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Kurze Mitteilungen. 13. Februar 1928 Das Besuchsbuch des englischen Militärsried hofs in Amiens ist gestohlen worden. Man ver mutet, daß der Dieb ein Autographensammler ist, da zahlreiche bekannte Persönlichkeiten sich in das Buch eingetragen haben. Gesamtaussperrung in-er deutschen Metallindustrie. 13. Februar 1928 800 OVO Arbeiter davon betroffen. Wie von Arbeitgeberseite mitgeteilt wird, hat der Eesamtverband Deutscher Metallindustrieller beschlossen, zur Unterstützung der bereits seit 4 Wochen im Abwehr kampf befindlichen Mitteldeutschen Metallindustrie die Gesamtaussperrung in der deutschen Metallindustrie ab 22. Februar vorzunehmen. Von dieser Mahnahme werden insgesamt 750 000 Arbeiter betroffen, sodaß von diesem Zeitpunkt ab unter Hinzuziehung der in Mitteldeutschland bereits ausgesperrten Metallarbeiter 800 000 Arbeiter ausgesperrt werden dürften. Hierzu wird von Arbeitgeberseite erklärt, daß die Mitteldeutsche Metallindustrie die Unterstützung der gesamten Deutschen Metallindustrie in dem ihr aufge zwungenen Abwehrkampf gefunden habe, weil die bis her rasch aufeinanderfolgenden Lohnerhöhungen unter keinen Umständen fortgesetzt werden könnten, wenn der gegenwärtige deutsche Preisstand gehalten werden solle. Dies sei die unumgängliche Voraussetzung für die Auf rechterhaltung des jetzigen Beschäftigungsgrades. In den nächsten Monaten liefen rund 260 Lohntarise ab. Der Zustand, daß jeder Tarifablauf die Gewerkschaften zu einer Lohnforderung veranlasse, sei volkswirtschaft lich untragbar, da er zu dauernder Beunruhigung der Wirtschaft und, falls den Forderungen immer wieder nachgegeben werde, durch die aufeinanderfolgenden Lohn- und Preiserhöhungen auf die Dauer zu einer Schraube ohne Ende und damit zu einer vollkommenen Unterbindung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie auf den Weltmärkte führen müsse. Daraus ergebe sich, das; die Auseinandersetzung in Mitteldeutsch land richtunggebend für die Lohnpolitik der Deutschen Industrie werden mutz. Kommunistische Demonstrationen in Straßburg. 13. Februar 1928 Ucber kommunistische Demonstrationen in Straß- burg aus Anlatz des Besuches des französischen Mini sterpräsidenten berichtet die „Humanite", datz die elsässischen Rekruten des 158. Infanterie - R-egiments und der Hagenauer Jäger beurlaubt und durch Metzer Infanterie und eine Eendarmeriebrigade ersetzt worden sind. Den von Schilligsheim und Reudorf nach Strass burg marschierenden Kommunisten wurden die Zu- gangsstratzen zum Zentrum und zum Bahnhof durch Eendarmerieketten und Kavallerie versperrt. Nur einige Hundert Parteianhänger konnten nach Straß burg selbst vordringen, während die übrigen die Inter nationale sangen. Der Verbandssekretär der kommu nistischen Partei wurde vom Ordnungsdienst festge nommen als er unter Hinweis auf das Polizeiaufgebot eine abfällige Bemerkung gegen Poincare machte. Als gegen 4 Uhr der Festzug mit Poincare am Bahnhoss- platz cintraf, brachen die Kommunisten in den Ruf aus: „Nieder Poincare, cs leben die Sowjets!" Vis in die späten Abendstunden kam es zu wiederholten Zu- sammenstötzen zwischen Rechtsverbänden und Kommu nisten. Zahlreiche Kommunisten wurden verhaftet. Wie die Presse weiter meldet, wurde der kommunistische Deputiertn Hueber, der beim Eintreffen Poincares auf dem Bahnhofsplatze „Nieder mit Poincare" gerufen hatte, und seine Freunde, die Poincare auspfiffen, von der Menge mißhandelt und mutzten von der Polizei bis zum Gewerkschaftshaus begleitet werden. Als eine Musikabteilung vorbeizog, wurde sie von der Menge angehalten und gezwungen, die Marseillaise und „Ihr wollt Elsatz-Lothringen haben" zu spielen. Meutereien in dem Marineqefängnis in Toulon. In dem Marinegefängnis von Toulon kam es gestern zu