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potitiHke Kunälckau. Der Herero-Aufstand. * Ein Versuch des Oberleutnants v. Z ü l o w, von Okahandja aus nach der Küste zu Verbindung zu suchen, ist mißglückt. In dem Kamvie mit den Hereros sollen von diesen 20 bis 25 getötet worden sein, während der Verlust auf deutscher Seite vier Tote und einige leicht Verwundete beträgt. Zülow meldet, daß er sich noch einige Zeit halten kann. * Die englische Presse hatte jüngst über die Lage der hn s.üd lichen Teile von Deutsch- Süd w e st a fri k a den Bondelzwarts gegenüberstehenden deutschen Truppen allerhand schlimme Nachrichten verbreitet. Nunmehr teilt der deutsche Generalkonsul in Kapstadt mit, daß dort davon absolut nichts bekannt sei. Vielmehr dauert nach einem in Kapstadt vor liegenden Telegramm des Hauptmanns Koppy der Waffenstill st and mit den Bondelzwarts fort: demnächst sollen Friedensverhandlungen beginnen. Gefechte haben nicht stattgefunden. Die deutsche Truppen macht am Oranje ist dem Feinde überlegen. Der russisch-japanische Konflikt. ' * In I a p a n hat die Regierung nach einer Mitteilung der ,Times' aus Tokio beschlossen, eine Kriegssteuer durch Verdoppe lung der Land- und Einkommensteuer zu er heben. Die Einkünfte werden dadurch um 44 000 000 Jen (etwa 200 Mill. Mk.) ver mehrt. * Die Unruhen in Korea sollen nicht so schlimm sein, wie die englischen Meldungen sie geschildert haben. In bezug auf in Europa verbreitete Nachrichten über angebliche ernste Unruhen in Korea wird in Tokio an maß gebender Stelle versichert, daß dieselben von keinerlei Bedeutung sind. Nach japa nischen Konsularöerichten aus Söul sind seit Anfang dieses Jahres nur an zwei Punkten unwesentliche Beunruhigungen durch eine Räuber bande entstanden, die etwa zehn Mann stark sein dürfte. Alle an diese angeblichen Unruhen und an die Ernennung des Generals Jjschi zum Militärattache in Söul geknüpften Folgerungen seien grundlose Erfindungen. Deutschland. *KaiserWilhelm erhielt vom König OskarvonSchweden den neugegründeten Orden vom norwegischen Löwen als erster aus wärtiger Inhaber. *Der Erbprinz von Reuß j. L. ist anDiPhtheritis erkrankt. Nachdem so fort eine Impfung mit Diphtherieheilserum vor- aenommen worden war, bietet der Zustand des Erbprinzen keinen Anlaß zu irgend welchen ernsteren Besorgnissen. * Der Bundesrat hat dem Ausschuß berichte über den Antrag Hessens betr. den Entwurf eines Gesetzes wegen Entschädi gung von Personen, die unverschuldet Strafe oder U n t e rsu ch u n g s h a ft. er litten haben, zugestimmt. * Staatssekretär Graf Posadowsky hat in seiner Reichstagsrede vom Donnerstag folgende gesetzgeberischen Maßnahmen angekündigt: eine grundlegende Vereinbarung des Bundesrats über einheitliche landespolizeiliche Verfügungen zur Regelung des Automobil- und Rad - fahr Verkehrs, ferner ein Photogra- phieschutzgesetz und ein Kunstschutz- gesetz, deren kommissarische Beratung dem nächst beginnen werde, und schließlich ein Ge setz über den photographischen und künstlerischen Verlag. Die letzten drei Gesetzentwürfe sollen dem Reichstag gleichzeitig vorgelegt werden. Über den Zeitpunkt, wann die Vorlagen zu erwarten find, machte der Staatssekretär keine Angaben. * Daß die N o v e l l e z u m V o g e l s ch u tz- gesetz, die früher im Reichstage von Ver tretern der verbündeten Regierungen in Aussicht gestellt wurde, mit Rücksicht auf die im Jahre 1902 in Paris unterzeichneteVogelschutzkonvention schon seit längerer Zeit in Angriff genommen ist, wird amtlich bestätigt. Ob sie jedoch in den nächsten Monaten so gefördert werden wird, daß sie noch in der laufenden