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Kurze Mitteilungen. , 13 Januar 1928 Das Todesurtei l. fotz e n den Doppe l - m ö r de r M a x B ött ch e r. ist heute morgen kurz nach 8 llhr im Strafgefängnis''Betlin-Plötzech voll streckt worden. Im französisch-italienischen Grenzgebiet, am Pas; von St. Denis, hat sich ein neuer italienisch-französischer Grenzzwischenfall ereignet. Zwei rtalienische Gendar men, die die Grenze überschritten hatten, wurden ver haftet. Lohnbewegungen und Streiks. 13. Januar 1928 Schiedsspruch in der mitteldeutschen Metallindu strie. Der mitteldeutsche Schlichter füllte gestern für die mitteldeutsche Metallindustrie folgenden Schieds spruch: 1. Die Spitzenlöhne betragen für Facharbeiter 78 Reichspfennig, für angelernte 72 und für ungelernte 65 RPf. Die übrigen Lohnsätze (Zusatz für Magdeburg und Halle einschließlich der Wertigkeitszulage) erhöhen sich im gleichen Verhältnis mit der Maßgabe, daß Ve- rräge bis zu 0,5 RPf. nach'unten, von 0.5 RPf. ab nach oben abgerundet werden. Zusatz für Anhalt: Jedoch be tragen die Lohnsätze für jugendliche Arbeiter bis zum vollendeten 10. Lebensjahre 22, bis zum vollendeten 17. Lebensjahre .27 unö bks züm vollendeten 18. Lebens jahre 32 RPf. 2. Die Auslosungssütze für Monteure erhöhen sich um 8 Prozent. 3. Die Gießereizulagen er höhen sich um 10 Prozent. ' 4. Die Schlichtungskammer ist der Auffassung, daß die Tarifregelung des Akkord- Durchschnittsverdienstes in Anhalt einer Revision be darf. Den Parteien wird apfgegeben, hierüber binnen vier Wochen eine Vereinbarung zu treffen, andern falls entscheidet der Schlichtungsausschuß in Halle. 5. Das Abkommen tritt am 15. Januar 1928 in Kraft und ist mit einer Frist von 14 Tagen kündbar, erstmalig zum 29. September 1928. Den Parteien ist eine Er- klärungsfrist über Ablehnung oder Annahme dieses Schiedsspruches bis Mittwoch, den 18. Januar, 16 Uhr gegeben. Aus öem Gerichts^aal. 13 Januar '928 K. Ein Massenbetrüger, der alle Gegenden Deutsch lands heimgesucht, siand in der Person des 1905 zu Zweibrücken geborenen, mehrfach vorbestraften Musikers Kurt Mar Speidels .vor.,, dein... Gemeinsamen Schöffen gericht Dresden. Der Angeklagte Ist : em Spezialist. Er eröffnete in vielen Städten Deutschlands bei Banken oder anderen Geldinstituten unter Bewirkung einer kleinen Einzahlung ein Konto, ließ sich dann jeweils unter den betreffenden Namen, die er sich zugelegt, ein Scheckbuch aushändigen, und schrieb fleißig Schecks aus, obwohl kein entsprechendes Guthaben vorhanden war. Speidel machte dann folgendes: Er suchte ihm geeignet erscheinende Geschäfte auf, machte dort zumeist für 20—30 Mark Einkäufe, zahlte mit gefälschten und auch ungedeckten Schecks, die stets höher ausgestellt waren als der tatsächliche Kaufpreis betrug, und ließ sich den überschießenden Betrag "bar auszahlen. Dieser Betrug gelang ihm fast durchweg dadurch mit Leichtigkeit., daß er die gekauften Waren oder Gegenstände in den Ge schäften mit dem Bemerken zurückließ, er werde sie später abholen lassen. Auf diesen Trick sielen die arglosen Verkäufer oder Geschäftsinhaber immer herein. Zur Aburteilung waren 68 Einzelfälle' herausgezogen, die vom Angeklagten in allen Gegenden Deutschlands be gangen worden sind, und wobei er Schecks bis zu 120 Mark ausgestellt hatte. Von den hierbei erzielten Herauszahlungen fristete Speidel lange Zeit sein Leben. Der Staatsanwalt beantragte für die im Rückfalle be gangenen Betrügereien eine dreijährige Zuchthausstrafe. Das Gericht billigte dem Angeklagten nochmals mil dernde Umstände zu und erkannte aus drei Jahre sechs Monate Gefängnis Gesamtstrafe. K. Bestrafte