neuen Zwischenfällen. Die wegen gemeiner Vergehen inhaftierten Matrosen protestierten wegen der Qualität der Verpflegung und wollten trotz der Aufforderungen der Wärter nicht zur Arbeit antreten. Aus aller Well. 13 Februar 1928 * Noch ein Lombardhaus-Skandal. Die Reihe der Leih- und Lombardhauszusammenbrüche ist wieder durch einen neuen Fall erweitert worden. Es handelt sich dabei um das „Deutsche Leihhaus" M. Grünberg, gegen dessen Inhaber Siegmund Bab, ebenfalls schwere Vorwürfe erhoben werden. Gegen Bab wurden bereits Ende vorigen Jahres Klagen laut, datz er seinen Geld gebern — er hatte ähnlich wie im Fall Bergmann bis zu 50 Prozent Zinsen versprochen — gegenüber nicht nachkomme, und weder Zinsen noch Kapital zurückzahlte. Auch wurde festgestellt, datz er anvertraute Pfänder an andere Pfandleihinstitute weiterverlieh, so datz seine Gläubiger geschädigt wurden. Als die Geldgeber auf Rückzahlung drängten, meldete Bab Konkurs an, der aber mangels Masse eingestellt wurde und leistete auch den Offenbarungseid. Geschädigt sind durch Bab haupt sächlich Personen, die ihm Beträge bis zu etwa 10 000 Mark zur Verfügung gestellt hatten. Bab gehört zu denjenigen Pfandleihern, die während der Inflation groß geworden sind und nach der Rückkehr einigermatzen geordneter Wirtschaftsverhältnisse nicht mehr rentabel arbeiten konnten. * Unterschlagung eines Postbeamten. In Magde burg gelang es raffinierten Unterschlagungen eines Postschaffners auf die Spur zu kommen. Der Post schaffner entnahm seit Wochen bei der Beförderung der Post vom Postamt nach einem bestimmten Zug dem Briefbeutel Wertbriefe, und zwar lietz er, während er im Fahrstuhl fuhr, den Fahrstuhl auf halber Fahrt stehen und benutzte dann den kurzen Augenblick des Un beobachtetseins zu seinen Diebstählen. * Mord und Selbstmord in München. In einem Hotel im Bahnhofsviertel in München hatten sich am Freitag ein 23 Jahre alter Mann und eine 24 Jahre alte Frau eingemietet und im Fremdenbuch mit dem Namen Kapellmeister Fischer aus Würzburg mit Frau eingetragen. Der Mann hatte erklärt, sie seien von der Reise ermüdet und bäten, man solle sie am nächsten Das internationale Turnier der Berliner Schachgesellschaft. Die Berliner Schachgesellschaft feiert in diesen Tagen ihr hundertjähriges Jubiläum. Aus diesem Anlatz veranstaltete sie ein internationales Meisterturnier, an dem die bekanntesten internationalen Schachgrößen Tartakower, Nimzorvitsch, Reti, Stoltz, Samisch usw. teilnehmen. Unser Bild zeigt die Meister Dr. Tartakower (links) und Nimzowitsch (rechts) am Schach brett. Tage nicht wecken. Der Wunsch wurde beachtet. Als auf das Klopfen am Nachmittag nicht geöffnet wurde, drang man in das Zimmer ein. Die beiden Hotelgäste lagen tot in ihren Betten. Die Frau hatte einen Schutz hinter dem rechten Ohr, der Mann einen Schutz im Munde. * Ermordung dreier Deutscher in Polen. Wie die Deutsche Rundschau in Polen aus Wauschau meldet, sind in der Kolonie Nyszewek bei Wloclawek am 9. Februar der deutsche Kolonist Julius Wall, seine Köchin und sein Dienstmädchen einem fürchterlichen Verbrechen zum Opfer gefallen. Man fand in der Küche die schreck lich zugerichtete Leiche der 65 Jahre alten Köchin Wilhelmine Winter, die im Hofe an einem Balken auf gehängte Leiche des 25jährigen Dienstmädchens Grete Bethke und im Korridor hing die Leiche des Wohnungs inhabers Julius Wall. Nach den bisherigen Ermitt lungen sind ein Paar Stiefel und 40 Zlody von den ! Tätern geraubt worden. * Verhaftung eines Defrautanten. Der Direktor der Kammgarnspinnerei Interlaken A.