Tagung dem Reichstage wird unterbreitet werden können, bleibt abzuwarten. *Die Resolutionen der Sozialdemo kraten zum Titel „Staatssekretär des Reichs amtes des Innern", wie sie von dem Abg. Wurm angekündigt wurden, liegen jetzt dem Reichstage vor. Sie betreffen erstens ein Reichsarbeitsamt, Arbeitskammern und Einigungsämter, ferner Regelung des Woh nungswesens, drittens zehnstündigen Maximalarbeitstag (später nur 9 und von 1908 ab nur 8 Stunden), viertens Erlaß von Verordnungen für Betriebe mit hoher Ver giftungsgefahr, fünftens Bauarbeiter- schutz und endlich Sonntagsruhe in Glas hütten. Die Gesamtzahl der zu jenem Titel eingebrachten Resolutionen beläuft sich damit auf 31! *Die R e i ch s t a g s e rs a tz w a h l für Eschwege-Schma l k aden (an Stelle des verurteilten Seyboth) wurde auf den 15. Februar anberaumt. * Der frühere ReichStagS-Abg. Fieser ist im Alter von 69 Jahren gestorben. Fieier war Erster Staatsanwalt in Karlsruhe und gehörte im Reichs tage für Karlsruhe-Bruchsal von 1887 bis 1890 als Mitglied der nationalliberalen Fraktion an. Österreim-Ungarn. * Im ungarischen Abgeordnetenhause erklärte Ministerpräsident Graf Tisza, daß er mit der Kossuthpartei lediglich aus dem Grunde in Berührung getreten sei, um durch Meinungs austausch die Schärfe des Kampfes soweit wie möglich zu mildern. Er habe auch den Obstruktionisten seine Bereitwilligkeit zu einem Ideenaustausch zum Ausdruck bringen lassen. Dieser Schritt habe aber zu seinem Bedauern keine Ermutigung gesunden. Diese Äußerung Tiszas hat großen Eindruck auf die Opposition gemacht, und man hofft, daß nun vielleicht ein Weg zur Verständigung zwischen Regierung und Opposition gefunden werden wird. FrarrkreiG. *Die Erzbischöfe von Paris und Reims haben an den Präsidenten ein Protest- schreiben gegen den dem Parlament vorge legten Gesetzentwurf gerichtet, in dem auch den genehmigten Schulkongregationen dieErlaub - nis zur Erteilung von Unterricht ent zogen werden soll. In dem Schreiben wird der Präsident daran erinnert, daß er der Wächter der Freiheit und des Rechts aller Fran zosen sei. Italien. *Die Deputiertenlam mer widmete die Sitzung vom Donnerstag dem Gedächt nis des kürzlich verstorbenen Ministerpräsidenten Zanardelli. Reden auf den verstorbenen Ministerpräsidenten hielten Präsident Biancheri, mehrere Deputierten und namens der Regierung der jetzige Ministerpräsident Giolitti; alle Reden wurden vom Hause mit lebhaftem Beifall aus genommen. Es wurde beschlossen, die B ü st e Zanardellis im Gebäude der Deputiertenkammer aufzustellen, einen Bronzekranz auf seinem Grabe niederlegen zu lassen, dis Sitzung zum Zeichen der Trauer aufzuheben und alle in der betreffenden Kammerfitzung gehaltenen Gedächt nisreden zu veröffentlichen. Schweden-Norwegen. *Das norwegische Lagthing (die alljährlich aus dem Storthing gewählte Teilversammlung) nahm mit 19 gegen i0 Stimmen einen Gesetz entwurf an, wonach Frauen Rechtsan wälte werden können, Es wurde einstimmig beschlossen, diesen Gesetzentwurf an die Regie rung zu übersenden. Balkanstaate«. *Die Scitensprünge der Pforte bei dem Reformwerke für Mazedonien wollen nicht aufhören. Die Pforte will bei der be absichtigten umfassenden Reorganisation der Gendarmerie die Heranziehung einer größeren Zahl fremder Offiziere möglichst ein - chränken. Mit diesem Gegenstände hatte ich eine Sitzung der Minister befchäftigt. Die Pforte hat an die Botschafter der beiden Reform mächte (Österreich und Rußland) eine Anträge in diesem Sinne gerichtet und dabei ihre Be denken erhoben. Von den beiden Botschaftern wurden im übrigen die Grundlagen für die praktische