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DLeitung" erscheint Dienstag, Donners? tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vicrtelsährtich t Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Aloritzdors und Umgegend. mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Held und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag w Uhr. Inserate werden mit ,o Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 2. Oertliches und Sächsisches. Gttendorf-Vkrilla, ,s. September ,9o2. *** Tas nm Sonntage stattgefundene Ernte fest erfreute sich trotz des ungünstigen Welters eines sehr guten Besuches, auch von auswärts waren viele Fremde anwesend. In den Abend stunden entwickelte sich in den Gasthöfen ein lebhaftes Treiben, leider wurde im Gasthof znm Roß die Festfreude durch einen als ge- waltthätigen Menschen bekannten hiesigen Ein wohner gestört, welcher Streit mit verschiedenen Personen anfing, der in Thätlichkeiten ausartete. Der Betreffende wurde nach heftiger Gegenwehr an die Luft gesetzt, betrat aber, trotzdem ihm der Wirt den Eintritt verboten hatte, das Lokal und mackte sich dadurch des Hausfriedensbruchs schuldig. Ta gegen denselben Anzeige erstattet worden ist, sicht er einer empfindlichen Bestrafung entgegen. *** Am Sonntag nachmittag wurde der Sohn des Gutsbesitzers Mißbach von einem Radfahrer überfahren und erlitt leichtere Verletzungen. Wem die Schuld an dem Unfall trifft ist bis j tzt noch nicht aufgeklärt. *** Vorige Nacht hatte Herr Rentier Ring aus Langebrück das Glück auf hiesigen Jagd revier eine außergewöhnlich große Hirschkuh zu erlegen. — Ottendorf-Okrilla. Vor dem Dresdner Landgericht war am Dienstag eine Verhandlung gegen den 17 Jahre alten Glasarbeiter Max Emanuel Bauer aus Ottendorf bei Radeberg wegen Sachbeschädigung in schwerem Falle an- reraumt. Der Angeklagte ist trotz seines jugendlichen Alters schon mehrfach bestraft und erst am 17. April d. I. aus dem Gefängnis entlasten worden. Am 23. Juni d. I. verübte Bauer in Ottendorf einen Diebstahl. Aus Rache darüber, daß er deshalb von dem dortigen Gemeindevorstand vernommen worden war, be nutzte der Angeklagte eine günstige Gelegenheit, das dem Beamten gehörige Fahrrad durch Zer schneiden der Gummireifen zu zerstören. Dem Eigentümer ist hierdurch ein Schaden von 40 Mark zugefügt worden. Das Landgericht verurteilte Bauer im vorigen Monate wegen dieses Vergehens und wiederholten Rückfalls diebstahls zu einer ömonatigen Gefängnisstrafe. Nach jener Verurteilung wurde noch festgestellt, daß der Angeklagte am 27. Juni d. I. zu Ottendorf an vier Ahornbäumen vorsätzlich die Rinde losgeristen hat. Bauer verwirkte des halb 1 Monat Gefängnis als Zusatzstrafe. Als der letzte Zug von hier gegen 1/^12 Uhr am Sonntag Abend in Dresden- Neustadt eintraf, wurden auf Veranlassung mehrerer Fahrgäste verschiedene Personen ver haftet und auf die Polizeiwache abgefühn. Dieselben hatten im B a h n r e st a u r a n 1 W eir 0 orf eine roh? Schlägerei bei der auch geschossen worden ist, in Szene gefitzt und mehrere Personen schwer verwundet. Ais sie den Zug 2740 zur Rückfahrt nach Dresden benutzte» stiegen schnell entschlossen der Wut und mehrere Augenzeugen und Verwandte der Verletzten ein und veranlaßten in Dresden-N. die Verhaftung der RowdieS. Der Spätsommer ist ebenso unfreund lich in seinen Witterungsverhältnissen, wie die Hundstage, nur daß die Temperatur noch tiefer gesunken ist, die Niederschläge noch zugenommen und rauh-heftig wehende Winde die Lage noch ungünstiger gestaltet haben. Zu einem wahren Genießen der Freuden jeder einzelnen Jahres zeit ist man Heuer nichl gekommen. Schnee und Kälre mangelten uns im Winter, laue Luft und ein schnelles Erwachen der Natur im Früh