-E., Dr. Rudolph Eranz, der vor einigen Tagen nach Veruntreuung von ! rund zwei Millionen Frank verschwunden war, wurde in Basel verhaftet und nach Interlaken gebracht. Cranz, der aus Deutschland stammt, ist an einem ähnlichen Fabrikunternehmen in München-Gladbach stark be teiligt. * Brandunglück in einer kalifornischen Petroleum siedlung. In Long Beach wurde ein ganzes Stadtviertel von einer Feuersbrunst heimgcsucht. Sechs Bohrtürme wurden vollständig zerstört. Sechs Personen kamen ums Leben. Ein Tag -er UnglückssäUe. Schweres Grubenunglück in -er Ukraine. Zwölf Tote, darunter drei Deutsche. Ein amtlicher russischer Funkspruch meldet aus Stalin (früher Jusowka) im Donezgebiete der Sowjet- Ukraine, ein furchtbares Explosionsungliick auf der Zeche 17, die zurzeit von der deutschen Firma Thyssen ange legt wird und bei dem insgesamt zwölf Tote und acht Verletzte zu beklagen sind. Unter den Toten befinden sich die Reichsdeutschen Oberingenieur Siewers, ein Steiger und ein Arbeiter, unter den Verletzten ebenfalls zwei Deutsche. Das Un glück soll durch unvorsichtiges Hantieren des deutschen Steigers bei der Oeffnung eines Sprengstoffkastens entstanden sein, wobei das gesamte Verwaltungsge bäude in die Luft flog. Der Sachschaden ist bedeutend. Schweres Explosionsunglück in England. In Wheethaoen (Cumberland) ereignete sich ein schweres Vergwerksunglück, dem dreizehn Menschenleben zum Opfer fielen. Bei Schließung der Grube vor zwei Monaten sanden zwei Mann ihren Tot. Gestern stiegen Bergwerksinspektoren, zu denen zwei staatliche Inspek toren gehören, in die Grube, um sie wieder in Betrieb zu nehmen. Bei Oeffnung der Grube brachen Gase hervor, die explodierten. Sämtliche Mitglieder der Jnspektionskommissisn kamen um. 33 Mann lebendig begraben. Nach Berichten aus Toronto sind bei einem Unglück auf der Hollinger Goldgrube viele Bergleute ums Leben gekommen. 12 sind als Leichen geborgen worden. 15 konnten noch lebend zu Tage gefördert werden. Man nimmt an, datz sich noch 33 Personen in dem einge schlossenen Schacht befinden. Schweres Eisenbahnunglück in Sleele. Am Sonnabend nachmittag 5 Uhr fuhr der Per sonenzug 813 von Vohwinkel kommend, bei der Einfahrt in den Hauptbahnhof Steele auf den im Gleise 4 haltenden Personenzug 858, welcher von Steele nach Kupferdreh fährt, auf. Hierbei wurde der Zugführer des Personenzuges 813 schwer verletzt. Soweit bis jetzt festgestellt werden konnte, sind von den Reisenden vier schwer und etwa dreißig leichter verletzt worden. Der auf dem Bahnhof Steele stationierte Rettungszug so wie der sofort ans Bochum herbeigerufene Nettüngs- zug wurden zur Versorgung der Verletzten eingesetzt. VON l-Stncis. 19 Fortsetzung. Nachdruck verboten „Na, du Ausreißer; da bist du ja —" und liebkosend streichelte der Baron Gerdas weiche Wangen. „Ich war soeben bei Mama, die mir sagte, daß Sie, Kathrinchen, Noch bleiben — das ist nett!" „Ja, Pa', sie will uns helfen, die Krebse zu verzehren!" rief Gerda übermütig, „denke nur nicht, daß sie es deinet wegen tut." Sie lachten alle drei. „Na, Kathrinchen, sind Sie fertig geworden mit Aothe — Kurz berichtete sie ihm von dem Geschäft, und zustim mend nickte der Baron. — „Das haben Sie recht gemacht, Hind, nur sich nicht übertölpeln lasten — der Kerl ist ein 'M gerissener Patron — an Ihnen ist wirklich ein Kauf mann verloren! — — Na, gefällt Ihnen der Platz? — »chön, was? Gerda ließ wirklich nicht nach, sie mußte mnen Tennisplatz haben! — Nach Spielern muß sie sich sstlcrdings selbst umsehen. Aber wo ist denn unser Inspektor?" — Suchend blickte sich der Baron um. — „Ah, ist er ja! Kommen Sie nur her, lieber Krafft! Da mnn ich Tie gleich mit der Nachbarschaft bekannt machen. D — Willst du wohl, Diana" — er wehrte dem schönen > agdhund, der in ungestümer Freude an ihm emporsprang. „Diana, hierher!" rief eine wohllautende, sonore Män- ' rrstimme, bei deren Klang Katharine aufhorchte. „Paß auf," flüsterte Gerda spöttisch, „nun kannst du - r das Wundertier anschauen." Krafft trat zu den Damen und begrüßte