Durchführung der Gendarmerie reorganisation bereits festgesetzt. * Tie bulgarische Regierung beabsichtigt, noch vor Schluß der Session der Sobranje, die wegen des großen Arbeitsmaterials wahrschein lich verlängert werden dürfte, eine Vorlage, betreffend den weiteren außerordentlichen Kredit von etwa einer halben Million zur Unter stützung der mazedonischen Flücht linge, einznbringen. Nus äem Keiekstage. Der Reichstag setzte am Donnerstag die zweite Etatsberatung beim Titel „Staatssekretär" vom Etat des Reichsamtes des Innern fort. Abg. Gothein (ft. Vgg.) sprach insbesondere über das Thema der Schutzzölle, unter deren Herrschaft das Unwesen der Kartelle blühe. Abg. Korfantv (Pole) führte Beschwerde über angebliche nationale und potftiiche Unterdrückung der polnischen Arbeiter in Oberjchlesien. Zwischen dem Abg. Müller-Meiningen (fr. Vp) und dem hamburgischen Bevollmächtigten Syndikus Dr. Schäfer fand eine Auseinandersetzung statt betreffs der Anwendung des Versammlungs rechtes und der Behandlung der Prostitution in Hamburg. Abg. Wurm (soz.) beklagte 'sich über ungenügenden Ärbeiterschutz und polemisierte über die das Krankenkassenwesen betreffenden Ausführun gen des Abg. Mugdan. Staatssekretär Graf Posa dowsky erwiderte auf alle im Laufe der Debatte vorgebrachten Einzelheiten. Am 29. v. wird die zweite Beratung des Etats für das Reichsamt des Innern fortgesetzt. Abg. Lehmann (nat.-lib.) macht für den Aus stand in Krimmitfchau die Sozialdemokratie verant wortlich ; es sei keine Aussperrung, sondern ein von der Sozialdemokratie provozierter Streik ge wesen Er wohne dicht bei und kenne sehr genau die Verhältnisse. Die Arbeiter hätten wohl das R^chy zu streiken, aber nicht das Recht, einen Arbeitswilligen an der Arbeit zu hindern. Was die Sozialdemokratie wolle, sei nicht Koalitionsfrei heit, sondern Koalitionszwang. Es seien im ganzen nur 21 Personen aus der Landeskirche ausgetreten. Damals habe ein sozialdemokratisches Blatt ge schrieben: „Es habe noch keine Infamie in der Weltgeschichte gegeben, der nicht ein Pfaffe seinen Segen gegeben!" (Sehr wahr bei den Sozial demokraten.) Präsident Graf BalIestrem rügt in scharfem Ton diesen Zwischenruf. Abg. Lehmann (fortfahrend): Außerhalb des Hauses würde er eine solche Äußerung als eine bodenlose Gemeinheit bezeichnen. Abg. Gräfe (Antis.) legt an der Hand einer Denkschrift der Fabrikanten die Lohnverhältnisse in Krimmitfchau dar und verweist darauf, daß die dortige Sparkasse 10 Mill. Mark Guthaben der Arbeiter aufweise. In Österreich seien die Löhne viel niedriger. Es sei eben nur eine von der Sozialdemokratie angestcllte Machtprobe gewesen. Die sächsischen Behörden hätten nur ihre Pflicht und Schuldigkeit getan, sie hätten Ruhe und Ordnung ausrechtcrhalten. Ein späterer Kulturhistoriker werde ihr Verhalten als eine rettende Tat bezeichnen. Sie seien sich bewußt gewesen, daß sie zwar das Koalitionsrccht der Arbeiter, aber auch die Arbeits willigen gegen den Terrorismus der Streikenden hättest schützen müssen. Sie hätten dem Volke zu Gemüte geführt, daß es noch andere Interessen im Deutschen Reiche zu wahren gebe als die sozial demokratischer Arbeiter. Es gäbe kein Verbrechen, keinen volitischen Mord, den die Sozialdemokratie nicht schon verherrlicht habe. Präsident Graf Ballestrem erklärt diese Be hauptung für unstatthaft. Abg. v. Gerlach (fr. Vgg.) fragt an, wie es mit der Kranken vcissichmmg der Dienstboten und der Koalitionsfreiheit der Landarbeiter stehe. Redner wünscht ein vernünftiges Reichsvereiusgesetz. Abg. Dröscher (kons.) erklärt sich gegen jeden Versuch, den Landarbeitern das Koalitionsrecht