ling und Wärme wie Sonnenschein im nun zu Ende gehenden Sommer. Hoffentlich bringt uns der Herbst noch eine lange Reihe schöner Tage, die aucb im Interesse der Landwirtschaft sehr zu wünschen sind. — Au die Handwerker! Daß das Borgen Sorgen bringt, weiß jeder Handwerker, der, weil er seinen Kunden lange Fristen ge- Mhren muß, selber Schulden zu machen ge- Dirnstag, den 17. September 1902. zwungen ist. Und daß das Borgsystem ein wunder Punkt unsrer öffentlichen Verhältnisse ist, das wird von allen Seiten anerkannt Die gewerbliche Presse beschäftigt sich denn auch häufig mit dem Kapital unsres sozialen Lebens, und besonders um den Quartalschluß richtet sie an das Publikum die Mahnung: „Bezahlt Eure Handwerker!" In diesem Appel liegt ein gewaltiges Stück der sozialen Frage. Der Handwerker ist durchschnittlich kein Großkapitals, der mit eignem und fremdem Kredit „in in- finitum" arbeiten kann, und das Publikum sollte auch nicht vergessen, daß das Barzahlen rur sein eigner Vorteil ist. Gedenkt es dabei des richtigen Grundsatzes, daß jede ehrliche Arbeit ihres Lohnes wert ist, so werden auch Gründe der Gerechtigkeit es bestimmen, den ohnehin unter der Mißgunst der Zeiten schwer leidenden Handwerksmann nicht durch eine über mäßige Geduldprobe der Vernichtungsgefahr preiszugeben. Allein — auch die Handwerker begehen in dies-.r Hinsicht Fehler, die sich oft bitter räch n. Sie lassen es oft an einer ge ordneten Geschäftsführung fehlen. Wenn es ihnen gerade einmal paßt, schicken sie ihren Knuden die Rechnung, und wenn sie dann viel leicht „auf ihre Außenstände angewiesen" sind, oann werden sie plötzlich ungestüm. Das ver bittert, das schadet! Es ist darum auch dieser andre Appell durchaus am Platze: „Handwerker, schickt Eure Rechnungen reichtzeitig!" — Großröhrsdorf. Ein Einbrecher, der in der zweiten Hälfte des Juli die hiesige Gegend unsicher machte, erhielt vom Landgericht Bautzen seine Strafe. Vieler Einbrüche all geklagt erschien der in Niederfriedersdorf ge borene, bereits achtmal vorbestrafte Schmiede geselle Schwager auf der Anklagebank. Er wurde zu zwölf Jahren Zuchthaus, zehnjährigem Ehrenrechtsverlust und Zulässigkeit von Polizei aufsicht verurteilt. — Moritzburg. Die hiesige Gemeinde und die an der Bahnstrecke Dresden-Moritzburg liegenden Ortschaften haben eine Petition an die Generaldirektion der Staatseisenbahnen ab geschickt, in der dringend gebeten wird, den Winterfahrplan auf dieser Strecke nicht wieder zu kürzen. Die Gesuchsteller betonen, daß das Ausfallen von Zügen außerordentlich schädigend auf die Entwickelung der Orte und auf Handel und Verkehr wirken werde. — Trachau. Auf entsetzliche Weise kam am Sonntag das sieben Jahre alte Kind Elsa des Arbeiters Adam um sein junges Leben, in- öem es sich in Abwesenheit der Mutter, die sich auf dem Wege nach der Kirche befand, in der Küche an der Ofenfeuerung zu thun machte und dabei dem Feuer zu nahe kam. Dabei gerieten die Kleider des Kindes in Brand. Schwerverletzt brachte man die Kleine nach der Diakonissenanstalt, wo sic noch am Abend ver schied. — Meißen. Das hiesige Stadtverordne.en- Kollegium nahm gestern insofern zur Fleisch- wuerung Stellung, als es eine von einer sozial demokratischen Volksversammlung in der „Wein traube gefaßte Resolution gegen die Grenzsperre dem Stadirate zur Weitergabe an die Staats regierung überwies. In derselben Sitzung trat man auch dem Beschlusse des Stadtrats hin sichtlich Herabsetzung des Sparkassen-Zinsfußes vom kommenden 1. Januar an bei (für Einlagen auf 3 Prozent, für Hypotheken auf 4 Prozent, bisher 3,25 und 4,25). — Die Aussichten für Vie Weinernte sind keine erfreulichen, nachdem die kurze Wärmeperiode seit beinahe einer Woche wieder durch regnerisches Welter