Steuerhinterziehungen. Der 35 Jahre alte Produktenhändler Friedrich Karl Ebert in Dresden hatte wegen Hinterziehung der Einkommen- und Um satzsteuer Strafbescheide über 3500 Mark und 2500 Mark erhalten, dagegen Einspruch erhoben und Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das Gemeinsame Schöffengericht verhandelte in dieser Steuerstrafsache gegen Ebert, es kam zu einer Verurteilung in gleicher Höhe. Können die ausgeworfenen 6000 Mark Gesamt strafe nicht beigetrieben werden, dann treten an deren Stelle für je 50 Mark ein Tag Gefängnis als Ersatz strafe. Ebert hatte bestritten, sich einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung schuldig gemacht zu haben. Das Gericht mußte deshalb in eine umfangreiche Beweis erhebung eintreten, die, wie aus dem ergangenen Urteil ersichtlich ist, für ihn ungünstig verlausen war. Aus aller Wett. l3. Januar 1928 Drohende Hochwassergefahr im mitteldeutschen Elbegebiet. Wie aus dem mecklenburgischen Elbegebiet gemeldet wird, ist das Wasser der Elbe während der letzten Stunden um etwa 90 Zentimeter gestiegen, wäh rend bereits in der vergangenen Nacht ein Anwachsen um etwa 70 Zentimeter fest,zustellen war. Die Lage ist äußerst ernst, da ein Uebersluten der Sommerdeiche zu befürchten ist. * Aus dem mecklenburgischen Hochwassergebiet. Der Verkehr zwischen dem Dorfe Gothmann und der Stadt Boitzenburg ist gestört, da die Straßen überschwemmt sind. Inzwischen ist man mit der Einrichtung eines Fährbetriebes beschäftigt. Im Laufe des Tages ist auch der sogenannte Stubbenteich in der Nähe von Boitzen burg überflutet. * Steigendes Hochwasser in der Altmark. Das Hochwasser der altmärkischen Flußläufe ist immer noch im Steigen begriffen. Nach den aus allen Teilen der Altmark einlausenden Meldungen sind Jeetze, Dumme, Purnitz, Aland, Milde, Biese und Uchte an vielen Stel len über die Ufer getreten und haben weite Wieseir- und Ackerflächen unter Wasser gesetzt, so daß sich über all große Secflüchen gebildet haben. * Zum Hamburger Hafennnglück. — Keine Ver mißten. Die Untersuchung des Hafenunglücks hat er geben, daß Benzin in die Bilge gelangt sein muß und durch äußere noch nicht geklärte Ursachen zur Entzün dung kam. Bei der explosivartigen Verbrennung ist die Brennstoffleitung am vorderen Benzintank ab gerissen worden, wodurch Benzin auslief und die Brandwirkung erhöhte. Der Tank selbst blieb unver sehrt und teilweise gefüllt. An dem Motor waren Schäden nicht festzustellen. Von den noch im Hafen krankenhaus befindlichen Verunglückten sind acht schwer verletzt. Vermißt wird jetzt, soweit bekannt ist, nie mand mehr. Ueberschwemmungen in Brasilien. Wie aus Rio de Janeiro gemeldet wird, ist die Stadt Arrassuahy im Staate Minas Eeraes vom Hochwasser völlig über flutet. 6000 Menschen sind obdachlos. Eine Hilfsaktion ist eingeleitet, da im Ueberschwemungsgebiet Hungers not droht. * Der Kampf gegen das Donaueis. Bei Rustschuk ist die Donau noch immer in einer Länge von 43 Kilo metern völlig eingefroren. Das Eis reicht an einigen Stellen bis auf den Grund. Das Wasser beginnt jetzt über die Eisfläche zu strömen und bedroht tiefer ge legene Ortschaften. Bei Rustschuk arbeitet bulgarisches und rumänisches Militär, letzteres mit Artillerie und Fliegerbomben, um die Eismassen in Bewegung zu bringen. * Schwerer Wassermangel in Oberägypten. In Oberägypten macht sich schwerer Wassermangel fühlbar. Die Aussichten für die Landwirtschaft sind wegen des außerordentlich niedrigen Wasserstandes des Nils sehr ungünstig. Mit Ausnahme des ungewöhnlich trockenen Jahres 1923 hat der Nil seit 25 Jahren keinen ähn lich niedrigen Wasserstand