleidigt und er wartet nun von dem Schöffengericht sein Urteil. Bors.: Angeklagter, was haben Sie zur Sache zu äußern? — Angekl.: Ick habe die Zeujin Wollank aus mein Haus rausjeschmissen, weil se dct in ihr jesetzte Vertrauen schmählich geteischt hat. Bei den erwähnten Rausschmiß habe ick ihr anjeblich zu stark in det dicke Fleesch an'n Oberarm jekniffen. Ick halte det aber for unwahrscheinlich, da die janze Person ieberhaupt bloß aus Pelle und Knochen besteht und ick infoljedessen det nich vor handene dicke Fleesch ooch nich jekniffen haben kann. Eventuell würde ick Vorschlägen, een Srztlichet Jutachten inzuholen. — Vors.: Lassen Sie diese überflüssigen Redensarten und erzählen Sie kurz, was sich zugetragen hat. — Angekl.: Et is mir im höchsten Jrade peinlich, det ick meine interne Familienanjelejenheiten aus packen muß, ick bin aber dazu jezwungen, sonst können Sie sich keen Bild von meinen damalijen Nrjer und von die Wollanken ihre Dämlichkeit machen ... — Vors.: Werden Sie nicht ausfallend, ich müßte Sie sonst in Strafe nehmen. — Angekl.: Ich habe eene Dochter von neunzehn Jahren, een sehr hübschet Mächen, det ihre Mutter, die vor drei Jahren jestorben is, sehr ähn lich sieht und mir bisher immer Freude jemacht hatte. Seit eenije Zeit bemerkte ick aber, det een windijer Student, der uns wiesawie wohnte, ihr uff Schritt un Tritt nachlief. Ick stellte meine Tochter zur Reds und dabei verplapperte sie sich dermaßen, det ick jleich wußte, wat die Jlocke jcschlagen hatte. Als ick bemerkte, ick würde den Bruder Siudio mal det Leder versohlen, erklärte sie mir janz stramm, det sie ihren Kurt heiraten oder mit ihm zusammen sterben werde. Da ick tagsüber von Hause weg bin, hielt ick et for jeraten, meine Dochter eenen Schutz engel zu bestellen und engaschierte zu den Zweck die Wollanken mit die ausdrückliche Bedingung, det sie in meine Abwesenheet een wachsamet Ooge haben sollte. Sie versprach mir det ooch und et dauerte jar nich lange, da hatte sich zwischen die neue Wirt schafterin und meine Tochter eene Harmonie hcraus- jebildet, die mir in Erstaunen setzte. Ick muß hierbei bemerken, det die Wollanken 44 Lenze hinter sich hat, sodet ick keenerlei Verdacht schöpfte, sondern mir im Jejenteil stente, det die beeden sich so jut Vastanden. Eenes Nachmittachs hatte ick in die Jejend an'n Alexanderplatz zu dun gehabt nnd war in eene Konditorei injekehrt. Von eenen Kleederständer halb verdeckt, trank ick eene Tasse Kaffee, als Plötzlich die Düre uffjeht und die Wollanken Arm in Arm mit eenen altern Herrn intritt, hinter die beeden kam meine Dochter mit den Bruder Studio an'n Arm. Als ick von mein Erstannen mir etwas erholt hatte, sprang ick uff und schrie die Wollanken an: „Sie unverschämte, flichtverjeffene Person, wat machen Sie denn hier?" Statt die Wollanken antwortete mir dadruff ihr Begleiter: „Wie können Sie meine Braut beleidijen? Ick werde Ihnen jleich zeijen, wat ne Harke is!" Et wäre die schönste Prüjelei entstanden, wenn wir nich alle mit'nander rausjeschmissen worden wären. Der Studio sprang jleich in eene Droschke und entkam, die Wollanken ibrcn Brnutjam ließ ick festsiellen. Er legitimierte sich uff de Wache als cm Dienst mann ; der Sludenl hatte ihm wöchentlich zweemal dazu angaschiert, dct er die Wollanken die Kur schnitt und se auS'ührte, wobei sich denn der Neffe von den verliebten