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Kurze Mitteilungen. 17. August 1928 Die Potsdamer Typhuserkrankungen haben in den letzten Tagen einen Zugang von sechs weiteren Fällen erfahren. Im ganzen sind bisher 18 Fälle sestgestellt worden. Der „Daily Telegraph" ist der Ansicht, daß Dr. Luthers Besuch in England mit eiiWm Sonder auftrag in der Räumungssrage Zusammenhän gen könnte. Bei den Ab sch du tzüb ungen der englischen Luftflotte fing ein Flugzeug Feuer, ein an deres mutzte notlanden. Die Piloten sind nicht ver letzt worden. Der italienische Ozeanflieger del Prete ist, nach Berichten aus Rio de Janeiro, gestern vormittag um 6 Uhr seinen schweren Verletzungen erlegen. Infolge dauerndenRegens sind im Südural viele Flüsse aus den Ufern getreten. Im Gebiet des Baikalsees stehen, Moskauer Meldungen zufolge, riesige Waldungen seit Wo chen in Brand. Der chinesische Gesandte in Tokio sprach am Don- verstag abend im japanischen Außenministerium vor und erklärte, datz die Nankingregierung bereit sei, die Mitteilung über die Aushebung der Verträge mit Japan zurückzuziehen. Zu den Kundgebungen in Spalato. Wien, 17. August. Die „Neue Freie Presse" mel det aus Agram: Wegen der italienfeindlichen Kund gebungen in Spalato wurden 34 Personen zu insgesamt W Tagen Arrest verurteilt. Auch in anderen Städten Wurden zahlreiche Personen, von denen man befürchtet, dtztz sie Kundgebungen veranstalten könnten, in polizei liche Verwahrung genommen. Schweres Autounglück bei Posen. Posen, 17. August. Am Mittwoch abend ereig- vetc sich auf einer Chaussee bei Posen ein schweres Autounglück. Als ein aus der Richtung Gnesen kom mendes Auto einem entgegenkommenden Wagen aus- meichen wollte, versagte die Steuerung und das Auto luhr mit voller Gewalt gegen einen Baum. Der Magen wurde völlig zertrümmert. Von den Insassen Maren zwei Personen auf der Stelle tot. Dfe beiden übrigen wurden schwer verletzt unter den Trümmern hervorgezogen. Schweres Unwetter in Südmähren. Prag, 17. August. Ganz Südmähren, besonders die Orte an der österreichischen Grenze wurden von einem schweren Unwetter heimgesucht. In der Gegend "m Znaim, wo ein orkanartiger Sturm wütete, wurden die größten Verwüstungen hervorgerufen, Häuser wur den abgedeckt und Bäume entwurzelt. Kleine, fast aus- ketrocknete Bäche, wurden zu reißenden Strömen, bis die Felder mit Geröll und Schlamm überschwemmten. -Ulephon- und Telegraphenleitungen wurden abge- Den, die Straßen und Wege verwandelten sich in Moräste. Blitzschläge, die Brände verursachten, wer den aus acht südmährischen Orten gemeldet. Die schwe- ken Unwetter verschärfen die Notlage der Bevölkerung, die in diesem Unglückssahr durch Frost, Dürre und Un- ^tter schon an Sen Rand des Ruins gebracht wurde. Panzerkreuzer und Sszmrdemottratte. Berlin, 17. August. Der Beschluß der sozialdemo- iratischen Parteivorstünde, der den sozialdemokratischen Ministern wegen ihrer Zustimmung zum Bau des Pan-' isstreuzcrs ihr „Bedauern" ausspricht, Hal in poli- ^ichen Kreisen einiges Aufsehen hernorae- s„usen. Wie verlautet, wollte der sozialdemokratische ^rteivorstand mit diesem Beschluß einer ernsten Ent wicklung der Dinge im sozialdemokratischen Lager vor- '"Mgreifen, zumal von einzelnen Parteiorganisationen Austritt aus der Regierung beantragt morden ist. ^ine Regierungskrise wünscht jedoch " c r s o z i a l d e m o k r a t i s ch c P a r t e i v o r st a n d unter allen Umständen zu vermeiden. Die R e i ch s t a g s f r a k t i o n, die am Sonnabend Zusammentritt, wird sich voraussichtlich mit der Hal tung des Parteivorstandes einverstan - den erklären und über alle anderen, noch weiter gehenden Anträge, hin zur Tagesordnung übergehen. Insofern dürfte schon jetzt vorauszusehen sein, daß von einem Austritt der sozialdemokratischen Minister aus der