aufzuweisen gehabt. * Zugbrände infolge Stromstörungen. Von einer Stromstörung wurden gestern abend etwa 40 Stationen der elektrifizierten Bahnlinien in den nordöstlichen Vororten Londons betroffen. Mehrere Züge fingen Feuer und sind zum Teil verbrannt. * Drei Kinder verbrannt. In der Wohnung eines Arbeiters in Stanowitz brach in Abwesenheit der Eltern ein Brand aus dem die drei Kinder des Arbei ters zum Opfer fielen. Allem Anschein nach haben die Kinder mit Streichhölzern gespielt. Der Brand wurde erst bemerkt, als es schon zu spät war. * Chamberlin erneut gestartet. Clarence Chamber lin ist gestern vormittag um 10.11 Uhr auf Roosevelt- field erneut zu einem Dauerrekordflug gestartet. * Graf Luckner bei Ford. Henry Ford hat Graf Luckner und seine Gattin empfangen und ihm einen Wagen seines neuesten Modells zum Geschenk gemacht. Graf Luckner überreichte als Gegengabe ein Bild des „Seeadler". Henry Ford erklärte u. a.: Deutschland kann stolz aus Sie als Botschafter des Friedens sein" und hob in dem anschließenden Gespräch über sein Unter nehmen hervor, daß unter seinen Mitarbeitern sich viele Deutsche befinden. Er fügte hinzu: „Ich bin ja selbst ein halber Deutscher, weil meine Mutter eine Deutsche war." Er gab Graf Luckner die Versicherung, daß das Bild des „Seeadler" den Ehrenplatz über seinem Schreib tisch einnehmen werde. * Arbeitssuche mit vorgehaltenem Revolver. Gestern vormittag ereignete sich in den Gängen der Skuptschina in Belgrad ein seltener Zwischenfall. Ein montenegrinischer Arbeitsloser, namens Gjuroviz, folgte einem Abgeordneten, dem ehemaligen montenegrini schen Ministerpräsidenten Aradovic, in den demokrati schen Abgeordnetenklub, verlangte Anstellung und nahm eine drohende Haltung ein. Als der Abgeordnete die Polizei zur Hilfe rief, griff der Arbeitslose nach einem Revolver und richtete ihn gegen den herbeigeeil ten Polizeikvmmissar. Dem Kommissar gelang es je doch, den Attentäter solange festzuhalten, bis er gefesselt I werden konnte. Zur Explosion in Berlin. Unjer Bild zeigt das Haus, dessen Anbau voll kommen zerstört wurde. Rechts liegt das Dach, dessen Ziegel fast völlig verschwunden sind, im Vordergrund liegen die Mauern und Balken. l> Fortsetzung. . Nachdruck verboten. " II. Am andern Morgen schon in aller Frühe ritt Herr voll Freesen ins Dorf Es drängte ihn, Gerda bei Buch- waldts zu entschuldigen: er hatte keine Ruhe gehabt. „Na, Freesen, das freut mich, daß du mal kommst," empfing ihn Buchwaldt herzlich, „geh' nur immer 'rein; „Marius" wird schon gut besorgt werden, ich stehe dafür! Ich komme gleich nach!" ' Der Baron wußte ja Bescheid, während Buchwaldt nnem Knecht noch etwas Wichtiges aufzutragen hatte, ging er über den Hof nach der Küche, in der Katharine gerade damit beschäftigt war, das. Frühstück für die Leute zurecht zumachen „Morgen, Käthe, schon fleißig?" und zärtlich klopfte er dem jungen Mädchen die Wangen, das so hausfraulich und appetitlich in dem Hellen Morgenkleid mit der weißen Schürze darüber aussah. Sie lächelte etwas, daß man ihre prächtigen weißen Zähne bewundern konnte und sagte freundlich, indem sie dem Baron ihre Hand entgegen streckte: „Ein bißchen — Morgen auch, Onkel Freesen! Aber wollen Sie nicht näher treten?" Sie öffnete die Tür zur Wohnstube. „Nein, lassen Sie man, Kind, lassen Sie sich nicht stören; ich bleibe hier bei Ihnen; die Leute warten doch!" Und er setzte sich auf die Bank hinter dem Tisch, an welchem Katharine beschäftigt war, Brot mit Butter zu bestreichen und mit Wurst und Käse zu belegen. Wie er das schöne, blonde' Mädchen so gewandt hantieren sah, kam ihm der Gedanke an sein „zu