ollen Herrn, der Studio, mit meine Dochter anschloß. — Ick jloobe, eene sonne dämliche Person würde Woll jeder rausjeschmissen haben." — Die Zeugin bestätigt, dap sie durch eine List der Verliebten getäuscht worden sei; sie zieht schließlich ihren Strafanttag zurück, nachdem Herr Hübner sich verpflichtet hat, an Frau Wollank das rückständige Gehalt und 25 Mark Schmerzensgeld zu zahlen. Kuntes Allerlei. Naturgeschichtliches: „Es ist besonders hervorzuheben, daß die Champignons nur an feuchten Orten wachsen!" — „Jetzt verstehe ich auch, weshalb sie die Form von Regen schirmen haben!" Mißverständnis. Landwirt (aus den Hof zeigend, wo seine Kinder zwischen den Schweinen spielen): „Das ist mein ganzer Stolz!" — Besucher: „O ja, drei prächtige Kinder haben Sie." — Landwirt: „Die Säu meine ich!" c,N. Fl.') plötzlich und traf mich so unvorbereitet. Nun aber ist es mir auch so leid, daß wir weg ziehen müssen und ich den lieben Kirchhof nicht mehr besuchen kann." „Nicht mehr besuchen? Aber Kindchen, wir kommen doch ohne jede Frage hin und wieder herüber, um Blumen auf die Särge deiner Eltern zu legen," entgegnete Fanny tröstend. „Es sind ja nur acht Meilen von Posen bis hier, die wir zurückzulegen haben! Und in Zarnowo, bei unsern lieben Freunden finden wir gewiß stets gastliche Aufnahme — wenn sie uns im Moment auch zürnen, daß wir heut ihre Opferwilligkeit von der Hand weisen." Damit wandte sich Frau von Hagel wieder dem Sofa zu und nahm von neuem neben der Leidensgestalt Frau Brauns Platz. Während diese ihr nm wehmütig zunickte, rief der Ober förster : „Ja, ja, Sie sollen in Zarnowo immer mit offenen Armen empfangen werden, obgleich Sie meiner Alten und mir einen argen Possen mit Ihren Emanzipationsgelüsten spielen. Ebenso außer sich werden auch meine Jungen über Ihren wenig erwarteten Entschluß fein. Denn das fage ich Ihnen: die drei Miniaturausgaben Braun, welche sich zurzeit draußen im Walde die Abwesenheit ihres für einige Tage beur laubten Hauslehrers zunutze.machen, waren fast toll vor Freude, als wir ihnen erzählten, gnädige Frau und Ada würden unsere Haus genossen. — — Na, aber nichts für ungut!" setzte das dicke Männchen, dem die forsche Jägertracht so seltsam zu dem feisten Gesicht stand, gleich darauf hinzu. „Trotz allem und allem begreife ich ja Ihren Stolz und denke bereits daran, Ihnen bei meiner unverheirateten Schwester — Sie wissen ja, dem armen Buckelchen, das in Posen noch immer von einer kleinen Stiftsrenie im elterlichen Hause lebt — eine Heimstätte zu bereiten. Bei dem gut herzigen Frauenzimmer find Sie prächtig auf gehoben, ich aber kann Sie dort auch am besten beobachten. Und das werde ich, bei meiner Weidmanusehre, das muß ich! Denn der alte Braun kennt seine Pflicht als Adas Vormund. Sieht er dann, daß Ihnen Ihre Selbstäudig- keitsgelüste nicht gut bekommen, so steht er mich schon an der Seite seiner resoluten Gnädigen und ruft energisch: Nun ist es genug mit all diesem unnötigen Kämpfen und Ringen und Sie begleiten mich in den stillen Wald, wo eine kranke Frau glücklich sein wird, Sie und das Kind neben sich zu haben." „Lieber einziger Freund," flüsterte Fanny unter Tränen, während sie dankerfüllt die Hände des kleinen Herrn ergriff. Im Impuls des Augenblicks wollte sie dieselben sogar küssen. „Heiliger Bimbam!" rief Braun nun aber, beschämt wie ein Jüngling, „das