zu geben. Die beste Regelung der Lohn- und Arbeits- Verhältnisse der Arbeiier würde durch Tarifverträge herbeigeftihrt werden. Gegen die Einführung des Maximalarbcitstagcs würden sich die Parteifreunde des Redner? mit Entschiedenheit wenden. Sie seien aber anderseits bereit, an einem Ausbau der Ar- beitorschutzbeuimmungen mitzuarbeiten. Redner er klärt sich gegen politische Betätigung der Frauen, besonders auch in bezug auf die Wahlen, und tritt für eine nachdrückliche Berücksichtigung des Mittel standes, vor allem des Handwerkerstandes ein. Abg. Beumer (natl.): In Krimmitfchau habe es sich nm die Entscheidung der Frage gehandelt, K Vie Kacke äes Verstossenen. -11 Novelle von Luise Camm er er.*) Nütten im Herzen des Waldes, der sich von W. in der Grenze nach B. wohl stundenlang hinzieht, lag in der Waldlichtung ein schmuckes . Forsthans. Bis unter das Dach rankte wildes Weinlaub empor und umgab die niederen Fenster mit einem grünen Rahmen. Die Ein gangstür wurde durch daS prächtige Geweih eines Sechzehnenders geschmückt, mrd wo es nur irgend anging, waren auch sonst noch Jagd trophäen, Hirsch- und Rehgeweihe zur Zierde angebracht und das Häuschen derartig damit ausgestattet, daß einem Weidmann das Herz im Leibe lachen mußte. Den freistehenden Platz um das Häuschen hatte der praktische Sinn der Fran Försterin gut zu verwerten gewußt, indem sie sich diesen als Garten angelegt und nutzbar gemacht hatte, der rechts mit Suppenkräutern und Gemüsen, links mit Blumen und Obststräuchern angebaut war. Aus den Gemüsebeeten duftete es kräftig nach Schnittlauch, Zwiebel und Petersilie. Dick köpfige Kohlrabi, Wirsing und Rettige wuchsen verträglich nebeneinander, an langen Stangen kletterten Bohnengewächse lustig in die Höhe und blühten vom Frühling bis zum Spätherbst in zart roten und weißen Farben. Der Herbst war im Anzug, schon machte sich in der Natur ein starker Verfall bemerkbar. Das Weinlaub an den Fenstern schillerte braunrot und rötlich *) Unberechtigter Nachdruck wird verfolgt. golden, und auch die Laubbäume zeigten die verschiedensten Schattierungen. Nur über das dunkle, ernste Tannengrün hatte der Herbst keine Gewalt, unverändert trugen die Nadel- bäume ihr altes Kleid. Der Förster, ein stattlicher, kräftiger Mann in der Mitte der fünfziger Jahre, mit kühn blitzenden Augen, einer leicht gebogenen Adler nase in dem gesunden, braunen Gesicht, und starkem, schon ergrauten Schnurr- und Backen- baxt, stellte in seiner Erscheinung das Urbild eines kraftvollen Weidmanns dar. Auch seine Frau hatte ein gesundes, frisches Äußere, doch ihre Züge halten einen herben, strengen Aus- druck, und der Blick ihrer grauen Augen war kalt und stahlhart. Förster Hartmann saß vor dem Hause auf einer Holzbank, die unter einigen Tannen stand, und war damit beschäftigt, einige Jagdgewehre zu zerlegen und deren Läufe säuberlich zu putzen, denn es stand Arbeit in Aussicht. „Hektor", der Hühnerhund, und Waldi, der Dakel, schauten mit gespitzten Ohren und verständnisvollen Blicken der Beschäftigung ihres Herrn zu, während indes die Frau Försterin die letzten Gemüse aus dem Garten sammelte und in Sicherheit brachte; dann sorglich auch noch die Blumenbeete mit Stroh und grünen Taxen deckte, um sie vor den kommenden rauhen Frösten zu schützen. Nachdem sie auch diese Arbeit verrichtet, nahm sie an der Seite ihres Mannes Platz. Hartmann betrachtete eine Weile nachdenklich ihr finsteres Gesicht, endlich wurde ihm ihr Schweigen lästig. In gemüt lichem Tone fragte er: „Na, Mariechen, bist heute mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden? Mit dieser Leichen bittermiene