Volltext Seite (XML)
Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich z Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme v,n Inseraten bis vormittag zo Uhr. Inserate werden mit p Pf. für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 28. Freitag, den 6. Mär; 1903. 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Ottendorf-Gkrilla, s. März 1903. Kassenbewegung bei der Sparkasse zu Ottendorf-Moritzdorf in dem Monat Februar 1903: 16253,40 Mark Kassenbestand am Schluffe des Monates Januar. 5896,60 Mark neue Einlagen in 57 Posten. 22150,— Mark. Hiervon ab: 9000 Mark »usgeliehene Kapitale. 200 Mark Rückzahlung in 1 Posten. 9200 Mark 12950,— Mark Kaffenbestand. Seit dem Bestehen der Kaffe, 1. Novbr. 1902, sind überhaupt 38071 Mark 46 Pfennige auf 168 Konten eingezahlt worden. — In letzter Zeit sind gegen verschiedene Vorsitzende landwirtichafllicher Vereine gericht liche Strafverfahren wegen Vergehens gegen das Vereinsgesetz eingeleitet worden aus dem Grunde, weil die Einladungen zu Vereins versammlungen die Worte „Gäste willkommen" oder ähnliche Worte enthielten, welche zum Be- ffch ohne jede Beschränkung aufforderten. Die Aufsichtsbehörden leiteten aus dieser Un bestimmtheit der Fassung der Einladung die Anschauung her, daß die betreffenden Versamm lungen dann nicht als geschloffene Sitzungen landwirtschaftlicher Vereine, welche nicht unter das Pereinsgesetz sollen, sondern als öffentliche Versammlungen zu betrachten seien, welche nach dem Gesetz bei der Behörde angemeldet werden muffen. Um den Veleinsoorständen große Unannehmlichkeiten zu ersparen, ist es daher ratsam, die notwendigste Vorsicht zu beobachten und die Einladung von Gästen mit einer an- gemeffenen Beschränkung erfolgen zu lassen, etwa in der Form: „Interessenten, welche der Versammlung als Gäste beizuwohnen wünschen, kann die Erlaubnis hierzu vom Vorsitzenden erteilt werden." Radeberg. Wie Herr Rechtsanwalt Schlechte dem „Dresdner Anzeiger" mittcilt, ist in dem von der Firma Eduard Rocksch Nach folger in Liqu. gegen ihn als Verwalter im Konkurse der Vereinigten Radeberger Glas hütten A.-G. angestrengten Prozesse am Diens tag von der 9. Zivilkammer des Königlicher Landgerichts zu Dresden ein Urteil verkündet worden, worin der Widerspruch der Klägerin gegen den Teilungsplan des Königlichen Amts gerichts zu Radeberg vom 31. Dezember 1902 für unbegründet erklärt und die Klage kosten pflichtig abgewiesen wird. — Die Besitzer von P>ioritäten II. und III. Emission erhalten sonach nichts von dem Versteigerungserlöse der Grundstücke. Den die erste Anleihe über- schießenden Betrag des Versteigerungserlöses bekommt vielmehr, wie schon das Amtsgericht Radeberg im Verteilungsplane bestimmt hatte, der Verwalter für die Konkursmasse. — Die Aktiengesellschaft für Tafelglas fabrikation W. Hirsch in Radeberg genehmigt» in der am 28. Februar stattgefundenen General versammlung die ivfort zahlbare Dividende von 6 Prozent. Blasewitz. Gelegentlich eines Spazier ganges durch Blasenutz nahmen Dienstag den 3. d. M. Se. Majestät der König und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Mathilde die am dortigen Nathause angebrachte, dem An denken des Kurfürstlich Sächsischen Kapellmeisters Naumann gewidmete Gedenktafel in Augenschein. — Wie der „Dresdner Anzeiger" nac Meldungen aus Wien erfährt, soll der Abreis der Prinzessin Luise vonToskana nach Lindau ein endgültiger Ausgleich mit dem sächsischen und dem toskanischen Hofe zu gründe liegen. Prinzessin Luise habe eingewilligt, da das zu erwartende Kind gleich nach der Gebur nach Dresden gebracht werde; dafür weide sie noch im