geht doch nicht! Nee, nee, so haben wir nicht gewettet!" Frau Oberförster aber kam der grenzen losen Verlegenheit zu Hilfe, indem sie seine Worte unterbrach und mit schwacher Stimme zu Ada hiuüberries: „Du springst nun wohl hinaus, Liebling, und rufst uns die Buben, damit ich nach dem Kaffee klingeln kann. Sage ihnen aber, daß sie im Walde ausgetobt haben müsfen, ehe sie ins Haus zurückkehren. Denn wenn mir heute auch wieder ganz erträglich zu Mute ist, so geht es doch nicht, daß sie hier umhertollen wie die wilde Jagd. Nnd doch möchte ich meine Kleinen selbst während eurer lieben Gegenwart beim Kaffee nicht entbehren. Ich kann ohnehin schon wenig genießen, aber wenn mir die Knaben nicht gegenübersitzen, würde ich weder zu trinken noch zu essen vermögen." Ada hatte nur das letzte Wort der Kranken abgewartet. Dann eilte sie auf den Hof hinaus. Dort öffnete sie die breite Laltentür, die direkt in den prachtvollen Tannensorst führte. ,,Max — Egon — Karlchen!" rief sie nun. „Wir wollen Kaffee trinken und Mama möchte euch dabei am Tisch haben!" „Ja, ja!" jauchzte es jetzt in der Ferne. Gleich darauf stürmte aus dem Wald das lustigste Dreigespann, das sich denken ließ, heran. Nur kurze Zeit noch und die kraftvollen Jungen Oberförster Brauns — seine „Miniatur ausgaben", wie der heitere Herr sie am liebsten nannte, umringten das kleine Fräulein. Nach dem sie es vorerst auf das stürmischste begrüßt, faßte Egon, ein bildschöner Zehnjähriger, mit blitzenden Augen Adas Hand und rief: „Nee, war das heute aber wieder schön unter den Bänmen I Du hättest uns Nachkommen sollen, weißt du? Dein toter Papa würde es dir nicht übel genommen haben." „Der ganz gewiß nicht!" rief es nun im Chor. Und Karlchen, Oberförsters Nesthäkchen, setzte in allerliebster Altklugheit hinzu: „Der arme tote Onkel aus Bradoczin liebte den Wald ja auch so sehr!" „O, und er hat noch während seines letzten Besuchs in Zarnowo gemeint," fuhr Max, der älteste der Gebrüder Braun fort, „wenn er unter unsern alten Bäumen stünde, vergäße er ganz, sich zu sorgen und zu kümmern. — Aber weine nicht wieder, Ada," unterbrach sich der hochaufgeschossene Bube mit dem feinen klugen Gesicht, aus dem die guten Augen feiner Mutter leuchteten; dann streichelte er das Gesichtchen der armen Waise und setzte seinen Worten mit rührender Innigkeit hinzu: „Dein Papa ist nun bei Gott — und der Herr Prediger hat an seinem Sarge gesagt, wenn deine Zeit um ist, siehst du ihn ja wieder . . . Doch lasten wir das jetzt I" unter brach er sich. „Wir müssen vor allem in das Haus, damit Mama nicht ungeduldig wird." Ada nickte. „Aber so geräuschlos wie mög lich! Eure Mutter trug mir auf, euch darum zu bitten," sagte sie dann, während sie sich die Augen trocknete. „Als wenn das nicht selbstverständlich wäre," entgegnete Max. „Der alte Sauitäts- rat hat uns ja erst heute gesagt, Ruhe sei für unsere kranke Mutter die beste Medizin, eigent lich die einzige, die ihr zu helfen vermag." Wenige Minuten darauf betrat die ganze kleine Gesellschaft auf den Zehenspitzen gehend das Wohnzimmer in dem stattlichen Oberförster hause, das man dicht am Saum des uralten Waldes erbaut hatte. Einer der Jungen nach dem andern näherte sich dem Sitz der Kranken und küßte der Mutter die Hand. Für jeden aber hatte Frau Braun ein liebevolles Wort, einen zärtlichen Blick. M» c» (Fortsetzung folgt.)