Haus", in dem alles so herrschaftlich und vornehm zuging — ganz anders als hier im Hause seines Freundes Buchwaldt, das sich in nichts von der Einrichtung anderer Bauernhäuser unterschied. Und doch sagte ihm dies viel mehr zu. Er versuchte sich Gerda vor zustellen, angetan mit Wirtschaftskleid und Schürze, Früh stück für die Leute zurechtzumachen. Doch ganz unmöglich! Und bei dem Gedanken seufzte er auf. Katharine hielt einen Augenblick in ihrer Beschäftigung inne. „Wo drückt's denn, Onkel Freesen? Das kam aber weit her!" „Ach, wissen Sie, Kathrinchen, ich dachte eben an Gerda — Bei Erwähnung dieses Namens flog ein Schatten über die klare Stirn des Mädchens. „Ich dachte, wenn sie so wäre wie Sie! na, kurz und gut, weshalb ich überhaupt so früh heute schon hier bin — Kathrinchen, Sie sind doch ein vernünftiges Mädchen, ich wollte Sie bitten, Gerda wegen gestern nicht mehr böse zu sein. Es war dumm und unüberlegt von ihr!" — „Weiß Fräulein von Freesen, daß Sie deshalb hier sind?" fragte sie ruhig. „Ach, Unsinn, Fräulein von Freesen auch noch," pol terte er — „sagen Sie einfach Gerda — bei solcher Nach barschaft und Freundschaft ist doch so etwas gar nicht Mode — „Ja, wenn Gerda es nicht anders will, sie hat es mir deutlich genug gezeigt! Sie ist nun mal 'ne feine Dame geworden —." ach was, verdreht ist sie geworden! — Käthe, seien Sie so gut und versprechen Sie mir, das von gestern zu vergessen. Weiß Gott, es hat mich nicht schlafen lallen; ich muß erst Gewißheit haben, daß Sie uns nicht böse find „Ihnen gewiß nicht, Onkel Freesen, Sie können doch nichts dafür — aber ich muß gestehen, daß mich Gerda sehr gekränkt hat, doch weil Sie für sie bitte«, will ich es zu vergessen suchen!" „Ich danke Ihnen, Kathrinchen! Also, wenn wir näch stens kommens tÄLs W'auf »in freundliche» Gesicht für Gerda rechnen?" „Haben unsere Gäste schon je ein anderes von uns zu sehen bekommen?" fragte sie ernst, mit leisem Vorwurf in der Stimme. „Nein, wirklich nicht, Kathrine! — und für Gerda stehe ich, daß sie nicht wieder so unüberlegt handelt. Man muß ihr manches nachsehen; das Mädel ist so verwöhnt!" „Hier steckst du, Freesen? Ich suchte dich schon. Was verhandelt ihr denn so eifrig?" forschte Buchwaldt, den Kopf zur Küche hereinsteckend. „Nichts Besonderes, Vatting! Geh' nur mit Onkel Freesen immer 'rein, ich komme gleich nach! — Hast's doch Mütterchen gesagt, daß Besuch da ist?" Wenige Minuten später hatte Katharine den Tisch ge deckt, und ein reichliches Frühstück prangte, zierlich angerich tet, darauf. Tüchtig langten die Herren zu. „Das schmeckt aber, Käthe! Nirgends bekomme ich den gebratenen Schinken so gut wie bei Ihnen!" „Das freut mich, Onkel Freesen, wenn es Ihnen in unserer bescheidenen Häuslichkeit behagt und Sie fürlieb- nehmen!" „Red' keinen Unsinn, Kathrin! Wenn es ihm nicht paßt, kann er ja wegbleiben, oder seinem Fräulein Gerda —" „Pst, Väterchen, darüber wird nicht mehr geredet!" Sie stand auf und setzte den Herren Zigarren und Rauckzeug hin, — „jetzt muß ich aber sehen, wo Mutter- chen oleibt, ihr Frühstück wird ja sonst kalt! — Ist Minna da, Vater, den Leuten das Frühstück zu bringen?" „Punkt zehn sollte sie hier sein! — "s ist schon etwas später! — Da sehe ich sie eben mit Mutter kommen! Du, Kathrin, was gibt's denn zu Mittag?" „Erbsensuppe mit Speck und Schweinsohren." „Ah, da läuft mir aber das Wasser im Munde zu sammen," sagte der Baron. „Iß doch mit uns! — Bei euch gibt's das wohl nicht?" „Wenn ich selbst es nicht bestelle, nein! — Ah, guten Morgen, Tante Buchwaldt —." Freesen stand auf und begrüßte die Hausfrau. „Wie geht's denn heut'?" (Fortsetzung folgt.)