Sommer dieses Jahres ihre Kinder sehen, und zwar in Salzburg bei ihren Eltern. Auch die finanzielle Seite der Frage sei ge regelt- Eine andere Meldung giebt sogar den Inhalt einer zwischen Dresden und Salzburg vereinbarten Resignation, welche Prinzessin Luise vor der Uebersiedelung nach Lindau unterzeichnet haben soll. Danach erkennt die Prinzessin den Schiedsspruch an, wie er vom Dresdner Spezialgerichtshof gefällt wurde, und verzichtet auf jede wie immer geartete Anfecht ung desselben, wogegen sächsischeffeits von der Veröffentlichung der Urteilsgründe Abstand ge nommen wird; die Prinzessin verpflichtet sich, ieden ferneren Verkehr und jede direkte oder in- mekte Korrespondenz mit Giron zu vermeiden und sich überhaupt in ihrem persönlichen Ver halten streng nach dem am toskanischen Hofe gebräuchlichen Zeremoniell zu richten; der je weilige Aufenthalt der Prinzessin ist von Fall zu Fall durch ein besonderes Einvernehmen zwischen dem toskanischen und sächsischen Hofe zu bestimmen. Der sächsische Hof behält sich vor, die Lebensweise der Prinzessin entsprechend zu überwachen und derselben im Falle voll ständiger Tadellosigkeit nach Ablauf eines Jahres und eventuell auch schon früher den Verkehr mit ihren Kindern zu gestatten. Wie wenig alle diese Meldungen auf Zuverlässigkeit Anspruch machen können, erhellt daraus, daß dei Rechtsbeistand der ehemaligen Kronprinzessin, Herr Rechtsanwalt Dr- Zehme, dem „Dresdner Anzeiger" auf eine Anfrage mitteilt, daß ihm von dergleichen Abmachungen bis jetzt noch nichts bekannt sei- Dresden. Der Zahnarzt Lenis Atwell O'Brian wird Dresden demnächst verlassen und sich nach Amerika wenden. Man bringt seine Abreise mit der Affäre der früheren Kronprinzessin von Sachsen in Verbindung. Ein polizeilicher Ausweis ist nicht erfolgt. Dresden, 2. März. Wegen Beleidi gung des sächsischen Kriminalkommissars Schwarz, der im Auftrage der sächsischen Regierung während des Aufenthaltes der Prinzessin Luise in Genf gewesen war, wurde der Redakteur Götz von der Dresdner Rundschau zu 6 Mo naten Gefängnis verurteilt. Die Beleidigung wurde gefunden in einem Artikel über die An gelegenheit der Kronprinzessin. Dresden. Vor der IV. Strafkammer hatte sich heute der 29 Jahre alte, aus Aachen gebürtige Kaplan Peter Wilhelm Knipp wegen SittlichkeitSvcrbcechens zu verantworten. Als Verteidiger fungierte Rechtsanwalt Dr. Pau wels, als ärztlicher Sachverständiger Gerichts arzt Obermedizinalrat Dr. Donau. Zur Auf klärung des Sachverhaltes waren als Zeugen drei Lehrer und acht Knaben vorgeladen. Die umfängliche Beweisaufnahme fand unter Aus schluß der Oeffentlichkeit statt. Der Angeklagte war Kaplan in der katholischen Kapelle auf der hiesigen Schumann-Straße und Religionslehrer oer heute als Zeugen erschienenen Knaben. Knipp wurde für schuldig erkannt, in mehreren Fällen mit seinen Schülern, von denen einige noch nicht 14 Jahre alt sind, unzüchtige Hand lungen vorgenommen zu haben. Der Gerichts hof billigte dem Angeklagten mildernde Um stände zu, da es nicht unwahrscheinlich ist, daß bei ihm eine mindere Zurechnungsfähigkeit vor liegt. Das Urteil lautete auf 2 Jahre Ge fängnis und 5jährigen Ehrenrechtsverlust. Dresden. Um zunächst dasjenige Rechts subjekt zu schaffen, welches das frühere Kummer- Etablissement in der beabsichtigten Weise, sei es im Wege des freihändigen Kaufes oder im Zwangsversteigerungsverfahren, zu erwerben, in der Lage ist, fand vorgestern hier die Kon stituierung einer Aktiengesellschaft unter der Firma Sachsenwerk, Licht- und Kraft-Aktien gesellschaft, mit dem Sitze in Dresden statt. — Die gestern in Gegenwart des