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Kurze Mitteilungen. 27. Februar 1928 ! In der Wahner Heide bei Köln wurden einige Quadratkilometer Wald von einem Feuer er griffen. Pfadfinder löschten das Feuer, wobei sie Verletzungen davontrugen. Bei der Räumung des Wartesaals 3. Klasse in der Eonnabendnacht kam es auf dem Schweinfurter Bahn hof zu Ausschreitungen. Drei Polizeibeamte ' wurden durch Messerstiche verletzt. Die Bürgermei st erwähl in Hagenau ! (Eisatz) brachte gestern noch keine endgültige Mehrheit für den von Paris beanstandeten alten Bürgermeister, i Man rechnet mit einem neuen Wahlgang. Painleve soll für die Einstellung von 106 000 Berufssoldaten sein, damit die ein jährige Dienstzeit gut durchgeführt werden kann. Bei einem Sprengunglllck in einem Tun- ' nel bei Illiers wurden zwei Arbeiter getötet. Gestern herrschten inNewyorkb Grad Kälte, eine für Ende Februar für Newyork seltene Tempe ratur. Die Kälte hat gestern bereits fünf Tote gefordert. Die indische Voykottbewegung. London, 27. Febr. Die gesetzgebende Versammlung der vereinigten indischen Provinzen nahm nach Berich ten aus Delhi am Sonnabend mit 56 gegen 55 Stim men eine von den Swarajisten eingebrachte Entschließ tzung zugunsten des Boykotts der englischen Verfassungs kommission an. Zwei Hindu-Minister enthielten sich der Abstimmung, während ein mohammedanischer Mi nister gegen die Entschließung stimmte. Politische Zusammenstöße in Paris. Paris, 27. Febr. In dem Pariser Vorort Bagnolet und in der Hauptstadt selbst kam es am Sonntag vor mittag zu schweren Zusammenstößen zwischen Kommu nisten und Mitgliedern der Patriotischen Jugend, Lei denen zehn Mitglieder der Patriotischen Jugend und 15 Kommunisten verletzt wurden. Die Polizei verhaf tete vier Kommunisten. Sta-lveror-nelenwahlen in Braunschweig. 27 Februar 1928 Gestern fanden im Freistaat Braunschweig die Stadt verordneten-, Gemeinde- und Kreistagswahlen statt. Die Stadtverordnetenwahlen für Braunschweig ergaben eine Linksmehrheit. Das vorläufige amtliche Ergebnis ist folgendes: Sozialdemokratische Partei 44788 Stimmen, 19 Sitze (Vergleichszahlen der Stadtverordnetenwahl 1925 mit 29 951 Stimmen und 13 Sitze), Kommunisten 4324 Stimmen, 1 Sitz (1925: 5076 Stimmen, 2 Sitze), Demokraten 2551 Stimmen, 1 Sitz (1925: 2689 Stim men, 1 Sitz), die Nationalsozialisten 3814 Stimmen, 1 Sitz (1925: 289 Stimmen, 0 Sitz), die Auswertungs partei und Aufbaupartei 601 Stimmen, 0 Sitz (1925: keine Stimmen), die Volksrechtspartei 2412 Stimmen, 1 Sitz (1925: Bund der Invaliden und Witwen 846 Stimmen, 0 Sitz), Wohlsahrtspartei 1725 Stimmen, 1 Sitz, die bürgerliche Einheitsliste 27 267 Stimmen 12 Sitze (1925 unter dem Namen Wirtschaftliche Ein- heitslipe 14 557 Stimmen, 6 Sitze, und nationale Ein heitsliste 27 369 Stimmen und 12 Sitze). Aus aller Well. 27 Februar 1928 * Selbstmord eines Primaners. In Hamburg ver giftete sich ein Oberprimaner der Oberrealschule St. Georg mit Zyankali, weil er sein Abiturienteneramen nicht bestanden hatte. * Hilde Scheller soll aufs Land. Am Freitag be schäftigte sich das Jugendamt Steglitz in einer Sitzung des Verwaltungsausschusses mit der Frage, in welcher Form die Erziehung Hilde Schellers zukünftig vonstatten gehen soll. Der Verwaltungsausschuß kam einmütig zu folgender Auffassung: Die Eltern Hilde Schellers bringen ihre Tochter im Einverständnis mit dem Verwaltungs ausschuß des Jugendamtes Steglitz in eine ruhige länd liche Umgebung Berlins, wo ihre gute Weitererziehung gesichert scheint. * Unfall eines Pslizeipanzerwagens. Am Sonn abend vormittag verunglückte aus der Rückkehr von einer Uebungssahrt ein Panzerkraftwagen der Kasseler Schutz polizei. Der Wagen fuhr in der Frankfurter Straße an der Brücke der Main-Weser-Bahn