wirst du unserm Jungen die ganze Wiedersehensfreude verderben." „Habe überhaupt keine große Freude an ihm," gab sie finster zur Antwort. „Da plagt und müht man sich ein Lebensalter hindurch, um ein Kind den rechten Weg zu führen, und muß schließlich zur Erkenntnis kommen, daß alle Mühe eine verlorene gewesen." Der Förster schob unwillig die Gewehre von sich. „Aber Frau, was ficht dich denn an?" fragte er erschrocken, „was findest du an unserem Heinrich auszusetzen? Hat er sich auf der Universität nicht tadellos geführt und sein Examen glänzend bestanden? Immer war er bestrebt, uns nur Freude zu machen. Deine Mutterliebe äußert sich in befremdlicher Weise." Er hob den Kopf in die Höhe und schaute ihr tief in die Augen. „Heraus mit der Sprache, Weiberl, sag, was dich bedrückt? Eine echte Weidmannsfrau soll kein Hehl vor ihrem Manne haben. Was hat der Junge ver brochen, daß es dich so in Unruhe und Auf regung versetzt?" Grollend wandte sie das Haupt zur Seite. „O, über deine Kurzsichtigkeit," sagte sie un willig, „Zwischen den Zeilen lese ich heraus, daß sich all sein Denken nur um die Trautet und nur nm die Trautel dreht, die Traute! und wieder die Trautel und nochmals die Traute!, dann erst kommen die Eltern. Und an solch einem Sohne soll man noch seine Freude haben?" Der Förster strich schmunzelnd seinen Schnurr bart, pfiff lustig durch die Lippen und brach in ob in der Fabrik die Gewerkschaft oder der Arbeit geber Herr im Hanse sein solle, Herr nicht im Sinne einer Herrcnmoral, sondern als Disvoneni des Be triebes. Redner äußert Bedenken gegen die Forde rung des zehnstündigen Maximalarbritsta-"^. der bald das Verlangen nach einem neunnüuvigcn, schließlich sogar einem einstündio-u Arbeitstag nach sich ziehen würde. Von einer Zusammenlegung der drei großen sozialpolitischen Gesetze (Kranken-, Un fall- und Alters- und Jnvaliditatsversicherung) werde am meisten in den Kreisen vesprocben, dft sich am wenigsten damit beschäftigt hätten. Was das Tempo der sozialpolitischen Gesetzgebung betreffe, so hätte Deutschland nicht nötig, sich in ein sozialpolitisches Automobil zu setzen, während andere Staaten noch nicht einmal einen sozialpolitischen Omnibus be säßen. Abg. Fraßdorf (soz.) : Gegenüber den Aus führungen und Befürchtungen des Vorredners in bezug auf den zehnstündigen Arbeitstag bemerkt Redner, daß es viele Leute gebe, die gar nicht arbeiteten und doch ganz anständig lebien. Die Einführuri des Zehnstundenarbeitstages hätte der Krümniischaucr Textilindustrie keinerlei Schaden ge bracht. Gegenüber der Unmenge von Resolutionen seien die Arbeiter der Meinung: der Worte sind genüg gewechselt, laßt uns nun endlich Taten scheu. Was nütze alle sozialpolitische Einsicht des Grafen Posadowsky und alle seine guten Absichten, wenn er stets im Reichstage mit der Bremse der Mehrheit zu rechnen hätte. Die Arbeiter verlangten auf dem Gebiete der Sozialreform eine kräftige Kost und nicht die Bettelsuppe des Abg. Hitze. Er erkläre, durchaus für eine anständige Bezahlung der Arzte und auch für freie Arztwahl in kleineren Städten zu sein. Aber durch die Rücksichtslosigkeit der Arzte sei in letzter Zeit das Verhältnis zu den Kassen für lange Zeit hinaus ein gespanntes geworden. Staatssekretär Gra^ Posadowsky: Die materielle Förderung des Handwerks im Sinne der Trimbornschen Anträge ist lediglich Sache der Einzel staaten. Wir haben aber an die Bundesregierungen die Anfrage gerichtet, was in den letzten drei Jahren in diesen: Sinne von ihnen getan worden ist. Zur Versicherung der Dienstboten und ländlichen Arbeiter bemerkt der Staatssekretär, daß das Reichsamt