Königl. Staats-Kommissars stattgefnndene General- Versammlung der Sächsischen Bodenkredit- Anstalt in Dresden genehmigte den Jahres- Abschluß für 1902, erteilte Entlastung und setzte die Dividende auf 7 Prozent fest. Die turnusmäßig ausscheidenden Mitglieder des Aufsichtsrates wurden wiedergewählt. Dresden. Räuberisch überfallen wurde auf der Straße nach Radebeul die Frau des Formers Seele. Ein mit grauem Ueberzieher und dunkler Hose bekleideter, großer Mensch nahm ihr aus einem Korbe Brötchen und Wurst ab. Geld fand er bei ihr nicht, obwohl die Frau den Wochenlohn ihres Mannes bei sich ührte. Dresden. Großes Aufsehen rief am Donnerstag Abend in Dresden die plötzliche, auf Antrag der Staatsanwaltschaft erfolgte Verhaftung des Gendarmen Grünfeld hervor. Der Beamte gehörte dem zweiten Polizeibezirk an, ist verheiratet und steht im Verdacht mit zwei Mädchen im Alter von zehn resp. sechs Jahren unzüchtige Handlungen vorgenommen zu haben. Bischofswerda. Wie erinnerlich, wurde im vorigen Herbst in Bischofswerda ein Falschmünzernest ausgehoben. Der Haupt- tchuldige, Tischler Heptner aus Böhmen, war tüchtig, wutte jedoch in Böhmen verhaftet. Während der eine, Jacob, zur Zeit noch in Bautzen im Untersuchungsgefängnis sitzt, hat jetzt in Böhmisch-Leipa gegen Heptner die Lchwurgerichtsverhundlung stattgefunden. Der Spruch der Geschworenen kann wohl als Kurio sum angesehen werden, denn sie sprachen den Angeklagten mit sechs gegen sechs Stimmen frei im Anschluß an die Ausführungen des Ver teidigers, welcher geltend machte, daß nach österreichischem Ges tz mit Strafe belegt wird, wer falsches Geld schlägt, Heptner und Ge nossen Haven solches aber nicht geschlagen, d. h geprägt, sondern gegossen! Bautzen. Der Gefreite Ernst Alwin Stern der 12. Kompagnie des 4. Infanterie- Regiments Nr. 103 in Bautzen hat sich unter Umständen von seinem Truppenteil entfernt, welche Fahnenflucht vermuten lassen. Stern wird steckbrieflich verfolgt. Bautzen. Das neue Gebäude des hiesigen katholischen Seminars wird am 16. April feierlich eingeweiht werden. Die Anstalt ist Ostern 1851 eröffnet worden, nachdem vorher seit Michaelis 1817 das Landständische Seminar die Ausbildung katholischer wie evangelischer Lehrer übernommen hatte. Zittau. Zn dem Mord an der Neiße in Zittau ist werter mitzuteilen, daß nach unermüdlichem Suchen nach dem Leichnam oer durch Mördershand umgebrachten Jungfrau Anna Hedwig Nierich aus Kleinschönau endlich am Sonntag Vormittag es gelungen ist, den- ;elben zu bergen. Das unglückliche 16jährige Opfer wurde von seinem Vater aufgefunden, und zwar ebenfalls noch, auf Zittauer Flur, nicht weit vom Tatorte enssernt. Der Leichnam selbst wurde polizeilich aufgehoben. Die beiden Opfer sind nun gefunden, doch vom Thäter fehlt noch jede Spur. Zittau. Mit dem Verbrechen, dem die beiden Mäochen Nierich und Thiele zum Opfer gefallen sind, wird eine Verhaftung in Ver- vmduug gebracht, die schon am Sonntag in Warnsdorf erfolgt ist. Das Signalement des Verhafteten paßt aus den Unbekannten, der das Verbrechen an den beiden Mädchen verübt haben dürfte. Der Mann wurde beim Betteln betroffen. Ec nennt sich Vincenz Lenart und soll in St- Georgenthal seinen Wohnsitz haben. Lenart wurde in Polizeiarrest gebracht, wo er alsbald einen Fluchtversuch unternahm, der vereitelt wurde. Meißen, 3. März. Im hiesigen Granit steinwerke von Köhler ist die gesamte Arbeiter schaft, 40 Steinmetzen und Schleifer und 20 Pflastersteinbossierer, in den Ausstand getreten. Veranlassung hierzu gab der Ablauf des vor drei Jahren abgeschlossenen Lohntarifes. Das Werk wollte, den Zeitverhältnisien entsprechend, im