abgelöst worden ist. Schade um den reichen Traubenansatz! - Leipzig. Etn schwerer Unglücksfall wird uns aus dem nahen Lindemhal gemeldet. Dort wurde gestern Abend auf der Chaussee eine radfahrende Dame, die Gattin eines hiesigen Universitätsprofessors, von einem Sandwagen angerannl. Dabei geriet die Dame so un glücklich unter den Wagen, daß sie von dem einen Hinterrade desselben überfahren wurde. Mil einer schweren Verletzung des Oberschenkels wurde die Verunglückte nach Möckern gebracht. — Olbernhau. Empfindlichen Schaden hat der Viehhändler Ullmann in Pockau erlitten. Eine Bahnsendung russischer Gänse, ca. 1100 Slück, wurden bei der thierärztlichen Unter suchung als an der Geflügel-Cholera erkrankt befunden und mußten deshalb getötet werden. Eine zweile auf dem Bahnhof Pockau-Lengefeld slehendeGänseladung ist ebenfalls seucheverdächtig. Familie Gumprecht. (Nachdruck verboten.) Der Bankier und Konsul Philipp Gum precht ist der Besitzer des stolzen Schlosses Langenstein und sein Reichtum und seine ge- seiffchaftüche Stellung gestatten ihm des öfteren, erlesene Gesellschaften in seinem Hause zu sehen, Jagden und sonstigen Rendezvous der vor nehmen Welt zu veranstalten. Von den zahl reichen Bewohnern des Schlosses nimmt zu nächst Raimund Gumprecht, der Sohn des Schtoßherrn, unser Interesse in Anspruch. Rammnv halte eine tiefinnerliche Abneigung gegen oen kaufmännischen Beruf, er wollte Philosophie studieren, sein Vater bestand jedoch aus Jus, das heute im Bankfach so nötig ist. Raunund machte deshalb gehorsam sein juristi sches Doktor-Examen und trat dann in das Geschäft seines Vaters ein. Während seines Aufenthaltes im Schlosse hatte Raimund Ge- legenheü, die jugendsnsche Tochter des Försters, Hevwig Köcher! kennen zu lernen. Er faßt jowrt eine tiefe Neigung zu derselben und diese Neigung wird von Hedwig mit der ganzen Hingebung einer unverdorbenen Mädchenseele erwidert. Dem jungen Paare stellen sich indes schwer überwindbare Hindernisse in den Weg. Zunächst muß Raimund sehen, daß auch der Sekretär Winkler, die rechte Hand seines Vaters, ein Auge auf die schöne Försterstochter geworfen hat. Winkler versucht mit allen Mitteln, die selbe für sich zu gewinnen. Es gelingt ihm aber nicht und auch bei seinem Nebenbuhler hat er m oieser Hinsicht kein Glück. — Der Konsul Hal natülich bezüglich der Zukunft seines Sohnes ganz andere Pläne. Er hat als zu- künslige Gatun desselben die verwittwete jugend- liye Gräfin Felirttas Wolfrath ausersehen, weiche sich als Gast im Schlosse Langenstein ausyäll. Als nun Raimund eines Tages seinem Valer seine Liebe zu Hedwig Köcherl gesteht, und auf der festen Absicht beharrt, die Försters- tvchler als Gemahlin heimzusühren, kommt es zu einer erregten Szene zwischen Vater und Lohn, in deren Verlaufe der Konsul Raimund mir Verstoßung und Enterbung droht. Auch tue Jniervenuon der Gemahlin des Konsuls Hal wenig Erfolg. Schweig, ich bitte dich, sagre er zu ihr, wenn du es nicht darauf an gelegt hast, mich rasend zu machen. Es bleibt bei dem, was ich mir vorgenommen habe und wenn Du's hundertmal nur Starrsinn nennen walltest! Das soll der Knabe nie erleben, daß er sich rühme mich unter seinen Willen gebeugt zu Haven. Und wenn es schon beschlossen wäre daß mein Haus zum Spott des Bölkes werden soll, so würd' ich doch nicht zugeben, daß der, ücr mir zuerst den Respekt versagte, in diesen hämischen Triumph einstimme. Eher brächte ich cs wirkach fertig, ihm und Euch allen zum Trotz, den Winkler Hans, den Betteljungen, zum Erben über mein Hab und Gut zu machen. Das schwör ich dir! Raimund tonnte und wollte in der Heimat nicht bleiben; der Vater hä.w dann jedenfalls geglaubt, den Sohn doch no y zur Raison bringen zu können und das wolle er