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Die „«Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme o»n Inseraten bi, vormittag l« Uhr. Inserate werden mit io Pf. für die Spaltzetle berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 9. Freitag, den 22. Januar 1904. 3. Jahrgang. Hundesteuer. Die für laufendes Jahr fällige Hundesteuer ist bis NE" 30. Januar d. I. "HW gegen Entnahme der Hundesteuermarke auf dem Gemeindeamte zu entrichten. Nach Fristablauf beginnt das geordnete Beitreibungsverfahren. Ottendorf-Moritzdorf, am 13. Januar 1904. Der Gemrindevorstand. Lincke. Oertliches und Sächsisches. Vttendors-Gkrilla, Ln Januar 1904. — Der Schneefall hat uns ein schönes, winterliches Bild geschafft, was um so mehr angenehm empfunden wird, als wir in diesem Winter noch nicht viel Gelegenheit hatten, uns an Schneelandschaften zu erfreuen. Auch wird dadurch der Staubbildung, welche sich in der letzten Zeit bei trockenem Ostwinde recht unan genehm bemerk ar machte, auf einige Zeit wirksam entgegcngetreten, ganz abgesehen davon daß auch der Schnee den Saaten auf den Feldern endlich einmal den längst ersehnten Schutz gegen den trockenen Frost bietet. — Im Königreiche Sachsen sind gegenwärtig 1814 wohlorganisierte uniformierte Feuerwehren mit 2550 vierrädrigen Spritzen mit Saugvor- richtung und 557 270 Meter Druckschlänchen vorhanden. — Von dem Verbände von Arbeitgebern der sächsischen Textil-Jndustrie war für Sonn tag vormit'ag eine Versammlung deutscher In dustrieller nach Berlin berufen worden, um einen Plan zu einer einheitlichen Aktion in der Unterstützung der Crimmitschauer Fabrikanten zu besprechen und sodann die Frage zu er örtern, ob aus dem Streik in Crimmitschau die Notwendigkeit des Zusammenschlusses aller Arbeitgeber der deutschen Industrie zu einem großen Verbände sich ergebe. Der Einladung hatten zahlreiche Industrielle, insbesondere auch Vertreter größerer Verbände aus dem ganzen Deutschen Reiche Folge gegeben. Der Vorsitz wurde dem Geheimen Kommerzienrat Vogel- Chemnitz übertragen. In der Besprechung der Frage des Zusammenschluffes aller Arbeitgeber der deutschen Industrie zu einem großen Ver bände wurde immer wieder in allererster Reihe auf die Crimmitschauer, aber auch auf zahl reiche andere Vorfälle zurückgegriffen. Das dürste nun die Folge der bedauerlichen Ver schleppung des nunmehr doch beendeten Streiks sein, daß für alle kommenden Fälle ein ge schloffener Unternehmerverband den Organi sationen der Arbeiter kampfbereit gegen übersteht. — Im Gendarmerieblatte wird vor zwei unbekannten Betrügern im Alter von 25 und 30 Jahren gewarnt, die den Eindruck besserer Geschäftsreisender oder Kaufleute machen und in Zwickau und Meißen ausgetreten sind. In Zwickau haben sie bei geringfügigen Einkäufen ein größeres Geldstück zur Zahlung hingegeben und dies dann samt dem herausgegebenen Gelbe wieder eingesteckt. Dresden. Am Sonntag abend gegen 11 Uhr produzierte sich ein Artist mit seinem 8jährigen Mädchen in einem Restaurant aus der Rosenstraße. Plötzlich hielt er mit seiner Vorstellung inne und nahm vom Büffet eine Gabel weg. Ehe es jemand verhindern konnte, hatte er sich diese mehrere mal in den Hals gestochen, ohne sich jedoch schwer zu verletzen, sein Benehmen ließ daraus schließen, daß er nicht bei klarem Verstände sei. Ein Gendarm brachte den Artist zunnächst auf die Wache, wo sich nach seinen Papieren die Identität mit dem aus Dresden ausgewiesenen Artisten Vor werk