gegen das Brücken geländer, blieb aber auf der halben Böschung hängen. Drei Schutzpolizeibeamte wurden verletzt; besonders der Wagenführer trug erhebliche Kopfverletzungen davon. * Schweres Unglück in einer Vrikettsabrik. — 2 Tote, 25 Verletzte. Gestern abend gegen 9 ULr ent zündete sich in der Vrikettfabrik der Hnbertns-Vraun- kohlen-Aktiengesellschaft in Brüggen an der Erft wäh rend des Löschens eines Brandes Kohlenstaub. Zwei Arbeiter verunglückten tödlich, 25 Personen, Beamte und Arbeiter, darunter auch der Betriebsdirektor, er litten Brandwunden. Die behördliche Untersuchung ist sofort eingeleitet worden. * Tödlicher Absturz eines Fliegers. In Augsburg sollte gestern ein von den Bayrischen Flugzeugwerken erbautes Sportflugzeug von dem Angestellten der Deut schen Lufthansa, Hackmack, eingeflogen werden. Nach einem glücklich verlaufenen Vrobefluq von 20 Minuten stürzte das Flugzeug aus bisher unbekannten Gründen ab und wurde vollständig zertrümmert. Der Vilot ist tot. Der im Alter von 30 Jahren stehende Pilot, den seine iunge Frau und eine kleine Tochter betrauern, aalt als tüchtiger und erfahrener Flugzeugführer. Nach der bisherigen Untersuchung liegt Propellerbruch vor. Stücke des Propellers wurden zerstreut aufgefunden. Der Wert des zerstörten Flugzeuges stellt sich auf rund >60 000 Mark. Eine Kundgebung im österreichischen Nationalrat. Durch den Friedensvertrag von St. Germain 1919 wurde das österreichische Kronland Tirol durch eine mitten durch das Wohn gebiet der Deutschen führende Grenzlinie zerschnitten; der süd lich vom Alpenkamm (vom Reschenscheideckpatz bis zur Dreiherrn- spitze) liegende Teil wurde mit Ausnahme des Bezirks Lienz von Italien in Besitz genommen. Darunter waren auch die rein deutschen Bezirke Bozen, Meran, Schlünders, Brixen und Bruneck. — Unser Bild zeigt die typische Tiroler Landschaft: Berge und Burgen. Schloß Karneid bei Bozen gehört zu den schönsten Bauten der an historischen Erinnerungen gewiß nicht armen Gegend, die im 12. Jahrhundert zum Gebiet der Grafen von Tirol gehörte, um 1363 an Oesterreich zu fallen, dem es mit Aus nahme der Jahre 1895 Lis 1814 bis zum Schluß des Weltkrieges angehörte. * Drei Kraftwagenunfälle an einer Stelle. Am Sonnabend abend fuhren auf der Kattowitzer Chaussee kurz vor Domb zwei Autobusse einer Privatgesellschaft gegeneinander. Beide Wagen wurden sehr stark beschä digt und zwei Passanten schwer verletzt. Dagegen kamen sieben Insassen mit leichten Verletzungen davon. Eine halbe Stunde später fuhr an derselben Stelle ein Motor radfahrer in voller Fahrt gegen einen Baum. Er erlitt komplizierte Brüche beider Beine und schwere innere Verletzungen. Kurze Zeit darauf stießen ebenfalls an dieser Stelle zwei Personenautos zusammen, die voll ständig zertrümmert wurden. Die Insassen erlitten jedoch nur leichte Verletzungen. * Die Türkei in schwerem Schneesturm. Wie ein Berliner Blatt aus Konstantinopel meldet, hat ein seit fünf Tagen anhaltender Schneesturm die Bahnverbin dung zwischen der Türkei und Europa unterbrochen. Bei Tschatakdja blieben die aus Konstantinopel erwarteten Erpreßzüge im Schnee stecken. Ein von Stambul ent sandter Hilfszug entgleiste. Die Telegraphenlinien waren zeitweise unterbrochen. * Schifsahrtskatastrophe im Kanal. Das russische Kadettenschulschisf „Tovaritsch", das bei dem Zusam menstoß mit dem italienischen Dampfer „Alcantara" schwer beschädigt wurde, während die „Alcantara" ge sunken war, traf am Sonnabend in Southampton mit einem Ueberlebenden des italienischen Schiffes ein. An der Suche nach weiteren Ueberlebenden beteiligten sich auch Flugzeuge, doch blieben alle Nachforschungen ergeb nislos, so daß keine Hoffnung mehr besteht, daß noch ein weiteres Mitglied der Besatzung am Leben