das aus eine Umfrage eingehende Material bearbeiten und in wohlwollende Erwägung ziehen werde. Der Staatssekretär hätte die Kategorien in die Versiche rung mithineinbeziehen wollen, aber er sei nicht sicher gewesen, ob die verbündeten Regierungen hinter ihm ständen. Hierauf vertagt sich das Haus. Nrerrßtsnrer Aandrag. DaS Abgeordnetenhaus erledigte gm Freitag, in erster Lesung die Gesetzentwürfe bett, die Errichtung von obligatorischen Fortbildungsschulen in Hessen- Nassau, bett, die Kosten der Prüfung und Über wachung von elektrischen Anlagen, sowie daS Ans- führungsgesctz zum Reichs-Seuchengesetz und die Novelle zum Gesetz über die ärztlichen Ehrengerichte und das Umlagerecht und die Kosten der Ärzte kammern. Sämtliche Gesetzentwürfe wurden besonderen Kommissionen überwiesen. Von unä fern. Ein Triumph deutscher Schiffsbaukunst. Der Schnellpost - Dampfer „Deutschland" der Hamburg-Amerika-Linie legte auf seiner ersten Reise zwischen New Port und Italien den 4300 Seemeilen betragenden Weg in 7 Tagen und 19 Stunden zurück und erzielte eine Durch schnittsgeschwindigkeit von fast 23 Meilen. Die Reise ist um etwa zwei Tage kürzer als die bisherige schnellste Reise aus dieser Route. Die Passagiere überreichten dem Kapitän eine Adresse, in der sie ihrer Bewunderung über die groß artigen Leistungen auf dieser epochemachenden Reise Ausdruck gaben. Auf dem Polizeipräsidium erschossen. Auf dem Berliner Polizeipräsidium verübte im Zimmer 128 ein angeblicher Journalist Stephan Selbstmord. Er war einer Vorladung zu einer Vernehmung beim Kriminalkommissar v. Tresckow gefolgt. Hier, schoß er sich unversehens eine Revolverkugel in den Kopf, was seinen sofortigen Tod zur Folge hatte. In seinen Taschen fand man Briefe an seine Angehörigen, in denen er angab, den Grund für seine Handlungsweise werde man auf dem Polizeipräsidium erfahren. Von den Angehörigen wurde die Leiche auf Veranlassung der Polizei abgeholt. Keffelexplosion. In dem Farbwerk Leon hard in Mühlheim wurden durch Kesselexplosion zwei verheiratete Schlosser getötet; einem der Verunglückten wurde der Brustkorb eingedrückt. Der Körper des andern ist völlig zerrissen. ein heiteres, schallendes Gelächter aus. „O, über diese Weiber!" rief er, sich vor Lachen die Seiten haltend. „Gestehe es nur, Marie, du bist eifersüchtig, — eifersüchtig auf deinen eigenen Sohn." „Nun, und wenn dem so wäre!" ent gegnete die Försterin unfreundlich. „Ist er nicht mein einziges von sechs Kindern? Habe ich ihn nicht gehütet wie meinen Augapfel? Seit er denken, seit er fühlen gelernt, habe ich ihn mit aller Gewalt der Liebe umgeben, seinen Geist auf Höheres gelenkt,, damit er dereinst vorwärts kommt im Leben, und nun soll ich meine Rechte abtreten an eine Magd?" Hartmann schaute sehr betreten aus. „Aber Frau, die Trautel ist ein schmuckes, junges Mädel, ich kann es Heinrich nicht ver denken, wenn er sie in sein Herz geschlossen hat. Frisch und unberührt von dem Gifthauche der Welt, wie eine duftige Waldesblume ist sie em porgeblüht. Du hast sie gehalten wie dein leiblich Kind, nicht wie eine Magd. Von der lieblosen Seite habe ich dich noch gar nie kennen gelernt!" „So, du hältst es etwa noch für eine Ehre, die Tochter des erschossenen Treibers als Schwiegertochter in dein Haus aufzunehmen?" fragte sie mit zornig funkelnden Augen. „Mit meinem Willen wird sie niemals Heinrichs Frau. Ich bereue die Stunde, in der ich ihr eine Zu flucht unter meinem Dache bot. Ohne meine Gnade wäre sie der Gemeinde zur Last ge fallen und längst als Magd von Hof zu Hof gewandert. Nun ist meine Geduld zu Ende; vom Hause jage ich die Betteldirne!"