herousstellte. Mit Rücksicht auf seinen Zustand wurde er dem Stadtirrenhause zuge führt, das Kmd dann auf den Wohlfahrtsbezuk gebracht, ron wo aus es in Pflege gegeben werden soll. — Auf Anfrage teilt das Königliche Justiz ministerium mit, daß die Meldung, der Ver teidiger des Stationsschreibers Reinhardt in Buchholz habe vom Justizminister die Mitteilung erhalten, der König habe auf das an ihn ge richtete Gesuch beschlossen, dem Reinhardt den vom 10. Februar ab noch nicht verbüßten Teil >emer Sirafe zu erlassen, unzutreffend sei. Die Angelegenheit sei noch nicht so weit gediehen. — Die neue Sensation im Programm des Zentraltheaters wurde am Sonntag abend zum erstenmale vor ausverkauftem Hause gezeigt: die Todesfahrt eines Mr. Henry, die in einem Sprunge mit dem Fahrrade über einen Teil des Zuschuuerraumes und das ganze Orchester besteht. Die Erfindung des Schleifenfahrens fordert die sportlustige Radfahrer- und Auto- movilwelt zu immer neuen Variationen heraus. In Amerika überspringt neuerdings ein toll kühner Mann einen osfengelaffenen Teil der Schleife, und Mr. Henry, der Gast des Zentral theaters, führt als letzte Spielart auf stark-' geneigter Ebene (von der Brüstung der dritten Gallerte aus bis etwa zur Höhe der ersten) eine Fahrt aus, die in einem Sprunge durch die Luft von mindestens 10 Meter Entfernung und 4 Meter Höhe endet. Man kann sich denken, daß die halsbrecherisch geartete Fahrt die Besucher in große Spannung versetzt: als der Artist sie Sonntag abend zum erstenmale hier antcat, konnte man den Atem des Einzelnen hören, so erwartungsvoll verfolgte das Publikum die mit großer Kaltblütigkeit getroffenen Vorbereitungen Mr. Henrys. Die Fahrt gelang vorzüglich; in elegantem Bogen übersprang Mr. Henry mit seinem Rade die weite Kluft zwischen dem Ende des benutzten Fahrweges und der Bühne und landete glücklich und wohlbehalten vor einem zur Sicherung aufgespannten Seile. Dresden. In der Nordostbahnangelegen, heit hatten gestern die Herren Großenhainer Stadträte und Stadtverordneten Lehmann, Beeg, Prof. Dr. Schuberth und E. Kirchner eine Besprechung mit dem Präsidium der Finanz deputation L der Zweiten Kammer des Land tages und dessen Präsidenten Geh. Hofrat Dr. Mehnert. Zietsch. Der vor einigen Tagen durch Sturz vom Fahrrad schwer verunglückte Guts besitzer Heinrich Förster von hier ist an den Folgen des Sturzes, zu denen noch Krämpfe getreten waren, am Sonnabend abend ver storben. Der Verunglückte hat voriges Jahr die Gattin verloren; fünf Kinder gänzlich ver waist, trauern um ihren Ernährer. Radeberg. In der Börnerschen Brauerei stürzte der Brauerlehrlmg Schmidt in eine mit heißem Wasser gefüllte Wanne und verbrühte sich so, daß er starb. Kamenz. Ein trauriges Bild sittlicher Verkommenheit entrollt eine ganze Reihe geradezu systematisch ausgeführter Diebstähle, die sich in der letzten Zeit die 13- bez. 11jährigen Schul knaben Paul Klug und Max Richler in Kamenz Haden zu schulden kommen lassen. Dieselben sind in der Stadt wie in Nachbardörfern in Behausungen und Läden während des Tages eingedrungen, haben mit geradezu erstaunlichem Raffinement Kassen geplündert und Gebrauchs- gegenstände verschiedener Art, vorzüglich Eß waren, geraubt und dadurch eine ganze Anzahl Bewohner geschädigt. Selbst in mehrere unver schlossene Fremdenzimmer eines dortigen Hotels am Markte wagten sich die frechen Burschen und stahlen daraus Wäsche rc. Am 16. d. M. haben sie noch in Zschornau und Jesau ver