Regierung keine Rede sein kann. Volksentscheid gegen den Panzerkreuzer befürwortet. Berlin, 16. August. Das Zentralkomitee der K o m m u n i st i s ch e n Partei Deutschlands hat in seiner Sitzung am 16. August beschlossen, alle Schritte zur schnellen Durchführung eines Volksentscheids gegen den Panzerkreuzerbau einzuleiten. Die kommunistische Reichstagsfraktion ist beauftragt wor den, die vorbereitenden Maßnahmen für dis Einrei chung eines Volksbegehrens zu treffen. Aus aller Wett. Nachricht von Amundsen? Vor einigen Tagen hatten holländische Fischer eine Flaschenpost aufgefischt, die von Amundsen unterzeichnet war und eine Positionsangabe seines Flugzeuges ent hielt. Angesichts der großen Entfernung des Fundortes von dem nordöstlichen Punkte Spitzbergens, nämlich der angegebenen Position, hielt man diese Botschaft für eine Mystifikation. Nach einer Meldung aus Amster dam soll jedoch der dortige norwegische Konsul, der mit Amundsen in persönlichen Beziehungen stand und zahl reiche Briefe von ihm besitzt, die Schrift der Flaschen post als die Schrift Amundsens erkannt und die Ueber- zeugung ausgesprochen haben, daß es sich tatsächlich um eine authentische Botschaft des großen Forschers handelt. * " Unwetter in Bayern. Aus München wird be richtet: Seit Mittwoch abend wütet über Bayern ein von wolkenbruchartigem Regen begleiteter ungewöhn lich heftiger Sturm, der überall großen Schaden an richtete. Zahlreiche Bäume wurden entwurzelt und mehrere Telephonverbindungen unterbrochen. In Patt- ling (Niederbayern) brachte der Orkan fast sämtliche Buden, die anläßlich eines Volksfestes aufgestellt waren, zum Einsturz. Zahlreiche Personen, die sich gerade auf dem Volksfestplatz befanden, erlitten leichte Verletzun gen. Die Höhe des Schadens ist noch nicht zu übersehen. * Eine norwegische Munitionsfabrik in die Lust geflogen. Am Donnerstag vor mittag brach in der Armee-Munitions- und Waffen fabrik bei Kongsberg ein Brand aus, der zu einer Ex plosion großer Munitionsvorräte sührte, Etwa 2 0 0 8 8 Granaten sowie Benzin- und Oelvorräte flogen in die Luft. Mehrere Gebäude wurden völlig zer stört. Drei Arbeiter sind verletzt worden. * Dampfkesielexplofion auf einem französischen Panzerkreuzer. Auf dem französischen Panzerkreuzer „Lorraine" explodierten aus unbekannter Ursache zwei Dampfkessel. Zwei Matrosen wurden so schwer verletzt, daß sie ins Krankenhaus geschafft werden mußten, wo einer von ihnen gestorben ist. - Blitzschlagkatastrophe bei Grenoble. Bei einem Gewitter, das in der letzten Nacht die Umgebung von Grenoble heimsuchte, schlug ein Blitz in eine Umformer station. Die aus den Hochspannungsdrähten schlagen den Flammen sprangen auf die umliegenden Häuser über und legten sie in kurzer Zeit in Asche. Fünf Ein wohner, die bei den Löschversuchen den Drähten zu nahe kamen, wurden getötet, mehrere andere schwer ver letzt. An einer anderen Stelle schlug ein Blitz in ein Wohnhaus und tötete ein Ehepaar. *37 Gehöfte niedergebrannt. Zn einem Dorf bei Bilgoraj brach, während sich die Einwohner in der Kirche befanden, ein Brand aus, dem die halbe Ortschaft zum Opfer fiel. 37 Gehöfte sind niedergs- brannt. Ein sechsjähriger Knabe kam dabei ums Leben. Das Feuer ist durch spielende Kinder verursacht worden. * Ein Postdampfer mit 250 Personen an Bord auf Grund gelaufen. Zn der Nähe von Cap San Lazaro (Kalifornien) ist der Postdampfer „Ecuador" mit 250 Personen an Bord, auf Grund gelaufen. Mehrere Schiffs sind Hilfeleistung unterwegs. * Die Luftmanöver über London. Der dritte Tag der britischen Luftmanöver hat wiederum den Bomben geschwadern starke Erfolge gebracht. Nach den Mit teilungen des Luftfahrtministeriums seien die Verluste der Angreifer zwar schwer, der von ihnen angerichtete Schaden jedoch noch bedeutend erheblicher. Seit Be ginn der