ist. * Zusammenstoß zwischen Walfischfänger und Eis berg. Oestlich der Orkneyinseln ist der Walfischfänger Southorn Queen mit einem Eisberg zusammengestoßen und gesunken. Die an Bord befindlichen 107 Mann konnten gerettet werden. Das Fahrzeug hatte 20 700 Faß Walfischtran an Bord. * Wildwest in Chicago. Sechs maskierte Räuber überfielen einen Zug in einem Vorort von Chicago. Ein Räuber hatte bereits vor dem lleberfall den Zug, der aus zwei Personenwagen, zwei Gepäckwagen und dem Postwagen bestand, als Passagier bestiegen. Nach dem der Zug zum Halten gebracht worden war, drangen einige Banditen in die Personenwagen ein und trieben die Passagiere und das Zugpersonal unter fortgesetztem Feuern zusammen. Darauf sprengten sie die Tür des Postwagens mit Dynamit und übermannten die zwei Postbeaniten und zwei Negierungsagenten, die die Geldbeträge bewachten, unter denen sich 80 000 Dollar befanden, die die Federal Reserve Bank in Chicago an die Fist National Bank in Chicago sandte, ferner 50 000 Dollar der First National Bank in Chicago, die für ihre Filiale in Harvey bestimmt waren. Die meisten Beträge waren für Lohnzahlungen an Angestellte der Fabriken in Harvey bestimmt. Der Ueberfall erfolgte an der selben Stelle, an der im vorigen Jahre ein Zug über fallen worden war, wobei 35 000 Dollar geraubt wur den. Die Polizei vermutet, daß es sich um dieselben Räuber handelt wie damals. Kandel und Industrie. 27. Februar 1928 Tilgung sächsischer Sachwertanleihen. Von der sächsischen Roggenwertanleihe von 1923 waren Ende 1927 von ins gesamt ausgegebenen 365 909 Zentnern Roggen noch 88 782Z4 Zentner — Kurswert bei 9 RM. je Zentner 799 042 NM. — im Umlauf. Wegen des erheblichen Verwaltungsaufwandes, den diese Anleihe im Hinblick auf die verschiedene Berechnung der Roggenzinsen erfordert, will die sächsische Regierung sie in außer ordentlicher Weise tilgen und hat deshalb in den Staathaushalt 1928 dafür 500 000 RM. eingestellt. — Von den in der Infla tionszeit aufgenommenen sächsischen wertbeständigen Anleihen ist die Kohlenanleihe zum 1. Februar 1927 gekündigt wor den. Der Rückzahlungspreis beträgt 3,34 RM. je Tonne. End« 1927 waren von den insgesamt ausgegebenen rund 944 000 Ton nen noch 48 617 Tonnen tm Werte von 162 380 RM. nicht zur Einlösung vorgelegt worden. Die Verzinsung hat seit einem Jahre aufgehört. Kapitalerhöhung bei der Sächsischen Staatsbank. Das Ka pital der Bank wird im laufenden Jahre um eine auf 7 Mill. Reichsmark erhöht worden. VOM l-SbrriS. 25. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Der Inspektor hätte kein Mann sein müssen, wenn er den Reiz dieser ungewöhnlichen Situation nicht empfunden batte. Er zu so vorgerückter Abendstunde allein mit einem Wesen, das seit einiger Zeit seine Gedanken in Anspruch nahm, mehr als die andere, die ihm bisher als Höchstes vorgeschwebt hatte. Denn Gerdas feine Koketterie war nicht ohne Einfluß auf ihn geblieben; er fühlte wohl, daß sie sich um ihn bemühte, und dagegen ist doch kein Mann un empfindlich Ihr schillerndes Wesen zog ihn ebenso an, wie es ihn zuzeiten abstieß und erkältete. Jetzt aber strahlten ihn die rätselhaften Augen an, und ihr Mund lächelte ihm zu, wie nie zuvor, daß es ihm heiß zum Herzen strömte. Und doch — das Mädchen vor ihm war schön und gefähr lich — aber ohne Seele und Herz — „Undine" flog es ihm ^urch den Sinn — sie sah in ihrem weißen Kleide und mit ben weißen Blüten im Haar wie eine dem Wasser ent- i iegene Meerfee aus, und unwillkürlich blickte er nach ihrem Gewände, ob besten Saum nicht feucht war. „Sie antworten nicht?" fragte sie. Sie fürchtete, er würde gehen, und das wollte sie eben nicht; deshalb suchte sie ihn im Gespräch zu fesseln; es war ihr so interessant, und sie wollte diese