schiedene Gelddiebstähle verübt, wonach erst ihre Ermittelung und Festnahme gelungen ist. Großenhain. Zwei Hadernsammler, die in den letzten Tagen die Gegend um Krakau abhausierten, haben eine größere Anzahl drei eckiger Mähmaschinenmesser, noch ganz Neu, zu einem Preise verkauft, der darauf schließen läßt, daß diese Messer unrechtmäßig erworben worden sind, zumal den beiden schon ein Diebstahl nachgewiesen ist. Etwaige Wabrnehmungen, daß solche Messer irgendwo vermißt werden, wolle man an die Gendarmeriestationen melden. Da diese beiden Personen auch im Bezirke der Amtshauptmannschaft Großenhain und Um gegend aufgetreten sind, sei hierdurch vor ihnen gewarnt. Roßwein. Eine vom hiesigen Stadtrat ernannte Kommission unterzog alle Säle, in denen Theateraufführungen rc. stattfinden, einer Prüfung auf ihre Feuersichheit hin. Gefundene Mängel wurden gerügt und den Besitzern ist schnelle Abhilfe zur Pflicht gemacht. Lommatzsch. Die Vorgänge in der hiesigen Weinstube und Konditorei des Bäcker meisters Oskar Richard Schmaler, über die schon längerer Zeit dunkle Gerüchte schwebten, haben jetzt zu einer Anklage gegen Schmaler und dessen Ehefrau wegen Kuppelei geführt. Beide hatten sich deshalb vor dem Dresdner Landgericht zu verantworten. Die Verhandlung war geheim. Das Urteil lautete auf einen Monat Gefängnis und 300 Mark Geldstrafe für den angeklagten Schmaler und aus einen Monat Gefängnis und 150 Mark Geldstrafe für dessen Ehefrau. Bei Schmaler gelten durch die erlittene Untersuchungshaft drei Wochen als verüßt. Röderau. In der gestern nachmittag im „Waldschlößchen" hierselbst slattgefundenen Ver sammlung wurde die Begründung einer Frei willigen Feuerwehr beschlossen. Kiebitz. Ein schwerer Unglücksfall mit tödlichem Ausgange ereignete sich in einem Kalkbruche des Kalkwerkspächters Franz Fischer hier. Als mehrere Arbeiter mit Abräumen von Erbmassen beschäftigt waren, wurde von plötzlich herniederstürzenden Massen der Erdarbeiter Hermann Franz Eichhorn so schwer getroffen und besonders der Kopf so furchtbar verstümmelt, daß der Aermste alsbald seinen Geist aufgab. Eichhorn, der erst 31 Jahre alt war, hinterläßt die Frau und vier Kinder. Döbeln. Auf dem Holzschlag im sogen. Mühlenholz war der Arbeiter Schotte mit noch anderen Arbeitskollegen im Begriff, einen Baumstamm von einem Lager herabzuheben, der Stamm kam plötzlich ins Rollen, sodaß die Arbeiter nickt mehr imstande waren, ihn auf zuhalten. Dem vorgenannten Arbeiter gelang es nicht mehr, schnell genug zur Seite zu springen, sodaß der Stamm ihn an das rechte Bein schlug und beide Röhren des Unterschenkels durchbrach. Der bedauernswerte Mann wurde in das Stadtkrankenhaus transportiert. Zittau. Eine hiesige Firma hatte bei einem in Konkurs geratenen Geschäft in einer größeren Ortschaft der Oberlausitz eine Forder ung von 22 Mark. Die Ausfallsquote bei dem betreffenden Konkurse betrug 0,661 Proz. und so sandte der Konkursverwalter an den hiesigen Gläubiger nach Abzug von 10 Pfg. Porto den Niesenbetrag von — 5 Pfennigen! Diese Ausfallsquote machte nämlich 15 Pfg. aus. Aber auch diese 5 Pfennig konnte der Adressat noch nicht einmal ausgezahlt erhalten; denn diesen Obolus strich sich der Stephanus- jünger seinem guten Rechte gemäß schmunzelnd ein. So war das Endergebnis dieses groß artigen Geschäfts für den Empfänger der Post anweisung 0, ein Ergebnis, das der betreffende Herr seiner Kuriosität halber mit gutem Humor hinnahm. Wildenfels. Nachdem schon