Manöver seien theoretisch das Luftfahrtmini- sterium, wichtige Material- und Benzinlager sowie das ganze Außenvicrtel Londons vernichtet worden. Von fachmännischer Seite wird erklärt, daß die Luftvertei digung Londons noch immer keinen völligen Schutz gegen Angriffe verbürge. Schweres Eisenbahnunglück in Jugoslawien. Belgrad, 18. August. Auf der Strecke Nisch— Skoplje entgleiste am Donnerstag mittag infolge Kleis- bruches ein Personenzug und stürzte über die Böschung ab. 13 Wagen wurden zertrümmert. Nach den ersten Meldungen sind über 100 Personen teils getötet, teils schwer verletzt unter den Trümmern begraben worden. Nach den letzten Berichten wurden bereits 20 Tote und 30 Schwerverletzte ge borgen. Wie weiter gemeldet wird, ereignete sich im jugo slawischen Eisenbahnwesen innerhalb der letzten 24 Stunden noch zwei weitere schwere Unfälle. So ex plodierte der Dampfkessel der Lokomotive eines Schnellzuges, der von Belgrad nach Nisch untec- wegs war, als man eine neue Kohlensorte auspröbicrte. Der Lokomotivführer und ein höherer Eisenbahn beamter wurden getötet, zwei Beamte lebensgefährlich verletzt. Bei Skoplje entgleiste ferner am Donnerstag eine Eisenbahndraisine und stürzte um. Vier Eisenbahnbeamte wurden schwer verletzt. ^WMWW^ . Abschied von Amsterdam So anstrengend die Tage auch für deu Sportler M waren — neben dem Dienst nnd dem Training A fand sich doch noch genügend Zeit, nm die alte Stadt Amsterdam zu besichtigen und herzliche Ve- « «« Ziehungen zu der gastfreundlichen holländischen Be völkerung anzuknüpfen. Unsere Aufnahme zeigt unsere Olympiakämpfer Arm in Arm mit ihren Gastgebern beim Abschicdsbummcl durch Amster dam, die Stadt, deren Name für die Entwickelung des deutschen Sports von ungeheurem Wert blei ben wird, da wir nach langen Jahren uns zum s ersten Male aus einem neutralen Kampfplatz mit den Besten des Sports aus allen Weltteilcn trafen und unseren Platz ehrenvoll behaupte! haben. MWWWMMM Wolken und Sonnenschein. Roman von Emilie Sicha. (Nachdruck verboten.) , Leone konnte nichts sagen, starrte ihn nur an. In der Men Zeit hatte sie gar nicht mehr daran gedacht, daß ^fer Augenblick einmal kommen würde, und nun er da !"?r, war sie fassungslos. Sie fühlte, wie Heintzen ihre ^fiden Hände nahm und sie nacheinander küßte; dabei Murmelte er: »Ich hoffe, wir werden uns Wiedersehen." . . Nun reichte er auch der Mutter die Hand, sagte noch ,"Uge Worte, dann ging er. Leone folgte ihm halb un- ^ußt bis ans den Flur. Frieda kam hinzu und half '^i Oberingenieur in den Mantel. Er sah sich nach Leone . M küßte ihr noch einmal die Hand, murmelte etwas Un- ^Mndliches; dann schloß sich die Haustür hinter ihm. Leone hörte wie im Traum die Worte der Mutter: ist ganz unerwartet; Vater wird es bedauern." j,, Sie riß sich mit Gewalt zusammen und sagte: „Habt lange auf mich gewartet?" »Du warst kaum fort, dann ist er gekommen." Leone griff sich nach der Stirn und sagte: „Mir ist so ^'indelig, Mutter, ich glaube, ich bin zu schnell gelaufen." "Ja, Kind, du solltest nicht allein fortgehen, man weiß rp, wer sich auf der Straße herumtreibt. Hat dich y erschreckt? Du hattest einen ganz roten, aufgeregten als du heimgekommen bist, nnd nun siehst du ganz aus." »Ich bin etwas zu weit gegangen, nach der Heide; es lo ruhig, fast unheimlich, da habe ich mich auf einmal furchtet.