Stunde genießen. „Ja, zauberhaft schön ist diese Minute — Sie aber noch viel schöner —"; so leise er auch diese letzten Worte gesagt, Gerda hatte sie doch mit einem Triumphgefühl ge hört Die erste Schmeichelei aus seinem Munde! — Sie örich sich mit der weißen Hand die Locken aus der Stirn und sagte träumerisch: „Ja, ich liebe die Stille des Abends, in der sich die Natur am schönsten ossenbart; es atmet alles so viel Ruhe nd Frieden; kein Laut stört das feierliche Schweigen — nur ist, als ob ich da den Geist der Schöpfung fühle, und meine Seele möchte sich in reinere Sphären emporschwin gen; andächtig falte ich die Hände —." „So fühlen Sie?" fragte er überrascht. „Weshalb wundert Sie das? — Sie schweigen? Ach, Sie haben gedacht, ich bin ein ganz leichtsinniges, ober flächliches Weltkind —ihre Stimme zitterte wie in leisem Schmerz. „Baroneste" — protestierte er, „ich —" „Ach, sparen Sie sich die Entschuldigungen — ich glaube Ihnen doch nicht! Vielleicht haben Sie recht — sicher so gar — es sind nur vorübergehende Anwandlungen, die mir mein Leben nichtig, leer, öde erscheinen lasten, so daß ich mich nach etwas Besserem, Höherem sehne — Aber schließlich — es nützt ja doch alles nichts! Ist das Leben eigentlich wert, gelebt zu werden?" „Wenn es ohne Zweck und Ziel nur ein tatenloses, inhaltleeres Dahinträumen ist, dann allerdings nicht," sagte er ernst. „Ah, dann verurteilen Sie also das meinige," entgeg nete sie rasch. „Es ist das Leben so vieler, das Sie, Baronesse, leben, — Sie wissen es nicht anders. Bielleicht wird auch Ihr Leben einst seinen Inhalt bekommen." „Und welchen wohl?" Forschend sah sie ihn an. „Die Liebe! Die beglückende, selbstlose Frauenliebe!" Zögernd kam dies von seinen Lippen. „Und darin würden Sie für mein Leben genug In halt sehen, die würde es ganz ausfüllen? Ich glaubte, Sie meinten, ich sollte es mit Arbeit, meinetwegen auch Kleinkinderschulen und dergleichen ausfüllen, wie mir schon einmal gesagt wurde!" „Eines schickt sich nicht für alle! Ich weiß nicht, ob gerade so etwas das Richtige für Sie wäre! Ihre Ge danken müßten einen Punkt haben, um den sie sich vrehen; dann würde das Unbefriedtgtsein, die Leere aus Ihrem Innern schwinden — und alles andere wird dann von selbst kommen." „Wie Sie mich gut erkannt haben! Wer aber sollte mir das geben?" „Verzeihung, Varoneste, aber mehr als einmal hörte ich doch, daß über Ihre Zukunft schon bestimmt, daß der Zeitpunkt nicht mehr fern ist —." „Wer hat über meine Zukunft zu bestimmen?" unter brach sie ihn, „doch nur ich allein! Und ich will nicht, nein, ich will mich noch nicht binden!" Seltsam heftig klangen ihre Worte, daß er davon überrascht war. „Ich meine doch, Varoneste, es sei abgemacht —" „— daß ich mich mit Vetter Hellmut Brühl verloben würde, wenn er nach hier kommt? Das wollten Sie doch sagen!" — Sie zuckte die Achseln, und sagte dann in ge zwungen leichtem Ton: „Möglich, daß es so kommen wird, da können Sie schon recht haben — ob es der ist oder ein anderer, das bleibt sich gleich! Schließlich ende ich doch damit, die notwendige Beigabe meines Geldes zu sein, das dazu dienen wird, die Schulden irgend eines Leutnants zu bezahlen!" „Aber Baroneste, wie können Sie so sprechen! Sie haben doch am allerwenigsten Grund, so bitter und gering schätzend von sich selbst zu denken! Bei soviel Liebreiz und Schönheit kann sich der glücklich schätzen, dem Sie Ihre Hand reichen — und wenn Sie bettelarm wären. Da würde auch vielleicht mancher den Mut haben, um Sie zu werben, dem jetzt vielleicht für immer Schweigen aus erlegt ist!" (Fortsetzung folgt.) Sinnspruch. Niemanden hasten. Jeden belasten . In seinem Wesen, In jedem lesen ' i Die Ewige Meinung . ' - Das macht genesen Zum Allumfassen, Zur Allvereinung.