im vorigen Jahre die noch unvollendete Königin Carola- Warte in Burkersdorf in Brand gesteckt worden war, ist dies in der Nacht zum Montag wieder geschehen, wodurch eine Wand einstürzte und auch sonst mehrfacher Schaden angerichtet wurde. Carlsfeld. Der vor einigen Tagen in der Vergiftungsangelegenheit in Haft genom mene Glasmacher und Handarbeiter R- ist alsbald wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Beetz, der noch in ärztlicher Behandlung ist, befindet sich auf dem Wege der Besserung. Chemnitz. Zur Erbauung einer Kavallerie kaserne wurde, wie die „Allg. Ztg." hört, dem Militär fiskus ein Teil des freien Platzes an der Planitzstraße, der im Norden vom Zeisig walde begrenzt ist, zur Verfügung gestellt. Das Blatt nimmt an, daß der in Aussicht genom mene Neubau nicht nur zur Aufnahme des jetzigen hier garnisonierenden Jägerdetachements zu Pferde (1. und 2. Eskadron Nr. 12 und 19) dienen soll, sondern daß darin die ganze, nach und nach auf ein volles Regiment zu verstärkende Kavallerie - Abteilung Unterkunft finden wird. Leipzig. Freiwillig stellte sich der hiesigen Polizei der 20jährige Handlungsgehilfe Her mann Bussin aus Berlin, welcher am 9. Juni vorigen Jahres seinem hiesigen Prinzipal unter Mitnahme von ziemlich 6000 Mark durch gebrannt ist. Crimmitschau. Ueberraschend meldele Wolffs Telegraphenbureau, daß durch ein van der Streikleitung auSg gebenes Flugblatt „An das kämpfende Proletariat von Crimmitschau und Umgegend" den Arbeitern anempfohlen wurde, den Kampf zu beenden. Sie wurden aufgefordert, als am Dienstag die Arbeit be dingungslos wieder aufzunehmen. Die Meldung hat sich bestätigt. Die gewerkschaftlichen Leiter der deutschen Textilarbeiter-Organisation haben in Crimmitschau beraten. Die Lohnkommission und die Vertrauensmänner der Fabrikarbeiter beschlossen gemeinsam, sich auf Gnade und Ungnade zu ergeben. Falkenstein. Am Sonntag früh fuhr von dem 5 Uhr 31 Minuten nach Muldenberg abgehenden Personenzuge nur die Lokomotive mit einem Wagen aus dem hiesigen Bahnhofe, während die Personenwagen sämtlich stehen blieben. Erst am ersten Wärterposten wurde das Fehlen derselben bemerkt. Limbach. Zu der von uns gebrachten Mitteilung über die Entlassung des Direktors Siebold vom Technikum Limbach wird von beteiligter Seite dem „Chemnitzer Tageblatt" geschrieben: Richtig ist, daß der Expedient Kocher in der Zeit vom Februar 1902 bis Ostern 1903 Unterschlagungen im Gesamt beträge von etwa 1600 Mark begangen hat. Die Unterschlagungen sind aber, wenn auch damals nur in Höhe von 300 Mark, schon zu Ostern 1903 vom Direktor selbst entdeckt worden. Kocher ist damals entflohen und ver geblich steckbrieflich verfolgt worden. Direktor Siebold bestreitet entschieden, eine Verpflichtung zu unausgesetzter Kontrolle des Expedienten gehabt zu habeu; eine solche sei ihm als wissenschaftlichen Leiter der Anstalt auch gar nicht möglich gewesen. Ob die Stadtgemeinde zur sofortigen Entlassung des Direktors be rechtigt war, wird der Ausgang des von diesem angestrengten Prozesses lehren. Plauen i. V. Der Handarbeiter Rose aus Krökau, welcher am 12. Dezember v. I. die alte Botenfrau Blätterlein aus Kürbitz beraubt und so geschlagen hat, daß sie wenige Tage später verstorben ist, hat jetzt ein Ge ständnis abgelegt. Adorf i. V. Der Stadtrat beschloß, dem Beispiel der Stadt Treuen folgend, diejenigen Kriegsveteranen von der Gemeindesteuer gänzlich zu befreien, die ein Einkommen nicht über 700 Mark haben.