sie. Der Baron Ee ihn Katharine vor — „also, lieber Inspektor, ich mche Sie mit Fräulein von Buchwaldt bekannt, unserer - treuesten Nachbarin —." „O, ist nicht nötig, Onkel Freesen, wir kennen uns schon," sagte diese errötend mit bebender Stimme und streckte Krafft die Rechte entgegen, die er ehrerbietig an seine Lippen zog. Aus seinen Worten klang ebenfalls die Freude, sie wiederzusehen. Mit vorgebeugtem Haupte, unendliches Staunen in den Zügen, blickte Gerda aus die beiden, die sich beglückt an sahen. Sie kannten sich — und waren sich nicht gleichgültig, wie sie bei sich feststellte. So weich und schämig, so hold er glühend hatte sie Katharine noch nie gesehen — ihre ganze Seele lag in ihren Augen. Wie fein abgekartet das ist, Fräulein von Buchwaldt. Wie sie schön Moralpredigten halten und die sittlich Ent rüstete spielen kann — und dabei bestellt sie sich ihren Liebsten hierher! Dieser Gedanke stand bei Gerda fest. Wenn sie nicht wider Willen ein gewisses Interesse an dem neuen, so auffallend schönen Hausgenosten gehabt hätte, so würde sie diese Bekanntschaft weniger in Erregung versetzt haben — aber in ihrem phantasievollen Köpfchen regten sich eine Menge Kombinationen. — Ihre Augen bekamen einen grünlichen Schimmer, und ein lauernder Zug legte sich um ihren Mund, als sie die beiden so betrachtete — sie hatte etwas von einer Katze an sich, die auf dem Sprunge liegt. — Wie wär's denn, Fräulein Katharine, wenn ich mit Ihnen in die Schranken trete, wenn ich meine Augen aus jenen Mann werfen würde, der Ihnen so gut gefällt? Sekundenlang durchflogen jene gefährlichen Gedanken ihr Köpfchen, ehe sie verwundert fragte: „Du kennst den Herrn Inspektor, Katharine? Du hast mir ja davon gar nichts gesagt!" „Wie könnt' ich denn! Ich hab' doch nicht gewußt, daß er hier ist, daß ich ihn hier treffen würde!" entgegnete die Angeredete, und wie heimlicher Jubel klang es aus ihrer Stimme — „vor zwei Jahren hatten wir uns kennen gelernt auf dem landwirtschaftlichen Ball in Halle!" „Das ist ja sehr angenehm, Kathrinchen," sagte Baron Freesen, „wie kommen Sie aber nach Halle, lieber Inspek tor? Ich denke, Sie waren die letzten drei Jahre auf dem Rittergut Pohl in Schlesien?" „Das war auch der Fall, Herr Baron Ich war da mals zufällig zu Besuch in Halle bei Bekannten. Da hatte ich Gelegenheit, den Ball mitzumachen, der mir unvergeß lich geblieben war." Er heftete seine Augen mit innigem Ausdruck auf Ka tharine, die wie eine Rose unter seinem Blick erglühte. Der Baron zog die Uhr. „Kinder, es ist Essenszeit, Mama wird uns erwarten — ov avant!" Er ging mit Krafft voran, während die beiden jungen Mädchen in einiger Entfernung folgten „Das war wohl eine schöne Ueberraschung für dich?" sagte Gerda. „Allerdings, ich war so erstaunt, Herrn Krafft hier bei euch zu sehen, daß ich kaum wußte, was ich sagen sollte!" „Du hattest wirklich keine Ahnung davon?" „Wie sollte ich wohl! Du haltest mir ja nicht den Namen eures Inspektors genannt." „Habt ihr euch nicht geschrieben?" „Aber nein! Wie kommst du nur auf solche seltsame Frage —?" „Ihr liebt euch doch aber, das hab' ich doch bei eurer Begrüßung gesehen! Es fiel mir direkt auf! " „Aber Gerda —," Katharine war dunkelrot geworden, „das ist doch alles Unsinn, was du da oorbringst. Er war damals mein Tänzer, und wir haben uns sehr gut mit einander unterhalten! Und jetzt hab' ich mich gefreut, ihn so unverhofft wiederzusehen, das ist alles!" „Na, na" — etwas ungläubig zuckte Cerda mit den Achseln. „Ja, wirklich, Gerda, es ist so," sagte Katharine eifriz „willst du mich ärgern? Es ist so, wie ich dir sagte; wir haben seit der Zeit nichts wieder voneinander gehört." > „Yui s'sxcuse, s'aeeuse," dachte Gerda; laut aber sag:, sie: „Dann ist's gut, ich glaube dir ja, liebste Käthe!" (Fortsetzung folgt.)