neuen Tarif für die Steinmetzen und Schleifer einige geringe Lohncrmäßigungen ein führen. Die Arbeiter antworteten hierauf mit dem Ausstande, der bei der gegenwärtigen Ge- chäftslage aber wohl kaum Aussicht auf Er- olg bietet. Wermsdorf, 3. März. Seit einigen Tagen quillt auf einer Wiese des GutS- usitzers Pinkert hier eine petroleumartige Flüssigkeit. Mit dem aufgefangenen Erdöl ;at man bereits Beleuchtungsversuche angestellt. Sachverständige werden nächstens ein Gutachten über den Wert desselben abgeben. Oschatz, 3. März. Ein Unglücksfall trug sich hier heute Nacht 1 Uhr 10 Minuten beim Abgänge des Zuges nach Leipzig zu. Der dort als Dozent in der medizinischen Fakultät tätige Dr. Apelt wollte diesen Zug benutzen, sprang, als sich dieser schon in Be wegung setzte, aufs Trittbrett, glitt ab und geriet unter die Räder, die ihm über beide Beine gingen und sie vom Rumpfe trennten. Apelt lebte noch etwa eine Stunde und ver starb dann bei völligem Bewußtsein. Dr. Emil Apelt war hier geboren, 32 Jahre alt und unverheiratet. Der hoffnungsvolle Mann, der rüher in Halle a. d. S. einige Zeit lang waktiziert hatte und zuletzt bis vor kurzem im Auftrage der sächsischen Regierung in Ost indien zur Erforschung der Pest thätig war, hatte sich erst kürzlich als Dozent in Leipzig habilitiert. Döbeln. Der Aufsichtsrat der Döbelner Bank hat an Stelle des verstorbenen Direktors Altmann den seitherigen Vizedirektor Heine mann, früher in Leipzig zum Direktor gewühlt. Als Vizedirektor wurde der Kassierer Hölzer ernannt. Kühren bei Wurzen. Der Gutsbesitzer Julius Scheibe von hier ist am Sonnabend aus der Untersuchungshaft entlassen worden, nachdem der auf ihm ruhende Verdacht sich als unbegründet herausgestellt hat. Leipzig, 3. März. Der Berliner Kaufmann und Kunstmäcen I. M. Block schenkte dem Leipziger Gewandhaus 20 000 M. zur Gründung eines Arthur-Nikisch-Fonds- Leipzig, 3. März. In einem hiesigen Cafs wurden kürzlich in einem Sofa versteckt oufgefunden ein Pfandschein des LeihamteS zu Berlin über einen am 5. Februar für 180 M. versetzten Brillanten und eine Perle, zwei Pfand scheine des hiesigen Leihhauses über einen am 12. Februar für 125 Mark versetzten goldenen Ring mit Brillanten und eine Nadel mit Brillanten und einem Rubin und über eine am 14. Februar für 70 Mk. versetzte goldene Nadel mit Brillanten und einem Rubin, außer- vem fünf goldene Nadeln, aus denen die Steine auSgebrochen sind. Aller Wahrschein lichkeit nach rühren die verpfändeten Gegen stände und die Nadeln von einem auswärts verübten größeren Diebstahl her. Waldenburg, 2. März. In der Vostagentur zu Dittmannsdorf wurde ein Ein bruch verübt. Der Dieb hatte den Kassenschrank erbrochen und wurde dabei vom Postagenten, bem Amts- und Gemeindevorsteher Wagner gestört. Zwischen Wagner und dem Einbrecher entspann sich ein erbitterter Kampf, wobei Wagner von dem mit einem langen Messer be waffneten Einbrecher schwere Stichwunden an Stirn und Hinterkopf erhielt. Auch die herbei geeilte Gattin Wagners wurde am Halse ver wundet. Dem Einbrecher gelang es, unerkannt zu entfliehen. Tetschen-Bodenbach, 3. März. Die Firma Storr L Co., Baumwollspinnerei und Weberei in Leipzig, hat in Neschwitz an der Elbe bei Tetschen Grundstücke im Gesamt werte von über 100000 Kronen gekauft und beabsichtigt darauf die Errichtung einer Baum wollspinnerei und Weberei. Die Fabrik soll noch in diesem Jahre fettiggestellt werden. — Wie verlautet, ist die Fabrik (Filiale) der Dresdner Fahrradwerke vormals W- Schladitz von den Schokoladewerken in Köln käuflich er worben worden, welche hier eine Filialfabrik einzurichten gedenken.