vermeiden. Er verfügte über ge- nü jcnde Baarmittel, um sich bei bescheidenen Anbrüchen einige Jahre ohne klingende Ein- tu Pe halten zu können, wenn es ihm nicht gcl »gen würbe, sich eine Existenz als Rechts anwalt zu schaffen. Vorher wollte er jedoch noch mit Hedwig Rücksprache über die weitere Griialtung ihrer Zukunft nehmen und begab 1. Jahrgang. sich am nächsten Tage nach dem Forslhause. Dort hörte er zu seinem Erstaunen, daß der Förster plötzlich abgereist sei und Hedwig mit genommen habe. Dies konnte nur auf Ver anlassung seines Vaters geschehen sein. Er stellte denselben darüber zur Rede. Dieser hüllte sich aber in eisiges Schweigen und es gelang Raimund auch nicht, durch das Forst hauspersonal den Aufenthaltsort Hedwigs zu ermitteln. Er hatte von ihr gehört, daß sie beabsichtigte, ein Lehramt in der benachbarten Stadt anzunehmen, Raimund reiste deshalb so fort dahin, um auf gut Glück zu recherchiren. Er hatte keinen Erfolg und kehrte mißgestimmt nach Hause zurück. Hier empfing er die Nach richt, daß seine Mutter schwer erkrankt sei und sich in einem Zustande von Exaltation befinde, der eine psychische Katastrophe herbeizuführen drohe. — Die erste Person, die ihm im Kranken zimmer entgegentrat war Gräfin Felixitas. Sie begrüßte Raimund wie den Erretter. „Da ist er — er lebt — ich habe ihn wieder!" schrie Frau Bertha in jubelnder Ver zückung auf, als sie seiner ansichtig wurde, und den Arzt, der sie zur Mäßigung mahnen wollte, unsanft bei Seite drängend, stürzte sie dem Sohne in ine Arme, ihn herzend und küssend zwischen krampfhaftem Lachen und Schluchzen. Raimund versprach der Kranken alles, was sie wollte. Sie mußte ja um jeden Preis be ruhigt werden. Nachdem sie ein Schlafpulver erhalten hatte, fiel sie in einen ruhigen Schlummer. Raimund blieb im Zimmer und war nun mit der Gräfin allein. „Meine Mutter hat viel — Unzusammen hängendes gesprochen — ehe wir anlangten?" fragte er. „Nur immer von Ihnen." Er sah zu Boden. Ja, da war er der Gräfin eigentlich doch auch eine Erklärung schuldig. Sie verharrten einige Sekunden in stummer Unbeweglichkeit. „Wir wollen aufrichtig sein zu einander!" sagte Felixitas dann, ihm kameradschaftlich die Hand reichend. „Das wird unsere Stellung zu einander rasch klären." Er sah erleichtert zu ihr auf; ihr ge winnendes Lächeln mußte ihn wenigstens von einer Sorge befreien. „Sie scheinen der Meinung zu sein, mir etwas abzubitten zu haben, Herr Doktor? — Sehen Sie doch nicht so bestürzt darein, ich bitte Sie! Ich vermag das ja nur von der heiteren Seite aufzufassen. — Die liebe Ge sellschaft scheint sich die Idee in den Kopf ge jagt zu haben, aus uns Beiden ein Paar zu machen . . ." „Und Sie dachten nicht daran?" platzte er in seiner Befriedigung heraus, so daß sie Miene machte, hellauf zu lachen. „Das gereicht Ihnen zu so großem Ver gnügen? Ei! Wenn ich Sie nicht mit Ihrer Herzensentzündung entschuldigen müßte, dürfte ich diesen Jubelruf ungalanl nennen. — Doch Scherz bei Seite! Ich schätze Sie hoch, ich möchte Sie gerne meinen Freund nennen, aber sonst haben Sie von mir nichts zu — be fürchten,." „Ich bitte Sie tausendmal um Verzeihung!" stotterte er, ihr die Hand küssend. „Ich dachte ja auch nicht ernstlich, daß .. Aber ich glaubte, daß meine Eltern, besonders der Vater — und diese faden Anspielungen von sonstiger Seite. — Fürchten mußte ich wirklich etwas: Sie gegen meinen Willen kompromittiert zu haben." „Lassen Sie sich das nicht anfechten! Doch was haben Sie zunächst für Pläne, wenn ich fragen darf?" „Eine ganze Menge, was meine materielle Stellung beträfe, am allernächsten aber den einen — den Gegenstand meiner Neigung wiederzufinden, den mir eine eilige Jntrigue aus dem Gesichtskreis gerückt hat." Fortsetzung folgt.