« Sie hatte während dieser Worte die Mutter nicht an- Men; nun ging sic rasch davon, rief noch kurz zurück: U "U'b meine Schuhe umwechseln, denn ich bin ins "tzei getreten." T ,-ic Mutter sah mit verwunderten Augen hinter der her, bann schüttelte sie den .stopf und ging in die Vierzehntes Kapitel. Oberingenieur Heintzen hatte eilig sein Antomobil bestiegen und war in scharfem Tempo nach seinem Quartier gefahren, das er am anderen Ende des Städtchens bei einer aus der Stadt gekommenen vornehmen Witwe hatte. Er war sehr in der Eile, hatte sich bei Bürgermeisters länger als beabsichtigt oufhalten müssen. In seinem Zimmer angelangt, packle er hastig vollends den Reise koffer; er brauchte nicht lange Zeit dazu, da er damit schon beinahe fertig war. Dann lehnte er sich an eines der Fenster in seinem schön eingerichteten Zimmer. Es war Abend und die scheidende Märzsonne lag vergoldend über den, Städtchen, brach sich in einzelnen Fensterscheiben, die wie Diamanten blinkten. Unweit entfernt stand das hohe, weitläufige Gebäude der Zuckerfabrik; er schaute darüber hin und ein befriedigtes Lächeln flog um seine Lippen; dann verlor sich sein Blick in der Ferne, seine Brust hob sich wie in einem Seufzer. Das Bild der verflossenen Stunde stieg vor ihm auf; sein Abschied von dem gastfreundlichen Hause, in dem er so angenehme Stunden verlebt hatte; und Leone Thomas stand so deutlich vor ihm: ihr bleiches Gesicht, ihre großen, erschrockenen Augen, in denen er deutlich den unausge sprochenen Schmerz lesen konnte. Es wurde ihm plötzlich ganz schwül. Er griff nach dem weißen Kragen, als sei der ihm zu eng; aber das Bild ließ ihn nicht los. Er sah wieder, wie Leone Thomas ihm mit so glücklichem Lächeln entgegenkam an dem Abend der Weihnachtsfeier, nachdem er aus einer unverständlichen Laune heraus auf die glänzende Gesellschaft im Hause seines angehenden Schwiegervaters verzichtet hatte und nach Sonnenheim gekommen war, und er dachte daran, wie Leone ihn ahnungslos unter den Kastanienbäumen geküßt hatte. Seine Finger trommelten nervös gegen Vie Fenster scheiben. Er machte sich Vorwürfe. Es war eine unver zeihliche Dummheit von (hm gewesen; aber das Mädel war so süß, sie konnte einen aus der Fassung bringen mit dem Blick ihrer großen unschuldigen Augen Er hatte gar nicht überlegt, daß sie die Sache ernst nehmen könnte, daß sie keine flatterhafte Großstädterin war. Es war das erstemal, daß er mit einem Mädchen aus der Kleinstadt näher bekannt geworden war; und gerade Pir Gegensatz zn den koketten, gefallsüchtigen Großstädterinnen hatte ihn angezogen, ihre reizende Unkenntnis der raffinierten Wege der großen Welt. Er hätte sie lieben können, wenn er frei gewesen wäre, wenn er zufrieden sein könnte mit einem bescheideneren Los. Aber er war nicht mehr frei, er war der Verlobte eines reichen Mädchens, durch das er ein gebietender Herr werden konnte, so daß sein reger Geist und großer Ehrgeiz durch keine Schranken mehr ge hindert war. Er konnte sich auch nicht in kleine Verhält nisse finden, das wußte er; er wollte nicht ein bezahlter Arbeiter bleiben, er wollte regieren, wollte den Platz im Leben einnehmen, der seiner Intelligenz und seines Könnens würdig war. Und das kleine blonde Mädel sie mußte eben überwinden. Eigentlich hatte er ihr ja nie Hoffnungen gemacht, und wenn sie etwas mehr Lebens- erstlhrung gehabt hätte, hätte sie sich bei seiner liebens würdigen Höflichkeit nichts gedacht. Er schritt zu dem Schreibtisch, nahm das noch dort stehende Bild zur Hand. Es war in schwerem Gold rahmen und stellte ein junges Mädchen in glänzender Gesellschaststoilette dar. Lange schaute er aus das ihm entgegenlächelnde Gesicht. Sie war schön, seine Raffael«, die einzige Tochter von Fabrikant Müntzer, Mitinhaber der Firma Müntzer u. Baumann, und sie war seine Braut! Die Juwelen an ihrem weißen Hals und ihren Armen kosteten mehr, als sein ganzes Vermögen wert war, und wenn er nicht ein tüchtiger Kerl gewesen wäre, hätte er zu dem alten Müntzer um seine Tochter nicht kommen dürfen. Ein stolzes Gefühl von Selbstbewußtsein bemächtigte sich seiner bei diesem Gedanken. Er freute sich plötzlich, daß er das kleine Städtchen verlassen sollte und daß eine neue große Arbeit auf ihn wartete in einem fremden Lande. (Fortsetzung folgt.)